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Reichstag gerichteten Eingabe S. K. H o- heitdemGroßhcrzog überreichte, hatte sich eines überaus huldvollen Empfangs zu erfreuen. Der Großhcrzog zeigte sich über die einschlageudeu Fragen sehr wohl unterrichtet, erkundigte sich nach den dermaligen Verhältnissen der hiesigen Bijouteriefabrikation, nahm mit Interesse Kenntnis von den der Stempelung der Goldwaren entgegenstehenden technischen Schwierigkeiten und Bedenken und sprach sodann die Hoffnung aus, daß die vom Reichstag zu treffende Entscheidung in der Stempelfrage so ausfallen möge, wie es der gedeihlichen Entwicklung der hiesigen Fabrikation am förderlichsten sei. Der­selbe fügte hinzu, daß er, soweit es nach Lage der Sache möglich sei, seinen Ein­fluß zugunsten der Stadt Pforzheim gerne geltend machen werde. (Pf. B.)

Pforzheim. Donnerstag 3. April Abends 7 Uhr giebt der Musikverein im Museumssaale ein Concert unter Mit­wirkung der Hofopernsängerin Frln. Mail­hak, der HH- Coneertmeister Decke und Pianist Orden stein aus Karlsruhe.

Pforzheim. Die Bäckergenosscn- schaft macht ihre Brotprcise vom 1. April bekannt: Schwarzbrot 1. Sorte, runde Form, 25 und 50 lange Form, 26 und 52 1 Weißbrot 18 1 Tafel­

brot 25

Barmen, 29. März. Ein Bau­unternehmer W. aus Elberfeld hatte mehrere Dynamitpatronen in die Hintere Taschen seines Rockes gesteckt und sich dann, um Kaffee zu trinken, in eine Restauration begeben. Kaum hatte er sich gesetzt, als eine furchtbare Detonation erfolgte und W., in zwei Teile zerrissen, als gräßlich verstümmelte Leiche zu Boden stürzte. Glücklicherweise war nur ein Mädchen von zwölf Jahren hinter dem Buffet, welches durch einige Glassplitter leicht am Arme verwundet wurde. Sämmtliche Fenster, Gläser rc. wurden zertrümmert.

Württemberg.

Stuttgart, 29. März. Wegen Ablebens Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Leopold von Großbritannien und Irland, Herzog von Albany, ist Hof- Trauer von heute an auf zwei Wochen angeordnet worden.

Stuttgart, 30. März. Im Auf­träge des Deutschen Kolonialvereins hielt Prof. vr. Theobald Fischer aus Marburg gestern Abend im großen Saale des oberen Museums einen Vortrag über die Not­wendigkeit einer deutschen Kolonialpolitik. Der Vorsitzende, Fürst Hohenlohe, bittet um Beitritt zum D. Kolouialverein, wo­durch der Sache am meisten gedient sei.

Stuttgart, 1. April. Die deutsche Partei wird am Mittwoch den 9. April eine Versammlung halten, um zu den Heidelberger Beschlüssen Stellung zu nehmen.

Heilbronn, 1. April. Zum heutigen 69. Geburtstage des Fürsten Reichs­kanzlers hat auch die hiesige Deutsche Partei ein Telegramm abgcsandt, in welchem sie dem großen Staatsmann Glück und Heil wünscht.

Nagold, 1. April. Im Gegensatz zu dempatriotischen Geschrei:" Fort mit Bismarck! versammeln sich auf Einladung

hiesiger Patrioten sämtliche reichstreue Bürger zur Feier des Geburtsfestes des Fürsten Bismarck, um der Freude Aus­druck zu geben, daß der größte deutsche Patriot, der Hort des Thrones und des Volkes immer noch an der Spitze der Nation steht.

Der Hundezüchter Herr C. Burger aus Leonberg in Württemberg hat bei der soeben beendeten internationalen Hunde­ausstellung in Nizza einen großen Sieg errungen, indem von seinen 21 ausge­stellten Leonberger, Bernhardiner, Ulmer rc. Hunden nicht weniger als 18 von der internationalen Jury mit Preisen ausge­zeichnet wurden.

Neuenbürg, 1. April. Zur Be­grüßung des gestern in sein Amt einge­setzten Hrn. Stadtschultheißen Bub versammelte sich Abends ein großer Teil der Einwohnerschaft im Hotel Röck, dessen Räumlichkeiten dicht besetzt waren, da auch die Feuerwehr sich däzu einfand. In dem den neuen Stadtvorstaud bewillkommnenden Trinkspruch wird hingewiesen, daß mit der Würde des Amtes auch viele Bürden ver­bunden sind; es sei Pflicht der Gemeinde­angehörigen, diese Bürden dem Ortsvor­steher zu erleichtern, dadurch daß sie die Tendenz allen Rechts und der christlichen Moral sich zu eigen machen:Was du nicht willst, das man dir thue, das thu du Andern auch nicht." Dann könne die Thätigkeit des Stadtvorstandes die goldene Brücke werden für ein einheitliches und ersprießliches Zusammenwirken, sofern wir unfern Sinn nur aufs Ganze ge­richtet halten. Bei einem solchen Amts- Wechsel geben sich immer allerlei Wünsche kund; die unsrigen lassen sich znsammcn- fassen in die 3 Worte: Wahrheit, Recht und Humanität. Dem neuen Stadtschult­heißen können wir in dieser Beziehung unser volles Vertrauen entgegenbringen, um so mehr als ihm der beste Ruf voraus­geht hinsichtlich seiner Befähigung, seiner in mehrjähriger Wirksamkeit vielfach er­probten Tüchtigkeit und gesammelten reichen Erfahrungen. Möge er auch uns sein Vertrauen schenken. Bei gegenseitigem Vertrauen lassen sich die Wege leichter ebnen. Wir heißen Herrn Bub herzlich willkommen!

Der Herr Stadtschultheiß erwiedert nun etwa Folgendes:

Meine Herrn!

Vor Allem lassen Sic mich Ihnen danken für das Vertrauen, das Sie mir an der Wahlurne geschenkt haben, lassen Sie mich auch danken für den mir heute sowohl Seitens der Einwohnerschaft, als Seitens der bürgerlichen Collegien und des Vertreters der K. Regierung, des Herrn Oberamtmann gewordenen freund­lichen Empfang.

Verschiedene Gefühle sind es, die heute mein Inneres durchströmen, das Gefühl der Freude, der unendlichen Freude, daß es mir durch Ihr Vertrauen vergönnt ist, an der Spitze eines schönen Gemeinde­wesens, an der Spitze meiner geliebten Vaterstadt zu stehen; aber auch ein Gefühl des Bangens, ob ich die Kraft und die Fähigkeiten habe, das in mich gesetzte Ver­trauen zu rechtfertige» und mir Ihr Wohl­wollen in dem Grade zu erwerben, in

dem ich cs selbst wünsche. Doch über­wiegt heute das Gefühl der Freude.

Mein Vater hieng mit allen Fasern seines Herzens an seiner schönen Heimat und übertrug seine Anhänglichkeit in vollem Maße auf seine Kinder. Als ich mich meinem Berufe widmete, hegte ich immer den geheimen Wunsch, einmal in meiner Vaterstadt mir eine Existenz zu gründen, nun, da mir dies gelungen ist, bin ich auch so glücklich, so daß wenigstens für heute nur die Freude zur Geltung kommt. Wenn ich an das schöne Resultat meiner Wahl denke, überkommt mich die Zuver­sicht, daß ich von Ihnen gerne ausge­nommen werde. Ich weiß nicht, wer mir seine Stimme gegeben hat und wer nicht, ich will es auch nicht wissen; ich ehre Jeden, der nach seiner Ueberzeugung handelt; den Satz:wer nicht für mich ist, ist wider mich" anerkenne ich in Be­zug auf meine Wahl nicht, da ich mir nicht denken kann, daß mir hier persönlich Jemand entgegen wäre. Ich gebe Ihnen das feierliche Versprechen, daß ich mich in allen meinen Amtshandlungen nie vom persönlichen oder Parteistandpunkte aus leiten lassen werde; der Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetze wird bei mir zur Realität werden, fehlen werde ich auch, es wird mir aber nie nachgewiesen werden können, daß ich mich wissentlich verfehlt, daß ich das Recht gebeugt habe. Kommen Sie mir mit der Liebe und dem Vertrauen entgegen, wie ich beides Ihnen in unbe­schränktem Maße entgegentrage. Wir ver­folgen ja wenn auch manchmal auf verschiedenem Wege, ein Ziel, das Wohl unserer Vaterstadt. Ihr will ich meine Kraft, mein ganzes Leben weihen, ihr ge­bührt auch mein Toast; ehe ich jedoch solchen ausbringe, habe ich mich noch eines angenehmen Auftrags zu entledigen. Bei meiner Abschiedsfeier in Cannstatt sprach ein College in humoristischer Weise aus, daß ich nun in eine Gegend komme, wo der rauhe Boreas seine Geburtsstätte habe, wo man sich manchmal an Sibirien er­innere, diesem trat nun Herr Oberamts­richter Römer entgegen, indem er sagte, daß in Neuenbürg nicht nur rauhe Winde, sondern auch linde Frühlingslüfte wehen, daß hier gut zu wohnen sei, daß mich hier treue Herzen erwarten; dann legte er mir Neuenbürg dringend aus Herz, be­auftragte mich, Ihnen Allen seine Grüße zu vermitteln und schloß mit einem begeistert aufgenommenen Hoch auf Neuenbürg.

Auch ich meine Herrn bitte Sie mit mir cinzustimmen in den Ruf: Unsere Heimat, unser schönes Neuenbürg lebe Hoch!

Der gute Eindruck dieser Rede auf die Anwesenden war nicht zu verkennen und übertrug sich elektrisch auf die weitere ge­sellige Unterhaltung; es entwickelte sich bald ein wechselvolles Bild; verschiedene Chöre sammelten sich, um in Liedern ernsten und heitern Inhalts ihrer trau­lichen Befriedigung und Freude, jeder in seiner Weise, Ausdruck zu geben; das Neuenbürger Natiouallied, das an die schöne Jugendzeit elegisch erinnert mit seinem Refrain:schön seins die Jugend­jahr rc." durfte dabei nicht fehlen. So half die edle Gabe des Gesangs auch diesen Tag verschönern. Ob und wie unsere