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der Parteien. Die ungemischte Empfindung der Befreiung von den Lasten des Werkeltages, von dem Zwiste zwischen hüben und drüben, erfülle aller Herzen! Die Kämpfe der Naturgewalten sind vorüber; schon trägt Mutter Erde im grünen Schoße die Früchte, mit denen uns die kommende Zeit beglücken wird, schon keltert die Roscnknospe im Sonnenlicht den Duft der werdenden Blume.
Alljährlich lehrt's ja die Natur, wie die Strahlen der Sonne schlummernde Keime erwecken und zu neuer Prachtfülle und Schönheit entfalten, was im Winterfroste erstarrt schien; zweifeln wir daher nicht, daß das Licht des göttlichen Geistes jemals erlöschen werde; in seinem Plane liegt die höhere Entwicklung des Menschentums, die Idee eines Pfingstfestes für Alle!
Mehr Licht! so flüsterten im Sterben die Lippen eines der edelsten Denker des deutschen Volkes; mehr Licht! so hallt es wieder im Pfingstgebet derer, welche das Dunkel durchdringen möchten, das unser geistiges Auge umschleiert hält. Ein besseres Erkennen dessen, was dem Menschen frommt: möge die Kraft des Geistes in diesem Pfingstgedanken fortwirken zur Veredlung des Menschengeschlechts!
Kronik.
Deutschland.
Zur Grundsteinlegung für dasRei ch s- tagsgebäude sind die Einladungen an die Reichstags-Abgeordneten vom Präsidium des Reichstags abgegangen. Der Kaiser hat, wie man hört eigenhändig das Programm entworfen; so groß ist das Interesse des kaiserlichen Herrn an dem „Reichshause." (F. I.)
Berlin, 27. Mai. Bei der Grundsteinlegung zum Reichstagsgebüude wird der Kaiser von großem militärischem Gefolge umgeben sein, in welchem sich die ältesten aktiven Generäle bezw. Feld- marschälle als ruhmvolle Teilnehmer an den letzten Feldzügen befinden werden. Auch auf das Erscheinen des Reichskanzlers wird gerechnet. Ebenso wird der Bundesrat möglichst in eorporo und das preußische Staatsministerium anwesend sein.
Im Reichstag ist der Antrag auf Entschädigung unschuldig Verurteilter an eine Kommission verwiesen worden. Merkwürdig wie schwer oft die Lösung eigentlich selbstverständlicher Fragen genommen wird.
Die „Köln. Ztg." verlangt heute, daß die bei dem Börsensteuergesetz nüchstbe- teiligten Börsen- und Handelskreise sich nicht bloß damit beschäftigen möchten, das drohende Unheil abzuwcnden, sondern daß sie mit der ganzen ihnen innewohnenden Sachkenntnis prüfen und Vorschläge machen, durch welche Mittel und auf welchen Wegen die Börse zweckmäßigerweise und mit möglichst geringem Schaden für das solide Geschäft zu erhöhten Steuern heranzuziehen ist.
Im Gürzenich in Köln fand am 24. die Generalversammlung des Schutzvereius für den Papier- und Schreibwarenhandel statt. Aus der Eröterung über „einheitliche Lineaturen für Bolksschulhefte" ist hervorzuheben, daß in Deutschland bis zu 36 verschiedene Lineaturen für Bolksschulhefte bestehen, was weder für Lehrer,
Schüler, noch für Fabrikanten oder Lieferanten irgend einen Vorteil bieten kann. Nur Württemberg stehe als eine Ausnahme da, dort seien nur einheitlich sechs Lineaturen gestattet. Ein Rundschreiben in dieser Angelegenheit in einer Auflage von 4000 Stück an die Schulvorstände u. s. w. des Reiches hatte den Erfolg, daß ein einziger Direktor die Notwendigkeit der einheitlichen Lineatur in einem Dankesschreiben anerkannte und sich bereit erklärte, das Streben zu unterstützen. Es wurde der Beschluß gefaßt, weiter für die Sache zu arbeiten.
Hannover, 24. Mai. Das leichtfertige Löschen einer Petroleumlampe hat wieder einen bedauerlichen Unglücksfall hcrbeigcführt. Der 71jährige General- Agent Hornemann, der eine vor seinem Bette stehende Petroleumlampe durch Hineinblasen in den Cyliuder auslöschcn wollte, wurde durch eine dadurch erfolgte Explosion in lebensgefährlicher Weise durch Brandwunden verletzt. Die Nachtkleider des alten Herrn fingen durch das umherspritzende brennende Petroleum Feuer. Nach einem mehrtägigen qualvollen Schmerzenslager ist Hornemann gestorben.
Frankfurt, 28. Mai. Die ersten deutschen Kirschen (Heidelberger) sind heute auf den Markt gekommen; sie kosten per Pfund 35 Der Versandt dieses Obstes hat bereits nach dem Norden in großen Mengen begonnen; die Hauptmenge wird jedoch direkt aus dem Badischen versandt und geht nach England, Schweden rc.
(Fr. I.)
Württemberg.
In besonderem Aufträge der beiden königl. preußischen Ministerien für die Landwirtschaft rc. und den Handel ist Pros. Dr. Baur von Blaubeuren behufs Ausführung einer technischen Mission (die Hebung unserer deutschen Leinen- re. Kultur und Industrie betreffend) zu längerem Aufenthalt an den Niederrhein abgereist.
Stuttgart, 29. Mai. Gestern begannen wieder die Sitzungen der staatsrechtlichen Komm, der Kammer der Abgeordneten in Sachen dcr Kirchengesctzgebung. Die Feststellung der Berichte wird, wie man glaubt, etwa 10 Sitzungen in Anspruch nehmen. Der Bericht dürfte schließlich ein ansehnliches Buch von ca. 30 Bogen (20 für den evang. und 10 für den kathol. Kirchengcsetzentwurf) vorstcllen.
Stuttgart, 27. Mai. In der heutigen Plenarsitzung beschloß die Handels- und Gewerbekammer gegenüber dem Gesetzentwurf, betr. Abänderung des Rcichsstempel- abgabengesctzes, vorerst die K. Staats- rcgierung zu bitten, dem Entwurf in seiner gegenwärtigen Gestalt ihre Zustimmung zu versagen, da er eine Reihe von Bestimmungen enthalte, die nicht nur das Börsen- und Bankgeschäft, sondern namentlich auch das effektive Warengeschäft unverhältnismäßig schädigen und beschränken würde. Die Heranziehung des außerhalb des Börsenverkehrs sich vollziehenden Handels- und Fabrikationsgeschäftes wurde von der Kammer als unannehmbar bezeichnet und nicht minder erblickte das Plenum auch in der projektierten Mehrbelastung des Bank- und Börsengeschäftes eine unmotivierte Schädigung sowohl des
kleineren Kapitalisten, als des Provinzial- Bankgeschüfts und namentlich des hiesigen Platzvcrkehrs. (St.-A.)
Stuttgart, 29. Mai. Der Liederkranz feierte gestern beim schönsten Frühlingswetter in seinem Garten eines jener schönen Schillerfeste, durch welche er seit Jahren das Andenken an unfern unsterblichen Dichter wach zu halten und immer neu zu beleben in verdienstvoller Weise bestrebt ist.
Stuttgart, 29. Mai. Heute fand ein Brieftaubenflug von Worms nach Stuttgart statt. 60 Brieftauben des Stuttgarter Klubs wurden gestern mit dem Schnellzug nach Worms befördert und heute früh 7'/- Uhr dort aufgelassen. Die ersten zwei kamen bereits 9 Uhr 55 Min. hier an, die 3. folgte 3 Min. die 4. 10 Min. später. Im Lauf der nächsten Stunden trafen die meisten übrigen ebenfalls ein.
Ludwigsburg, 29. Mai. Die Bierbrauerei von Adolf Fischer hier hat in letzter Zeit eine größere Eismaschine, sog. Absorbationsmaschine (System Carrä), in ihren Räumen erstellt, die Anfangs täglich 150 Ztr. Eis erzeugte. Das in genannter Eismaschine gefertigte Eis bildet kleinere Tafeln im Gewicht von 15—17 Pfund. Es wird aus reinem Brunnenwasser hergestellt, deßhalb ist auch das Aussehen der Tafeln ein krystallhelles und sehr appetitliches. (S. M.)
Tübingen, 27. Mai. Die Olgahöhle bei Honau kann seit einigen Wochen elektrisch beleuchtet werden. Es können sowohl Edison-Glühlampen als ein Bogenlicht von 10 Normalkerzen mit einem Druck entflammt werden, wodurch die herrlichsten Tropfstcingebilde an Dcckengewölbe und Wänden erst recht zur Wirkung gelangen.
Vom Fränkischen, 25. Mai. In einer viel genannten Stadt unserer
Fränkischen Gegend kaufte ein Bürger von einem Weinhündler einen Kubikmeter Wein. Der Käufer fragte zuerst den Verkäufer, wie hoch ein Kubikmeter trinkbarer Wein zu stehen komme, worauf er zur Antwort erhielt 60 Mark. Er schlug ein, der
Kauf war abgeschlossen und mußte jetzt
der Verkäufer zu seinem größten Erstaunen die bittere Erfahrung machen, daß der
Inhalt eines Kubikmeters gleich 1000 Liter ist und daß er demnach seinen Wein per Liter zu 6 verkauft hat.
Heilbronn, 27. Mai. Nach einer in der vorletzten Nummer des Landwirtschaftlichen Wochenblatts gebrachten Mitteilung sind der Leim- und Düngerfabrik von F. A. Wolfs und Söhne in Heilbronn bis 12. Mai 300 Zentner gleich 19'/, Millionen Maikäfer eingeliefert worden.
Neuenbürg, 28. Mai. In den letzten Tagen wurden mehrfach Kirschen aus der Umgegend zu Markt gebracht. — An einigen früheren Plätzen im Thal hat schon die Heuernte begonnen.
Neue n b ü r g, 29. Mai. Seit einigen Tagen ist in der Atmosphäre bei Nordostwind ein sogenannter Höhenrauch bemerkbar, der auf die Temperatur ungünstig cinzuwirken scheint und sie merklich abgckühlt hat: an einigen Stellen auf den Höhen war Reif zu treffen. Auch auf die Atmungswerkzeugc wirkt dieser Dunst unangenehm. Heute beginnt die Luft wieder reiner zu werden.