Frankfu rt, 27. Sept. Der Kaiser in Frankfurt. Vom Schluß des Fest­tages sagt dasFr. Jour.":Unermüd­lich wogte der Menschenstrom durch die Straßen; Alles schob und drängte nach dem Opernhausplatze, um noch einen letzten Blick auf den Kaiser zu werfen, im donnern­den Hoch Abschied zu nehmen von dem geliebten Monarchen. Unvergeßlich wird jedem Zeugen der Moment sein, in welchem der Kaiser, das Theater verlassend, im offenen Wagen mitten durch das treue Bolk im langsamen Tempo dahinfuhr. Männer schwangen die Hüte, die Arbeiter ihre Mützen, die Damen ihre Taschen­tücher, als sie dem Kaiser ihre Abschieds­grüße zuriefen. Freudig und freundlich dankte der greise Monarch unermüdlich nach allen Seiten, überall den glücklichsten, unvergeßlichsten Eindruck zurücklasscud. Er begab sich nach demMain-Neckar-Bahnhof, von wo er 9 Uhr 30 Minuten nach Wies­baden abfuhr. Unmittelbar nach der Ab­fahrt des Kaisers vom Opernhause folgten die königlichen Prinzen und Prinzessinnen, die Fürsten, überall mit jubelnden Zurufen begrüßt. Die hohen Herrschaften begaben sich sämmtlich nach dem Bahnhofe und verließen mit dem Kaiser zusammen unsere Stadt. Noch als der Zug sich in Be­wegung setzte, stand der Monarch am Waggonfenster und winkte den auf dem Perron stehenden Herren seinen Gruß zu. Frankfurt kann stolz auf den heutigen Tag sein; unsere Stadt hat sich selbst ge­ehrt, als sie dem Kaiser gegeben, was des Kaisers ist. Unvergessen wird der 2 7. September des Jahres eintausend­achthundertdreiundachtzig hier bleiben. Freuen wir uns, daß es .uns vergönnt war, diesen schönen Tag mitzu­feiern und daß jeder Einzelne von uns das Seinige aus vollem Herzen dazu bei­getragen, das Fest der alten Kaiserstadt würdig zu gestalten.

Frankfurt a. M., 25. Sept. Ein außerordentliches mechanisches Kunstwerk ist gegenwärtig im Uhrengeschäft von F. Schlesizky am Roßmarkt, angefertigt von Hrn. Gustav Schlesizky, zu sehen. Man kennt die Gedenkthaler auf den Fürsten­tag, der 1863 hier gehalten wurde. Auf dem Thaler ist der Römer dargestellt mit seiner Uhr, welche den Durchmesser einer ganz kleinen Linse hat. An der Stelle dieser Uhr sehen wir ein Loch, in welches eine gehende Uhr eingesetzt ist. Nur mit dem Vergrößerungsglas lassen sich Zeiger und Ziffer der Uhr erkennen. Es läßt sich kaum begreifen, wie cs möglich war, Räder und Federn eines Uhrwerks von, solcher Feinheit herzustellen.

Homburg, 28. Sept. Ein Schlosfer- meister, der dem Schlosse gegenüber wohnt, hat anläßlich der Anwesenheit des deutschen Kaisers den Pegasus bestiegen und folgende Verse an einem Transparent angebracht:

Heil Dir Kaiser!

Wilhelm heißt er,

Den Frieden preist er,

Die Feinde schmeißt er.

D_Schlvsfermeister.

Die Verse sollen die Heiterkeit des Kaisers in nicht geringem Grade erregt haben und sind in unserer Stadt bereits so gut wie sprichwörtlich geworden.

Köln, 25. Sept. In Gustorf wurde dieser Tage ein schon bejahrter Mann beerdigt, welcher auf eine ganz eigenthüm- liche Weise sich eine Blutvergiftung zuge­zogen und dadurch den Tod gefunden hatte. Derselbe diente als Knecht auf einem benachbarten Hofgute, wo er vor einigen Tagen mit der ebendaselbst wohnen­den Dienstmagd in einen kleinen Wort­wechsel gerieth, weil Letztere mit gar zu unreinen Händen das Mittagessen aufge­tragen habe. Ueber diesen Vorwurf er­zürnt, zerkratzte die Magd jenem Manne die Hand mit ihren Nägeln, und bald darauf waren Hand und Arm bedeutend angeschwollen. Der hcrbeigernfcne Arzt konstatirte eine eingetretcne Blutvergiftung und der Tod erfolgte alsbald. Wahr­scheinlich war von dem an den Fingern der Magd befindlichen Schmutz in die durch das Kratzen verletzte Hand einge­drungen und auf diese Weise die schreck­liche Katastrophe herbeigeführt worden.

Die Gesammtkosten des Niederwald- Denkmals und der Anlage belaufen sich auf 1 100 000 cM; ein neben demselben erbautes Wächterhaus wird Invaliden aus dem letzten Kriege zur Hut des Denkmals aufnehmen.

Württemberg.

Stuttgart, 27. Sept. Zur Bc- rathung der beiden Gesetzentwürfe bctr. die Kirchengemeinde- und Synodalordnnng für die evangelische Landeskirche und betr. die Vertretung der kath. Pfarrgcmeinden und die Verwaltung ihrer Vermögcnsan- gelegenheiten trat heute die staatsrechtliche Kommission der Kammer der Abgeordneten zusammen.

Eßlingen, 25. Sept. Mit genauer Noth entging am Montag in einem hiesigen mechanischen Geschäft ein neu eingetretencr Arbeiter einem gräßlichen Tode. Derselbe wurde von der Transmissions-Welle er­faßt und zweimal um dieselbe geschleudert. Hierauf glückte es ihm, eine Säule zu erfassen, an der er sich krampfhaft festhielt, so daß ihm zwar sümmtliche Kleider vom Leibe gerissen und Uhr und Werkzeug zerstückelt wurden, er selbst jedoch mit unerheblichen Verletzungen davon kam.

Calw, 26. Sept. Am heutigen Markt waren zugeführt 787 Stück Rindvieh, 65 Pferde, 35 Körbe Milchschweine, ca. 40 Läufer- und eine Parthie großer Treiber­schweine. Am belebtesten war der Handel in fetten und fleischigen Ochsen, die in größerer Anzahl und sehr schöner Qualität zugebracht waren und von den zahlreich erschienenen Händlern rasch aufgekauft wur­den. Rinder und Kühe waren in kleinerer Anzahl vorhanden und wurde auch darin lebhaft gehandelt. Der schwerste Ochse, geschätzt zu 17 Ccntner, wurde für 754 ^ verkauft. Für Saugferkcl wurden 30 bis 35 c/U bezahlt.

(Ein Beitrag zum Stromer-Kapitel.) In einem Städtchen des württembcrgischen Unterlands kam jüngst ein Handwerks­bursche wegen seiner Berpflegungskarte in die Wohnung des städtischen Polizeidicners, stahl diesem Wächter der öffentlichen Sicherheit die Taschenuhr und brannte mit Erfolg durch.

Neuenb ürg, 28. Sept. Als Zeichen der milden Temperatur wird uns heute

von Arnbach ein üppiger Heidelbeer- Strauß übersendet mit neuen Blättern, zweiten Blüthen, grünen, rothen und voll­kommen reifen Heidelbeeren, welche ihren sommerlichen Vorgängern nicht nach­stehen.

Miszellen.

Der Student von Msjau.

Historische Original-Erzählung von Emilie Heinrichs.

(Fortsetzung.)

7.

Der französische Marschall Broglie schien inzwischen die Festung Hameln im Hannoverschen belagern zu wollen, was Herzog Ferdinand um jeden Preis ver­hindern mußte, weßhalb auch Prinz Fried­rich von Braunschweig und General Luckner den Befehl erhielten, dorthin zu marschiren, um den Feind dadurch abzu­schrecken.

Hier vor Hameln fanden sich Johannes Haßbein und Günther wieder beisammen, welch' Letzterer dem sehnsüchtig Harrenden die besten Nachrichten von der Braut überbringen konnte und auch nicht ver­fehlte dem Prinzen einen guten Begriff von dem Meister Müller beizubringen.

Johannes wunderte sich nicht wenig über die Kühnheit des früheren Pedellen, der so keck in das Haus des Meisters eingedrungen war und seinen Plan mit einer Schlauheit ausgeführt, die feinem Verstände und Muthe alle Ehre machte.

Da fiel plötzlich wie eine Bombe der Befehl in das lustige Lager vor Hameln, daß der französische Marschall Braunschweig und Wolfenbüttel ernstlich bedrohe und sich dort festzusetzen gedenke, um hinter jenen beiden Festungen eine lange Blockade aushalten und im folgenden Jahre von da aus den Krieg fortführen zu können, ein Projekt, das für Braunschweig und Hannover unsägliches Verderben im Ge­folge haben konnte.

Schon in derselben Nacht wurde ab- marschirt, alles bespannte Fuhrwerk unter­wegs aufgegriffen, um das Fußvolk schneller weiter zu bringen und in Eilmärschen vorwärts gezogen, um zeitig genug anzu­kommen.

Bevor sie ihr Ziel erreichten, ereilte sie schon die Nacht, daß Wolfenbüttel übergcgangen sei. Es war nun freilich kein Wunder, da diese Festung nur eine Besatzung von achthundert Invaliden mit unzulänglichen Geschütz und geringer Munition besaß.

Prinz Laver von Sachsen hatte diese Eroberung vollbracht. Anstatt jedoch augenblicklich nach Braunschweig aufzu­brechen und diese Stadt durch glühende Kugeln zur schnellen Uebergabe zu zwingen, feierte der Prinz erst seinen Sieg in Wolfenbüttel und ruhte zwei volle Tage auf den errungenen Lorbeeren aus.

Dies kam dem kleinen Heere des Prinzen von Braunschweig, das ohne Rast und Ruhe in gewaltigen Eilmärschen zur Rettung nahte, gar trefflich zu statten. Aber auch die allerhöchste Zeit war's, denn die guten Braunschweiger zitterten nicht wenig vor den bevorstehenden Schrecken der Belagerung.