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Expreßzug eingeführt. Derselbe, über Lindau, RomanS- horn führend, hat in Zürich Anschluß nach Luzern, Mailand und Basel und eine Fahrzeit von 7 Stunden, einschließlich der etwa 70 Minuten dauernde Bodenseefahrt Lindau-RomanShorn. Diese neuen Expreßzüge bewerkstellige» eine ungemein rasche Verbindung der beiden Städte München-Zürich bezw. Lindau oder Romanshorn-Zürich, außerdem werden aber noch verschiedene sehr wertvolle weitere Verbindungen auf die möglichst kurze Zeitdauer herabgemindert.
Plauen i. V, 3. Febr. Der Kohlen« Mangel macht sich infolge des böhmischen Streikes in Werdau bemerkbar. Einige Fabriken sind bereits wegen Kohlenmangel außer Betrieb.
Berlin, 2. Febr. Der ReichSanieiger veröffentlicht einen Erlaß des Kaisers an den Reichskanzlers, datiert vom 1. Februar 1900, in welchem der Monarch seinen Dank ausspricht für die ihm zu seinem Geburtstage zahlreich zugrgangenen Glückwünsche und für die zahlreichen Kundgebungen, welche anläßlich des HinscheidenS der Herzogin Friedrich von Schleswig-Holstein, der Mutter der Kaiserin, von nah und fern ihm zum Ausdruck gebracht wurden. Weiter heißt es in dem Erlaß: Mit besonderer Befriedigung sei er, der Kaiser, in den Kundgebungen dem Verständnis für die dringende Notwendigkeit begegnet, eine der W.-ltstellung des deutschen Reiches und seinen HandelSintereffen entsprechende Flotte zu schaffen und habe er die vielfachen Versicherungen treuer Mitarbeit an dieser großen nationalen Aufgabe mit herzlichster Freude entgegen genommen.
Berlin, 3. Febr. Zur gestrigen Abendtafel beim Kaiserpaar war der Staatssekretär Graf v. Bülow geladm. Heute Vormittag hörte der Kaiser den Vortrag des Staatssekretärs Grafen v. Bülow im Auswärtigen Amt und besichtigte alsdann die Geweih-AuSstellung.
Kiel, 2. Febr. Prinz Heinrich von Preußen trifft am 18. Februar hier ein. Die Bürgerschaft bereitst einen großen Festzug vor, wozu sich bii her 15 000 Teilnehmer angemeldet haben.
Berlin, 3. Febr. Beim Empfang einer Abordnung des Verbandes der Post- und Tslegraphen- Assister.len hielt der Staatssekretär von Podbie lsky eine Ansprache, in welcher er sich über die an seiner .Verwaltung geübte Kritik sowie über den Rest von Unzufriedenheit, der immer «och in seiner Beamtenschaft zurückgeblieben sei, äußerte. Er bemerkte u. A. er könne eL verstehen, wenn unter den Beamten trotz materiell guter Lage noch ein Nest von Unzufriedenheit verbleibe, dergleichen sei aber überall auf der Welt. Die Kritik dürfe aber niemals darauf auS- gehrn, Unzufriedenheit zu erregen oder zu erhalten und er bitte die Herren, dafür zu sorgen, daß Fehler in diesem Sinne vermieden würden. Es müsse auch das letzte schwinden, waL die notwendige Harmonie noch stören könnte.
Ber! in, 4. Febr. Der Lokal-Anzeiger meldet aus Wien: Uebsr den Besuch des Prinzen Ma
ximilian von Baden verlautet, daß man in Hoskreisen von der Möglichkeit eine« Verlobung spricht. Die AuSerwählte sei die ältere der zwei Töchter der Erzherzogin Maria Theresia, die Nichte des Kaisers, Erzherzogin Unnunciata. Für die Anwesenheit des Prinzen Heinrich von Preußen wird eine Galatafel zu 80 Gedecken vorbereitet.
Dev Krieg in Südafrika.
London, 2. Februar. Der Staatssekretär im Kriegs-Departement Wyndham erklärte gestern im Unterhause, di« Regierung trage die volle Verantwortung für den Krieg. Wenn dieselbe mit de» militärischen Vorkehrungen gezögert Habs, so sei dies aus dem Grunde geschehen, um der Diplomatie Zeit zu lassen. Der Abgeordnete Labouchere schlug vor, die Debatte zu Verlagen. Die Regierung wi>ers»tzte sich dem. Es kam zur Abstimmung, wobei 156 Stimmen gegen die Vertagung und 136 für dieselbe abgegeben wurden. Di« Regierung hat also eine Majorität von nur 20 Stimmen erhalten.
London, 3. Febr. Die Königin erhielt ein Telegramm, untrrzeichnet vom Bürgermeister von Mafeking, datiert vom 27. Januar. Dasselbe drückt anläßlich des hundertsten Belagerungstages die unerschütterliche Treue der Bevölkerung und deren Entschlossenheit, di« englische Oberhoheit anzuerkenne», aus. Das offizielle Hofblatt erklärt, dieses Telegramm habe der Königin große Freude bereitet. — Die Königin hat 4 Offizieren und Unteroffizieren, sowie 16 Artilleristen die Ehrenmedaille verliehen, weil dis, selben außergewöhnlichen Mut an den Tag gelegt habe», bei dem Versuch, unter dem mörderischen Feuer bei Colmso di« Kanonen vom Feinde zurückzuerobern. — Das Kriegsdepartement erklärt, bis Mitternacht keine Nachrichten vom Kriegsschauplatz« erhalte» zu haben.
London, 4. Febr. Wie hier verlautet, wird die Königin Viktoria noch Italien über Calais und Basel reisen, ohne dabei Deutschland zu berühren. Man glaubt jedoch, daß während der Durchfahrt in Basel nach dem Sankt Gotthard die Königin sich einen Ruhtag in Saint Urlanne gönnen wird. Man schließt daraus auf die Möglichkeit einer Zusammenkunft Kaiser Wilhelm« mit seiner Großmutter. — In der Nähr von Kapstadt wurden auf rin« englisch» Truppen- Abtsilung Schüsse abgegeben. In RegierungSkreisen ruft dies groß« Besorgms hrrvor, weil dadurch der Beweis geliefert sei, daß die Auflehnung bereits große Dimensionen angenommen habe. — Hi,r geht das Gerücht, daß General Buller infolge anhaltender Krankheit sein Csmmando vollständig niedergelegt und nach England zurückkehren werde.
London, 2. Febr. Ein Smie-Offizier erklärte, daß die Absicht der Buren, Ladysmith durch Eindämmung d«S KlippfluffeS unter Wasser zu setzen, um die Engländer zur Uebergabe zu zwingen, unausführbar sei.
London, 2. Febr. Die Central-NewL meldet aus Durdan vom Montag: Von der Armee des Generals Buller beginnen jetzt die in den Gefechten vom 23. und 24. Januar verwundeten Soldaten von der Front hier mit der Eisenbahn einzutreffen. Der erst« Transport bestand aus 30 Offizieren und 115 Mann. 6 Aerzte, 40 Krankenpfleger und 5 Hospitalschiffe waren zu ihrem Empfange.bereit.
London. 2. Febr, Di« Crntral-NewS melden aus Durban vom Dienstag: Einem Volontär ist eS gelungen, durch die Linien der Buren hindurch zu kommen und Depeschen von General Withe an General Buller zu überbringen. Er erklärte, Ladysmith s-i ganz gesichert, in militärischer Beziehung. Die Truppen seien in guter Stimmung, aber es herrschte» viele Krankheiten, da so viele Menschen auf so lange Zeit so eng zusammengedrängt sind.
London, 2. Febr. Der Privatsekretär von C-cil Rhodes, Jordan, wurde bei Kimberlcy gefangen genommen und nach Blömfontein gebracht. Er war der Träger mündlicher Botschaften.
London, 3. Febr. Ein hiesiges Blatt verbreitet ein sensationelles Gerücht, wonach Lord Roberts um Zusendung von 90 000 Mann gebeten habe. Das Kabinet habe geantwortet, die genannten Truppen würden sofort abgesandt werden. Das Kabinet habe beschlossen, die Miliz-Ballotir-Akte in Kraft zu setzen, wonach eia jeder unverheiratete Mann zwischen 18 und 30 Jahren dienstpflichtig wird. 40 000 Mann sollten von der Milizreserve und 50 000 Mann von dm Volontären eingezogen werden. Der gestrig« KabiaetSrat habe den Zweck gehabt, alle Einzelheiten hierüber festzusetzen.
Brüssel, 3. Febr. Soweit vom gestrigen Tage Meldungen vom Kriegsschauplatz vorlisgen, bestätigen dieselben die Konzentrierung eines großen Burenheeres bei Colcsberg, sodaß jeder Versuch der Engländer, von dort in den Oranjefr.istaat ciozu- dringen, auf Widerstand stoßen muß. Die Meldung vom Tode Jouberts wird dementiert.
London, 3. Febr. Lassans Bureau meldet aus Kapstadt, daß General Tucker, der Kommandeur der 7. Division, am Montag nach dem Modderfluß aufgedrochen sei. — Nach weiteren Melsungen ließ Lord Methuen Brunnen anlegen, um das Trinken des WafferS aus dem Modderstuß zu vermeiden.
London, 3. Febr. Vier Abteilungen deL Regiments Rhodesia hatten am 22. Januar 3 Uhr morgens einen Kundschaftsrritt bis zum Burenlager an den Krokodil-Seen gemacht. Sie griffen mit auf- gepflanztem Bajonnet die Buren an. Diese mußten fliehen und verloren 2 Pferde und 3 Fahnen. Schließ! ch kehrten sie aber mit Verstärkungen zurück und beschoffen di« Engländer, welche beim Rückzuge vier Verwundete verloren.
London, 4. Febr. Während der letzten Wochen traten zahlreiche Kapländer in das Burenheer ein. Ein allgemeiner Aufstand der Kap-Holländer ist
Ein merkwürdige Unruhe hatte ihr den Aufenthalt in der einsamen Villa verleidet. Nicht einmal das Packen der Koffer mochte sie abwartrn. Eie blätterte daheim im Jnseratenhang eines Kursbuches, wählte nach dm Annoncen ein Hotel in Neumünster, bestellte telegraphisch die für sich und die Dienerschaft nötigen Zimmer, notierte dem Mädchen die Adresse und fuhr voraus.
Das Hotel war eins der besten der Stadt und dicht am Bahnhof gelegen.
Als Frau Wichbern von ihrem ersten Gang heimkehrt«, brschied sie dm Hotelier zu sich.
„Ich werde unbestimmte Zeit — unter Umständen einige Wochen — wohnen bleiben. Haben Sie einen Wagen zur Verfügung?"
„Gewiß; auch einen Schlitten, gnädige Frau."
„Schlitten? Gut. Ich belege Wagen und Schlitten für mich, so daß sie für jede Stunde und jeden Weg zu meiner Verfügung stehen. Ihre Berechnung — ?"
Der Hotelier nannte den Preis, und Frau Wichbern stimmte zu.
„Kennen Sie das Gut Depmau?" forschte sie.
„Allerdings . .
„Wie weit von hier?"
„Mit Wagen und Schlitten, gnädige Frau?"
„An zwei Stunden. Eie können aber auch bis Reickmdorf mit der Eisenbahn fahren und von dort in einer halben Stunde —"
Sie wehrte ab.
„Ist die Schlittenbahn gut?"
„Vorzüglich —"
„Der Besitzer de« Gute« ist ein Adeliger?"
„Der Eigentümer? Nein. Durch Zufall weiß ich aber, daß der Inspektor des Gutes einer altm holsteinischen Adelsfamilie angehört. Herr von Löhnau war erst in voriger Woche hier."
Dir alte Dame fuhr auf.
„Wer?" fragte sie kurz und zweifelnd.
„Bernd von Löhnau. Sie kennen den Herrn?"
„Nein!" klang es ablehnend.
„Verzeihung —"
Also wieder eine Lüge ihres redlichen Vermittlers! Kein Bauerntölpel, kein Mensch von niedriger Bildungsstufe, sondern ein Mann in offenbar leitender Stellung und aus gutem Hause.
„Ist die Stellung eines Inspektors verantwortlich?" fragte sie, um sich zu vergewissern.
„Uederall und auf Depmau in erhöhtem Maße, weil der Gutsherr Böhm kränkelt und die Verwaltung des Besitzes ausschließlich in den Händen des Inspektor- ruht."
„Dieser Herr von Löhnau — so sagten Sie doch — ist tüchtig?"
„Ich habe nie etwas andere- »der ihn gehört. Er ist noch jung, aber er soll manchen alten Inspektor in den Schatten stellen."
„Ich danke."
Si» überlegt«.
„Der Schlitten soll um zwei Uhr Vorfahren. Ich wünsch« um «in- zu speisen. Auf meinem Zimmer."
Der Hotelier verbeugte sich.
„Wie Sie befehlen, gnädige Frau . . ."
(Fortsetzung folgt.)