189
als sich überlebt und nicht mehr existenz- berechtigt dargestellt werden könnte; denn jeder natürlich Denkende weiß, daß die Flößerei vor den Werkbcsitzern bestanden, daher sie ihr Existenzrecht auch nicht von denselben aus Gnaden mir als Lehengut erhalten hat.
Schmerzlich betrüben muß es nun, wann der jüngere und jüngste Entsprossene, dem Dasein älteren Ursprungs sein Existenzrecht abspricht und an sieh ziehen will.
Daß auch bei einer neuen Floßordnung die Klagen nicht verstummen werden, wird zugegeben, denn wer will'seinemJedcn recht machen und selbst bei den strengsten Gesetzen, die sogar den Tod bedrohen, kommen stets Ucbertretnngen vor, wovon die gefällten Todesurtheilc genügend Zeugnis; geben.
3) Daß die Wasserfrachten gegenüber den Bahnfrachten irrigerweise als eine billigere bezeichnet werden, stimmt wiederum in Wirklichkeit keineswegs überein; denn als gewisse Sägwerkbesitzer für Beibehaltung der Flößerei bis zu ihren Werken sprechen, wird die Wasserfracht als die billigere ja anerkannt und gleich so, ja um so mehr steht das Verhältnis; bis zum Mannheimer Holzmarkt.
Was nun den Wegfall der Erhaltung der Wasserstraßen und Ufer betrifft, wird es mit der Ersparnis; nicht so sehr aus- fallen, denn zum ersten können dieselben der Verwilderung nicht Preis gegeben werden und zum andern würde die Unterhaltung der Straßen und Wege dann eine bedeutend höhere Anforderung machen.
Zum dritten wird zugegeben, daß bei lleberwälzung der Wasserfracht ans die Bahnen letztere eine höhere Einnahme erzielen, aber auch an Personal, Material und Areal ebenfalls einen bedeutend höheren Aufwand haben werden, da die bestehenden Bahnvorrichtungen den Anforderungen der Langholzhändler resp. dem Langholz-Exporte, wo sehr oft auf ein und demselben Platze mehrere Flöße d. h. deren Quantität zu gleicher Zeit abgehen wollen, durchaus nicht einmal bei Verladung, vielweniger in Folge deren allzu großer Anhäufung bei deren Entladung entsprechen können.
Ferner: wann dies z. B. auch der Fall würde, ein anderer Holzmarktplatz und weil von demselben das Holz nur per Wasser weiter geht, auch eine Einbindestätte beschafft werden müßte, da dieses aber in reiner Unmöglichkeit steht, der Langholzhandel dahin ganz aufznhören die Ehre hätte; dadurch auch bei diesseitigem Einkauf des Stammholzes die Sägwerkbesitzer allein die Sache in Händen haben und wegen Ermangelung von Concurrenten den Holzpreis herabdrückcn werden und sonach der Staat neben enormen Ausgaben für Bahneinrichtnng re. zuletzt einen noch viel größeren Verlust am Erlös des Holzes erleiden müßte.
Wenn dagegen die Flöße in ihrer Heimat, wo die Lagerplätze und Einbindestätten bestehen, schon zum weiteren Export ans dem Marktplatze zngcrichtet sind, das Holz mit weniger Umstand, daher auch mit weniger Kosten, dahin geliefert werden kann, der Handel ein frequenterer ist und nur dadurch der Waldbesitzer (Staat) einen höheren Kaufpreis erzielt.
Es kann deßhalb nicht in Abrede gestellt werden, daß die Flößerei nicht nur nicht nachtheilig, sondern als älterer Bruder gleich seiner jüngeren Schwester (den Wasserwerken) volkswirthschaftlich günstig wirkt und auch einen selbständigen Industriezweig bildet.
Endlich, als man in fragl. Artikel gegen die Flößerei von derselben alles Gute und von den Werkbesitzern alles Nachtheilige hinweg geschnitten sehen mutz, wie z. B. „auf diesem Flußgebiet von hier aus pr. l882 dem Mannheimer Holzmarkt nur 18,000 Fstm. zugeführt worden seien", während dieselben doch nachgewiesenermaßen 27,000 Fstm. betragen hat, so liegt darin ein gewisser Egoismus vor, daher auch wir die aufgeworfene Frage sehr der Beachtung und Untersuchung Werth halten.
Ausland.
Paris, 24. März. Präsident Grcvy hat die Einladung zum Opernfeste, das man zu Gunsten der Ueberschwemmten in Elsaß-Lothringen arrangirt, nicht angenommen.
Neapel, 21. Mürz. Der Aetna wirft Steine ans. Die Asche flog bis Reggio in Calabrien. In Messina wurden Erdstöße verspürt.
Dr. Tanner, der im Jahre 1880 durch sein vierzigtägiges Fasten so großes Aussehen erregte, ist, wie aus St. Louis gemeldet wird, in eine Irrenanstalt gebracht worden.
Miszellen.
Verschlungene Made.
Novelle v. R. Hoffmann.
In der nordwestlichen Ecke von Deutschland , einige Meilen ostwärts von der Stelle, wo die blauen Fluthen des Rheins die vielgenannte Biegung machen und oberhalb der Stadt Bingen einen ganz anderen Lauf nehmen, liegt inmitten einer- bergigen Landschaft das Stammschloß eines alten Grafcngcschlechts, die wir hier die Grafen von Königshvs nennen wollen. In den fünfziger Jahren unseres Jahrhunderts bestand die Jömilie der Grafen von Königshof aus dem Majoratsherrn und Grafen Siegfried, der mit einer Freifrau von Soldingen vermählt war, und dessen jüngerem Bruder, dem nnvermähltcn Freiherrn Erich von Köuigshof, der um jene Zeit Oberst und Commandeur eines preußischen Husarenregiments war. Der Graf Siegfried lebte mit seiner Familie meisten- theils auf seinen Gütern, die sich theils in der Rheinprovinz, theils in Niederfranken befanden. Bon ihrer Familie, welche aus zwei Söhnen und einer Tochter bestand, hatte das gräfliche Paar in der Regel nur die Tochter Anna in ihrcr Nähe, während sich die beiden Söhne schon seit einer Reihe von Jahren selten und dann auch nur kurze Zeit auf ihren väterlichen Burgen blicken ließen. Der ältere Sohn, Graf Theobald, war ein Sonderling. Ganz entgegen den Familicutra- ditionen der Grafen von Königshof, die stets eine große Ehre darin gesucht hatten, in höheren Staatscarriorcn dcm Vatcrlande zu dienen, hatte der Graf Theobald nach Beendigung seiner wissenschaftlichen Studien keinen eigentlichen Beruf ergriffen und
lebte nur seinen mannigfaltigen Neigungen, die in Reisen, Jagden und anderein Sport sich vorwiegend kund gaben.
Der zweite Sohn, der Freiherr Oskar von Königshof, war dagegen ganz in die Fußtapfen seines Vaters getreten und hatte sich mit Erfolg der diplomatischen Carriere gewidmet, weßhalb er meistentheils als Mitglied von Gesandtschaften sich in fremden Hauptstädten aufhalten mußte und die Seinen nur besuchen konnte, wenn er Urlaub hatte. Das Freifräulein Anna von Königshvs hatte indessen nach der Beendigung ihrer Pensionszeit vorwiegend bei den Eltern gelebt und nur zur Abwechslung dann und wann einige Monate bei Verwandten zugebracht. Anna von Königshof gehörte nicht zu den blendenden Schönheiten ihres Geschlechts, doch übte sic auf ihre Umgebung den stillen Zauber ans, der in der Regel dauernder und wirksamer ist, als der glanzvolle Effekt der von der Natur mit äußeren Vorzügen begabten Damen. Anna von Königshof war auch vhnstreitig eine durchaus liebliche Erscheinung von schlanker Figur und zarter Taille. Aus ihrem feingeformten, jugcndfrischen Antlitz blickten ein Paar munterer Schclmenäuglein, die wunderbar genug von meercsgrüner Farbe waren, keck in die Welt hinaus und eine mäßige Fülle dunkelbrauner Locken zierte das bewegliche Köpfchen des Fräuleins. Anna war wegen ihres munteren, fröhlichen Wesens überall gern gesehen und von den Eltern sehr geliebt. Dabei war Anna die Vertrauensseligkeit selbst, denn niemals war es ihr bisher auf ihrem blumigen Lebenswege begegnet, hintergangen oder- gar betrogen worden zu sein und ihre rosige, glückliche Dencknngsweise sah auch ihre ganze Umgebung, ja die ganze Welt rosig und glücklich.
Bei diesen Eigenschaften des Freifräuleins Anna von Köuigshof und in Folge des berühmten Familiennamens, den sie trug, mußte es sich bald ereignen, daß das zwanzigjährige Freifräulein Bewerber um ihr Herz und Hand fand. Mehrere hochadeligc Freier wurden indessen abgc- wiefeii, da Anna von Köuigshof nicht die rechte Neigung für sie empfinden konnte. Aber seit dem letzten Pfingstfest war Anna doch glückliche Braut geworden. Jhr Oheim, der Freiherr Erich von Köuigshof, hatte mehrere Male in Begleitung eines jungen Rittmeisters, des Grafen Curt von Brodervde, der Familie seines Bruders Besuche abgestattet und der Graf Brvde- rodc, welcher gleich bei der ersten Begegnung ein großes Interesse für Anna von Königshof an den Tag gelegt hatte, war glücklicher gewesen als die früheren Freier um Anna's Hand. Graf Broderode war cine herrliche, ritterliche Erscheinung, ein vollendeter Kavalier, von feiner Bildung, geachteter Stellung und hochadeliger Familie. Die anfangs in ihrem jungfräulichen Stolze noch leise widerstrebende Anna fühlte sich bei dem zweiten Besuche, den Graf Broderode auf dem Schloß Königshof machte, besiegt und wenige Wochen später, als das liebliche Pfingstfest gefeiert wurde, waren Anna von Königshof und Graf Broderode ein verlobtes Paar. Auf Wunsch der gräflichen Eltern sollte indessen die Hochzeit erst nach zwei