Hummel folgende Ansprache an die Turner richtete:
„Liebe Tnrner! Wenn des Lenzes Hauch durch unsere Gassen weht und frisches Grün die Erde deckt, so zieht man gern heraus in Feld und Wald, sich an dem heitern Anblick zu ergötzen. Sinnend bleiben wir dann wohl vor einem Baum stehen, der in üppiger Blüthenpracht erglänzt und eine reiche Ernte für den Herbst verspricht. Wenn ich im Gedanken an die fünfundzwanzigjährige Vergangenheit des hiesigen Vereins, mich auf ein kurzes Wort besinne, um unsere liebe Turuerei, der wir bei wieder erwachter Frühlingslust mit neuem Muth ergeben sind, durch einen allgemeinen Streifblick zu eröffnen, so möchte ich sie selbst am liebsten mit dem Sprossen eines solchen Baumes vergleichen.
Die Wurzel der Gymnastik reicht bis auf der Griechen Zeit, ein Stamm schoß auf im deutschen Mittelalter, und frisches Laubwerk setzt die Jetztzeit an, da aus dem Knaben schon ein Turner wird, der Jüngling sich am Reck und Barren schwingt und der' Soldat die strammen Kräfte übt.
Als Frucht erwächst ein männliches Geschlecht „im Frieden gut und stark im Feld." Darum der Turnerei ein hundertfach „Gut Heil!"
Neuenbürg. Für die am 1. Juni in Kraft tretende Sommerfahrordnung der Württemb. Bahnen, in welcher zum ersteumal auch der Orient-Expreßzug (Blitzzug) aufgeführt ist, ist das Fahrplanplakat ausgegeben. — Nach demselben erhalt die Enzbahn wieder wie im Vorjahr 6 Züge, die mit unwesentlichen Aenderungen kursiren:
4.50
7.55
Wildbad ab: 12.40 2.50
5.30
5.45
8.45
Pforzheim an: 1.30 4.10
6.20
6.15
9.50
Pforzheim ab: 1.55 4.20
7.5
7.40
10.50
Wildbad an: 2.40 5.15
8.5
Der Schnellzug ab Wildbad ist in einen Personenzug verwandelt.
Die Hoffnung, es werde den eingereichten Bitten entsprechend dem Schnellzug ab Pforzheim von da ab die Eigenschaft eines Lokalzugs gegeben, oder doch wenigstens demselben auf Station Birkenseld ein Aufenthalt von 2 Minuten zum Ein- und Aussteigen bewilligt werden, hat sich bedauerlicherweise nicht erfüllt. — Es trat nur die Vergünstigung ein, daß in sragl. Schnellzug auch Wagen III. El. eingestellt werden. _
Neuenbürg. Anläßlich der kürzlich ins Leben getretenen neuen Floßordnung mag es Manchem von Interesse sein, auch den
Vertrag zwischen Wirtemberg und Baden wegen freier Benutzung der Flüsse Neckar, Enz, Nagold und Wirm zwischen beiderseitigen Unterthanen vom Jahr 1342
zu vernehmen, welchen wir nach der Kaus- ler'schen Oberamtsbeschreibnng in wörtlich unveränderter Schreibweise hier folgen lassen:
„Wir Marggrave Rudolfs von Baden undt Wir Grass Ulrich von Württemberg, verzihen öffentlich öffentlich an diesem Briefs, für Unß, unsere Erben undt all
unßer Nachkommen, undt thun kundt allen den, die Jue Jmer ansehend, lesend, oder hörend lesen, das wir durch nutzes undt fromen unßer, nutzere Erben undt alle unßere Nachkommen, undt auch durch Bitt der Ersamcn, Weyßen Leuth, der Bürgermeister, des Rates undt der Bürger ge- meinlich zue Hailpronn sehen Übereinkommen, umb das Flößen uff der Würme, uff der Nagolt, uff der Enz undt uff dem Neckher, also das wir dieselben Wasser undt auch die straffen uff deueselben wassern haben geöffnet undt geüffet, undt das es Jmmerme ewiglich eine geöffnete und ge- üffente Straß uff denselben Waßern sein solle undt bleiben, zu gleicher weiß als hernach geschrieben steet, von Erst, So haben Wir die Würm geüffent, bis gen Pforzheimb In die Enzs, undt wer darauff Flößen will, der soll von Jedem hundert Zimerholz, oder von Jedem hundert Dilcn geben zu Zoll zue Liebenegge an dem were, Sechs Heller, Darnach so haben wir die Nagolt geöffnet, bis gen Pforzheimb Ihn die Enzs undt wer darauff Flößen will, der soll von Jedem hundert Zimmerholz, oder von Hedem hundert Dillen geben zue Liebeuzclle an dem Were zu Zoll Sechs Heller, undt zue weißenstein zehen Hüller, Darnach so haben Wir die Enz geöffnet, als ferre man darauff gestichen mag bis gen Vcsickhcim In den Neckher, Darnach haben wir den Neckher geöffnet zu Besickhcim biß gen Hcilprunnen an die Stattmaucr, mit solcher Bescheidenheit, wer darauff flößen will der soll von yedcm hundert Zimerholz oder von Hedem hundert Dilen geben, zu der Newenburg zu Zoll von zweyen Weeren zwanzig Haller, Darnach zue Pforzheimb von vier weren vierzig Heller, zue Vhcngcn von einem Wer vier Heller, zue Messern von einem Wer, vier Hüller, zue Dürmcnzc von einem Were vier Haller, zue Lomerß- hcim von einem Wer vier Hüller, zue Mühlhaußcn von einem Wer vier Hüller, zu Roßenwage von einem wer vier Hüller, zue Vahhingen von zweyen Weren zwanzig Hüller, zue dem Ober Rixingen von einem Wer zehn Heller, zu dem Niedern Rixingen von einem Wer vier Heller, zue Rcimeck- heim, von einem Wer vier Heller, zue Busßingen von einem Wer vier Heller, zue Besikheim von zweyen Weren zwanzig Heller, Es ist auch geredt zu welchem Wer man zoll gibt, als vorgeschrieben steet, da soll yeder Herr oder yeder arm, dem man zoll gibt, Schutzbretter an dasselbe wer machen, das zwischen den Sehlen seh zwölff Schuhe weit, undt sollen die Schuzbretter bauen undt machen ohne der Fuhrleuth schaden, man solle auch zue keinem Visch- fahe, noch yedert anders, dan als vorge- schriben ist, keinen zoll noch nichtzit geben, were auch da das waßcr hendert vergruß, oder vergründte würdt, oder sonst uunuzs würdte, das man nit wol geflößcn möcht, bey weß Wer oder Mülen das geschehe, der soll cs uffrichten, undt fertig machen, ohne der Fuhrleuth schaden, Es ist auch geredt, was uff den flößen leit ungefärlich von Hrllä' es seh uff dem Zimmerholz, oder uff den Dielen, oder were das man Schäl-Tisch oder Lügschiff an die Flöß henkt, das soll alles srylichen, undt ohne allen Zoll faren oder gan, und soll auch niemand den andern verbieten, noch be
kümmern, das an den Flößen geJrren oder gehindern möcht, In keinem weg, ohne alle gcverde, Es ist auch geredt, was uff den Flößen ligt, von holzs oder was darauff värt, von Fuhrleuthen das soll uff und ab frid undt gleit haben, vor aller- meniglich, Es sehe in Krieg oder one Kriege, dasselbe gleit sollen auch die Kauff- leuth, die Holz kauffent, oder ungevärlich Kauffen Wüllen, Sie faren uff den Flößen, oder Sie gangen oder Sie Reiten uff dem Landt, uff oder ab haben, ohne alle gefährd, were aber darwider thät undt den Frieden und den gleit überfürc oder breche, den sollen Wir Marggrase Rudolfs von Baden und wie Wir Grafe Ulrich von Württemberg, undt unser Erben und alle unnser Nachkommen wören und wenden als ferr Wir Künden undt mögen, one alle gevehrdc. rc. des zue urkund, undt zur einer ewigen gezeügung, haben Wir Marggraffe Rudolfs von Baden, undt Grass Ulrich von Württemberg, die vorgenannten diesen Brief besigclt, mit unfern Jnsiegeln, die daran hangend. Der geben ist zue Stuttgardt an dem meisten Sonntag. da man zalt von Christus geburtte, dreyzeheuhundert Jare undt Inn dem zwey und vierzigsten Jare."
Ausland.
Paris. Die deutsche Kronprinzessin ist mit ihrer Tochter, der Prinzessin Viktoria, auf der Rückreise von Italien unter dem strengsten Jncognito unter dem Namen einer Gräfin von Lingcn eingetroffen und im Hotel Bristol abgesticgen.
Marseille, 24. Mai. Bersch, der Besitzer des Hotel „National", wurde heute vor das Fricdcnsgcricht zu Mentonc citirt und zum Maximum der Geldstrafe ver- urtheilt, weil er versäumt hatte, den Grafen Moltke wie andere Gäste bei der Polizei anzumelden.
Anläßlich der Reise des Fcldmarschalls Grafen M oltke in Ober-Italien ergehen sich französische Blätter immer noch in den abgeschmacktesten Tiraden über die angeblichen Projekte des deutschen Strategen. Die gambettistischc Presse überbietet die übrigen Journale in frechen Erfindungen.
Miszellen.
Kallenheim.
(Fortsetzung).
Betreffs der drei ersten Punkte war Neubert schon längst im Reinen. Dem Kallenhcimer blieb er treu im Leben und im Tode; die Kartoffel waren Schweine- futter, nichts weiter; den Sequester endlich hatte er selbst gesehen, wie er mit noch zwei Herren an dem Tage ins Schloß fuhr, als der gnädige Herr abgcsetzt wurde, und Jäger, Pächter und der neue Amtmann verpflichtet worden waren — für eben diesen Spitzbuben, den Sequester. — Mit Punkt „vier" aber war der alte Soldat nicht vollständig im Klaren. Wenn er in einsamen, Hunger- und kummervollen Stunden nachdachtc über sein Geschick und, was ihm mehr als Alles am Herzen lag, über jenes des Herren von Kallcnheim, so kam ihm bisweilen der Gedanke als sei ein großer Thcil dieser Molestcn als Strafe für sein früheres sündhaftes Leben über ihn verhängt worden. Er hatte es