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hübsch höflich! Kindcrgedanken. Sprüchlein für lispelnde Kinder. Gnmmisaugpfropfen. Französische Romane für junge Mädchen. Bücher für angehende Gärtner. Leichte Salonstücke. Nicht schwere, vier­händige Stücke. Mittelschwere Vor­tragsstücke. Lieder. Sojabohne. Pflanzen in der Nähe des Ofens. Kaktus. Abgeblühte Hyazinthen. Französische Hühner als Spielzeug. Haartracht. Heimchen zu ver­treiben. Mittel gegen kalte Füße. Sammelmappe für Rechnungen. Blumen von Hausenblase. Für die Küche. Buchstabenrätsel. Fern­sprecher. Echo. Briefkasten der Schriftstelle. Der Markt. An­zeigen.

Probenummer gratis in allen Buch­handlungen. Notariell beglaubigte Auf­lage 30,000. Wochenspruch:

Erst Schaffnerin, dann Beterin,

Zum Marthafleiß Mariensinn Das ist der Frauen bestes Teil, Bringt jedem Hause Glück und Heil.

Kronik.

Deutschland.

Zum 1. April.

Noch ist jeder echte Deutsche entzückt von der allseitigen und aufrichtigen Teil­nahme anläßlich des Geburtstages unseres erhabenen Heldenkaisers und schon werden wir eher denn je gemahnt, auch desjenigen Mannes zu gedenken, der seit Jahren in stetem und erfolgreichem Zusammenwirken mit Kaiser Wilhelm das deutsche Reich auf diese vormals nie geahnte Höhe brachte. Heute tritt

Fürst Bismarck in sein 70. Lebensjahr.

Reicht auch der Beginn seiner Thätig- keit nicht in jene Tage zurück, in welchen das damalige sog. deutsche Reich mit Hilfe auswärtiger Mächte das drückende Joch des gallischen Despotismus mit Mühe und Opfer abschüttelte, wie bei seinem König und Kaiser, so verstand er doch frühzeitig d. h. mit dem Eintritt in die diplomatische Laufbahn, Ereignisse einzuleiten bezw. aus­zunützen, welche ihn so sehr als den ersten Staatsmann dieses Jahrhunderts erkennen lassen. Es hieße Wasser in die Enz tragen, wollten wir hier alle die erstaunenswerten Erfolge auf dem Gebiete der Diplomatie nennen. Und wenn er auch auf dem der Gesetzgebung der Reformpolitik nicht immer und überall gleiche Anerkennung findet, so liegt dies in der Natur der Sache, wie denn überhaupt niemals Ansichten und Wünsche der Lebenden in Uebereinstimmung gebracht werden können. Aber auch in dieser Beziehung wird Bismar ck einstens sagen können: meine Werke folgen mir nach.

Nur eines wollen wir uns am heutigen Tage vergegenwärtigen, nämlich die Stel­lung des Kanzlers zu den bestehenden Parlamenten, namentlich zum Reichstag. Es ist wahrlich keine Ehre für uns, wenn Fürst Bismarck, welcher ruhig und sachlich einem allzu aufgebauschten Semitenschwin­del, der ihn zum eigenen Ankläger seiner Thätigkeit machen wollte, entgegen tritt, mit Zwischenrufen unterbrochen wird, die jenem Hause und seinen Insassen durch­aus unwürdig sind. On n'asi tralli gue

xar Iss siens, man wird nur^-durch die Seinen veraten, könnte der tote Lasker angesichts dieses parlamentarischen Skan­dals seinen Anhängern zurufen. Was sodann Bismarck von der neuen Vernunft­ehe genanntDeutsche freisinnige Partei" zu erwarten hat, möchte ihm vor allem und auch uns klar sein. Wie er selbst angedeutet, hat nur der unbegrenzte Haß gegen seine Person diese Copulation unter den Augen Eugen Richters herbeigeführt, während ehemals gut klingende Namen wie Stauffenberg im Hochzeitsgefolge lediglich als Transparente erscheinen. Das Auftauchen dieser numerisch mächtigen Partei aber mußte notwendig etwas im Gefolge haben: Die latente Macht des Centrums wurde mit einem Schlage frei! Welche Gegengabe dieses verlangt, wird der Kanzler ebenfalls bald erfahren.

Sv steht es augenblicklich um Fürst Bismarck bezüglich seiner Thätigkeit im be­gonnenen Aufbau des innern Reichs und auch die nahen Wahlen zum Reichstag werden wohl kaum eine merkliche Ver­schiebung der Parteien zumBesseren bringen. Wir sehen hiemit nur zu deutlich, daß im Hinblick auf diese politische Constellation der Kanzler gerade nicht rosiger Zukunft ist. Er wird zwar wie immer mit mäch­tiger Hand jeden Angriff abweisen, der dazu angethan wäre, ihn von der be­tretenen Bahn abzulenken, aber hiezu braucht er mehr denn je die Unterstützung derjenigen Vaterlandsfreunde, die nicht wie gewisse Parteimänner Politik ä kout prix machen, sondern denen das Wohl und Wehe wirklich am Herzen liegt. So lange ein Bismarck das erste Staatsruder führt, kann es uns nicht bange sein, möge er es noch viele, viele Jahre führen.

0. r.

Laß toben nur die Geister,

Die heut Dich lieblos schmüh'n:

Du bist und bleibst der Meister,

Nor dem sie nicht besteh'n!

Die wider Dich gefahren,

Im Streit, der wild entbrennt:

Nach wen'gen, wen'gen Jahren Man auch nicht einen nennt.

Jedoch Dein Angedenken,

Fürst Bismarck, das soll sein:

Bis wir den letzten senken Von Deutschlands Männern ein!

81 .)

Berlin, 29. März. Es laufen Ge­richte um, daß Fürst Bismarck das Prä­sidium im preußischen Ministerium niedcr- zulegen beabsichtige.

Den Berliner Abendblättern zufolge hat Sargentauf den Petersburger Posten verzichtet. Er tritt aus dem diplo­matischen Dienste zurück und wird nach Amerika zurückkehren. (Die amerikanische Regierung ist so mit guter Manier eines undiplomatischen Diplomaten losgeworden, der ihr noch hätte recht unbequem wer­den können.)

Gegen das Fein ge Haltsgesetz sollen sich von den Pforzheimer Fabrikanten 408 erklärt haben, eine Zahl, welche seitens der Reichsregierung jedenfalls Beachtung verdient.

Pforzheim. Auf I. April wird in Weiler eine zum Bestellbezirk der K. Post­agentur Ellmendingen gehörigen Posthilf­stelle eingerichtet.

Konstanz, 27. März. Vorgestern wurden von einem hiesigen Flaschnerge­sellen auf der Bahn drei Kisten sozial­demokratischen Schriften aufgegeben unter der Adresse: L. Kaufmann, bahnlagernd, Schwenningen." Ein Grenzausseher schöpfte Verdacht, die Polizei wurde be­nachrichtigt und es wurde alsbald nach Schwenningen telegraphiert, wo der betr. Flaschnergeselle, der selbst mit der Sendung reiste, verhaftet wurde.

Kleine Mit t h ei lu n g e n aus Baden. Der badische Landesverein für Rettung sittlich verwahrloster Kinder hat ein Vermögen von 313,920 vkL In den Rettungsanstalten zu Durlach. Hüfingen und Konstanz befanden sich im Jahr 1883 166 Zöglinge.

Württemberg.

Die Ava n c e ment sv e rhäl tn i ss e im württembergischen Armeecvrps. Aus Stuttgart, 28. März, wird dem F. I." geschrieben: Vergleicht man die in diesen Tagen veröffentlichte Rangliste des württembergischcn Armeecorps von 1884 mit derjenigen von 1873, der ersten, die nach der Neuorganisation herausge­kommen, so bemerkt man eine große Ver­änderung in der Besetzung der höheren und höchsten Offizierstellen. 1873 waren fast sämmtliche Generale und Obersten aus Preußen hierher commandirt. Heute sind außer dem commandirenden General v. Schachtmeyer und dem Generalstabschef Oberst v. Westernhagen nur noch die Commandeure der 27. Division (2. königl. württ.) v. Guretzky und der 26. Cavallerie- Brigade (2. k. württ.) v. Witte preußische Offiziere; außerdem der Gouverneur von Ulm, Generallieutenant v. Hartmann. Während 1873 noch kein höherer württem- bergischer Offizier ein Commando in Preußen inne hatte, führt heute der württembergische Generalmajor v. Halden- wang eine schlesische Brigade (Oppeln) und der württembergische Oberst v. Kurtz die hessische Cavalleriebrigade (Kassel); ferner ist der württembergische Oberst v. Falken­stein Chef des Generalstabs des 3. Armee­corps. Zwei kürzlich zu Gcnerallieutenants beförderte württemb. Offiziere, v. Branden­stein und v. Perglas, harren ihrer Ver­wendung als Commandeure preußischer Divisionen. Hat Württemberg gegen 1873 also jetzt einen Ueberschuß von tüchtigen Generalen, so ist die Zahl der Fähnriche gegen 1873, als in Folge der Neuorgani­sation die Avencementsverhältnisse überaus günstige waren, bedeutend zurückgegangen. Das ganze Armeecorps hat heute 21 Fähnriche, während es 1873 deren 62 hatte.

Stuttgart, 29. März. Anläßlich der demnächst wieder stattfindenden Auf­nahme des steuerbaren Kapital-, Renten-, Dienst- und Berufs-Einkommens wird es angezeigt sein, daran zu erinnern, daß zu Folge des Gesetzes vom 13. Juni 1883 Jedem, welcher aus Versehen oder absicht­lich sein Einkommen bisher ganz oder teilweise verschwiegen hat, die Möglichkeit gegeben ist, durch freiwillige nachträgliche Fassion des nicht oder zu nieder ange­gebenen Betrags sich Straflosigkeit zu er­wirken.

Die nachträgliche Fassion kann mit der neuen Fassion verbunden und bei der