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einfachen Taxe mit der Berechtigung aus- gegeben, am Tage der Lösung auf der für die Hinfahrt im Bittet angegebenen Strecke ohne weitere Zahlung die Rückreise aus­zuführen.

Vom 1. Juni d. I. an, an welchem Tag der Fahrplan der K. württ. Eisen­bahnen für den Sommerdienst 1883 in Wirksamkeit tritt, kommen neu zur Ausfüh­rung: vom 1. Juni bis 15. Septbr. d. I. je einschließlich: zweite tägliche Personcnpostcn zwischen Ettlingen u. Herrenalb über Marxzell: zweite tägliche Personenposten zwi­schen Herrenalb und N euenbürg über Marxzell; tägliche Personenpostcn zwischen Gernsbach und H^^nalb über Loffenau an Stelle der insolange unterbleibenden Postbotenfahrtcn und zweite und dritte tägliche Personenposten zwischen Ort und Bahnstation Tel nach.

Am Sonntag den 3. Juni findet in Tein ach (Badhotel) eine Versammlung desSchwarzwälder Zweigvereins für Naturkunde in Württemberg" statt. Vor­trag des Herrn Dr. Wurm über die natur­geschichtlichen (auch archäologischen) Ver­hältnisse der Umgebung von Teinach. Ferner Vortrag botanischen Inhalts von Herrn Dr. Mülberger aus Herrenalb. Beginn 12'/- Uhr.

Göppingen, 27. Mai. Zu dem Brand der Papierfabrik von Karl Beckh's Söhne in Faurndau vom 25. auf den 26. d. M. In unglaublich kurzer Zeit ver­breitete sich das Feuer in allen Fabrik­räumen. Bei der Anhäufung der vielen brennenden Stoffe mußten sich die herbei­eilenden Feuerwehren darauf beschränken, die beiden sehr gefährdeten Wohngebäude zu retten, was ihnen auch gelang. Den Samstag über waren noch beständig 10 Sprizen thätig, um das immer wieder aufslackernde Feuer zu dämpfen. Mit der Fabrik, welche mit den besten Maschinen der neuesten Systeme ausgerüstet war, ist das große werthvolle Lager der verschieden­sten Sorten von Schreib-, Zeichen- und Postpapier zu Grunde gegangen. Der eine der Besitzer, Hr. A. Beckh, befand sich mit seiner Gemahlin in einem der Taunusbäder und wurde während des Brandes durch Telegramm zurückberufcn; er konnte aber erst gestern Abend mit dem Schnellzug ankommen. Der Verlust wird trotz der Versicherungen bedeutend sein, und zu bedauern ist ferner, daß eine große Anzahl von Arbeitern und Arbeiterinnen durch das Brandunglück um Arbeit und Verdienst gekommen sind.

Neuenbürg, 30. Mai. Bei dem Holzverkauf am 29. Mai aus dem Revier- Her renal b war der Erlös für Stamm­holz durchschnittlich 100"/o und der für Brennholz 185°/o.

Neuenbürg, 29. Mai. Die Stadt hat in den letzten Tagen 2 Flußbadan­stalten errichten lassen: ein Welle nbad- Cabinet und ein Gesellschaftsbad. Elfteres befindet sich in dem kleinen Kanal der ehmaligen Lohmühle in nächster Nähe der Stadt, letzteres zwischen der kleinen Schlößlensbrücke und der Mechanischen Weberei in deren Hauptkanal. Diese Ein­richtungen, eine willkommene Ergänzung der seitherigen hübschen Privatanstaltcn dieser Art, kommen den eigenen längst em­

pfundenen Bedürfnissen in ebenso liberaler Weise entgegen, wie sie den berechtigten Wünschen der Fremden, welche unsere Stadt zum Luftkurausenthalt wählen, in dieser Hinsicht nun besser zu entsprechen vermögen. Hoffen wir, daß diese in hygienischer Beziehung wohlthätigen, für Erfrischung n. Kräftigung uothweudigen Anstalten auch auf den Fremdenbesuch weitere Anziehungs­kraft ausüben werden.

Ausland.

Paris, 26. Mai. Dem Marine- minister ging aus Tonking die Nachricht zu, daß der Befehlshaber der französ. Truppen, der K o m Mandant Niviörc, bei einem Versuch, aus dem Fort Hanoi, wo er seit mehreren Monaten eingeschloffen ist, gegen den zahlreich überlegenen Feind einen Ausfall zu machen, gctödtet wurde. Auch der Bataillonschef de Villers wurde schwer verwundet; General Bonet, der gegenwärtig in Saigun weilt, erhielt Be­fehl, Riviäre zu ersetzen. Eine Depesche des Admiral Mayer aus Saigun vom 25. ds. bestätigt diese Unglücksbotschaft und ergänzt dieselbe mit der Angabe, daß von der Mannschaft 14 Soldaten getödtet und 22 verwundet wurden. Zahlreiche Anamiten schließen Hanoi ein. Zwei franz. Landungs­kompagnien sind unterwegs; andere folgen.

Hervs schreibt imSoleil":Die Republikaner warfen unter dem Kaiserreich der Regierung ihre überseeischen Züge vor; sie warfen ihr vor, das Blut und das Geld Frankreichs in rühm- und nutzlosen Abenteuern zn vergeuden. Die Repu­blikaner sind heute an der Gewalt. Sie thun das, was das Kaiserreich that. Sie haben, wie das Kaiserreich, Geschmack an überseeischen Zügen. Das Kaiserreich hatte Mexiko, sie haben Tonkin. Das Blut Maximilians besudelte das Kaiserreich; das Blut des Kommandanten Riviere und seiner tapferen Gefährten wird die Republik be­sudeln.

Moskau, 27. Mai, Abds. Die Krönung ist programmmäßig ohne Zwischenfall verlausen. Nachdem der Krönungszug in den Sälen des Kremel geordnet war, erschien das Kaiserpaar und nahm im Thronsaal Platz. Um 9'/- Uhr verließ der kaiserliche Zug den Kreml­palast, von enthusiastischen Hurrahrufen begrüßt. Die Feier in der Kirche dauerte von 10 bis 12"/i Uhr. Als der Kaiser knieend das Gebet für das Volk sprach, überwältigte ihn die Bewegung dergestalt, daß er laut weinte. Die Anwesenden, welche während des Gebetes standen, waren auf das Tiefste ergriffen. Das hierauf folgende Gebet für den Kaiser im Namen des Volkes wurde von dem Nowgoroder Metropoliten und den Anwesenden knicend dargebracht, während der Kaiser aufrecht stand. Nach beendeter Feier schritt das Kaiscrpaar nach der Blagowastschensky- und der Archangelskirche, verrichtete dort ein kurzes Gebet und kehrte über die Rothe Treppe nach dem Palast zurück und zeigte sich auf der nach der Moskwa gelegenen Terrasse dem Volke unter 3maliger Ver­beugung. Um 3 Uhr begann das Festbankett in der Granvwitaja Palata. Die Haltung der Bevölkerung war musterhaft. Ucberall herrschte eine ernste, ehrerbietige Stimmung.

(Alle bänglichen Muthmaßungen und un­bestimmten Befürchtungen, haben sich sonach als unbegründet erwiesen.)

Moskau, 28. Mai. Der Kaiser richtete an den Hrn. v. Giers, den Minister des Auswärtigen folgendes Schrei­ben: Die Macht und der Ruhm, die Ruß­land Dank der Vorsehung erworben, die Ausdehnung des Reiches, seine zahlreiche Bevölkerung lassen keinerlei Gedanken an Eroberung Platz. Meine Sorge ist ausschließlich der friedlichen Entwicklung des Landes, feiner Wohlfahrt, seinen freund­schaftlichen Beziehungen zu den Mächten auf Grundlage der Verträge und der Wahrung seiner Würde gewidmet. (Diese friedfertige Kundgebung ist geeignet, den besten Eindruck zu machen.)

Moskau, 28. Mai. Alle Souveräne und Staatsoberhäupter sandten anläßlich der Krönung Glückwunschtelegramme. Besonders herzlich gratulirte Kaiser Wil­helm, welchem alsbald Kaiser Alexander, indem er die guten alten Gesinnungen betonte, telegraphisch dankte.

MisMcn.

KaLlenheim.

(Fortsetzung).

Aber wir mußten jetzt auch leben; wie es sich gehörte für eine solche splendide Einrichtung! Der Herr verkaufte deßhalb ein gutes Stück Wald, und jetzt wurde flott gelebt. Es kommt mir fast vor, als sei von jener Zeit an der Herr erst zu­gänglich geworden für allerlei Flatuscn, und auf der andern Seite wiederum sehr borstig und obstinat. Dies Zweite haben wir Dienstboten leider nur zu oft vermerkt, vom Ersten aber fällt mir ein Stücklein ein, was ich Ihr erzählen will, wenn Sie's nicht schon weiß.

Als wir zur Einweihung des neuen Schlosses eine große und perfecte Gastirung hatten, war unter Anderm auch eine große Torte da, auf welcher gar künstlich das Wappen unserer gnädigen Herren ange­bracht war. Als die daran kommen sollte, sagte der gnädige Herr zum Herrn Amt­mann:Amtsverweser, schneid' Er die Torte an!" Dieser aber zog die Schultern in die Höhe und wehrte ab mit den Händen. Nach einer Weile sagte der gnädige Herr, der das wohl nicht bemerkt:Nun, warum hat Er denn nicht angeschnitten? Gnädiger Herr, ich kann nicht!"Warum denn nicht, ist Er lahm geworden?" Nein, Jhro Gnaden, aber ich getraue mir nicht, Dero hochfreiherrliches Wappen zu molestiren!" Der Herr lachte und schnitt selbst an. nach der Tafel aber verehrte er dem Herrn Amtmann seine kostbare goldene Uhr wegen:wohlgefällig be­merkter Attention für die Familie'" wie er sagte.

Eine Zeit lang ging das Schmausen und Gasliren wacker fort, obgleich wir von der Dienerschaft, die schon lange im Hause, so manchmal unsere Gedanken hatten, während die neu angenommenen Schlingel schlemmten und stahlen, wo sie nur konnten. Aber was Hütten wir sagen können, gar ich, der ich dazumal erst ein­undzwanzig Jahre alt war! Auf ein­mal indes; kam das Unglück, voraus aber