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Kehl, 17. Dez. Der Rhein ist in Folge des andauernden Regens seit vor­gestern bis heute Mittag um 49 Ctm., von 2,7 auf 2,56 Meter gestiegen.

In einem Dorfe bei Bruchsal gab der Lehrer einem unfleißigen Knaben mehrere leichte Streiche auf die Waden. Der Vater des Schülers wurde klagbar bei dem Staatsanwalt, welcher einen Gendarmen mit den näheren Erhebungen beauftragte. Wirklich zeigten die Beine des Knaben blaue Stellen, aber bei ge­nauer Besichtigung ergab sich, daß die­selben absichtlich gefärbt waren. Diese Farbe dürfte dem Manne teuer zu stehen kommen.

Ein Bierbrauer in Ueb erlin gen wurde wegen Biersteuerunterschlagung von der Steuerbehörde mit 125 bestraft. Derselbe legte Berufung ein, worauf das Gericht eine Strafe von 1 197,68 aussprach.

Pforzheim. Freitag den 26. Dez. findet in der Museumsgesellfchaft abends von 7^/- Uhr an ein Konzert statt unter Leitung des Herrn Musikdirektor Mohr und unter Mitwirkung der Pianistin Frln. L. Leimer aus Wiesbaden und der Frau Detloff hier.

Aus Baden, 19. Dez. Gestern wurde an verschiedenen Orten des Landes das Gedächtnis des siegreichen Gefechts bei Nuits (18. Dez. 1870) gefeiert.

Die Städte Lahr, Wertheim, Offenburg, Pforzheim und Mannheim bereiten Ber- trauensadressen an den Fürsten Bismarck wegen des Beschlusses des Reichstags vom vergangenen Montag vor.

Württemberg.

Stuttgart, 20. Dez. Nächsten Montag findet hier im großen Saal der Bürgergesellschaft eine große politische Ver­sammlung statt, in welcher eine Protest­adresse gegen die bedauerlichen Beschlüsse des Reichstags vom 15. Dez. erlassen werden soll. Die Einwohner Stuttgarts werden sich sicher zahlreichst beteiligen, um so mehr, als die Entrüstung über die be­kannten beschämenden Beschlüsse in den weitesten, auch den dem Parteileben fern­stehenden Kreisen geteilt wird. - - In der­selben Angelegenheit hat, wie wir hören, der Vorstand der deutschen Partei und der des deutchkonservativen Vereins folgendes Telegramm an den Fürsten Bismarck ab­gesandt: Fürst Bismarck, Berlin! Die deut­sche Partei und der deutschkonservative Verein Stuttgarts geben Euer Durchlaucht Kenntnis von der tiefen Entrüstung, mit welcher die unwürdigen Vorgänge in der Reichstagssitzung vom 15. Dez. hier aus­genommen worden sind. Zugleich sprechen sie ihr unwandelbares Vertrauen in Euer Durchlaucht Leitung der deutschen Politik aus. Dr. Schall, Rechtsanwalt, Vorstand der deusch. P. L. W. Fischer, Gemeinderat, Vorst, des deusch.kons. Vereins. (S. M.)

Stuttgart. Die Kammer der Ab­geordneten trat am Donnerstag in die Beratung der beiden Gesetzentwürfe, betr. die Kirchengemeinde- und Sydonalordnung für die evang. Landeskirche und betr. die Vertretung der katholischen Pfarrgemein- den und die Verwaltung ihrer Vermögens­angelegenheiten ein. Der Hauptredner

des Tages war der Kanzler v. Rümelin in dem die Gesetze einen Gegner haben. Beachtenswert war die Kritik, welche der­selbe an der evangelischen Landessynode übte, die er als ein für die Kirche ent­behrliches Institut bezcichnete.

Stuttgart, 20. Dez. Heute ist folgende von 44 Mitgliedern der Kammer der Abgeordneten Unterzeichnete Adresse an den Fürsten Reichskanzler abgegangen:

Angesichts der feindseligen das Vater­land schädigenden Haltung der Reichstags­mehrheit vom 15. d. M. fühlen wir uns gedrungen, Eurer Durchlaucht unser rück­haltsloses Vertrauen und den ehrfurchts­vollsten Dank für die energische Wahrung der deutschen Interessen auszudrücken. Möge das deutsche Volk, dessen Herz Euer Durchlaucht gewonnen hat, den auf seine Größe und sein Wohl gerichteten Bestre­bungen Eurer Durchlaucht künftig ver­ständnisvoller und entschiedener Unter­stützung gewähren! Im Namen von 44 Mitgliedern der Württ. Kammer der Abgeordneten: W. Wolfs, Landtagsabge­ordneter der Stadt Tübingen."

Nach einer Mitteilung des Stuttgarter Tagebl. vom 15. Dez. haben sich im Auf­trag des Komites zur Bildung einer frei­willigen Berufsgenossenschaft holzverar­beitender und verwandter Betriebe in Württemberg der Vorsitzende Hr. Fabrik. Heinrich Lerch in Höfen und der Schrift­führer desselben Hr. Adolf Schiedmayer von Stuttgart, nach Berlin begeben, um die Genehmigung des gestellten Antrags persönlich zu betreiben. Der K. württ. Gesandte v. Baur-Breitenfeld, sowie Re­gierungsrat Schicker, der zur Zeit wegen der Bundesratssitzungen in Berlin an­wesend ist, gingen den beiden Delegierten in liebenswürdigster Weise mit Rat und Förderung ihrer Angelegenheit an die Hand. Dieselben wurden sowohl vom Präsidenten des Reichsversicherungsamts, Bödiker, als auch vom Staatssekretär des Reichsamts des Innern, v. Bötticher, in Audienz empfangen und ihnen thunlichst Berücksichtigung ihrer Wünsche zugesagt. Die beiden Delegierten waren gerade zur richtigen Zeit in Berlin eingetroffen, in­dem wenige Tage darauf im Reichsver­sicherungsamt die Beratungen über die Bildung der Berufsgenossenschaften in der Holzbranche ihren Anfang nehmen sollten.

Reutlingen. Der Verdacht, daß eine verbrecherische Hand den Brand im Ferdernsee angelegt, scheint sich zu bestä­tigen, indem der Sohn einer früheren Mitbewohnerin des abgebrannten Hauses verhaftet wurde. Es sollen sehr starke

Verdachtsgründe gegen den Verhafteten vor­liegen, doch hat derselbe bis fetzt noch kein Geständnis abgelegt. (St-Anz.)

Miszellen.

(Warum die Hunde sich beriechen?) Die Hunde schickten einst einen Botschafter nach Rom mit dem Auftrag den Papst zu bitten, ihnen zu erlauben, auch Freitags Fleisch zu essen. Die Bittschrift wurde dem Abgesandten unter den Schwanz ge­steckt; er kam aber gar nicht wieder und seitdem beriecht jeder Hund den andern, ob er vieleicht den Dispens aus Rom bringe? (Nach Hans Sachs II, 4. 90.)

Ferner erscheint es sonderbar, wie die Hunde jeden Stein, Baum u. s. w. be­riechen, und hat dort einer ihres Geschlechts genäßt, sie dasselbe nicht unterlassen kön­nen. Es ist das eine Art Hochachtung, die sie sich gegenseitig erweisen, gleichsam flüssige und riechbare Visitenkarten. Nicht unähnlich einer Benachrichtigung durch sympathetische Tinte wirkt dies Bindemittel genossenschaftlicher Geruchsweise, und sind die Hunde einzig in dieser Beziehung vor allen Thieren. (Jll. Igdz.)

Julie v! Jullev!

Draußen in Frost und Wind Tausende Vöglein sind Hungernd im Schnee.

Willst Du nun gütig sein,

nicht Dein Brod allein; Hunger thut weh!

Streuest Du Futter aus,

Keimt Dir der Dank daraus Ueppig hervor.

Lustig, Wenns Frühling wird, Singt Dir und pfeift und schwirrt Ständchen der Chor.

Hast Du kein Herz für Not,

Teilst Du nicht gern Dein Brod Nur für Gesang,

Wirf es aus Geiz hinaus;

Denn es wird Gold daraus Klingender Dank.

Giebt es kein Vöglein mehr,

Frißt Dir das Raupenheer Blüte und Strauß.

Deshalb geschwind herzu!

Streu aus der Vorratstruh'

Futter hinaus!

Auflösung des Rätsels in Nr. 202.

Kapitol. Kapital. Kapital.

Calw. Notizen über Preis und Gewicht der verschiedenen Getreidegattnngrn nach dem Schrannen-Ergebniß vom 10. Dez. 1884.

Quantum

Gattung

Gewicht per Simri

Preis per Simri

höchstes

mittleres

niederstes

höchster

mittlerer

niederster

Pfd.

Pfd.

Pfd.

Simri

Kernen .

32

31

30

2

78

2

64

2

52

Dinkel .

20

20

19

1

30

1

27

1

18

Haber .

22

20

19

1

40

1

21

1

10

Roggen .

Gerste .

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.