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Mizellen.

Geprüfte Kerzen.

Novelle von F. Stöckert.

(Fortsetzung.)

Draußen war es unterdeß dunkel ge­worden, und nach und nach wandelte auch Lilli eine unwiderstehliche Schlaflust an, sie schloß die Augen, und sofort umgaukelten sie wirre wüste Traumbilder sie sah sich wieder in ihrem weißen Hochzeitskleide, neben ihr stand nicht Fritz, sondern der mürrische Bahnbeamte aus Feldheim jund hielt ihr eine seiner großen Sonnenblumen unter die Nase, und die roch so eigen, so betäubend, und der finstere Mann murmelte immerfort:

Schlafe, was willst du noch mehr. Sie fühlte es im wirren Herbstschlummer, daß sie irgend etwas Betäubendes ein­atmete, die Augenlider wurden ihr schwerer, sie hatte nicht mehr die Kraft sie noch einmal zu öffnen, obgleich sie ein dunkles Gefühl hatte, als müsse sie mit aller Kraft sich zu ermuntern suchen, es war ihr nicht mehr möglich, ein tiefer, traum­loser Schlaf hatte sich ihrer gänzlich be­mächtigt.

Als sie endlich erwachte, da leuchtete die Helle Morgensonne in das Coupe und vor ihren erstaunten Blicken lagen die grünbewaldeten Berge des schönen thüringer Landes. Auch ihre Reisegefährtin schien sich jetzt erst zu ermuntern, sie rieb sich, wenigstens schlaftrunken, die Augen. An der nächsten Station stieg sie aus, sich mit einem unendlich vornehmen Kopfnicken von Lilli verabschiedend.

Diese fuhr noch eine Strecke weiter, tief hinein in die Berge, dann verließ sie auch das Coupo. Vor ihr lag ihr Reise­ziel, der reizende Badeort F.

Bis hierher konnte ihr Mann, der vorgestern mit demselben Zug gefahren, auch nur gekommen sein und jedenfalls war er hier geblieben. Es war ja so wunderschön in diesem Thale, diese köst­lichen Wälder, diese Berge, diese entzücken­den Villen überall. Wenn sie Fritz ge­funden, dann wollte sie ihn bitten, daß er eine der kleinen Villen für einige Zeit mietete, und dann wollte sie tüchtig mit ihm in den Bergen umherstreifen. O, es konnte ja noch alles wunderschön werden, wenn sie ihn nur erst gefunden! Zunächst beschloß sie jetzt, dort in dem reizenden Garten eines Hotels sich mit Kaffee zu erquicken, es war ja möglich, daß Fritz hier auch gerade eingekehrt, sie wollte ihre Nachforschungen sofort beginnen.

Die Hotelgäste, die in dem Garten ihr Frühstück einnahmen, blickten ihr neugierig nach, wie sie schüchtern durch den Garten schritt, dann an einem der Tische vor dem Hotel Platz nahm und einen Kellner her­bei rief.

Bitte bringen Sie mir Kaffee", wandte sie sich an den dienstbaren Geist,und dann bitte, erkundigen Sic sich, ob nicht gestern früh mit dem 6 Uhrzug ein Herr hier angekommen, groß und blond."

Ein Herr! groß und blond? Ja ge­wiß, der ist angekommen gestern früh," erwiederte der Kellner eifrig;dort sitzt er," fügte er etwas leiser hinzu, und wies

auf einen Herrn, der ganz allein in der Nähe am Tische saß und die Zeitung las.

Lilli spähte neugierig hinüber.

Mein Gott, das ist ja ein ganz alter Grankopf," sagte sie gringschätzig,das ist Fritz nicht! Fragen Sie nur nach einem Herrn Wellbach, Gutsbesitzer aus Feld­heim."

Gut!" erwiederte der Kellner und ging ab.

Ein Herr Gutsbesitzer Wellbach logirt nicht hier; berichtete dann der Kellner, als er mit dem bestellten Kaffee zurück­kehrte.

Nicht, dann muß er nach einem andern Hotel gegangen sein.

Jedenfalls hat er das gethan, wir haben ja mehrere größere Hotels hier, dort drüben ist der Kronprinz, auch ein Hotel Kaiser Wilhelm haben wir."

Lilli beachtete jedoch seine Worte gar nicht mehr, verzwciflungsvoll wühlte sie in ihrem Handtäschchen herum, sie hatte den Kaffee gleich bezahlen wollen, und fand min weder ihr Portemonnaie, noch die Geldrolle darin.

Herr Gott, mein Geld! es ist fort, ich bin bestohlen!" rief sie entsetzt.

Der verachtete Grankopf ihr gegenüber ließ bei diesem Ausruf die Zeitung sinken, rückte den Klemmer fest, und fixierte Lilli sehr interessiert.

Der Keller griff voller Mißtrauen nach dem Kaffeeservice.Ja wenn sie kein Geld haben, dann solche Finken kennen wir schon."

Gott im Himmel, sie halten mich ja wohl gar für eine Betrügerin" , stöhnte Lilli mit Thränen in den Augen.

Lassen sie den Kaffee stehen!" tönte da die senore Stimme des Graukopfs be­fehlend , er hatte sich erhoben und trat jetzt an den Tisch heran.Hier ist das Geld dafür," sagte er, indem er einige Geldstücke dem Kellner hinwarf.

Ich dächte, so viel Verstand könnten Sie auch haben, Jean, und sich sagen, daß man um eine Tasse Kaffee eine solche Komödie nicht aufführt."

Ich habe meinen richtigen Kellnerver­stand und habe schon einmal eine Be­trügerin entlarvt, ein Staatsanwalt bin ich freilich nicht!" erwiederte Jean erbost.

Jetzt werden sie gehen mein Bester, das Entlarven werde ich als Staatsanwalt selbst besorgen.

Tief gekränkt in seiner Würde, schritt der Kellner von dannen.

Lilli sah ängstlich zu dem Staats­anwalt auf, der sie entlarven wollte. Dieser bat vorerst ganz artig um die Erlaubnis, neben ihr Platz zu nehmen, dann nötigte er sie den Kaffee zu trinken. Sie können mir dabei ihre Erlebnisse erzählen, sagte er gütig.

Doch ich vergaß gänzlich, mich vor­zustellen, verzeihen Sie, mein Name ist Horn, Staatsanwalt aus M., darf ich um den Ihren bitten?"

Lilli nein Wellbach," stotterte die junge Frau.

Ihr Gegenüber blickte etwas mißtrauisch in das unschuldige Kindergesicht und ex­aminierte.Man hat Sie auf der Reise hierher bestohlen? wenn ich vorhin recht gehört."

Ja, es muß die Dame im Coupä ge­wesen sein, während ich geschlafen, ich hatte eine ganze Rolle Goldstücke hier in meiner Tasche, und nun ist sie fort, auch mein Portemonnaie, es ist entsetzlich, was fange ich nur an.

Wollen Sie nicht zunächst an Ihre Angehörigen telegraphieren? Wenn Sie gestatten, werde ich die Depesche besorgen, da ich ohnedies des Diebstahls wegen so­fort nach dem Bahnhofe gehen werde, ich bitte nur um Namen und Wohnort Ihres Herrn Vaters."

Mein Vater ist der Professor Röder in C."

Sie nannten sich aber Wellbach mein Fräulein"

Ja ich ich bin ja verheiratet."

Verheiratet!" rief der Staatsanwalt und riß die Augen weit auf,und Ihr Herr Gemahl läßt sie so allein und schutz­los in der Welt umherirren!"

Ach Gott, davon weiß er ja nichts, ich suche ihn hier; wir sind eigentlich auf der Hochzeitsreise."

Hm auf der Hochzeitsreise ver­zeihen Sie, gnädige Frau, aber die Sache klingt etwas sehr sonderbar."

Ja, das ist sie auch," sagte Lilli kleinlaut.

Wen suchen wir denn da zuerst! den Herrn Gemahl oder die Diebin?"

Ach, wenn ich nur Fritz bald fände, da wollte ich nach meinem Gelde und der Diebin gar nicht mehr fragen. Ich muß auch fort, und muß nach ihm forschen." Sie erhob sich.

(Fortsetzung folgt.)

(Bereitung von Aepfel-Schnee.) (Eine sehr angenehme und billige süße Schüssel.j Von 4 gebratenen Aepfeln nimmt man das weiße Fleisch, verrührt dasselbe ganz fein, fügt das zu Schnee geschlagene Weiße von 2 frischen Eiern, 250 § ('/, Pfd.) fein gesiebten Zucker, den Saft einer Zitrone und etwas abgeriebene Schale derselben hinzu und rührt dies 1'/»2 Stunden recht stark. (Diese Masse gibt, wenn fleißig gerührt, eine große Creme-Schüßel voll.) Man verziert den Schnee mit eingemachten Früchten oder Gelee. Man kann am Zucker­quantum etwas abbrechen und statt der Zitronenschale auch etwa s Vanille nehmen.

(Schnell fertig.) Von einem vielbe­schäftigten Lehrer des edlen Klavierspiels wird erzählt, daß er die Kunst verstehe, den Tag in mindestens 100 Stunden zu zerlegen. Diese Behauptung wird erklärt durch eine der gewöhnlichen Redensarten dieses Lehrers, die er an seine Schüler richtet. Er legt die Hand auf ihre Schulter und stößt eilig die Worte heraus:Ach bitte warten Sie nur fünf Minuten, ich habe eine Stunde zu geben.

(Kindermund.) Der vierjährigen Elise wird von der Mama vor dem Mittagessen, zu dem einige Freunde eingeladen sind, streng verboten, stets etwas, wie sie sonst gewöhnt ist, zu verlangen, sie werde schon ohnedies das Ihrige erhalten; sie verspricht das auch mit Hand und Mund, wird aber bei der Austeilung nachher doch übersehen. Lange bleibt sie still, endlich aber ruft sie: Bitte, liebe Mama, gib mir doch etwas von selbst."

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.