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Bestand doch auch hier die ganze Besatzung nur aus 1800 Mann, und noch dazu aus französischen Ueberläusern. welche bei Annäherung ihrer Landsleute gewaltig unruhig wurden und im eigenen Interesse die Uebergabe der Stadt zu erleichtern sehr geneigt schienen.
Schließlich auch fehlte es an Mannschaft, um die Geschütze zu bedienen, und wenn die Bürger auch willig waren, zur Vertheidigung ihrer Stadt mitzuhelfen, so würde die Einäscherung ihrer Häuser sie doch wahrscheinlch bald auf andere Gedanken gebracht haben, wenn Prinz Xaver sogleich hätte Bomben werfen lassen.
Allein er lagerte bequem in einer ziemlichen Entfernung von der Stadt, ließ Oelper, das eine halbe Stunde von Braunschweig liegt, mit 1700 Mann, denen er nur eme Kanone beigab, viel zu schwach besetzen, und hatte diesen wichtigsten Punkt, von welchem Prinz Friedrich sogleich aus Braunschweig marschiren konnte, auf solche Weise fast sorgfältig außer Acht gelassen.
„Er muß mir die Gegend auskundschaften, Günther", sprach der Prinz zu diesem, als er sein Heer unterwegs ruhen ließ, „mir genaue Nachricht über die Stellung des Feindes bringen und womöglich die Braunschweiger ermuthigen, noch einige Stunden auszuharren."
Günther versprach es, verkleidete sich als Bauer, bestieg ein Pferd und machte sich auf den gefährlichen Weg. Er kannte alle Pfade und alle Schlupfwinkel der ganzen Gegend und gelangte mitten durch die Feinde, deren Lager er aus geheimen Wegen oft durchkreuzte. In der Nähe von Oelper, das er schwach besetzt fand, stieg er vom Pferde, band dasselbe hinter ein Gebüsch an einen Baum und schlich nun auf geheimen Pfaden der Stadt zu, wo es ihm viele Mühe kostete, bis ihm ein Thor geöffnet wurde und er dem Commandanten den Gruß des Prinzen ausrichten konnte.
Wie gern hätte er bei dieser Gelegenheit den Meister besucht, aber es ging nicht, die Liebe und Sehnsucht des Herzens mußte der Pflicht weichen, und nachdem man ihn reichlich mit Speise und Trank erquickt, schlich der kühne Günther wieder aus dem Thore der Vaterstadt, wo sein Kommen Trost und Zuversicht bereitet hatte!
Auf demselben Wege kehrte der wackere Kundschafter glücklich in's Lager zurück; er brachte sichere und günstige Nachrichten mit, die genau mit den Angaben der Braunschweiger Husaren, welche kurz vor ihm wohlbehalten eingetroffen waren, über- cinstimmten.
Prinz Friedrich setzte sich nun wieder mit seinen sechs schwachen Bataillonen, die noch nicht 2000 Mann ausmachten, am Nachmittag in Marsch, um vor des Mondes Aufgang bei Oelper zu sein.
Wie klopfte dem braven Günther das Herz, als er sich so nahe und unerwartet am Ziel seiner heißesten Wünsche sah, und wie sehnsüchtig schaute ihm Johannes Haßbein nach, der mit den Luckner'schen Husaren in der Reserve bleiben mußte, um durch das Pferdegetrappcl den Ueb erfüll nicht zu gefährden.
Vorwärts ging es jetzt auf Oelper zu, wo eine Reiterwachc versprengt wurde, und von da gegen die Landwehr, wo die Franzosen sich mit ihrer Kanone ver- theidigten. Das Dorf wurde im Sturm genommen und die Kanone von dem Prinzen persönlich erobert, der obendrein zwei französische Grenadier-Compagnien zwang, das Gewehr zu strecken.
Weiter hielt sich der tapfere Held nicht auf, sondern eilte jetzt mit seinen Getreuen auf der geraden Straße nach Braunschweig.
„Hurrah, Braunschweig!" tönte es draußen und jubelnd wurde das Thor geöffnet um die Reiter hereinzulassen.
Von den Glacis zischten Raketen jetzt zum dunkeln Himmel empor, um dem General Luckner das glückliche Gelingen des Einmarsches anzuzeigen, während der Kommandant ein dreimaliges Freudenfeuer mit scharf geladenen Stücken vom Walle aus die erschreckten Franzosen los- branntc, welche General Luckner mit seinen kampflustigen Husaren vor sich hinjagte.
(Fortsetzung folgt.)
Kin Abenteuer in Khina.
Von einem deutschen Arzte.
(Schluß.)
Der Konsul ging an seinen Schreibtisch, holte einen Brief den er dem Kapitän übergab und zeigte diesem die Bemerkung und Unterschrift Blackmann's.
„Dieser Schuft hat mir nie ein Sterbenswörtchen davon gesagt; aber ich werde ihn sogleich entlassen", sagte der Kapitän, erzählte nun dem Konsul, was ich bereits von der Gehässigkeit des Maats gegen mich erzählt hatte, und schloß mit der Bemerkung: „Also auf diese Weise gedachte der Schurke den armen Wittrock auf die Seite zu schaffen ? Der unglückliche Bursche! vielleicht haben die Chinesen ihn schon hingerichtet!" fuhr er mit Thränen in den Augen fort; „bitte, schicken Sie doch sogleich in die Stadt und retten Sie ihn wo möglich!"
Natürlich wurde sogleich ein Brief an den befehligenden Mandarin abgeschickt, der das Schreiben las, nach dem Renegaten schickte und, nachdem er von diesem die Wahrheit desselben bestätigt erhalten hatte, ihm die Erlaubniß ertheilte, mich sogleich in Freiheit zu setzen.
Zwei Stunden später war ich frei und in der Kajüte des würdigen Kapitäns, der beinahe Freudenthränen vergoß, als er mich wieder in Freiheit sah.
Von meinem verwundeten Mandarin hatte ich mich nicht lange verabschiedet, denn der Boden in der Stadt brannte mir unter den Sohlen und ich lief so rasch als meine Beine mich nur tragen konnten, daß ich aus den Stadtthoren kam, und fühlte mich erst wieder sicher, als ich an Bord des Schiffes war. Der niederträchtige Maat Blackmann aber ward am folgenden Tage ohne Zeugniß weggejagt, und da Kapitän Smith sich angelegen sein ließ, das nichtswürdige tükische Benehmen jenes Burschen überall zu erzählen, so bekam Blackmann keine Stelle mehr als Maat und mußte, nachdem er sein Geld in Shanghai aufgebraucht hatte, froh sein, als gemeiner Matrose auf einem nach Cali- fornien bestimmten Schiffe Heuer zu neh
men. Ich erfuhr später, daß das Schiff in einem Sturm Schaden litt und mit Mann und Maus unterging. Ich aber kam nach Ablauf meiner bedungenen Frist wohlbehalten nach Europa und Deutschland zurück.
Ein einfaches Mittel gegen kalte Füße wird von einem alten englischen Praktiker empfohlen. Die Person stellt sich aufrecht und erhebt sich dann langsam aus die Spitzen der Füße, so daß der ganze Körper auf den Zehen ruht. So bleibt man ruhig stehen, so lange man es ertragen kann und kehrt dann langsam in die natürliche Stellung zurück. Dieses Verfahren wiederholt man mehrmals. Indem dadurch alle Muskeln der Füße in Thätigkeit gesetzt werden, entwickelt sich ein lebhafter Blutumlauf in denselben. — Ein Mittel um die Füße warm zu erhalten, besteht darin, daß man sic in feines Baumwollenzcug einhüllt und dam, wollene Socken darüber anzieht. Statt des Baumwollenstoffs wird auch Fließoder Zeitungspapier empfohlen.
Mittel gegen Zahnweh. Man löst eine Messerspitze voll Boraxsäure in warmem Wasser, nimmt es in den Mund und hat selten nöthig, das Mittel zu wiederholen. Es ist besonders wirksam, wenn die Schmerzen von dem Beinfraß der Zähne herrühren.
Von Wittenberg. Unter dieser Ueberschrift bringt der Kladderadatsch folgendes Gedicht:
Es ist ein Wort ins deutsche Land erklungen Von jener Stadt, wo einst ihr Helles Lied Die „Wittenbergisch Nachtigall" gesungen,
Auf das der Geister Frühling ist erblüht.
Von dort, wo einst der schlichte Mönch verkündet Sein mächtig Wort, das uns von Rom befreit: Wo er die Flamme kühnlich hat entzündet,
Die leuchten wird noch in die spätste Zeit.
Von dort ist uns ein gutes Wort gekommen, Von dort gekommen ist uns gute Mär'
Wir haben froh aufathmend sie vernommen, Als ob ein Mai mit ihr gekommen war'.
Ein gutes Wort, in welchem fester Wille Sich frei und offen vor der Welt bekannt!
Ein gutes Wort, das, wie nach schwüler Stille Ein frischer Hauch, belebend ging durch's Land!
Ein gutes Wort, das wie ersehnte Kunde Erwartungsvolles banges Schweigen brach.
Heil sei, in der erklungen es, der Stunde!
Heil sei dem Ort und Heil dem, der es sprach!
Und mochten's Manche auch nicht gerne hören Und haben's Manche heimlich auch beklagt:
Sie können doch nicht uni're Freude stören,
Sie können's doch nicht machen ungesagt.
Sic mögen dveh'n und deuteln, wie sie wollen Und winden sich, wie sie es oft gethan:
Nicht können ändern sie, daß es erschollen,
Das freie Wort — sie müffcns lassen stahn!
W ä t H f e l.
Verlor'st du mich,
Erlittest du ein schwer Geschick Doch bist du es.
So pflegt von dir die Welt zu sagen, Daß du erfuhrst
In ihr gar wenig Freud' und Glück.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.