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lithographischen Skizze derKönigl. Württ. Eisenbahnpostkurse für den Sommerdicnst 1884" ersichtlich, welche bei den Postan­stalten um 10 bezogen werden kann.

Am 16. Mai wurde von der evan­gelischen Oberschulbehörde die 2te Schulstelle in Neuenbürg dem Schullehrer Schramm daselbst über­tragen.

* Neuenbürg. Der Aufwand für die Naturalverpflegung der armen Reisen­den im Oberamtsbezirk Neuenbürg be­trug im Monat April d. I. bei 972 abgegebenen Anweisungen im Ganzen 318 ^ 50 gegenüber von 770 18

im April 1883.

O e st e r r e i ch.

Wien, 17. Mai. Gestern Abend ist im Stadttheater auf der linksseitigen Gallerie ein Brand ausgebrvchen, der Zuschauerraum brannte sofort lichterloh. Um 5'U Uhr brannten bereits Dachstuhl, Gallerien und Parterre; um 5' Uhr stürzte das Dach mit dem Lustre ein. Nach dem Einsturz des Dachstuhls begann die Ziukcinfassung zu schmelzen, worauf auch der eiserne Vorhang zusammenbrach. Mittlerweile schlug der Wind um und trieb die Flammen gegen die Schellinggasse, wo die Requi­sitenkammer sich befindet, die ebenfalls vom Feuer rasch vernichtet wurde. Das Theater wurde von Ausbruch des Brandes an für unrettbar verloren gehalten; die Feuerwehren der Stadt Wien und Um­gebung waren in gefahrvollster Thätigkeit zur Rettung anstoßender Gebäude. Abends 10 Uhr war das Feuer endlich allseitig abgedämpft. Das Theater ist total abge­brannt. Kein Menschenleben ist zu be­klagen. Doch sind Wachmänner bei den Löscharbeiten verletzt worden. Das Feuer soll durch die Unvorsichtigkeit von auf der dritten Gallerie beschäftigten Arbeitern oder nach anderer Version im Maleratelier ausgekommen sein.

NlisMen.

Die eiserne Kant».

Eine oberösterreichische Donau-Soge.

(Von Dr. F. Isidor Proschko.)

Vor mehr als zweihundert Jahren lebte auf seinem Freisitze, außerhalb den Stadtwällen von Linz, Herr Guntram von Gera mit seiner schönen Tochter, dem Fräulein Esther von Gera, welche mit der den adeligen Fräuleins damals eigenen Schüchternheit kaum in Blonden einmal das steinerne Wohnhaus ihres Vaters ver­ließ. So schüchtern jedoch die sanfte Taube war, so hatte doch die nicht Schloß und Riegel achtende Liebe in ihrem Herzen Eingang zu finden gewußt, und der junge Edelherr, Alfred von der Oedt zu Götzen­dorf, bei Gelegenheit, als er auf dem von den oberösterreichischen Landständcn im Jahre 1606 dem Kaiser Mathias aus An­laß seiner Huldigungsfeier veranstalteten Ringclstcchen den Preis aus den Händen des Fräuleins empfing, auch ihr Herz mitempfaugen.

Liebe macht erfinderisch, und bald war es den Liebenden gelungen, sich wieder zu sehen, und der Bund geschlossen, den sie nur mit ihrem Leben trennen zu können vermeinten.

Da kam das Jahr 1611 und mit ihm der Bruderzwist zwischen den Kaiscrbrüdcrn, Rudolph und Mathias. Der ehr- und habsüchtige Herr von Gera auf seinem Edclsitze hielt es mit den Passaueru, welche Kaiser Rudolph geworben hatte und welche im Laude arg zu Hausen begannen. Was anders, als daß er auch von seinem künf­tigen Eidam verlangte, daß dieser seine Partei ergreife.

Als daher Götzeudorf förmlich um die Hand der schönen Esther anhielt, cr- wiederte ihm der Herr von Gera seine Werbung mit einem feierlichen Eidschwur, daß er die Hand seines einzigen Kindes nur wieder in die Hand eines seiner Kampf­genossen legen wolle, und sein künftiger Eidam, wie er, ein Feind des Kaisers Mathias, der ihn durch Verweigerung eines Ehrenamtes in seinem Hvflagcr be­leidigt hatte, sein müsse; der junge Götzendorf dagegen, ein eifriger Verfechter der Sache seines Herrn und Kaisers, wies diese letzte Zumutung unwirsch von sich, und so war eine der gewöhnlichen feind­seligen Stellungen zivischeu gesiunungs- verschiedeneu Vätern und den Herzens- männeru ihrer Töchter herbcigeführt.

Die Sylvestcrnacht des Jahres 1611 hatte ihre letzte Stunde verdröhut und der große Mathematiker Kepler in seinem un­scheinbaren Hänschen in der Ledercrgasse zu Linz seinen Triangel aus der Hand gelegt, als dicht an seiner Wohnung vor­über beim Scheine der halben Mondscheibe, welche dnrch das leise und unterbrochene Schneegestöber herabflimmcrtc, zwei in faltige, kurze Mäntel gehüllte Männer den Wiesendam bis zum Frcisitze des Herrn von Gera hinanfschritten, wo sie unter der knarrenden Hauspforte verschwanden.

Es war der Herr von Gera und sein Waffengenosse, Achatz Williuger von der Au und Hinterdobl, ein eben so arger Feind des Kaisers, als Erstcrer.

Sie traten in das Gemach der schönen Esther, welche eben den goldenen Faden ihres Rädchens auszuwickeln begann, jedoch, sichtlich betroffen über die Ankunft ihres Vaters, das purpurne Antlitz zu Boden senkte, als snche sie den Knoten zu finden, den sie immer und immer wieder ver­gebens an die Spnle des Rädchens an­heftete.

Herr von Gera bemerkte sogleich die Verwirrung seiner Esther; mit Luchsaugen maß er die Breite der getäfelten Stube, wie ein Blitzstrahl durchzuckte es sein Auge, und ehe cs sein Töchtcrcheu bemerkte, hatte er im Winkel der Stube einen Gegenstand aufgelesen, den er hastig unter seinem Lederwammsc verbarg.

Hierauf faßte er seinen stämmigen Be­gleiter bei der Hand und stellte ihn der sichtlich nach Fassung ringenden Esther mit dem Bedeuten vor: daß diese Sylvestcr- nacht bestimmt sei, ihr Verlobuugsfest mit seinem Freunde, Herrn Achatz Williuger von der Au und Hinterdobl, zu feiern, und daß er geschworen habe, ihre Hand in die des Letzteren zu legen, so gewiß er der ächte Sohn des Herrn von Gera gewesen.

Und," fuhr er, indem er den im Winkel hervorgeholtcn Gegenstand, einen ritterlichen Siegelring, aus dem Wammse

hervorzvg und ihn Esther in die Hand drückte, mit herrschendem Tone fort,eine gehorsame Tochter erfüllt gerne das Ge­bot ihres Vaters, so gehe, mein Kind, und gieb diesen Verlobungsring dem Götzendorfer zurück, auf daß er nicht mehr wie ein lauernder Steinmarder die Steige beschleiche, wenn der Hüter des Küchleins zu Wege ist, denn solch' unritterliche Hand­ticrung duldet kein Freisasse anders, als gegen eine Maulschelle mit dem breiten Schlachtschwcrte."

(Fortsetzung folgt.)

Eine KolZenzoll'ern'sche Hoöak- Geschichte.*)

Von Robert von Hagen.

(Schluß.)

Einst stand es längere Zeit hindurch recht schlecht mit den Einnahmen des jungen Prinzen und seine Schuld bei L. hatte sich bis zur Höhe von 10 Silbergroscheu angesammelt, ein Betrag, der dem Prinzen nicht geringe Sorgen machte. Noch größere Sorge aber machte die Sache dem zwölf­jährigen L., dem die Höhe der Summe aufing bedenklich zu erscheinen und der unsicher wurde, ob es geraten sei, auf die Zahlungsfähigkeit seines Freundes Albrecht noch weiter zu bauen, dessen guter Wille, zu bezahlen, am Ende durch die Uner­schwinglichkeit der Summe, deren größeren Teil L. ja selbst schuldig war, paralysiert werden konnte. L. wurde unruhig und mahnte. Prinz Albrecht entschuldigte sich und vertröstete. L. nach einiger Zeit selbst gedrängt, mahnte von Neuem und zwar dringlich um die zehn Silbergroscheu und es entspann sich nun etwa folgendes inte­ressante Gespräch:

L.:Ich muß aber wahrhaftig mein Geld haben, Königliche Hoheit, ich kann beim besten Willen nicht mehr warten, ich bin es selbst schuldig!"

Prinz Albrecht:Aber liebster L. was soll ich- machen, ich habe keinen Pfennig» viel weniger acht Groschen."

L.:Na, dann gehen Sic aber doch zu Charlotten (Taute des Prinzen, später Großherzogiu von Mecklenburg) die schenkt Ihnen gewiß etwas."

Prinz Albrecht:Das kann ich nicht, die schenkt mir schon manchmal Geld, und da darf ich ihr nicht zu oft kommen. Außerdem muß ich ihr über das, was sie mir schenkt, bei Heller und Pfennig Rech­nung ablegen, und da darf von Cigarren nichts laut werden, ich müßte also lügen und das thue ich nicht."

L.: Ich muß aber wahrhaftig mein Geld haben!"

Prinz Albrecht:Ich habe aber keines, Du mußt warten."

L.:Ich kann nicht mehr warten! Wenn Sic nicht zu Charlotten gehen wollen, dann bitten Sie doch ihren Onkel (ver­storbenen Prinz Wilhelm), der schlägts Ihnen auch nicht ab."

Prinz Albrecht:Onkel? Da kriegte ich's wohl, aber Onkel ist ja mit Karl (ff Prinz Karl) verreist. Aber warte bis zu meinem Geburtstag, da bekomme ich von Fritz (damaliger Kronprinz, später Friedrich Wilhelm IV.), immer ein Paar Thaler geschenkt und das lasse ich dann nicht laut werden, gebe Dir Dein Geld