Das geht nicht mit rechten Dingen zu. Wir erleben heute Nacht noch manches. Ihr werdet sehen."

Die Knechte lachten nicht wieder. Auch sie waren ernst geworden.

Wo spracht Ihr den Daniel?" fragte die Magd sie.

Oben im Gange. Wir klopften an die Thür des Herrn da kam er heraus."

Und was sagte er von dem Herrn?"

Es gehe ihm sehr schlecht. Es könne noch heute Nacht zum Sterben kommen. Er sei so schwach, daß er nicht einmal mehr husten könne. Komme ein tüchtiger Husten, so sei es aus, er könne ihn nicht überwinden. Aber freilich, er habe eine zähe alte soldatennatur."

Er wird es doch nicht überleben," sagte die Magd.

Die Knechte singen nicht wieder ihr Spiel an. Sie waren auch dazu nicht mehr aufgelegt. Die Ahnung des nahenden Todes war doch auch wohl über sie ge­kommen.

Die alte Magd nahm ihr Strickzeug nicht wieder auf. Sie holte aus einem alten Schranke in der Ecke der Stube ein Gebetbuch und setzte sich damit an den Tisch.

Die beiden Knechte gingen ihren eigenen Gedanken nach und tauschten sie aus.

Um den wird auch kein Auge naß, wenn er stirbt, Joachim."

Er hat es darnach gemacht, Gott­fried."

Schon seine Soldaten konnten ihn nicht leiden. Er war gegen sein Regi­ment, als wenn es ein Regiment von Hunden gewesen wäre, und hätte er nicht den Abschied genommen, er hätte bei der ersten Gelegenheit eine Kugel in den Rücken bekommen."

Und dabei soll er nicht einmal Kurasche gehabt haben. In einer Schlacht ist sein Regiment das erste gewesen, das vor dem Feinde reißaus nahm, und er selbst, der Oberst, war der erste, der davon jagte und seine Soldaten im Stiche ließ. Die Soldaten dürften ein ganzes Jahr lang nur Einen Sporen tragen; er wurde nur an ein anderes Regiment versetzt, er ist von altem Adel und ist reich, und die hohen Generäle waren ihm Geld schuldig."

Dagegen ist er jetzt gegen seine armen Schuldner, als wenn er ein Fleischerhund wäre, und die Bauern möchten es mit ihm machen, wie seine Soldaten gern ge- than hätten."

Die Magd sah von ihrem Gebetbuche auf.

Schändet den Mann nicht in dem Augenblicke, da er sterben kann."

Könnt Ihr es leugnen, Christine, was wir gesagt haben?"

Aber es geht Euch nichts an. Der Richter, vor den er da oben treten muß, hat mit ihm darüber zu rechten."

Aber den Menschen hier unten hat er all' das Böse gethan, und da darf man darüber sprechen."

Und sie fuhren fort:

Seine Verwandten aber haben erst recht die Hölle auf Erden. Die Schwester läßt er in Hunger und Kummer zu Grunde gehen, und was der arme junge Herr von ihm auszustehen hat, das kann einen Stein

in der^Erde erbarmen; es hat mir oft das Herz im Leibe umgedreht."

Nun, dafür wird der junge Mensch sein Erbe und bekommt die schönen Harten- stein'schen Güter und alle seine Kapitalien dazu."

Das ist auch noch nicht so ausge­macht, Joachim."

Er ist doch der Nächste dazu."

Das weiß man eben nicht. Es sollen da alte Geschichten passirt sein. He, Christine, darüber könntet Ihr wohl etwas sagen!"

Worüber?" fragte die alte Magd.

Ob der junge Herr der Erbe des alten wird?"

Das geht mich und Euch nichts an."

Nun, nun, man kann doch darüber sprechen. Der junge Herr ist nur der Neffe!"

Der Sohn seines jüngeren Bruders."

Da wäre er also der Nächste. Denn nach den Gesetzen dieser Adlichen erben die Weiber nichts."

Kuriose Gesetze!"

Einfältige Gesetze!" sagte die Magd.

Aber nun sagt einmal, Christine, wurde nicht davon gesprochen, daß der alte Herr verhcirathet gewesen sei? Ihr müßt davon wissen."

Er war nicht verheirathet," erklärte bestimmt die alte Magd.

Es soll in seinen sehr jungen Jahren gewesen sein."

Nein! Er war auch schon als junger Mensch zu geizig, um eine Frau zu nehmen."

Wegen seines Geizes soll er sie auch nur heimlich genommen haben."

(Fortsetzung folgt.)

Eine Sängergeschichte.

Bon Josef Lewinsky.

Der Tenorist Kravatel, einst eine Säule der Oper, hatte verabsäumt, von dem Ueberschuß der sieben fetten Jahre seiner Sängerlaufbahn etwas aufzusparen für die darauffolgenden mageren Jahre, und als diese dann ihm nur zu früh kamen, war er genöthigt, um den Rest seines Daseins fristen zu können, den Rest seiner Stimme zusammenzufasseu und als das Haupt einer Sängerbande die Wälder des Lebens unsicher zu machen. Kein Sterb­licher konnte geboren, kein Heirathslustiger getraut werden, und kein Mensch konnte sich begraben lassen, ohire daß der spür- nasige Kravatel das wichtige Ereigniß ausgekundschaftet und die Veranlasser des­selben durch ein Masscngesangsattentat, welchem die Rechnung dann stets auf dem Fuße folgte, bedroht hätte.

So erhielt der Sängerhauptmann eines Tages zu gleicher Zeit Kunde von drei friedlich des Weges dahinziehendenEr­eignissen" , welche er durch Gesang aus­zubeuten, mit seinen Sangesgenossen nicht verfehlen durfte. Es galt, die Feier des Eintritts eines Weltbürgers in dies Erden­leben, die des Austrittes eines solchen aus demselben und die glückliche Vereinigung zweier, Hymens Fahne huldigenden Welt­kinder vor dem Traualtar. Da indeß ein Zuvorkommen der auf dem SangeSgebiete lebhaften Concurrenz zu befürchten stand, so beauftragte Kravatel unverzüglich seinen Sohn mit dem Besuch der die Traufeier

veranstaltenden Familie, während er selbst den beiden anderen Familien seine Auf­wartung machen wollte. Leider passirte aber dem eifrigen Manne im Drange dieser Geschäfte etwas Menschliches: er verwech­selte nämlich die Adressen. Mit vergnügtem Feiertagsgesicht trat der Sohn vor die vermeintliche Mutter der Braut und prä- sentirte sich derselben mit den Worten: Hab' die Ehre, gnäd'ge Frau, mich Ihnen ganz ergebenst vorzustellen; bin der Tenor­sänger Kravatel junior und gratulire herzlich zu dem freudigen Ereignisse in Ihrer werthen Familie, zu dessen Ver­herrlichung, hochverehrte Frau, jedenfalls einen Sängerchor gebrauchen werden." Doch die nichtswenigcr als hochzeitsfroh aussehcnde Frau des Hauses sah den jungen Mann mit großem Erstaunen an und erwiederte demselben entrüstet:Sie sind wohl nicht gescheidt, mein Herr, mir znm Tod meines geliebten Mannes zu gratuliren und es ein freudiges Familien- ereigniß zu nennen!Zum To... znm Tode Ihres gclie... liebten Ma ... Ma... Mannes!" stotterte ganz bestürzt und niedergedonnert der arme Sprosse des alten Kravatel, indem er seine Worte durch ein ausgesucht dummes Gesicht zu illustriren suchte. Nach einer kleinen Pause des Nachdenkens rief er aber, wie von einer höheren Eingebung erleuchtet aus: Da hat Papa gewiß wieder einmal eine schöne Dummheit gemacht und Jemanden sterben lassen, der getraut zu sein wünschte. Verzeihen Sic, hochverehrte Frarü, den Jrrthnm meines Papas." Trotz ihrer Betrübniß mußte die Dame über die naiven Aeußerungen des jungen Kravatel doch lächeln, und als derselbe gar mit einer tiefen Verbeugung noch hinzufügte;Da Sie zu meinem großen Bedauern keinen Hochzeitsgesang gebrauchen, so soll es uns ein außerordentliches Vergnügen bereiten, Ihnen, verehrte Frau, einen schönen Grab- gcsang singen zu können." Da konnte die Wittib ungeachtet des Traurigen ihrer Lage, doch nicht umhin, über den Ge­schäftseifer des jungen Mannes herzlich zu lachen und das Anerbieten desselben, wenn auch blos für ihren verstorbenen Gatten zu aeceptiren.

(Schluß folgt.)

Die Verdaulichkeit unserer Nahrungsmittel und Speisen.

Alle Nahrungsmittel und Speisen sind leicht verdaulich, die sich schnell und, ohne Rückstände zu lassen, in den Verdauungs- säften lösen; schwer verdaulich dagegen sind solche, die den Verdauungssäften gegen­über sich umgekehrt verhalten. Die Ver­daulichkeit ist aber noch von gewissen Nebenumständen abhängig, unter deren Einfluß leicht verdauliche Speisen unver­daulich werden und schwer verdauliche ver­bessert werden können. Einen solchen Einfluß übt die Dichtigkeit der Substanz aus; festgeronnenes Eiweiß wird schwerer verdaut als lockergeronnenes, daher sind hart gekochte Eier schwerer verdaulich, als weich gekochte; frisches oder wasserstreifiges Brot schwerer, als altes; altes holziges Gemüse schwerer, als junges. Beiläufig bemerkt, ist die alte verdickte Pflanzenzelle fast ganz unverdaulich, daher werden z. B. Spargelköpfe niemals in den Abgängen