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muntere Mädchenhaftigkeit erlahmte, und Graf Aquilins Frische schien da ge­zwungener zu werden. Es giebt nichts auf der Welt, was so tötend wirkt, wie eine Ehe, in welcher die vollständigste Gleichgültigkeit eingetreten ist. Und das war hier der Fall. Für die hohle Denk­kraft der Gräfin war Graf Aquilin nichts Anderes, als Jemand der ihr gesichert war. Sie brauchte da nicht mehr naiv oder interessant zu erscheinen. Und für Graf Aquilin war seine Gattin das, als was er sie erkannt hatte: eine Null mit pompösen Allüren.

Ich finde diese Mademoiselle Seconda einfach entsetzlich," sagte sie näselnd, ihren Shawl um sich drappirend, als ob sie friere.Sie ist unmöglich kokett. Dabei so süffisant."

Der Gras schenkte sich stehend ein Glas Rotwein ein. Er hatte es sich abgewöhnt, seine Frau belehren zu wollen, oder ihr überhaupt zu widersprechen. Er miß­achtete ihren Geist und hatte bei ihr nie ein Herz gefunden; und das macht ent­setzlich phlegmatisch gegen den Betreffenden. Meinst Du?" sagte er.Ich finde aber, daß Mirza sich sehr zu ihrem Vorteil ge­ändert hat. Sie ist lernbegieriger und lenksamer geworden, und sie liebt das Fräulein."

Aber mir ist sie odiös. Ich möchte eine andere Gouvernante haben!" beharrte die Gräfin schmollend.

Da die Gouvernante für Mirza da ist und nicht für Dich, und da sie für Mirza paßt, so wird sie bleiben", sagte der Graf fest und mit dem ihm eigentüm­lichen Tone, wenn er keine Widerrede duldete.Uebrigens, Nesti, äs gross! Sprich vor Mirza nie von Liebessachen, welche ihre Erzieherin betreffen."

Und warum nicht?" machte die Gräfin scharf und blinzelnd.Wenn es wahr ist! Dieser Lieutenant hat sich bei seiner Prä­sentation so auffallend gut mit Made­moiselle unterhalten, die ich zur Hülfe rief, da der Major und der Hauptmann und der Oberlieutenant mitkamen . . . Und Du hast selber gehört, er macht täg­lich die Tour um den Park, zu jeder Stunde."

Für Fräulein Seconda?"

Für wen denn sonst? Da ich ihn nie treffe, obwohl ich auch oft durch die Alleen promenire".

Ist er schön?" fragte der Graf, und stöpselte die Bordeauxflaschc zu.

O, ich sage Dir, ein Bild! Und, wie gesagt Sie hat ihm süße Augen ge­macht! 6'ssk uns pstiks eoquskts üstkss!"

Mit diesen Worten setzte sich die Gräfin behaglich zurecht, um eine ganze Arie von kleinen Bosheiten loszulassen. Aber der Graf ergriff die Klingel und läutete. Weißt Du, ich bin müde von der Reise", sagte er.Die Luft war so frisch während der Fahrt." Und er befahl dem ein­tretenden Bedienten, die Lichter zu bringen für den Weg in die Schlafzimmer.

Wie Graf Aquilin in dieser Nacht in seinem Bett lag, endlich allein im Dunkeln, das nur durch einen breiten kalten Mond­strahl unterbrochen wurde, welcher durch das Zimmer lief an den Jagdrequisiten

chinan, da seufzte er auf, recht aus tiefstem Herzen.Es wird nicht gehen", flüsterte er vor sich hin in sein Kissen.Es wird nicht gehen! Was kümmert sie mich? Was quält mich das Alles? Sie liebt! Sie kann wirklich lieben! Den ersten Besten! Ein junger Lieutenant! Ich muß Beide zusammen sehen. Wozu aber? Was kümmert das mich? Was für ein Recht hätte ich ihr zu zürnen? Und weshalb ärgere ich mich? Ich fürchte, sie muß fort. Ich war thöricht, als ich mich glücklich wähnte, für Mirza eine wahre Mutter gefunden zu haben. Es geht nicht. Ich ertrage es nicht."

(Fortsetzung folgt.)

Kalkanstrich der Obstbäume. Das Bestreichen der Obstbäume mit Kalk kann sehr nützlich sein, zur rechten Zeit angewendct, andernfalls aber nachteilig werden. Welche Zeit ist nun die rechte? DasLandw. Centralblatt f. d. Prov. Posen" beantwortet diese Frage folgender­maßen: Den Beobachtungen und Er­fahrungen nach ist die Zeit angezeigt, in welcher die Stämme das Laub abwerfen und damit zur Winterruhe sich vorzube­reiten beginnen, denn nun gehen auch verschiedene Insekten zur Ruhe, darunter der Frostnachtsschmetterling, welcher au den Stämmen hinaufkriecht, in die Riffe der Rinde seine Eier niederlegt, aus wel­chen in der warmen Frühlingszeit die verderblichen Raupen entschlüpfen. Durch das Bestreichen der Bäume mit Kalk bis zu der Höhe, in welcher die Verzweigung beginnt, wird jedem Schmetterling der Weg erschwert und seine Brutnester Wer­der verschlossen. Außerdem schützt die Kalkdecke die Stämme gegen die rauhe Winterwitterung, zu welchem Zweck der Anstrich auf der Seite zu verstärken ist, auf welcher die Wetter am heftigsten an­prallen. Dagegen hat der Anstrich der Obstbäume mit Kalk im Frühjahre manche Nachteile zur Folge. Der Frühjahrskalk­anstrich verhindert nicht das schädliche Aufkommen einer bekannten Ameisengattung an den Stämmen, verschließt aber die Poren der Rinden in der Vegetationszeit, wodurch die äußeren Lufteinflüffe ebenso erschwert werden, wie die Ausströmungen von innen. Dasselbe könnte man dem Herbstanstrich zum Vorwurf machen, wenn nicht, was thatsächlich aber doch der Fall, die Winterwetter allmählich bis zur neuen Lebeusregung im Frühling die Kalkdccke abwüschen.

Ein ungalantes Parlaments- Edikt. Man schreibt aus Paris: Aus Bücherschutt und Bibliotheksstaub ist der folgende, ans dem Jahr 1770 datirte Parlamentsbeschluß in Frankreich hervor­gezogen worden, welcher allerdings ver­dient der Vergessenheit entrissen zu werden: Wer auch immer irgend einen männlichen Unterthan Seiner Majestät durch rote oder weiße Schminke, Parfüms, Essenzen, künst­liche Zähne, falsche Haare, spanische Baum­wolle, eiserne Corsets, Reifen, Schuhe mit zu hohen Hacken oder falsche Hüften in die Bande der Ehe lockt, wird wegen Hexerei bestraft und die Ehe für ungiltig erklärt werden-" Was die Pariserinnen

von heute wohl sagen möchten, wenn die Deputirten des Palais Bourbon oder die würdigen Väter des Senates die Nase in die intimsten weiblichen Toilettenangclegen- heiten stecken würden?!

Ungarische Weine in Berlin. Die ungarische Regierung, welche von dem Bestreben beseelt ist, ihren Landesprodukten im Ausland einen größeren Absatz zu ver­schaffen, hat in der übrigens wohlbe­gründeten Meinung, daß die ungarischen Weine eine größere Beachtung des Aus­landes verdienen, als dies bis jetzt der Fall ist, die Errichtung für Weindepots im Ausland auf Staatskosten genehmigt. In diesen Depots werden nur gute und unverfälschte ungarische Weine zum Ver­kauf kommen und zwar zu Preisen, welche mit jenen in Ungarn, wenn man die Transportkosten und sonstigen Spesen in Betracht zieht, vollständig übereinstimmen.

Feine Antwort. Der Bischof von T... plauderte mit einem jungen Mann. Während des Gesprächs öffnet er seine Schnupftabaksdose und bietet dem anderen eine Prise an.Danke, gnädiger Herr; Gott sei Dank, habe ich diesen Fehler nicht." Worauf der Prälat lachend er­widert:Wenn dies ein Fehler wäre, so würden Sie ihn haben."

Kellner-Routine. Gast: Haben Sie auch einen Rinderbraten, der gespickt ist? Kellner: Ja, aber der heißt bei uns Hasenrücken.

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für das zweite Quartal 1884.

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