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Kronik.
Deutschland.
Berlin. Man erwartet hier von der Reise des deutschen Kronprinzen eine Erweiterung des Hcmdelsververkehrs mit Deutschland. Die Gelegenheit ist günstig. Die Deutschen erfreuen sich gegenwärtig in Spanien großer Zuneigung, man sollte den Augenblick benützen, die deutsche Industrie würde hier für viele Erzeugnisse einen sehr guten Platz finden.
Berlin, 27. Dez. Die Erhebung der deutschen Gesandtschaft in Madrid und der spanischen zu Berlin zu Botschaften steht nahe bevor, ohne daß ein Personenwechsel eintritt.
Die Anarchisten und die Schandthaten in Straßburg, Stuttgart und Frankfurt schreibt das „Franks. Journ." : Mit sittlicher Entrüstung wurde es als eine Denunciation, als eine frivole Verdächtigung bezeichnet, als man die scheußlichen Morde in Straßburg und Stuttgart und das Dynamit-Attentat in Frankfurt in Zusammenhang mit Anarchisten brachte und darauf hinwies, daß die Lehren des anarchistischen Flügels der Sozialdemokratie naturgemäß zu solchen Schandthaten führen müßten. Jetzt erbringen die Herren Anarchisten selbst die Beweise hierfür. Wenn auch die „Freiheit" noch mit keiner Silbe der jüngsten Ereignisse gedacht hat — ein immerhin verdächtiges Schweigen — so legen sich andere anarchistische Organe desto weniger Zwang auf. Der Radical in Budapest und der wahrscheinlich in der Schweiz erscheinende Rebell nehmen keinen Anstand, die Verbrechen von Straßburg, Frankfurt und Stuttgart als Heldenthaten der anarchistischen Partei zu preisen. Der Rebell stellt sogar allgemeine Regeln für die Ausführung von Mord- und Brandstücken auf.
Arbeitercolonien. Das in Deutschland als Gegengewicht gegen die überhand nehmende Vagabundage geschaffene Institut der Arbeitercolonien fängt an, auch in Rußland Beachtung zu finden.
Als Nachklang zu der Luther- Feier ist folgende Stelle in der Weihnachts-Ansprache des Papstes hervorzuheben. Er sagt: „Das vierte Centenarium der Geburt das Häresiarchen (Erzketzers) Luther bot der schlechten Presse Italiens die gewünschte volle Gelegenheit zu schamlosen Anklagen und blutigen Beleidigungen gegen den apostolischen Stuhl. Man scheute sich nicht, die Jmpietät dieses Abtrünnigen in den Himmel zn erheben, und der hauptsächlichste Grund der ihm gespendeten Lobsprüche war seine offene Empörung gegen die Autorität der katholischen Kirche und der erbitterte Kampf, den er gegen das Papstthum unternahm."
Drei Jahrhunderte sind verflossen, seit auf Veranlassung Kaiser Rudolf II. im Jahre 1584 der sogenannte gregorianische Kalender eingeführt wurde, nachdem durch die Bulle vom 1. März 1582 vom Papst Gregor XIII. die Kalenderreform vorgenommen worden war, und zwar in der Weise, daß die Tage vom 5. bis zum 14. Oktober aus dem Kalender gestrichen wurden, und daß, um dem Entstehen weiterer Fehler auf lange Zeit vorzu
beugen, in jedem nicht durch 4 theilbaren Sükularjahr der Schalttag gestrichen wurde.
Pforzheim. Die Bäckergenossen- schaft hat ihre Brodpreise v. 1. Januar 1884 festgesetzt: Schwarzbrod 1. Sorte: runde Form, 25 und 50 lange Form, 26 und 52 1 Weißbrod 18 1 Tafel-
brod 25 L.
Württemberg.
Das Regierungsblatt Nr. 32 vom 31. Dez. enthält eine Verfügung des Ministeriums des Innern, betr. den Vollzug des Reichsgesetzcs vom 20. Juli 1881 über die Bezeichnung des Raumgehalts der Schankgefäffe, und eine Bekanntmachung des K. Medizinalkollegiums, betr. die Abänderung und Ergänzung der Arzneitaxe vom 16. Dez. 1882.
Stuttgart, 30. Dez. Unser Landsmann Hr. Kappler ist von seiner Reise um die Welt in diesen Tagen glücklich hieher zurückgekehrt. Ein gastrisches Nebel, das ihn schon im Anfang der Reise in Newyork heimsuchte, hat ihn aus der ganzen Tour nicht verlassen. Erst seit er Europa wieder betreten hat, fühlt er sich wieder wohler, und seit er zu Hause, geht die Genesung rasch vorwärts. Die Leser des Schw. Merkur dürfen sich interessante Schilderungen von Japan, China, Java rc. von ihm versprechen.
Stuttgart, 31. Dez. Die staats- rechtl. Kommission wird zur Fortsetzung der Berathung ihres Berichtes (Kirchenorganisation) am kommenden Mittwoch 2. Jan., Nachm. 4 Uhr wieder zusammentreten.
Neuenbürg, I. Januar. Das alte Jahr hat für unser engeres Gemeindeleben noch mit einem überraschenden Ereigniß abgeschlossen. Herr Stadtschultheiß Weßinger hat den gestern versammelten bürgerlichen Collegien mitgetheilt, daß er sein Amt als Ortsvorsteher niedcrlege. — Als Motiv dieses solgewichtigen Schrittes wird wohl anzunehmen sein die Absicht des Rcsignirenden, den ihm noch verbleibenden Geschäften ohne die unausbleiblichen gemächlichen Aufregungen, welche die Stellung eines Ortsvorstehers bringen, mit mehr Ruhe obliegen zn können; mit andern Worten Gesundheits-Rücksichten.
Calmbach, 2. Jan. Das Wildbader Quintett gab am gestrigen Neujahrstage bei vollem Hause ein Comwrt im Gasthaus zum Hirsch. Besonders zahlreich hatten sich Musikfreunde aus Neuenbürg dazu eingefunden.
Ausland.
Rotterdam, 25. Dezbr. Ein entsetzliches Verbrechen, bei dem es sich um einen förmlichen Massenmord handelte, ist dieser Tage durch Zufall ans Tageslicht gekommen. Eine ältere Frau in Leyden wurde unter der Anklage verhaftet, im Laufe der letzten Jahre 16 Personen vergiftet zu haben, und sie hat ihre Schuld vor dem Untersuchungsrichter zum größten Theile auch schon eingestanden. Dieselbe ging in verschiedenen Familien ein und aus, ohne daß die Schlachtopfer ihrer Habsucht etwas darum wußten, kaufte sie dieselben in Kranken- und Sterbekassen ein, um sich nach dem Tode derselben mit den verhältnißmäßig unbedeutenden
Summen, welche solche Kassen bezahlen, zu bereichern. Man ist mit der chemischen Untersuchung der ausgegrabenen Leichen noch vollauf beschäftigt; erst vorgestern wurden noch 2 Kinder, die letzten Schlacht- opfcr dieses teuflischen Weibes, begraben. Es ist nicht recht deutlich, wie diese Verbrechen Jahre lang unter den Augen der Aerzte und der Polizei straflos verübt werden konnten.
Miszellen.
Aas Kreuz.
Kriminalgeschichte von I. D. H. Temme.
(Fortsetzung.)
„Sterben wird er. Den Husten hat er nun schon seit dem halben Jahre. Zum Herbste geht es dann gewöhnlich zum Ende. Seit drei Tagen will der Athem ihm jeden Augenblick ausgehen. Kräfte hat er ohnehin nicht. Er sieht aus wie ein Gerippe. Er ist ja auch der Geizhals, der sich nie etwas zu Gute thun mochte. Das wird ein schwerer Tod werden. Und nun noch die Eule und das Unglück. Es liegt auch mir so schwer auf dem Herzen — als wenn ich mit ihm sterben müßte —: Gott stehe mir bei, was für Gedanken habe ich da! Aber sie können Einem kommen in solchem alten, einsamen Neste, in solcher Zeit."
Sie schwieg und horchte. Sie hörte nichts. Sie sprach wieder. Es waren ihr andere Gedanken gekommen.
„Und was wird es hier werden, wenn er todt ist? Wer wird hier Herr werden? Der junge Herr? Der Alte kann ihn nicht ausstehen. Der junge Mensch ist so brav, und der Alte hat in seinem Leben nichts getaugt, und der schlechte Mensch haßt immer den guten. Wie hat er ihn mißhandelt, und hundertmal hat er geschworen, ein Anderer solle Herr auf Hartenstein werden; er wolle es schon machen. Der Daniel meint, er habe es schon gemacht. Es ist möglich; er ist ein sehr schlechter Mensch, und wäre ich hier nicht so alt geworden, und hätte ich anderswo mein Brod finden können, wie lange wäre ich weit weg!"
Sie schwieg wieder. Sie hörte Schritte. Sie erkannte die beiden Knechte, die zurück kamen.
Die Knechte traten in die Stube.
„Habt Ihr gefunden, was es war?"
„Wir haben nichts gefunden."
„Wo wart Ihr?"
„Auf dem Hofe und im Hause. Es war nirgends etwas zu sehen oder zu hören."
„So war es doch der Daniel."
„Auch er war es nicht. Wir gingen nach oben und fragten ihn. Er wußte von nichts."
„Kurios! Wir hörten doch Jemanden gehen."
„Ganz deutlich. Es war ein eiliger Schritt — hier unten im Hause."
„Was meinte der Daniel dazu?"
„Er sagte, wir Hütten wohl geträumt oder Angst gehabt. Der Herr und er und wir Drei seien die einzigen Menschen im Hause; der junge Herr sei noch nicht zurück; ein Fremder sei nicht da."
Die Magd schüttelte den Kopf.