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gen im Bahnhofe zu Zweibrücken im Post­wagen des Zuges nach Landau stattge­funden, war durch eine von Feuerwerk­techniker Kilian von Speyer nach Station Contwig aufgegebene Kiste (Feuerwerks­körper enthaltend) veranlaßt worden. Der begleitende Postkonduktenr Wächter von Kaiserslautern wurde erheblich verletzt. Boden und Decke des Waggons wurden zertrümmert, sowie die Schienen an der betreffenden Stelle verschoben; in den Bahnhofrestaurationsräumen zerplatzten in Folge des Luftdruckes die Fenster.

Pforzheim, 28. April: Die offizielle Kündigung der 4'/-"/» städtischen Anleihe vom Jahr 1876 ist mit dem heutigen auf den 1. Novbr. d. I. erfolgt, von welchem Tage ab die Rückzahlung stattfinden wird. Gleichzeitig sind den Gläubigern der Stadt 4°/» Obligationen der neuen 1883er städti­schen Anleihe Pr. 1. Mai d. I. zum Umtausch angeboten. Die bezügliche An­meldung hat zu erfolgen in der Zeit vom 1. bis 15. Mai a. c. in Pforzheim: bei dem Psorzheimer Bankverein, in Karls­ruhe bei dem Bankhanse Straus u. Cie., in Frankfurt a. M. bei dem Bankhause v. Erlanger u. Söhne. Die Besitzer er­halten für je -M 100. 4'/-°/»ige Obli­gationen den gleichen Betrag 4 "/°ige, sowie eine Baarvergütung von 1 Ng näm­lich N« "/ als Convertirungsprümie und V« "/» als Zinsdisfcrenzvergütung für die Zeit vom 1. Mai bis 1. November d. Js. Mit dem 1. November 1883 hört die Verzinsung sämmtlichcr 4'"/o Obliga­tionen der 1876er Anleihe auf.

In mehreren Städten Süddeutschlands haben sich neuerdings falsche 1 u. 2 Mark­stücke gezeigt, es ist daher bei Einnahme von solchen Sorten Vorsicht erforderlich.:

Aus Baden, 27. April. Von Pro­fessor Dr. Michelis, dem Seelsorger der altkatholischen Gemeinde Freiburg, erschien soeben eine Broschüre:Deutschlands Zukunft. Ein Mahnwort an alle Katho­liken und Protestanten, welche redliche Deutsche bleiben wollen." Die Tendenz der Broschüre ist die, eine Vereinigung der liberalen und toleranten Protestanten mit den dem Unfehlbarkeits-Dogma abge- lvandten Katholiken behufs gemeinsamen Vorgehens gegen die Centrumsfraction hcrbeizuführen. Ausgehend von den Be­schlüssen der großen Versammlung in Neu­stadt a. d. Hardt, führt der Verfasser diese Beschlüsse näher aus und formulirt fol­gende Sätze:

1) In dem Bestände der sogenannten katholischen Centrumsfraction im deutschen Reichstage und im preußischen Abgcord- netcnhause, namentlich in ihrer Bereinigung mit den orthodoxen Protestanten, liegt eine nahe und große, aber auch die einzige wirkliche Gefahr für die Zukunft des' deutschen Volkes.

2) Diese dem deutschen Volk von dem Bestände der Centrumsfraction drohende Gefahr liegt nicht in dem katholischen, sondern in dem ultramontanen römisch­jesuitischen Charakter derselben begründet.

3) Es gibt, wie die Sachen jetzt liegen, keinen anderen Weg die Zukunft Deutsch­lands zu retten und zu sichern, als die Verbindung der wahren Katholiken und der Protestanten zu einer politischen Partei

mit dem ausgesprochenen Zwecke, die un­deutschen Tendenzen des Centrums zu ent­larven und demselben ans parlamentarischen! Wege die durch den Schein einer Ver­tretung der katholischen Kirche errungene entscheidende Stellung wieder zu entreißen.

Württemberg.

Stuttgart, 27. April. Die Ge­nesung Seiner Müje st ü t des Königs hat in der letzten Zeit erfreuliche Fort­schritte gemacht; Höchstderselbe hat nicht allein besseren Appetit und Schlaf, son­dern fühlt Sich auch wieder kräftiger und bringt täglich einige Stunden außerhalb des Bettes zu. Das Aussehen Seiner Majestät erscheint übrigens noch ziemlich angegriffen und es wird Höchstderselbe immerhin noch längere Zeit besondere Schonung und Ruhe bedürfen. (St.-Anz.)

Stuttgart, 26. April. Auf Antrag des Abg. Frciherrn von Wöllwarth be­schloß die Kammer der Abgeordneten an die Staatsregierung die Bitte zn richten, sie wolle so weit möglich dahin wirken, daß an den höheren Schulen Gelegenheit zu Spielen im Freien, zu Schwimmen, Schlittschuhlaufen u. s. w. geboten werde.

Mit Wirkung vom 1. Mai d. I. ab wird die Expreßgutbeförderung im badisch- württembergischen Wechsclverkehr zur Ein­führung gebracht.

Die direkte Expreßgntabfertigung er­folgt unter den Bedingungen des im Staatsanzeiger Nr. 239 vom 14. Okt. 1882 Seite 1617 bekannt gegebenen Reglements für die Beförderung vvn Expreßgütern auf der K. Württ. Staats-Eisenbahn mit der Maßgabe, daß im Verkehr aus Würt­temberg 30 H als geringste Taxe zur Erhebung kommen.

Die direkte Abfertigung in dein ge­nannten Verkehr bleibt jedoch vorläufig aus die Relationen des allgemeinen badisch württembergischen Gepäcktarifs aus­schließlich der ans schweizerischem Gebiet gelegenen badischen Stationen be­schränkt.

Näheres ist bei den Gepäckexpeditivnen zu erfragen.

Stuttgart, 27. April. Taglöhner Johannes Lehner von Ulm, derselbe, der in der Nacht vom 17. bis 18. Februar d. I. den sieben Pcrchcronschmimmeln des Gütcrbeförderes Kormann die Schwänze abgeschnitten hatte, wurde heute von der Strafkammer des K. Landgerichts wegen dieses Vergehens zu 2 Jahren 1 Monat Zuchthaus, öjährigem Ehrverlust und Stellung unter Polizeiaufsicht vcrurtheilt.

Plochingen, 27. April. Unter der Führung der Herren Ministerpräsident v. Mittnacht und Generaldirektor Böhm, kam heute Nachmittag eine große Anzahl Mitglieder der Ständeversammlung, dar­unter die Präsidenten der beiden Kammern hieher, um die neu eingerichtete Ccntral- Weichenstellung des hiesigen Bahnhofes zu besichtigen. Aus der Herfahrt wurden Proben mit der Westinghouse'schen Schnell­bremse gemacht. Etwa 8 mal wurde der Zug auf offener Bahn zum Stehen ge­bracht.

Reutlingen, 27. April. Ein 37- jühriger Vagant stand heute wegen Land- streichcrei vor dem Schöffengericht. Der Wackere feierte damit zugleich ein Jubiläum,

indem es genau der 100. Fall war, daß er vor Gericht stand. In Anbetracht seiner Verdienste erhielt er denn auch eine tz- wöchige Gcsüngnißhaft zudiktirt.

Baihingen, 27.April. Unsere Reben sind in den niedrigsten wie höchsten Lagen voller Saft und an allen Stöcken ent­wickeln sich die Blätter herrlich. Bis jetzt haben Witter und Wind noch nicht ge­schadet.

Conweiler, 29. April. Gestern Abend kurz vor 8 Uhr kam in der ange­bauten Scheuer eines Vvn 4 Familien be­wohnten älteren Hauses (in der Nähe des Sonncnwirthshauscs) Feuer ans, das diese Gebäulichkeiten in kurzer Zeit vollständig in Asche legte. Bei der isolirren wenig Gefahr drohenden Lage des Hauses und dgr Windstille wurde ein Aufgebot der Feuerwehr der Amtsstadt nicht für nöthig erachtet, solches beschränkte sich auf die nächstbenachbarten Löschmannschaften von Feldrennach und Schwann: auch kam die Löschmannschaft des nahen bad. Langenalb zu Hilfe. Ursache des Brandes noch nicht bekannt.

Miszellen.

Verschlungene w^de.

Novelle v. R. Hosmonn. (Nachdr. verboten.)

(Fortsetzung).

Mein thcnres Fräulein de Durandot," begann Oskar mit theilnehmender, fast wchmüthiger Stimme,cs stehen zur Zeit unüberwindliche Hindernisse ihrem Wunsche, den Grafen Brodervde hier zu sprechen, entgegen. Nach dem heutigen Vorfälle hat derselbe natürlich sofort unser Haus verlassen."

Aber man wird ihn doch hcrbeirufen können und ein Edelmann wird kommen, wenn er durch seine Aussage eine Dame vor Schande bewahren kann," erwiderte Gabriele mit Nachdruck und Entschieden­heit.

Graf Broderodc kann aber jetzt nicht kommen, auch morgen nicht, wird über­haupt niemals wieder in diesem Hause erscheinen können," sagte Oskar mit Gleich- muth.

Dann werde ich ihn aussuchen, Sic werden als Zeuge dienen und Graf Brode- rode wird dann als Mann von Ehre und Charakter zugestehen müssen, daß zwischen ihm und mir sich nichts zugetragen hat, was ihn zu seiner grausamen Handlungs­weise ihrer bedaucrnswerthen Schwester gegenüber veranlassen konnte," entgegnete Gabriele energisch.

Auch das ist unmöglich oder doch zwecklos," antwortete Oskar mit verdüsterten Gesichtszügeu.Graf Brodervde ist jetzt krank todtkrank rettungslos ver­loren . . ."

Mein Gott, was ist mit dem Grafen geschehen?" fiel Gabriele bestürzt ein. Hat sich der Aermste, seinen Schritt be­reuend, selbst ein Leid zugefügt?"

Wenn es Ihnen keinen allzugroßen Schmerz bereitet," fuhr Oskar mit ernster, trauriger Stimme fort,dann sollen Sie Alles erfahren, Fräulein de Durandot."

Aber ums Himmelswillen, was soll in so kurzer Zeit mit dem gesunden, blühen­den Grafen geschehen sein? Doch ich muß es wissen, der Graf Broderodc ist eine