Geilage zu Nr. 52 -es „Eiythälers."
Jum 1. April 1885 .
Es braust ein Jubelruf durch's deutsche Vaterland,
Von Ost' gen' West', vom Süden hin gen' Norden,
Und von der Alpe First bis zu des Meeres Strand,
Bis zu der Insel schaumgekrönten Fjorden,
Allüberall, wo deutsche Zunge klingt,
Wo treue Herzen für Alldeutschland schlagen,
Wo auf dem Ozean die deutsche Flagge winkt,
Von deutscher Flotte Mastenwald getragen:
Heil unserm Kanzler Heil, der wetterstarken Eiche,
Der Männer Bestem in dem deutschen Reiche!
Furchtlos und kühn, mit echtem deutschen Mut Hat er zu Kaiser und zu Reich gestanden;
„Mit schönen Reden nicht, durch Eisen nur und Blut Erlösen Deutschland wir aus seinen Banden!"
Das stolze Wort, es ward zur kühnen That, —
Ob auch manch' Unverstand dem Ziele sich verschlossen, — Durch Bismarcks Kraft, auf fremder Fluren Pfad,
Jst's deutsche Reich zur Einigkeit entsprossen;
Drum jubelt zu in hellstem Freudentone Das deutsche Volk Germaniens bestem Sohne.
Der Mann von Eisen, der heut fünfzig Jahr Dem deutschen Volk gedient in deutscher Treue,
Ob auch der Winter-Sturm gebleicht das Haar,
Des Fürsten Thaten weisen es auf's Neue,
Daß ewig jung das Herz und ungebeugt die Kraft,
(Nachdruck verboten.)
Die unentwegt für Deutschland sonder Zagen,
Ein ganzes Menschenleben hat hindurch geschafft,
Die uns zum Ruhmesgipfel hat cmporgetragen.
Drum heut ein donnernd Hoch dem Mann von echtem Adel, Dem reckenhaften Helden sonder Furcht und Tadel.
Ein Fels von Erz, von wildem Wogendrang Gar oft umrauscht, umtost von Ungewitteru,
So stand der Kanzler fest — sein mächtig Wort erklang, Das Wort, es macht der Feinde Schar erzittern.
Hoch hielt des Reichs Panier des Kanzlers starke Hand, Er hielt es schützend über deutsche Gauen,
Bis daß am Niederwald das Heldenweib erstand,
Bis daß Germania er könnt' die Wacht vertrauen.
Zum Jubelfest Germania heute sendet
Der Eiche Kranz, vom deutschen Volk gespendet.
Wir aber wollen heut am Festestag
Die Wünsche all' zu einem Wunsch Vereinen:
Des Himmels Segen ewig ruhen mag,
Und immer dar des Glückes Sonne scheinen Auf unsres Kanzlers Werk und immer frohgemut Mag kraftvoll er für Deutschlands Ehre walten,
Und als des Reiches unantastbar Gut Mag ihn der Himmel lange uns erhalten.
Und „Hoch" und dreimal „Hoch" erschall es in der Runde Dem Kanzler zu in dieser Festesstunde, tzuge« Keller.
as deutsche Volk ist ein dankbares Volk. Schwer genug ist es, selbst für die hochgestellten Persönlichkeiten, sich die Gunst des deutschen Volkes, der breiten Volksschichten zu erwerben und nur Männer, die wirklich bedeutende Thaten aufweisen können, Thaten, die den Fortschritt, das Glück, die Ruhe und den Frieden der Ge- sammtheit zu fördern und zu erhalten geeignet waren, können sich dieser Volksgunst, die noch höheren Wert hat, als Diplomatengunst, rühmen. Wenn aber erst einmal die Herzen des deutschen Volkes einem Manne entgegenschlagen, von dem es fest überzeugt ist, daß er das Beste des deutschen Volkes erstrebt und errungen hat. wenn das Volk erst einmal aus vollem Herzen einem solchen Manne zugejubelt hat, dann gibt es keine Macht, die im Stande wäre, das treue deutsche Herz diesem Manne abwendig zu machen. Und dann erblüht auch im Volke die Blume der Dankbarkeit, einer echten, ungekünstelten Dankbarkeit, die sich in hellstem Lichte an den Ehrentagen des Mannes zeigt, dem das Volk zujubelt, weil es weiß, daß es auch an solchem Festtage von ihm verstanden wird, der da tief und unerschütterlich im Volke wurzelt.
Wer es je bezweifelt haben mag, daß unser Reichskanzler Fürst Bismarck zu jenen seltenen Männern gehört, die in des Volkes Seele zu lesen verstanden, wer jemals an dem innigen Zusammenhang zwischen dem ersten Staatsmanne Deutschlands und dem Volke Zweifel gehegt haben mag, der darf nur die einfache, schlichte, echte und rechte Volksfeier betrachten, die heute an dem doppelten Ehren- und Jubeltage des Reichskanzlers ihm zu Ehren in ganz Deutschland gefeiert wird. Mögen
auch einige Unzufriedene — und wo und wann hat es deren nicht gegeben? — abseits stehen am heutigen Tage, der Wert der „Bismarck-Feier" am 1. April 1885 wird darum kein geringerer und die Erinnerung an diesen Tag wird leben, so lange es Deutsche gibt. Nicht umsonst und nicht ohne Grund spricht das Volk von „unserem Reichskanzler" und der Stolz, der in dem Wörtchen „unser" liegt, er ist und bleibt gerechtfertigt im Hinblick aus die gewaltigen Thaten des Gefeierten, im Hinblick auf die unsterblichen Verdienste, die sich Fürst Bismarck um Deutschland und oas deutsche Volk erworben. So ist es gerechtfertigt, daß am heutigen Tage, an dem der „eiserne Kanzler" die Vollendung seines 70. Lebensjahres und sein 50jähriges Dienstjubiläum feiert, ganz Deutschland in den dankbaren Freudenruf ausbricht:
Fürst Bismarck, Deutschlands Kanzler hoch und dreimal hoch!
Eine so kernige, eiserne, deutsche Kraftsgestalt wie Fürst Bismarck, ein so ganzer Mann in des Wortes bester Bedeutung, eine so edle selbstbewußte und doch bescheidene Persönlichkeit verträgt auch am heutigen Tage keine liebedienerischen Lobhudeleien, keine Hyperbeln der Bewunderung. „An den Thaten sollt ihr ihn erkennen!" Wenn jemals, so hat das Wort auf den Fürsten Reichskanzler gepaßt. Es genügt deshalb, wenn wir an dieser Stelle nur eine kurze zusammenfasscnde Charakteristik der Thätigkcit des Reichskanzlers geben, die er in seiner 50jährigen Dienstzeit dem deutschen Reiche gewidmet hat.
Der „stockpreußische Junker," der „Ultrakonservative," wie Bismarck von vielen Seiten und selbst von Männern
ehemals genannt wurde, die mit Recht einigen Anspruch auf politische Bedeutung machten, er hat das Schicksal der meisten wirklich bedeutenden Männer gehabt: er ist in seinen Bestrebungen Anfangs nicht verstanden und es sind ihm Hindernisse aller Art auf den Weg gelegt worden, den zu gehen er für den einzigen richtigen und zum Wohle Deutschlands ersprießlichen hielt. Nur eine so eiserne Natur wie die des Reichskanzlers war im Stande, unentwegt allen Anfeindungen gegenüber, seinen Anschauungen und seinem Streben Geltung zu verschaffen, nur die Energie eines Bismarck war geeignet, umwogt von einem feindlichen Parteigetriebe, fort und fort das eine große Ziel im Auge zu behalten und auszuharren auf einsamem Posten bis zur Erreichung dieses Zieles. Und dieses Ziel, es war allerdings auch wert, ein Menschenleben voll Mut und Kraft daran zu setzen, denn es lautete ja: Die Einigung Deutschlands. Freilich, als der Erfolg das Streben des großen Diplomaten krönte, als das große Werk trotz innerer und äußerer Hindernisse vollbracht war, da verwandelte sich wohl das Mißtrauen in Vertrauen, da wurde wohl der vielgehaßte und vielgeschmähte Mann umjubelt und diese allgemeine Anerkennung durfte ihm Ersatz bieten für die früheren Angriffe und das Mißverstehen seines Strebens.
Die Einigung Deutschlands war es, die Bismarck im Auge hatte, schon damals im Auge hatte, als er als Preußischer Bundestagsgesandter in Frankfurt dem Uebergewichte Oesterreichs entgegentrat. Aber der Weg, auf dem diese Einigung erzielt werden konnte, er war für ihn himmelweit verschieden von dem breitgetretenen Pfade, auf dem fast alle Politiken