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Der Enzthäler.
Anzeiger und Unterhaltungsblatt für -as Cnzthal und dessen Umgegend.
Amtsblatt füv öen Kbevarntsbezivk Weuerrbüvg.
48. JaSrgang.
Nr. 205. Neuenbürg, Donnerstag den 25. Dezember 1884.
Erscheint Atenstag, Aonnerstag, Samstag L Sonntag — Preis in Neuenbürg vierteljährl. l10^, monatlich 4o^j: durch die Post bezogen im Bezirk vierteljährlich 1 35^, monatlich 45^,- auswärts vierteliährlich 1 45^. - Jnlertionsvreis die Zeile oder deren Raum 10
WeiHnclchten 1884 .
Ehre sei Gott in der Höhe, Friede aufErden und den Menschen ein Wohlgefallen! Welch' ewige poetische Frische atmet der schone Spruch der Bibel! Die Glocken verhallen, die Orgeln verklingen, der fromme Gesang in der Kirche tönt aus, aber die Worte der heiligen Schrift leuchten für und für, und was nicht verhallt und nicht verklingt, das ist des heiligen Abends heiligster Gehalt. Was alle Augen von neuem glänzen, alle Herzen klopfen macht, das ist die Liebe, der die Weihnachtsfeier gilt. Für die Liebe ist alles ein Wunder und sie selbst ist das größte. Ihre Stätte ist das reine Menschenherz und sie kommt herab von Gott; ein Wunder ist sie sich selbst, und darum stimmen wir ein in die Weihnachtsoffenbarung mit dem dankenden Gebet: Ehre sei Gott in der Höhe!
Das Weihnachtsfest bringt die Freude im Gefolge der Liebe, und es ist wohl die schönste Pause und Ruhezeit im Laufe des Jahres, das zur Rüste geht. Ein Gefühl der Ruhe und des Friedens zieht in unser Herz, und wir erfassen wenigstens auf kurze Zeit den tiefen Sinn der Friedensverheißung der himmlischen Heerscharen. Wohin wir zurückblicken, sehen wir noch Zank und Streit zwischen den Bekennern verschiedener Religionen, Haß und Feindschaft zwischen den politischen Parteien, Mißgunst und Neid zwischen Arm und Reich, hier schnöde Selbstsucht, die den Schaden des einen als Gewinn des andern berechnet, dort rücksichtslose
Gier, einen Krieg aller gegen alle, wenn nicht gegen ihr Sein, doch gegen ihr Haben gerichtet. Fortschritt, Freiheit, Gesittung — so nennt die Weltweishcit unser Ziel; weniger hochtrabend erzählt die Naturwissenschaft vom Kampfe um das Dasein, in dem cs keine Schonung giebt, wenn nicht die Liebe durch göttliche Funken geboren wird und den Frieden bringt. Wir können uns am Ende eines bewegten Jahres, in welchem die einst feindlich gesinnten Mächte des Kontinents sich zu einem großen Friedensbunde vereint haben, glücklich genug preisen, daß die finsteren Geister der Blutrache und Revanche, die drohende Gefahr jener großen Auseinan- oersetzung des Deutschtums mit dem Romanismus und Slavismus, auf lange hinaus gebannt sind: wir haben erst unlängst aus dem Munde des greisen Kaisers gehört, daß starke Bürgschaften auf lange Zeit den Frieden garantieren. Der Bölkerfriede ist ein köstliches Gut; er ist die Vorbedingung einer gedeihlichen Entwicklung der Nationen und ihres Wohlstandes. Es herrscht Friede in Europa, wenn auch noch nicht Friede auf Erden! Aber es fehlt uns noch jener innere Frieden im deutschen Reich, ohne den wir ein reines Glück nicht zu erreichen im Stande sind, und allem Anschein nach wird noch lange vergeblich der Lobgesang der Engel uns zu diesem „Frieden auf Erden" ermahnen.
Das ist denn freilich auch den Menschen kein Wohlgefallen. Wenn jede Wahl
zeit oder jede Periode politischer Aufregung uns in Wirren treiben, bei denen Haß und Verleumdung triumphieren und die ehrlichen Waffen nicht mehr gelten, wenn die Parteihctzereien den Freund mit dem Freunde entzweien, auf das geschäftliche und gesellschaftliche Gebiet hinübergreifen und das öffentliche Leben vergiften, dann ist das Wohlgefallen der Menschen am Bösen, Dunklen und Gehässigen ein betrübendes Zeichen, und Wohl uns, daß eine Weihnachtszeit uns daran mahnt, es gebe noch ein den Menschen reineres und edleres Wohlgefallen.
Wohl uns, daß die Menschheit noch vor den Stürmen des Lebens flüchten kann in den stillen Hafen der Häuslichkeit und des Familienlebens. Dort bleibt die Stätte des wahren Glückes und seelischen Behagens, auch aus diesem Grunde wird in diesem Jahr froh und herzlich das Weihnachtsfest begrüßt, und am heili- ligen Abend bietet es seine erquickende, rein menschliche Glücksempfindung. Liebe und Herzlichkeit werden hier nicht nach den Gütern dieser Welt, nicht nach dem Haben wird das Glück des Seins gemessen. Wo die Gemüter harmonisch zusammen klingen, wird auch die Herrlichkeit des Weihnachtsfestes empfunden, und so möge es denn überall reiche Freude und inniges Behagen bringen. Dann ertönt wohl aus der Höhe wieder die Botschaft: Ehre sei Gott in der Höhe. Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen!
Amtliches.
Neuenbürg.
A« dir GrtsmMn.
Die Ortsvorsteher werden angewiesen, die Sportelurkunden für das Quartal vom 1. Oktober bis 31. Dezember 1884, zutreffenden Falls unter Anschluß der Sportelgelder alsbald nach dem Ablauf des Quartals, spätestens aber bis zum
7. Januar 1885
hierher einzusenden. Die Berichte und die Gelder sind als portopflichtige Dienstsache (also ohne aufgcklebte Postwertzeichen) zu verschicken.
Den 23. Dezember 1884.
K. Oberamt.
Nestle.
Neuenbürg.
Gegen den unten beschriebenen Schreinergesellen Jmanucl Paul Spath von Dürrmenz-Mühlacker, welcher flüchtig ist, ist die Untersuchungshaft wegen Diebstahls im Rückfall, verhängt.
Es wird ersucht, denselben festzunehmen und in das Amtgerichtsgcfängnis zu Neuenbürg abzuliefern.
Den 19. Dezember 1884.
Königliches Amtsgericht.
Oberamtsrichter Lägcler.
Beschreibung:
Alter: 62 Jahre. Größe: 1,70 m. Haare: grau. Kleidung: schwarzer Hut, grauer Anzug.
Revier Schwann.
Ammholz-, Klcimmtzholz- m> Brlililh»1j-UcrlMf.
Montag den 5. Januar 1885 vormittags 10 Uhr
auf dem Rathaus in Schwann aus den Abt. Kicselrain, Bildstöcklc, Stephanspfad, Seelach und Tröstbachhalde:
2 Eichen IV. Kl. mit 0,37 Fm., 12 St. Nadelholz-Lang- und Sägholz III. und IV. Kl. mit 7,21 Fm.; '493 St. V. Kl. nicht gereppelt mit 75,70 Fm.; Nadelholz-Werkstangcn I. Kl. 265 St., II. Kl. 550 St., III. Kl. 600 St., IV. 185; Hopfenstangen I. Kl. 1975 St., II. Kl. 2925 St., III. Kl. 1095 St.; Reisstangen: I. Kl. 090 St., II. Kl. 4015 St., III. Kl. 3450 St., IV. Kl. 3345 St., V. Kl. 1790 St., Ausschuß