gesetzt, so daß wir auf ein beständiges Einvernehmen mit Frankreich vorerst keine Schlösser bauen dürfen. Hat ja doch eben diese demokratische Staatsfvrm, jedenfalls das Ideal der Bolksparteiler, noch nicht einmal seine 5jährige Präsenzzeit auch nur auf 3 Jahre reduzieren können. Es ist deshalb doch kaum an Deutschland in diesem Sinne voranzugehen. Sparen au Paradeuniformen, teuren Militürkasinos rc. schlägt Hr. Georg« vor. Wer Soldat war, weiß zum großen Leidwesen, wie oft er seine erste Garnitur zu tragen bekömmt, etliche Paraden, Kaiser- u. Königsfeste ausgenommen, liegt dieselbe oben auf der Kammer, um an jenem Tage, (möge er noch fern sein oder besser niemehr kommen) unter die ausmarschierenden Truppen verteilt zu werden, denen man wahrhaftig nicht zumuten sollte, etwa mit alten, fadenscheinigen u. s. w. Uniformen in den Krieg zu ziehen. Diese Ausgabe ist zum weitaus größten Teile einmal gemacht und sie wird fürderhin nur mit Keinen Posten im Reichsetat figurieren. Was in diesem Sinne noch die Streifung der Militärkasinos betrifft, kann nur derjenige ein abstoßendes Urteil fällen, der diese wohlthätigen Anstalten nicht näher kennt.
Punkt 4 des demokratischen Programms spricht sich gegen die Erhöhung der Zölle, Steuern rc. aus, soweit sie nicht nachweislich geboten sind.
Wer mit offenem Ohr inmitten der Land- wie Forstwirtschaft sitzt, hat seit Jahren Gelegenheit, Klagen über den rückjchreitenden Preis ihrer Produkte zu hören, hierüber bedarf es nicht erst der Untersuchung, nein, hier muß die Axt sofort angelegt werden, soll nicht jede Hilfe zu spät kommen. Und dies sehen auch weitaus die meisten Parteien ein, nur die Volkspartei und mit ihr Verwandte verschließen sich diesem Ruf, cs sei denn, daß einer ihrer Anhänger in die Enge getrieben wird, wie es im XIV. Wahlkreise (Ulm rc.) mit dem Demokraten Hichnle geschieht, der heute schon von der Notwendigkeit des Koruzvlles überzeugt ist, nur um seine zahlreichen bäuerlichen Wähler nicht vor den Kopf zu stoßen, unbekümmert seiner Unterschrift im allgemeinen demokratischen Programm, worin die Erhöhung dieser Art Zölle ausdrücklich bekämpft werden soll. Können diese Herrn noch von einer demokratischen Fraktion sprechen, eines besonders beratenden und die Teilnehmer durch den Mehrheitsbeschluß bindenden Vereins?
In Punkt 5 seines Programms stimmt Hr. Georg« der Kolouialpolitik, der Förderung der Zoll-, Schiffahrts- und Handelspolitik der Rcichsregierung wohlwollend zu. Nun in dieser Beziehung gegen die Absichten der Regierung und des Reichskanzlers zu schwimmen, hieße sich selbst den Boden mit Gewalt unter den Füßen wegziehen, was die Demokratie gerade nicht mehr nötig hat.
- Mit Punkt 6: Erleichterung der mannigfachen Lagen der arbeitenden Bevölkerung, schließt das offizielle Programm ab, einer Forderung, die bekanntlich längst von anderen Parteien und voran vom Kaiser und Kanzler selbst anerkannt
und teilweise schon durchgeführt wurde. Unseres greisen Helden Wilhelm wie seinem obersten Berater Bismarck sehnlichster Wunsch war auch in dieser Beziehung ein bleibendes Denkmal ihres Wohlwollens der arbeitenden Klasse gegenüber zu hinterlassen, die krassen Unterschiede in dieser durch zweckmäßige Gesetzgebung thunlichst zu unterdrücken, ein Werk, das bereits angefangen, zu dessen: Ausbau jedoch noch weitere Steine nötig sind, vor allem ist eine Reichsvertretung erforderlich, die allezeit bereit ist, unentwegt und trotz der vielen Angriffe seitens der Gegner die wohlwollenden Intentionen der Reichsregierung kräftig zu unterstützen. In wie- vielen Fragen hat dies bis jetzt die Volkspartei gcthan ? wohl in den wenig st e n, eine kalte Opposition war in der Regel die Antwort auf Regierungsvorlagen, ein Zeter- und Jammergeschrei über angestaunte Reservatrechte Württembergs, die nie in Gefahr waren, kurz sie war eine Kraft, die fast stets verneinend sich verhielt.
Den Wählern des VII. Wahlkreises kann es somit nicht schwer werden, betreffs der beiden Kandidaten. Staelin hat stets in bestgemeinter Absicht für das Reich sowohl als für unser engeres Vaterland im bisherigen Reichstag gehandelt, es liegt deshalb kein Grund vor, unser jahrelanges Zutrauen zu ihm zu entziehen. Tretet zahlreich an die Urne, denn dadurch sieht man, daß Vas Stimmrecht für ewig Euer sein soll.
0., den 24. Okt 84.
Miszellen.
Kin Wädchenlos.
(Fortsetzung.)
4.
Der Omnibus, der zwischen beiden Pro- vinzialstädtcn ging, war sehr stark und eben nicht von erlesener Gesellschaft besetzt. Die Unterhaltung ging ins Leidenschaftliche jener bewegten Zeit. Es gab „Volksverräter", die gehenkt, „Geldsäcke", die verteilt werden sollten. Manche Mitreisenden wurden blaß dabei, aber desto eifriger jhenkten und teilten sie mit. Alles war erstaunlich offenherzig, wie es schien und Niemand hielt mit seinem Vorhaben, mit dem Woher und Wohin seiner Reise, hinterm Berg. Indem aber der Advokat Wilhelmi ebenfalls für sich und seine beiden Reisegefährten eine sehr kühne Reiseabsicht im „Volks-Interesse" zum Besten gab, faßte Susette einiges Mißtrauen gegen die Erzählungen mich der übrigen Mitreisenden. Dies bestärkte sie in ihrem guten Mut durch die Ueberzeugung, daß unter Umständen die Klugheit besser thue. ohne einen Heimatschein der Wahrheit zu reisen.
Zu den hitzigen Reden dampften die schlechten Freiheits-Zigarren von Christen und Juden; dazu die Schwüle des Sommertages, so daß die Fahrt lästig genug wurde. Glücklicherweise hatte Susette eines der offenen Fenster gewonnen, durch welches sie sich an der fächelnden Luft und am Anblick des grünen Flußthales erquicken
konnte, bis zu vermehrtem Trost auch das reizende Dörfchen zum Vorschein kam, worin die Inhaberin des Glücksloses überrascht werden sollte.
In Münsterborn angelangt, bestellten unsere Reisenden im blauen Hecht Quartier für die Nacht und nahmen einige Erfrischungen. Die Abendmahlzeit behielt Hambach noch späterer Bestellung vor. Er bangte noch um das Los und suchte in dieser Ungewißheit zu sparen. Er besprach sich sehr angelegentlich mit dem Wirt, und an der Aufmerksamkeit, die seitdem der blaue Hecht gegen Susette an den Tag legte, hätte sich ein Teil der vertraulichen Rede leicht erraten lassen.
Nun eilte man über den schönen breiten Wiesengrund auf einem Dammwege nach Sodau.
Das anmutige Dorf lag am Fuße des langen, halb waldigen Bergrückens, so zu sagen, unter Obhut eines alten Turmes, der sich am Abhange der Waldhöhe erhob. Sie fragten sich nach der Wohnung des Waldaufschers oder Kreisers Remmert zurecht, und wurden von Kathrinchen empfangen, die mit dem Melkeimer aus dem Zieaenställchen kam.
Das unerwartete Erscheinen der ihr nicht fremden, aber doch sonst nicht zusammengehöriger Menschen setzte sie augenblicklich in Verwirrung. Besonders war ihr der Advokat Wilhelmi ein Rätsel, und jagte ihr sogar eine schreckhafte Besorgnis ein. Ehe sie aber nur an eine Frage denken konnte, stürmte Hambach mit seiner Frage heraus:
Sie haben das Lotterielos wohl aufbewahrt, und besitzen es noch?
Unsere 73,747, Katharinchen, auf das böhmische Gut? erklärte Susette.
Um Gotteswillen hat's gewonnen? Gewiß besitz ichs noch! Was denken Sie auch von mir?
Gott sei Dank! rief Hambach. Ja mein Engel, es hat gewonnen! Jedes von Euch Mädchen bekommt einmalhundert- tausend Gulden W. W., wovon einiges abgeht für Auslagen, Zehrung, Reisekosten u. s. w. nicht des Redens wert.
Katharinchen nahm gefaßter, als am Morgen Susette, die Freudenbotschaft auf. Doch war sie von dem ganzen Vorgang so zerstreut, daß sie mit gefalteten Händen das Tischgebet anhob:
„Herr Jesu komm' sei unser Gast, Bei dem, was Du beschccret hast."
Doch rasch errötend fuhr sie lächelnd fort:
Ich hatte gleich mein Vertrauen auf die Nummer gesetzt: sie löst sich in lauter sieben aus. Noch neulich hält ich meinen Anteil gut verkaufen können; die Frau Rentmeister Haiz bot mir einen Abstand, der mich sehr verlockte, weil mir just so viel noch fehlte, um ins Kloster zu treten. Ich konnte mich aber nicht entschließen.
(Fortsetzung folgt.)
Auflösung des Rätsels in Nr. 170.
Reinmachen — Einmachen.
Bestellungen auf den Onzlhäler
können täglich bei allen Postämtern gemacht werden.
Mt einer Aeitage.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.