Aufnahmebehörde eingereicht, aber auch sonst bei einer dieser Vorgesetzten Steuerbehörde zu jeder Zeit abgegeben werden. Voraussetzung der Straflosigkeit ist, daß die Berichtigung der Fassivn erfolgt, bevor eine Anzeige der Verfehlung bei der Behörde gemacht oder ein strafrechtliches Einschreiten erfolgt ist. Die zurückgebliebene Steuer wird nur, soweit sie nicht verjährt ist, also nur auf drei Jahre rückwärts, nachgeholt, falls der Fatent sich nicht freiwillig zu Nachbezahlung der ganzen zurückgebliebenen Steuer erbietet. Selbstverständlich tritt die Wirkung der Straflosigkeit alsdann nicht ein, wenn die Nachfassion wiederholt unrichtig oder unvollständig abgegeben wird und dieß später irgendwie zur Entdeckung kommt.
(St.-Anz.)
k Stuttgart, 28. März. Bei der heutigen Stichwahl wurde Oekonom Weißhaar (deutsche Partei) mit großer Majorität zum Abgordueten für Waiblingen gewählt.
Eßlingen, 28. März. Ein sonderbarer Kaufvertrag kam dieser Tage hierzu stände. Ein Bürger verkaufte allen Ernstes an einen Metzger ein Schwein für 200 per Cubikmeter. Nachdem nun aber der Cubikinhalt des Schweins den Illusionen des Verkäufers nicht entsprochen hat, so hat der Verkäufer die Gültigkeit des Vertrags für null und nichtig erklärt. Die Sache soll nun vor dem Gerichte ihre Erledigung finden.
Leonberg, 28. März. Am Dienstag ist in Weil im Dorf der 81 Jahre alte Dienstknecht Raith beerdigt worden, welcher 60 Jahre lang auf dem Berkheimer Hof bei 3 Herrn treue Dienste geleistet hatte. Auch sein Sohn ist jetzt 31 Jahre als Oberknecht auf dem Berkheimer Hof angestellt.
Neuenbürg, 31.März. Soeben hat die Beeidigung und Amtseinsetzung des neuernannten Stadtschultheißen Bub durch Hrn. Oberamtmann Nestle mit einer der feierlichen Handlung entsprechenden, eindringlichen Ansprache stattgefunden. Der Amtsführung des resign. Stadtschultheißen Weßinger wurde dabei mit Anerkennung gedacht und der neue Stadtvorstand in freundlich entgegenkommender Weise begrüßt, welcher sodann unter ernster Auffassung und Hinweis auf die übernommenen Pflichten Hrn. Oberamtmann, wie den Collegien und der Bürgerschaft dankend erwiedert. Gemeinderat Th. Weiß und der Obmann H. Bl eher heißen Namens der bürgerlichen Collegien den neuen Stadtschultheißen in ihrer Mitte willkommen. Hr- Dekan Cranz schließt sich diesem Gruße in eigenem und der Kirchengemeinde Namen wohlwollend an. — Der abtretendc Stadtvorstand wünscht und betont dem neuen Collegen eine freundlichharmonische Zukunft in herzlicher Weise und legt in bewegten Abschieds-Worten an die Gemeinde sein Amt nieder.
Ausland.
Brüssel, 29. März. Die Kammer nahm die Konvention mit Deutschland zum Schutze des gewerblichen Eigentums an.
Paris, 28. März. Heute früh um 2 Uhr ist in Cannes der Herzog von Albany gestorben, in Folge eines
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Sturzes, den der Prinz gestern Abend im! nautischen Klub erlitt. !
London, 28. März 4 Uhr. Der Herzog von Albany, Sohn der Königin Viktoria, ist heute früh um 2 Uhr in Cannes plötzlich gestorben. (Prinz Leopold, Herzog von Albany, der 4. Sohn der Königin Viktoria, war am 7. April 1853 geboren. Seit früher Jugend galt er für schwach und kränklich. Am 27. April 1882 vermählte er sich mit der Prinzessin Helene von Waldcck (drei Tage vor dem vielbctrauerten Tode ihrer Schwester, der mit dem Prinzem Wilhelm von Württemberg vermählten Prinzessin Marie von Waldeck). Das Hinscheiden des Herzogs von Albany hat hier und in den Provinzen tiefe Trauer hevorgerufen. Von allen Seiten gehen Beileidsbezeugungen ein, voll größter Sympathie für die Königin und die königliche Familie.
Der „Standard" feiert in einem Kaiser- Wilhelm-Artikel Deutschland als den Hort des europäischen Friedens. Das konservative Blatt wirft einen Rückblick auf Preußens aufsteigendc Entwicklung und legt sich die Frage vor, was ein Reich, das durch die Großthaten seiner Staatsmänner und Kriegshelden, nicht durch die Reden radikaler Träumer und Schriftsteller geschaffen wurde, im Gegensatz zu Frankreich davor bewahre, die kriegerische Geißel der Menschheit zu werden. Der „Standard" findet die Erklärung in dem Umstande, daß Deutschland eben, weil seine Einigung ein Werk großer Monarchen and Staatsmänner sei, eine sestbegründete Monarchie und als solche konservativ und friedlich aus Neigung sei, während in Frankreich, einem wesentlich revolutionären Staatswesen, keine Dynastie die Macht habe, sich dem rastlosen und propagandasüchtigen französischen Geiste zu widersetzen. „Die Monarchie, wenn sie nicht eine Monarchie von gestern ist, verbürgt die Ausrechterhaltung des Friedens, ist ein Unterpfand für die Achtung dcr Rechte aller. Deutschlands Wohlergehen ist gleichbedeutend mit Europas Wohlergehen. Niemand, der Deutschland nicht reizt, braucht es zu fürchten."
MisMen.
Aie neue Gouvernante.
Novelle von Emil Mario Vacano.
(Fortsetzung.)
„O, ich fragte Sic nur, Fräulein, weil Sie es wissen müssen. Der Signor Simoni hat sich so gut mit Ihnen unterhalten, daß Sie ihn wohl genau ansehen mußten!" lächelte die kleine Gräfin in der harmlosesten Weise und mit einem neckenden, scharfen Zuge um das Näschen. „Ja, ja, Aquilin, denke Dir nur, Aquilin, der Italiener schien förmlich vernarrt in das Fräulein. Er war ganz verzückt und ließ beinahe seine Augen in ihrem Robensaume zurück. O, leugnen Sie nicht, Fräulein!" Und sie lachte kindlich auf und wehte mit ihrer Serviette neckend gegen die Gouvernante. Diese wurde sehr rot im Gesicht und ihr Auge blitzte auf, wie es dem forschenden Auge des Grafen begegnete. Der blickte finster, wie zürnend erstaunt auf sie und eine Erregtheit, wie sie die
Sache nicht Werth schien, vibrirte in seinem ganzen Wesen.
Die Gouvernante rührte mit ihrem Löffelchen hastig in ihrer Taffe. Sie blickte von der Gräfin fort — wie man geekelt von einer Spinne fortschaut und sagte zum Grafen hinüber, als appellire sie an seine gesunde Vernunft. „Herr Graf meine Schülerin ist hier." Sie sagte damit sehr viel, aber die schöne, kindische Gräfin verstand die reprinianäe nicht, die für sie in diesen wenigen Worten der Gouvernante lag. Sie war nicht nur kleinlich, sie war auch ein Gänschen.
Der Graf rief rasch die kleine Mirza zu sich und fragte sie nach der französischen Lektüre. Aber das Kind hatte aufmerksam gehorcht nach altkluger Kinderart, das Kinn in die Fäustchen und die Ellbogen auf den Tisch gestützt, und sie hielt zäh an dem Gehörten fest, da man sie zum Sprechen aufrief. „Wir lesen nicht, wir reden immer französisch!" fragte sie. „Das geht so gut mit Mademoiselle, Papa! Ich kann schon alle Dinge nennen. Der Offizier, von dem Mama jetzt redete, der Italiener, disknrirt auch durch das Parkgitter mit mir, wenn er vorbei geht. Denn er geht alle Tage vorbei spazieren. Nicht wahr, Mademoiselle? Ich kann schon bona Sera und aääio sagen."
„So! Der Herr Lieutenant spricht mit Dir?" sagte der Graf und zerdrückte ein Thcebrod zwischen den Fingern aus hundert Bröselchen.
„Ja, wohl, immer. O, er ist mir der liebste von Allen, er nennt mich immer Angelina und inon potit, anZs!" rief Mirza mit dem koketten Entzücken eines altklugen Kindes.
„So! Wie kommt es denn, daß der Herr Lieutenant stets dann hier promeniert, wenn Du im Garten bist, Mirza?" fragte die Gräfin lachend.
„Wir haben Herrn von Simoni schon zu allen Stunden Vorbeigehen sehen durch die Kastanienallee", sagte die Gouvernante rasch, scharf. „Sie wissen, Frau Gräfin, wir haben keine bestimmten Stunden für die Promenade im Park." Sie sagte das gleichsam wie sich vertheidigend und zum Grafen gewendet. Dann erhob sie sich und setzte hinzu: „Aber es ist die Stunde des Schlafengehens für Comtesse Mirza."
Nun war es für die,kleine Comtesse von jeher das Schrecklichste gewesen „schlafen zu gehen". Es hatte dies stets Thränen und Jammer gekostet. Die Gouvernante aber hatte die Kleine ganz umgewandelt. Sie stand augenblicklich bereit da, holte ihre Puppe aus der Fensternische, wo sie dieselbe in einen Camelicnstock placirt hatte und lief „Handküssen". „O ja!" rief sie. „Und Sie werden mir wieder vorlesen, Mademoiselle, nicht wahr? Vom Fcuerlande unten! Weil ich mir das Gestrige, so gut gemerkt habe?"
Die übliche Abschiedsceremonie fand statt.
Der Graf und die Gräfin blieben noch ein wenig länger im Tafelzimmer, nachdem Fräulein Maria sich mit der kleinen Mirza entfernt hatte. Die Lampe schien stets trüber zu brennen, wenn die beiden Gatten allein waren, so freundlich sie mit einander sprachen. Aber Gräfin Nesti schien da immer faul zu werden und ihre