der vierziger Jahre die deutsche Kaiserkrone zu finden hofften. „Nicht auf Schützen- und Sänger-Festen kann die deutsche Einigkeit ersungen werden, sondern nur durch Blut und Eisen kann sie erkämpft werden!" Diese prophetischen Worte, sie wurden damals nicht verstanden und demzufolge auch nicht die Maßregeln, die Bismarck, im Verein mit dem Könige Wilhelm, zur Erreichung des hohen Zieles für notwendig hielt. Mit eiserner Energie und gegen den Willen der Volksvertretung mußte der preußische Minister-Präsident Bismarck die große Heeres-Reorganisation durchführen, die als der Grundstein des wetterfesten Gebäudes „Deutschland" anzusehen.
Gegen den Willen der Volksvertretung führte er den Krieg gegen Dänemark, durch welchen die Elbherzogthümer wieder deutsch wurden und unter dem Unwillen fast des gesamten Volkes begann er den Krieg von 1866. Es ist wohl nicht zuviel gesagt, wenn man behauptet, daß es im ganzen deutschen Reiche damals keinen Einzigen, außer Kaiser Wilhelm und den dem preußischen Ministerpräsidenten am nächsten stehenden Personen gab, der die weitsichtigen Pläne und auf sicherster Grund-' läge ruhenden Berechnungen Bismarcks verstand und würdigte. Um so gewaltiger ist das Verdienst des auf einsamer Höhe stehenden Mannes, daß er das Notwendige begann und glücklich durchführte. Und als nun endlich im Volke und bei der Volksvertretung sich die bessere Ueberzeug- ung Bahn brach, als man endlich die gewaltige Größe Bismarcks erkannte, da führte er das begonnene Werk zum ruhmreichen Ende und auf,den Schlachtfeldern Frankreichs ward das deutche Kaiserreich wieder errichtet.
Der Diplomat Bismarck, der durch seine Staatskunst Deutschland zum ersten Reiche der Welt zu erheben verstand, er wandelte nicht die konventionellen Pfade der diplomatischen Schule. Bismarck ist ein offener, ehrlicher Charakter, der die Hinterthürchen und Querzüge der Diplomatie verschmähte, der oft mit einer geradezu verblüffenden Offenheit vorging und gerade mit dieser Offenheit großartige Erfolge erreichte. Diese diplomatische Kunst Bismarcks, sie wird im Buche der Geschichte ihre volle Würdigung finden, hier kann nur Einzelnes in großen Zügen angedeutet
werden. Es ist geradezu als ein Meisterstück der Staatskunst zu betrachten, wie Bismarck im Zeitraum von 15 Jahren Oesterreich gegenüber auftrat, wie er vom ersten Augenblicke an, da er Preußen als Bnndestagsgesandter vertrat, die Gleichberechtigung seines Staates neben dem Kaiserreiche vertrat, wie er dasselbe Oesterreich, mit dem der spätere Konflikt bereits in Sicht war, zur Teilnahme des Krieges gegen Dänemark zu bewegen wußte, wie er endlich die Macht Oesterreichs im deutschen Bunde, jene unheilvolle Macht, deren Beseitigung die Vorbedingung für eine Einigkeit Deutschlands war, brach und nun nach dem Kriege von 1866 das Werk durch die Errichtung des norddeutschen Bundes krönte. In nicht minder glänzendem Lichte aber zeigte sich die Diplomatie Bismarcks vor dem Ausbruch des deutsch-französischen Krieges. Durch einen einzigen kühnen und glücklichen Schachzug, durch die Veröffentlichung der schmählichen Anerbietungen Napoleons, welche dieVergrößerung Frankreichs auf Kosten der süddeutschen Staaten bezweckten, bewog er die süddeutschen Staaten, sich gegen den französischen Imperator zu erheben und Schulter an Schulter mit Preußen gegen Frankreich vorzugehen.
Aber der Diplomat Bismarck ist auch Soldat, wie sein königlicher Herr. Und daß er das ist, war von keiner geringen Wichtigkeit für die Folgen der ruhmreichen Siege der preußischen und deutschen Armee. Nicht umsonst trägt der Man», der an der Spitze der Staatsgeschäfte Deutschlands steht, den Kavalleriesübel, nicht umsonst hat er selbst in dem wilden Tosen und Wogen der Schlacht mitten drin gestanden. Die Zeit, wo es leider hieß: „was das Schwert gut gemacht, haben die Federfuchser verdorben", war mit dem Auftreten Bismarcks vorbei; so große gewaltige Siege, die mit dem Blute Tausender deutscher Söhne erkämpft worden, durften nicht ohne große gewaltige Erfolge bleiben, die dem ganzen deutschen Reiche zu Gute kamen. In diesem Gedanken stellte Bismarck die Friedensbedingungen, sich weder durch Thränen noch durch Drohungen rühren lassend!
Es ist bedauerlich, daß der Mann, der alle Bitternisse des Nichtverstandenwerdens auf dem Gebiete der äußeren Politik durchmachen mußte, bis sein Genius alle Gegner
siegreich niederwarf, auch auf dem Gebiete der inneren Politik mancherlei Anfeindungen erdulden muß, die in einer späteren Zeit vielleicht wenig begreiflich erscheinen werden. Allerdings kann erst eine geraume Zeit jene Erfolge bringen, die der Reichskanzler mit den sozialpolitischen Gesetzen im Auge hat; aber auch heute schon kann sich kein gutgesinnter deutscher Mann verhehlen, daß der Kanzler das Beste des Volkes erstrebt und auch auf dem Gebiete der inneren Politik erreicht hat. Wiederum sind es breite Schichten des Volkes, die der sozial-politischen Gesetzgebung des Reichskanzlers mit Sympathien entgegenkommen und diese Stimme des Volkes mag ihm am heutigen Tage als Gegengewicht gelten gegenüber der Verständnislosigkeit anderer Kreise, die heute abseits stehen.
„Furchtlos und treu" steht der Kanzler vor dem deutschen Volke. Furchtlos gegenüber dem Feinde, treu zu Kaiser und Reich! Alles, was der große Mann für Deutschland und sein Volk gethan hat, er hat es gethan, getreu dem Ausspruche des großen Königs Friedrich, der „erste Diener des Staates" zu sein, er hat es gethan im Bewußtsein der Pflichttreue, jener Pflichttreue, die ihn ebenso wie seinen kaiserlichen Herrn in so hohem Maße auszeichnet. Im Bewußtsein dieser Pflichterfüllung hat er oft in den allertrübsten Tagen, da selbst sein Riesengeist zu erlahmen drohte, ausgeharrt auf dem Posten, auf den ihn sein König gestellt. Das Bild des eisernen Kanzlers, es steht heute wie immer klar vor jedem deutschen Auge und es bedarf wahrlich nicht einer Aufzählung aller jener hohen und hervorragenden Charaktereigenschaften, aus denen sich ein „ganzer deutscher Mann" zusammensetzt. Alle jene Beweise der Verehrung, die heute dem deutschen Reichskanzler aus allen Gauen Deutschlands dargebracht werden, sie sind ja nur das Echo des Wunsches des ganzen deutschen Volkes, jenes Wunsches, der am Besten die Dankbarkeit der Nation für den Besten seiner Söhne ausdrückt, jenes Wunsches:
„Möge unser Reichskanzler Fürst Bismarck noch recht lange, furchtlos und treu wie bisher, wirken an der Spitze des deutschen Kaiserreichs zum Wohle des gesamten deutschen Vaterlandes !"
G. von Waldau.
Wir können uns nicht versagen, aus einem von Paul Rüthling verfaßten, im Verlag von Greiner und Pfeiffer in Stuttgart erschienenen humoristischen Gedenkblatte*) zu Bismarcks 70. Geburtstag folgende niedliche Strophen hier anzufügen:
1 .
Der Osterhase Kommt jedes Jahr Und legt im Grase Der Kinderschaar Die bunten Eier.
Und wer's noch glaubt Dem ward der Himmel Noch nicht geraubt.
Im trauten Garten Am Elternhaus,
Wo unsrer warten Zum Osterschmaus Die Leckerbissen,
Von Vater's Hand Auf grünen: Kissen Versteckt im Sand,
(* Dieses in altdeutschem Lektüre empfohlen werden; es soll
Merhase und Kieöih-Gier.
Das waren Zeiten Voll Lust und Glück!
Ach brächten Wünsche Sie doch zurück!
2 .
Doch mit den Jahren Kommt der Verstand,
Und lässet fahren Der Jugend Tand.
An seine Stelle Tritt Sorg und Pein,
Und Well' um Welle Ins Herz hinein Bricht Mißmut, Zweifel,
Zorn und Verdruß,
So daß ersterben Die Liebe muß.
Druck mit originellen Illustrationen bereits starken Absatz finden.)
3.
Dann kommt die Freundschaft Ehrlich und warm,
Und schlinget tröstend Um Dich den Arm.
Sie kühlt besorglich Das heiße Hirn,
Und streicht die Falten Dir von der Stirn:
„Mein lieber Otto" Spricht sie entzückt,
„Des Lebens Lotto „Ist Dir geglückt.
„Du hast zwar Feinde „Ein ganzes Heer,
„Doch auch der Freunde „Wie Sand am Meer."
4.
„Die schönen Zeiten „Der Kinderei „Vom Osterhasen „Sind längst vorbei! „Und weil Du nimmer „An Hasen glaubst, „Schick ich Dir immer „Wenn Du's erlaubst, „Dein Fest zu feiern „Ein Körbelein „Mit meinen Eiern „Hundert und ein! „Freundschaft for oever „Ist auch dabei,
„Der Kibitz von Jever „Bleibt Dir getreu!"
gegebene Gedenkblatt kann allen Freunden köstlicher humoristisch-satyrischer
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.