253
in England 530 Franken,
„ Frankreich 1800 „
„ Italien 4800 „
hat jemand dieselbe Jahreseinnahmc aus aus Fabriken, so zahlt er
in England 530 Franken,
„ Frankreich 1037 „
„ Italien 4245
Aus dieser Statistik des „Corriere" erhellt, daß Italien im hervorragenden Sinne das Land der Steuern ist.
ff Die Marthaschule in Karlsruhe,
eine Zweiganstalt der evang. Diakvnissen- anstalt, welche gleichfalls von deren Diakonissen geleitet wird, nimmt konfirmierte, gut empfohlene, evang. Mädchen im Alter von 14—18 Jahren auf, um sie grundlegend in den Kenntnissen und Fertigkeiten (Reinigen, Waschen, Kochen, Stricken, Nähen, Bügeln u. s. f.), wie sie zur Dienstleistung im eigenen Haus wie in fremden Familien notwendig und nützlich sind, auszubilden. Dabei sollen die Mädchen in guter Aufsicht gehalten und zur Gottesfurcht erzogen, auch in allerlei Kenntnissen gefördert werden. Das Honorar beträgt in vierteljährlicher Vorausbezahlung in der Regel 200 Pr. Jahr. Der Besuch eines zweiten Schuljahrs wird gerne gestattet und findet auf Wunsch für dasselbe eine Ermäßigung des Honorars besonders bei Wohlverhalten im ersten Jahre statt. Um noch mehr unbemittelte Mädchen aufnehmen zu können, ist außer dem neuan- gekauften Hause nun auch das frühere Marthahaus zur Aufnahme einer Anzahl solcher Mädchen hergerichtet, welche dieselbe Ausbildung empfangen, in der Regel aber nur 100 ^ im Jahr entrichten. Die Meldung kann jederzeit unter Einsendung des Heimat-, Geburts- und Confirmations- scheins mit kurzem Zeugnis des Pfarrers und Schullehrers, einem ärztlichen Zeugnis und der Urkunde der elterl. Einwilligung bei dem Anstaltsgeistlichen Pfarrer Walter oder der Oberin erfolgen. Wir bitten alle Freunde der Jugend auf unsere Anstalt aufmerksam machen zu wollen, welche schon manchem Mädchen gute Dienste geleistet. Nähere Auskunft erteilt Pfarrer Walter in Karlsruhe.
Württemberg.
Stuttgart, 17. April. In einer gestrigen Versammlung der deutschen Partei wurden die Heidelberger Resolutionen einstimmig angenommen.
Ulm, 17. April. Beim württ. Fuß- Artillerie-Bataillon rücken am 21. d. M. 19 Unteroffiziere und 180 Gemeine des Beurlaubtenstandes ein, welche eine Schießübung bei Griesheim mitzumacheu haben und am 22. nach Darmstadt per Bahn befördert werden. Die Rückkehr und Beurlaubung dieser Mannschaften erfolgt am 4. Mai.
Neuenstadt a/L,, 17. April. In politischer Beziehung ist zu bemerken, daß auch bei uns die Möglichkeit einer Reichstag sw ahl schon lebhaft besprochen wird und es kann mit aller Ueberzeuguug festgestellt werden, daß die nationale und liberale Anschauung, wie sie in dem Heidelberger Programm niedergelegt ist, sichtlich an Boden gewinnt, während das Volk der unfruchtbaren fortschrittlichen, bezw.
volkspartreilichen Richtung immer mehr den Rücken zuwendet.
Neuenbürg, 19. April. Der abermalige Rückschlag in der Witterung brachte heute Nacht Schneegestöber, welches diesen Morgen noch kurz andauerte und Wald und Feld in Weiß kleidet. Ob und in wie weit die ungünstige Witterung der letzten 2 Tage der vorgeschrittenen Vegetation nachteilig ist, läßt sich noch nicht übersehen. Temperatur diesen Morgen 2 u. 3 " über 0 U.
Miszellen.
Aie neue Houvernanie.
Novelle von Emil Mario Vacano.
(Fortsetzung.)
Es waren das entsetzliche Worte und in einem entsetzlichen Augenblick gesprochen von dem zarten, mädchenhaften Wesen. Die Gouvernante wurde so zu sagen atemlos davon.
„Mein Gott", stammelte sie, „ich — habe Angst, Frau Gräfin um — um jeden Menschen, der in Gefahr sein kann. Und ich verstehe Sie nicht!"
„Sie verstehen mich nicht!" rief Gräfin Nesti noch immer in ihrer ungewohnten scharfen Weise, die aber noch immer blos kindischen Trotz und kindische Laune eines hoffärtigen verzogenen Adelkiudes zeigte. „Aber ich spreche doch deutlich genug? Ich will wissen, was Sie sich so geberden, wo doch ich, ich ruhig bin? Ich liebe es nicht, daß Fremde solche Allüren annehmen in meinem Hause, als ob sie zur Familie gehörten." Und die schöne Gräfin machte eine unbeschreibliche Bewegung mit der Hand, wie wenn sic eine Fliege, die ihr zu nahe käme, fortscheuchen wollte. Es lag in dieser ganzen Rede und in der Art derselben der ganze unlogische Ausbruch einer allergrößten Selbstüberschätzung der Adeligen, welche in einem suere eoeur vom reinsten Wasser erzogen worden war, und die es ärgerte, ein subalternes Wesen in so ernster Stunde so heftig fühlen zu sehen, wie es nur ' der Herrschaft allein gestattet war. Wie gesagt, so dachte sichs die Gouvernante, wie sie während der heftigen Rede der Dame zu sich selber kam und eine Wahl treffen mußte zwischen Erwiederung und Abwehr. Und sie fand eine wunderbare Ruhe wieder in dem Gedanken, daß nur der Hochmut und nichts Anderes aus der Gräfin sprach. „Denn sie kann ja von nichts wissen!" dachte sie bei sich. Und so sagte sie mit ihrem höflichen Kvpfneigen: „Ich bitte um Verzeihung, Frau Gräfin: aber Ihre Angst muß dennoch sehr groß sein, daß dieselbe Sie vergessen macht, was Sic zu mir zu sprechen geruhen. Sie haben übrigens recht — was darf mich dieser Unfall kümmern? Wenn Sie es erlauben, begebe ich mich jetzt zu Comtesse Mirza. Sie wird vielleicht aus ihrem Schlummer erwacht sein und da will sie Märchen hören."
Die Gouvernante verneigte sich und schritt an der Gräfin vorüber der Thür zu. Gräfin Nesti erwiederte nichts. Sie nickte blos kurz und gieug nach dem Fenster.
Im Corridor angekommen, verließ die Gouvernante abermals ihre Fassung und sie mußte sich an die Wand des Ganges
lehnen. Es kam plötzlich ein so tiefes Gefühl der Verlassenheit und eine so tiefe Scham über sie, daß sie meinte, das Herz müffe ihr brechen. Sie ängstigte sich um ihn und sie wurde gescholten, daß sie es that. Und sie konnte doch nicht anders! In diesem Schrecken erst erkannte sie, wie hoch ihr Graf Aquilin stehe. Er war ihr wieder so freundlich erschienen in der Verlassenheit ihres Lebens, daß sich ihr Herz mit all seinen Fasern an diese neue Heimat geklammert hatte. Sie erschrak selber über das Gefühl, das sie überkommen hatte bei dem Gedanken einer Gefahr für ihn! . . . Sie liebte ihn ja nicht, sie hatte ihn nie geliebt . . . Und dann, durfte sie denn Anteil nehmen an ihm, an diesem Hause? Ach, es giebt kein Gefühl, welches so bitter ist wie das einer unbesiegbaren Zuneigung, welche nicht das Recht des Daseins hat.
Sie raffte all ihre Kraft zusammen und gieng nach ihrem Zimmer hinauf; auf der Treppe hörte sie, wie es im Flur unten lebhaft und laut wurde. Sie hörte Stimmen. Die Stimme des fremden Fürsten und — dann seine Stimme, die Stimme des Grafen! Sie neigte sich atemlos über das Geländer, mit gefalteten Händen und spähte hinab. Und sie sah den Grafen gesund, frisch, hochaufgerichtet, wie er sorgsam den Moldauer unter dem Arme führte: derselbe war nicht mehr bronzefarbig bleich wie sonst, sondern weiß im Gesicht, und seine dunklen Haare und sein dunkler Bart erschienen doppelt so schwarz als sonst. Er hatte den einen Arm in Binden gewickelt und lichter Blutschimmer befleckte diese Binden.
Die Gouvernante hatte genug gesehen. Sie eilte leicht die Treppen hinauf und in ihre Zimmer; eine Zentnerlast war ihr von der Brust gewälzt. Comtesse Mirza saß in ihrem Bett und krähte trotz ihres „Schnupfens" ein Lied und schnitt Puppenkleider zu, aus einem Haufen von Stoffresten, die vor ihr auf der Decke lagen. Das Zimmermädchen Muzi, die als Aaräo- mulacko konsignirt war, nähte am Fenster einen Puppenhut für die kleine Patientin. Die Gouvernante wurde von Comtesse Mirza mit großem Geschrei empfangen und mußte ihre kleinen Kleiderschnitte bewundern. Sie that das lächelnd und rieth dem Kinde sogar noch einige Aen- deruugen. Dann begab sie sich in ihr Zimmer. Dort angekommen, verließ sie ihre Selbstbeherrschung, sic sank auf den Divan und barg ihr Antlitz in den gefalteten Händen. „Er lebt!" jauchzte sie. „O Gott, welches Gelübde soll ich Dir dafür thuu? Er lebt!" . . . Dann brach sie in Thränen aus. „Er lebt und ich — ich liebe ihn!"
9. Kapitel. Ein Anbeter.
Bald wußte das ganze Schloß den „Unfall" auf der Jagd und Graf Aquilin selber kam, sobald er seinen Gast auf dessen Zimmer geleitet hatte, zu seiner Gemahlin, um ihr das Ganze zu erzählen. Fürst Muresti war auf seinem Anstande nach Wild so glücklich gewesen, einen Adler zu schießen, da das Wild zu lange warten ließ. Das Tier fiel vor ihm nieder, aber cs war nicht ganz tot und sträubte sich heftig gegen das Verenden. Fürst Muresti