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Er schien im ganzen seinen Plan schon entworfen, seinen Weg zur Rettung sich schon genau vorgezeichnet zu haben.

Wer führte den Mörder glücklich über die gefährliche Fläche und ließ ihn das jenseitige Ufer drüben bei dem uralten Haddebye erreichen?

Dürfen wir es Gottes Hand nennen?

Während er festes Land, sichern Bo­den unter den Füßen fühlte und im Dunkel der Nacht verschwand, saß die unglückliche Frau daheim und betrachtete in lautlosem Schmerze ihr totes Kind. Sie hatte keine Thränen mehr, der Born war ver­siegt, erstarrt von dem ungeheuren, das die letzten Stunden des alten Jahres ihr aufgebürdet.

Es war ihr nicht möglich, die Kammer zu betreten, um nach der Leiche des Gatten zu sehen.

Sie hatte den Mann niemals geliebt das war der Fluch ihres Lebens.

II.

Ein Jahr war seit jener furchtbaren Neujahrsnacht verflossen. Der Mörder war entkommen, die Verfolgung war lässig betrieben worden.

Man hatte nichs von ihm gehört und die Geschichte der Mordnacht war vergessen.

Es war am Weihnachtsabend. In der kleinen Wohnung der Witwe Heinze war es traurig und still. Mutter und Sohn saßen vor einem Tische und er­freuten sich der Gaben, welche sie sich gegenseitig geschenkt.

Die größte Freude empfand dabei na­türlich die Mutter, hatte ihr Walter doch heimlich ein Probestück seines Talentes geliefert, einen Christuskopf aus Holz geschnitzt.

Die kluge, verständige Frau hatte längst das entschiedene Talent des Sohnes für Bildhauerei erkannt, aber diese Arbeit in ihrer ganzen sorgfältigen Ausführung, so gut es sich an dem spröden Holze an­bringen ließ, erfüllte sie mit Stolz und Freude.

O, hätte ich die Mittel zu seiner Ausbildung."

So klagte sie dabei in ihrem Innern, und die Hoffnungslosigkeit trat an die Stelle der Freude. Konnte sie doch mit der Näharbeit nur mühsam und kümmer­lich die Mittel zu ihrer Existenz aufbringen.

Da klopfte es an der Thür. Walter sprang hin und öffnete rasch. Es war der Doktor, welcher seit jener schauerlichen Katastrophe ihr treuer Freund und Bei­stand geblieben war.

Ich kam hier vorüber," sagte er, nachdem er beide freundlich begrüßt,und mußte doch einmal hereinschauen, wie Sie meine liebe Freundin, den heiligen Abend verleben."

Wir freuen uns an unserer Be- scheerung," versetzte Frau Heinze lächelnd, sehen Sie nur, Herr Doktor, was mein Walter hier heimlich fertig gebracht."

Der Doktor betrachtete aufmerksam die Arbeit des Knaben, der mit glühendem Antlitz und klopfendem Herzen dabei stand.

Brav, recht brav, mein Sohn!" sagte er endlich,in Dir steckt ja ein wahrer Künstler. Ein solcher möchtest Du wohl am liebsten werden?"

Ach ja, Herr Doktor!" nickte Walter mit einem tiefen Atemzuge.

Wie alt bist Du denn eigentlich? Dreizehn Jahre?"

Und ein halb," ergänzte Walter.

Dann könntest Du übers Jahr aus der Schule kommen," fuhr der Doktor sinnend fort,hören Sie, liebe Freundin, der Walter muß mehr Unterricht haben."

Die Mutter nickte mit einem tiefen Seufzer.

Ja, ich verstehe wohl, das ist leicht gesagt aber ich weiß Rat, wenn Sie nur nicht gar zu stolz sein wollen."

Der Doktor blickte sie lächelnd an.

Woher sollte ich den Stolz nehmen, mein alter Freund!" seufzte sie lächelnd.

Aus Ihrem eigenen Selbstbewußtsein, meine verehrte Frau!" rief der Doktor lebhaft, sie mit seltsam gerührtem Aus­druck betrachtend,ja wohl, Sie haben immerhin das Recht, stolz zu sein, wie Sie mir auch leider Gottes oft genug bewiesen. Aber in diesem einzelnen Falle könnte der Stolz ein Unrecht sein,"

Dürfte ich um eine Erläuterung bitten?"

Gewiß, cs betrifft ja die Zukunft Ihres kleinen zukünftigen Thorwaldsen hier, denn geringer thut ers sicherlich nicht. Ich habe da unten einen Kranken, einen reichen, menschenfreundlichen Mann, der die Linke niemals wissen läßt, was seine Rechte spendet. Mich hat er seit geraumer Zeit zu seinem Almosenier er­nannt und mir erst heute eine namhafte Summe übergeben, welche ich Ihrem Walter zuwenden werde."

O, mein Gott, Herr Doktor!" stam­melte die Witwe verwirrt und überrascht.

Sie wollen stolz sein?"

Nein, nein, das wäre hier in der That ein Verbrechen. O, welche Be- scheerung, wie soll ich Ihnen danken, mein verehrter Freund!"

Das soll der Zukunftskünstler hier thun," lachte der Doktor vergnügt,ab­gemacht also, nach dem Feste werden wir gemeinschaftlich beraten,"

(Forts, folgt.)

(Mittel wider das Schimmeln der Schinken, Würste und so weiter.) Um dem Schimmeln ganz vorzubeugen, oder das­selbe zu beseitigen, ist nichts empfehlens­werter, als gewöhnliches Kochsalz in einem Teller nur mit so viel Wasser zu über- gießcn, daß eine bleiartige Lösung des Salzes erfolgt. Wenn man schimmlige Würste mit diesem Salzbrei dünn an­streicht, verschwindet der Schimmel sofort, und nach einigen Tagen überziehen sich die Würste mit seinen Krystallen, die jeder Schimmelbildung Vorbeugen. Dasselbe Verfahren ist auch sehr zu empfehlen, um zeitweilig in den Gelenken auftretenden Schimmel bei den Schinken zu beseitigen und ihm vorzubeugen.

(Parlamentarisch.) Herr Müller hat als guter Deutscher am Stammtisch poli­tisiert und als alterGermane" nach Elf noch einen getrunken und kommt infolge dessen etwas spät und angeheitert nach Hause. Als Herr Müller sich ins Bett legen will, kommt seine Frau und stemmt

die Hände in die Seite. Herr Müller ist über die Bedeutung dieser Position durchaus im Klaren, springt deshalb ins Bett, ruft mit Stentorstimme:Frau Müller hat's Wort!" und zieht die Decke dicht über den Kopf. Frau Müller soll auf das Wort verzichtet haben.

(Ungalante Replik.) Eine Dame hat den Besuch einer andern zum Nachmittags­kaffee. Aus einem sehr animierten Ge­spräche, in welchem eine dritte gehörig verhechelt wurde, entstand schließlich ein Streit zwischen Beiden und aufstehend sagte die Besucherin zu der Dame des Hauses:Nun, es ist so wie ich heute schon zu meinem Mann sagte, ich möchte nicht in Ihren Schuhen stecken."Das glaube ich gern," versetzte die Andere,denn sie würden Ihnen viel zu klein sein."

(Der Ursprung der Worte.) Ein kleines Mädchen plagte sich mit dem Lese­pensum und fragte bekümmert den Bruder: Paul, wo ist nur diese fürchterliche Menge Worte hergekommen?" Siehst du, Lieschen, vom Zanken unter den Menschen. Du weißt, da gibt ein Wort das andere."

(Auch^ein Lebenselixier.) König Ludwig von Baiern, der gern recht lange leben wollte, fragte alle alten Leute nach ihrer Lebensweise. Von einem nahezu 100 Jahre alten Banern erhielt er einst die über­raschende Antwort: I trink' mir jeden Abend ein Muschle an.

Die rote Nase des Trinkers ist ein Bürometer, welcher stets aufNässe" steht.

Einladung M Almnmnknl

auf den

Gnzthäter

für das erste Quartal 1885 .

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Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.