preußische Regierung die ihr günstige parlamentarische Situation mit Weisheit und Mäßigung aus.

Wiederum ist einer vom Schill'schen Freicorps und vielleicht einer der letzten dieser Freiheitskämpfer, zur großen Armee abgegangen. Es ist dieses der in Inster­burg wohnhaft gewesene Veteran Meske, welcher ein Alter von 95 Jahren erreicht hatte und am 23. ds. Mts. leicht und schmerzlos entschlafen ist.

Das Südd. Sonutagsblt. bemerkt zu dem bedauerlichen Konflikt in Pforzheim: Während sonst die protestantische Kirche auch bei den Katholiken kirchliche Geltung hat, begnügt sich der katholische Geistliche von Pforzheim nicht mehr mit der­selben; protestantisch getaufte Kinder, die bei ihm katholischen Unterricht nehmen, müssen zuvor auch noch in katholisches Taufwasser getaucht werden, sonst ist die Umänderung unvollständig. Die Sache könnte sich am Ende noch zu einer orienta­lischen Frage aufbauschen. Bekanntlich lassen viele Katholiken und Protestanten, die das Geld dazu haben, zur Taufe ihrer Sprößlinge Jordan-Wasser kommen. Es ist nun eine wohl aufzuwerfende Frage: ob der Jordan ein katholischer oder prote­stantischer oder ein paritätischer Fluß ist? Die Entscheidung dieser Frage wäre Wohl eines orientalischen Krieges werth."

Pforzheim, 28. Okt. Der sozial­demokratische Reichstagsabgeordnete Max Kayser hatte beabsichtigt, in einer auf Montag Abend dahier berufenen Ver­sammlung über die Sozialreform-Pläne des Fürsten Bismarck zu sprechen. Auf Grund des Z 9 Abs. 2 des Gesetzes vom 21. Okt. 1878 wird diese Versammlung jedoch verboten. (Pf. B.)

Württemberg.

Mit Wirkung vom 1. November d. I. tritt der I. Nachtrag zum Rheinisch-West- fälisch-Württembergischen Kohlentarif vom 1. August 1882, enthaltend Transitfracht­sätze für die württembergischen Uebergangs- stationen Breiten, Pforzheim, Jagstfeld und Mergentheim in Kraft. Der Nach­trag kann, soweit der Vorrath reicht, durch Vermittlung der Güterexpeditionen unent­geltlich bezogen werden.

Tübiugen. 27. Okt. (Strafkammer.) Der bekannte Schwurgerichtsfall, in wel­chem der Schüftemacher I. Knapp von Reutlingen wegen des Küsnachter Doppel­mords zum Tode verurtheilt wurde, hat eine unvorhergesehene Wendung genommen. Knapp hat den Nachweis über den ander- weiten Erwerb des bei ihm gefundenen Geldes erbracht und wurde unter An­klage des Diebstahls zu 5 Jahren Zucht­haus verurtheilt. Das Verfahren wegen Mords dürfte nun wohl aufs Neue zur Verhandlung kommen.

Ludwigsburg, 27. Okt. Beim Trainbataillon wurden heute 27 Dienst­pferde dem Verkaufe ausgesetzt und der Erlös derselben beziffert sich auf 5530 ;

der Durchschnittserlös pro Pferd beträgt also nahezu 205 -4L Der höchste Erlös war 365 ^ pro Pferd, der niederste 55 ^

Böblingen, 27. Okt. In Darms­heim ereignete sich gestern ein bedauerlicher Unfall. Kinder spielten vor dem Hause eines MetzgersVerstecken" und stießen dabei an eine aufrecht stehende Mulde,

I welche umfiel und einen 5jährigen Knaben so unglücklich traf, daß er todt hervorge­zogen wurde.

Aus Gräfen ha usen hören wir, daß die Qualität des Weins sich besser erweist, als man bisher zu hoffen gewagt hatte. Aehulich dürfte es sich auch in den beiden Niebelsbach und Ottenhausen Ver­halten.

O e st e r r e i ch.

Neue Ueberschwcmmungen werden ans dem schon so schwer heimgcsuchten Tyrol gemeldet. Eine Depesche aus Jnsbruck berichtet: Der Bahnverkehr auf derBozen- Meraner Bahn ist neuer Uebcrschwemm- ungen wegen eingestellt, ebenso ist auf der Strecke Trient-Lavis der Bahnverkehr un­möglich. Alle vorliegenden Nachrichten deuten darauf hin, daß sich die kaum übcr- standene Katastrophe nochmals wiederholen könne, da die vorgenommenen provisorischen Schutzbauten kaum Stand halten dürften und das Erdreich überall gelockert ist.

Jnsbruck, 27. Okt. Der Gesammt- schaden der durch die Ucberschwemmuugen in 14. Bezirken Südtyrols au Gemeiude- und Privatgut angerichtet worden ist be­trägt 15,593,000 fl.

Ausland.

Die französische Republik befindet sich gegenwärtig in einer sehr schlimmen Lage, denn die Unruhen in Montceau-les-Miucs, die Bombenattenthate in Lyon und die anarchischen Drohungen, die ans vielen Städten bei den Behörden eiulaufen, legen Zeugniß davon ab, daß Arbeiterbewegungen ganz Frankreich durchzittern und dort die sociale Revolution an die Thören klopft. So sehr man es auch zu gewissen Zeiten verläugnen wollte, daß in Frankreich der Socialismus und sein Zwillingsbruder Anarchismus festen Boden gefaßt habe, so wenig kann diese Thatsache doch heute in Zweifel gezogen worden. So kann es wirklich dahin kommen, daß Frankreich abermals von einem politischen Wirbel­sturme gepackt wird, wenn die gegenwärtige Regierung nicht genug rasche Energie und ruhige Kaltblütigkeit zeigt.

In Paris mehren sich die Gerüchte von einer nahe bevorstehenden Cabinets- krisis.

Aus der tunesischen Hauptstadt wird gemeldet, daß der Bey von Tunis in der vergangenen Nacht gestorben ist; der legitime Nachfolger, Ali Bey, hat die Regierungsgewalt übernommen.

Der Boss. Z. wird aus London telegraphirt: Das ausw. Amt hat die Meldung empfangen, daß Prof. Palmer, Kapitän Gill und Schiffslieut. Charington, welche am 7. Aug. im Innern von Egyp­ten reisten, um für britische Truppen Kameele zu kaufen, und welche für diesen Zweck 3000 Pfd. St. in Gold bei sich trugen, von Beduinen in Nakhl ermordet und beraubt worden sind. Es wurde ihnen die Wahl gelassen, einen Abhang hinunterzuspringen oder erschossen zu wer­den. Palmer wählte das Erstere und ist noch nicht gesunden; Hauptmann Gill und Lieut. Charington wurden erschossen.

In Egypten drohen plötzlich durch das Auftreten des sogenanntenfalschen Propheten" neue Schwierigkeiten. Wer sich eigentlich unter dieser Maske verbirgt,

ist noch unbekannt, aber Thatsache ist es, daß der falsche Prophet kurz vor Beginn des Aufstandes mit einer ansehnlichen Streitmacht im Sudan, der südlichsten, eigentlich mehr nominellen Provinz Egyp­tens, auftauchte und die ihm entgegenge­sandten egyptischen Truppen auf's Haupt schlug.

Miszellen.

Der Aeidenkaspar.

(Fortsetzung.)

Das spricht die Furcht aus Euch, Herr Pfarrer, sagt' der Kasspar; soviel weiß ich auch vom Christenthum, daß es auf die Schüssel nicht ankommt, daraus ein Kind getauft wird; laßt uns eilen, ehe der Hirtcnpeter die Stunde abruft."

Aber der war nicht weit. Zitternd hatte er aus der Entfernung das Gespräch gehört, und wie die Beiden den Wald betraten, da hörten sie aus dem Dorfe herauf die Sturmglocke, die die Bürger zusammenrief. Nun, sagte der Kaspar lachend, da hört nur, so fehlt's auch meinem Kinde nicht am Taufsegen, sie läuten uns zur Taufe."

Nun war aber der Pfarrer Seyfried keiner von Denen, die in ihrem Amte den Muth verlieren, und wie er das Geläute hörte, so war's ihm, als wenn ihn der Herr wecken wollte, den Verirrten zur Buße zu rufen. Und er that's und that's so kräftig, daß dem Kaspar das Herz weich ward und er weinend sagte; Ach, ich weiß, daß ich ein Sünder bin und Ver- dammniß zu erwarten habe; aber wie soll ich umkehren, da nur ein Weg zurückgeht und der ist über das Schaffst und durch des Henkers Hand. Glaubt nur, ich habe kein so schlimmes Herz, als Ihr meint; Menschen haben mir gar wehe gethan und haben mich zu dem gemacht, was ich bin, zum Raubthier."

Mußtest Du aber, sagte der Pfarrer, wenn Menschen Dir wehe thaten, übel thun an Deinem Gotte und an Seinen heiligen Geboten? Kehre um, Kaspar, und leide lieber Alles, als daß Du mit dem Fluche Kain's an Deiner Stirn unstät umhergehst, von Menschen verflucht und dem Herrn ein Gräuel."

Der Kaspar sagte nichts, sondern ge­leitete den Pfarrer, wie eine Mutter ihr Kind führt, durch den Dornwald bis mitten hinein vor seine Hütte. Auch die Nickel kam ihm weinend entgegen und bat ihn unter vielen Reuethränen um ihres Kindes Taufe."

Auf einem Klotz stand eine Schüssel mit Wasser, ein Kienspahn brannte darüber und warf sein Licht auf das Angesicht eines schönen Knäbchens, das die Mutter zur Taufe trug. Und als der Pfarrer nach dem Glauben fragte, so erschrack er mächtig, denn hinter der Hütte hervor kam eine fremde Gestalt und that das Be- keuntniß in den Kindes Namen und ent­sagte dem Teufel und allen seinen Wer­ken. Und als nach dem Namen gefragt ward, da sagte dieselbe Stimme: Gottlieb soll er heißen."

Wer der Pathe gewesen: darüber hat man viel hin und her gcrathen, aber den Rechten weiß Keiner. Ich für mein Thcil meine, es müßte der Jekel gewesen