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feite her Rosseshufe die Ankunft eines Reiters verkündeten.
Und: „Eilt, daß die schwache Seele in's Paradies komme," drängte der Herr von Hinterdobl, und das Beil des Rottenmeisters zischte nieder und — klirrte nach dem Hiebe auf die rechte Hand des Opfers, von seinem Stiele berstend, mit schrillendem Tone in den Sand zurück, — denn siche da! man hatte in der Mordeilc vergessen, dem Junker den eisernen Handschuh von der Faust zu ziehen — und
„Vater!"
wimmerte es aus der Brust des geängstigtcn Schlachtopfers, das, durch den gewaltigen Hieb aus seiner tiefen Ohnmacht erweckt, zu den Füßen seiner Peiniger hinsank. —
„Fackeln!" schrie der alte v. Gera, und während ein junger Reiter, eben vom Pferde stürzend, mit dem Rufe: „Engel meines Lebens, für mich gingst du in den Tod!" zu dem Marterpflocke hinwankte,
— beleuchteten die Pechfackeln der Pasfauer eine Scene — eine furchtbare schöne Scene, wie sie nur Roma's uralte Jahrbücher in Zwischenräumen von Jahrhunderten darbieten:
Ein Vater hatte unbewußt seine einzige Tochter an den Todespflock gebunden!
Es brach die Rinde seines Herzens, cs dämmerte ein neuer Morgen der Vaterliebe, cs rollte ein heißer Thräncnstrom von der Wange des Edelsassen, er schloß sein einziges Kind in die Arme; ein Blick zum Himmel, zu dem allbarmhcrzigen Himmel, der in seiner unermeßlichen Gnade eine entsetzliche Jammerthat verhütet hatte,
— er blickte in das Auge des Kindes, — das konnte nur ein Baterherz empfinden; den ranhen Söldnern der Pafsauer Kohorte perlten ungewohnte Thräncn über die verbrannten Wangen.
Und der Liebe im Vatcrherzen wich auf einen Augenblick die Wange des Hasses. Der Freisasse v. Gera sah sich nach seinem Ratgeber, dem argen Achatz Willingcr, um, aber der hatte, den Zusammenhang ahnend, treu seinem Prädikate: der Hintcr- dobler, mit doppelten Hufen das Hintere Gebüsch gefunden und war entflohen.
Als aber der Freisasse v. Gera aus dem Munde seiner einzigen Tochter nun erfuhr, daß sie ans heißer Liebe zu ihrem treuen Alfred gleich nach seiner Gesangcn- setzung im Hanse des Herrn v. Gera den Entschluß gefaßt habe, sich für denselben aufznopfern, und, ihm unbewußt, in seinen zurückgebliebenen Mantel gehüllt, mit seinem Barette auf dem Haupte, seine Eisenhandschuhe anlegend und sich in der Eile möglichst unkenntlich machend, den Todesritt in das Pafsauer Lager gemacht habe, bis sic hier in den Armen ihres Alfred erwachte, den ein über ihr Verschwinden betroffener Diener, ihr Vorhaben ahnend, befreit und mit dem schnellsten Rosse zum Ritte in das Lager versehen hatte, — da ward ihm die unermeßliche Liebe klar, mit der ein Müdchenherz den Erwählten ihres Herzens zu umfassen im Stande ist; — er reichte dem Götzen- dorfer die Hand und weinte wie ein Kind am Halse seiner wicdergeschenktcn einzigen Tochter.
Der folgende Ncnjahrsmorgcn des Jahres 1612 aber sah das erste Berlobungs- fest des neuen Jahres in dem Freihause
des Herrn v. Gera zwischen seiner schönen Esther und dem treuen Alfred von Gvtzen- dorf feiern.
Als aber inmitten des fröhlichen Festes, wobei der alte Freisasse v. Gera, von seinem edlen Eidam bekehrt, die Gesundheit des Kaisers ausbrachte, und dem Passancr Gesindel, welches so willig den Pflock zur grausamen That nufgepflanzt hatte, die Fehde zuschwor, ein reitender Bote des zur Frevelthat so willigen Achatz Willingcr von der Au und Hinterdobl dessen schriftliche Einsprache wider das Ehebündnis Esthers mit Alfred überbrachte, weil ihm der Freisasse v. Gera auf gutem Pergament die Hand seiner Tochter Esther cidespflichtig zugesichert habe, — da ergriff der edle Herr v. Gera hohnlachend den von der Eisenaxt schier durchhauenen eisernen Handschuh, welcher seiner Tochter am fürchterlichen Pflocke in der Donau- Au die Hand erhalten hatte, befahl seinem Schildträger, diese eiserne Hand vor die Hauspforte zu nageln, und ließ dem Herrn von Hinterdobl die Worte des spartanischen Königs erwiedern:
„Komm und hole sie!" — —
„Aber Herr Willingcr, der Hetzer, kam nicht, und so blieb denn der eiserne Handschuh bis in späte Zeiten auch dann noch hängen, als auch Herr Achatz Willingcr, als neuer Hetzer im Bauernkriege, Anno 1627 am 26. März nebst sieben andern vornehmen Rädelsführern auf dem Haupt- platze in Linz „zum großen und grau- samlichen Lpoetaoulo" der Linzer am dreibeinigcn Holze hing; und noch immer hängt, ob auch die schöne Esther v. Gera und ihr Alfred längst unter dem Steine der Pfarrkirche den ewigen Schlummer schlafen, — der eiserne Handschuh vor. dem Freihause der Herren v. Gera, jetzt das Haus Nr. 517 in Linz, und die Alles ändernde Zeit führte, als ob Eisen das Eisen anziehe, sogar eine eiserne Bahn nunmehr vorbei an der eisernen Hand.
Zum täglichen Wassertrinken.
Eine Epistel für Wasserscheue.
(Nachdruck verboten.)
„Trinkt Wasser wie das liebe Vieh
Und denkt, es sei Crambambuli..."
So heißt es schon in einem alten Studcntenliede und wenn auch der Sinn dieser Strophen unverkennbar ein ironischer ist und der zarte Hinweis auf das „liebe Vieh" gerade keine Höflichkeit enthält, so scheint doch auch dem Verfasser des! Crambambuli-„Liedcs" die Bedeutung des Wassertrinkens für den Menschen, wenngleich unbewußt, geahnt zu haben. Nun gicbt cs aber noch Biele, sehr Viele, nicht nur unter den Musensöhnen, sondern auch im weitern unter den „Philistern", die einen förmlichen Abscheu vor dem Wassertrinken haben und sich nur dann zu einem Trünke Wasser bequemen, wenn sich zur Löschung ihres Durstes wirklich einmal nichts anderes darbietet oder wenn sie auf dem Altar des Bacchus oder Gam- brinus allzu reichliche Libationen dargebracht haben und nun die Folgen derselben durch ein Glas Wasser glauben bekämpfen zu müssen. Solche Leute scheinen von der Bedeutung des Wassers für den menschlichen Körper keine Ahnung zu haben und eine kleine Vorlesung über diesen
Gegenstand dürfte ihnen daher nichts schaden.
Das Wasser ist nicht nur das von der Natur hierzu bestimmte Normalgetränk des Organismus, sondern überhaupt der große Lebcnsunterhaltcr, der bei allen Funktionen des menschlichen Körpers, namentlich aber bei der Ernährung und Verdauung, eine der wichtigsten Rollen spielt. Sollen diese Funktionen regelmäßig und ungestört vor sich gehen, so muß der Mensch täglich ein bestimmtes Quantum Wasser zu sich nehmen und diese Aufgabe wird ihm dadurch ganz wesentlich erleichtert, daß das Wasser nicht nur in allen Getränken, sondern auch in allen Speisen, selbst in denen, welche man gewöhnlich als trockene oder feste Speisen bezeichnet, den Hauptbestandteil bildet. So sind z. B. in 100 Pfund Gemüse 80 Pfund Wasser, in 100 Pfund rohen Fleisches 77 Pfund, in einem gleichen Quantum gebratenen Fleisches 60 Pfund Wasser enthalten; in gekochtem Rindfleisch finden sich, immer 100 Einhcitsgewichte angenommen, 63 Pfund, in gekochten grünen Erbsen ebenfalls 63, im Weizenbrvte 42, im Roggenbrote 59, in gekochtem Reis 74, in gekochten Kartoffeln 70 Pfund Wasser u.s.w. Ja, von unserm Körper selbst bildet das Wasser etwa drei Viertel seines Gesammt- gcwichtcs und würde sonach Jemand, welcher 100 Pfund wiegt, über 70 Pfund Wasser enthalten.
So reichliche Quantitäten Wasser wir nun aber auch unserm Körper in Getränken, Suppen und festen Speisen Zufuhren: so ist hiermit der tägliche Wasserbedarf desselben doch noch nicht gedeckt und muß deshalb noch durch Waffertrinken nachgeholfen werden. Natürlich hat sich letzteres nach den Bedürfnissen und der Constitution des Einzelnen zu richten, soweit sollte es aber doch Jeder bringen, daß er täglich wenigstens zwei Gläser Wasser trinkt, wenn ihm das Waffertrinken vom Arzte nicht geradezu verboten ist. Eine der wichtigsten Gesnndheitsrcgeln ist es, ein Glas Wasser eine Stunde vor und nach dem Mittagessen zu trinken. Vor der Mahlzeit wird hierdurch gleichsam ein Ausspülen des Magens bewirkt, indem derselbe von dem Schleim und den etwa noch in ihm enthaltenen Speiseresten gereinigt wird, da diese, durch das Wasser verdünnt, in den Darm fortgeführt werden, wodurch sich der Appetit erhöht und die l Verdaungsfähigkcit des Magens vermehrt. Das Wasser, welches man nach der Mahlzeit in den Magen einführt, erleichtert die Magcnverdannng der Speisen auf doppeltem Wege, auf rein mechanischem und auf chemischem. Elfteres geschieht, indem durch das Wasser der im Magen befindliche Speisebrei verdünnt und daher durch die Magenbcwegung leichter umgerührt wird; die Erleichterung der Magenver- danung durch Wasser vollzieht sich auch auf chemischen Wege, weil erfahrungsgemäß ein Wasscrzusatz zum Magensäfte dessen andauernde Fähigkeit für die Verarbeitung von Eiweiß-, Fasern- und Käsestoff beträchtlich erhöht. Außerdem gilt das Trinken eines Glases Wasser einmal früh knrz nach dem Aufstchen, das andere Mal Abends vor dem Schlafengehen, als eine alte Gesundheitsregel, die schon den