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der Opfer des entsetzlichen Eisenbahunn-- snlles statt. Einen jammervolleren Lei- chenzng hat unsere Stadt noch nie gesehen. Als der traurige Zug sich durch die Hauptstraße der Stadt bewegte, da vermochte kein Auge die Thronen zurück- znhalten. Bon den 17 Leichen kamen 7 auf die katholische und 10 ans die evangelische Seite des Friedhofes. Schrecklichere Tage als die vergangenen hat selbst der letzte Krieg nicht über unsere Stadt verhängt.
P s o r z h e i m. DerPfinzgau-Verband, umfassend die laudwirthschastlichen Vereine von Bretten, Bruchsal, Dnrlach, Ettlingen, Karlsruhe und Pforzheim, wird in Pforzheim am Montag, 18. September von 8 Uhr an eine Gau-Ausstellung von Farren, Kühen, Kalbiuncu und Schweinen aus dem Gaugebiet mit Prä- miirung veranstalten. Dabei findet eine Ausstellung von laudwirthschastlichen Gerüchen statt, auch wird eine Versteigerung von zwölf Stück m der Schweiz angetansten Zuchtfarren ans demAnSstcllnngs- platze abgchalten werden. Nachher werden für die Verloosnng aus dem ausgestellten Vieh und den Gcräthschasten eine Anzahl augekauft werden. — Das Nähere enthält das ansgegcbene Programm. Württemberg.
Seine Königliche Majestät haben durch höchste Entschließung vom 10. Sept. dem Kameralverwaltcr Schöll in Kirch- heim (früher in Neuenbürg) den Titel eines Finanzraths gnädigst verliehen; ferner
dem Bahnhosverwaltcr 2. Kl. Federte in Weinsberg (früher in Nencnbürg'j die goldene Civilverdienstmedaille.
Dem Forstwächter Khriß in Liebcn- zell, Forsts Neuenbürg, wurde die silberne Civilverdienstmedaille verliehen.
Stuttgart, 9. Sept. Wochenmarkt. ES kosten: Salat 3—5 Endivien 5 Blumenkohl 30—50 Blaukrant 15 L,
Kraut 14^ pro Kopf, Bohnen 10—12 H, Erbsen 15—20 Zwiebel 8—10.F pro Pfd., große Gurken 5—8 pro Stück,
Einmachgurken 65 bis 1 -4L 40 H pro Hundert, je nach Größe. Leonhardsplatz: 500 Säcke Kartoffeln, 3 -4L 80 bis 4 20 ^ per Ctr. (badische 4 -4L, Pfälzer 4 -4L 20 Wilhclmsplatz: 400
Säcke Mostvbst, 3 c4L 80 H bis 4 -4L 20 ^ per Ctr. Verkauf nicht lebhaft. Marktplatz: 4000 Stück Filderkraut, 10 ^ bis 18 c4L pro 100 Stück.
Aalen, 8. Sept. Wie in Allem, so ist unsere Stadt auch in Beziehung ans die Gesundheitspflege und Versorgung des unselbstständigen Thcils unserer Einwohnerschaft in tranken Tagen auf der Höhe der Zeit. Unser Krankenhaus istaufS Beste eingerichtet und ausgerüstet; trotzdem lassen sich sehr häufig erkrankte Dienstboten ans ganz ungerechtfertigtem Widerwillen nach Hause verbringen, wo cs an dem Nothwcndigsten fehlt. Welches Unheil hiedurch entstehen kann, dafür bildet ein Fall einen Beleg, in welchem ein Dicnstbote zu Hanse seine Familie und den größten Thcil der Bewohner eines von mehreren Familien bewohnten Hauses mit dem Nervenfieber anstcckte. lS. M.)
Neuenbürg, 10. Sept. S. Exz. Hr. Staatsminister des Innern, v. H ö ld c r,
dessen Besuch unsers Bezirks schon gemeldet, traf von Hcrrenalb aus in Begleitung des Hrn. Baurath Lcibbrand, des.Hrn. Oberamtmann M ahle und deS Hrn. Landtags-Abgeordneten Beutler am Freitag in Wildbad ein, wo im K. Badhotcl Abstcigquartier genommen wurde. Nachdem der Hr. Minister in Begleitung des Stadtvvrstandcs die neuen städtischen Straßenanlagen besichtigt hatte, fuhren die Herren thalanfwärts, nin prvjektirtc Straßenbau-Verbesserungen unter persönlicher Einsichtnahme zu prüfe». Gestern ist Se. Exz. wieder von Wildbad abgercist. — Man gibt im Bezirk in Folge dieses geehrten Besuchs der erfreulichen Hoffnung Raum, es dürften im Interesse der Beschäftigung der ärmeren Bevölkerung einige der genannten Arbeiten schon etwas früher in Angriff genommen werden.
Neuenbürg, 10. Sept. Hr. Obermedizinalrath Tr. Si ck verweilt seit einigen Tagen hier, um die periodisch wiederkchrendc Medizinal - Visitation deS Physikats-BczirkS vorznnehmcn.
Neue n b ü r g, 9. Sept. Eine Anzahl der anläßlich des Geburtsfestes S. K. H. deS GroßhcrzogS heute in Pforzheim ver sammelten badischen Reserve-Offiziere hatten hiesige Stadt zu einem Abstecher anser- schen. Die Herren kamen heute Nachmittag in mehreren eleganten Equipagen hierher und stiegen im Gasthof „zur Sonne" ab; von wo sie nach einigen Stunden Aufenthalts nach Pforzheim zn- rückfnhren.
" N e n e n b ii r g , 9. Sept. Ans dem sogenannten neuen Weg in der Nähe der Einmündung in den Schwanncr Weg wurde dieser Tage ein Exemplar der schwarzen Viper (Vipern Uliersen nigra) angctrosfen und durch Stockschlügc getö- det. Ein Beweis, daß sich dieses giftige Reptil, wenn auch selten, doch immer noch bei uns vvrsindet.
Bei dem internationalen Saatenmarkt in W i cn vom 7. Sept. wurden in herkömmlicher Weise von Fachmännern die Erntcbe- richte der verschiedenen Länder vorgetragcn. Ans Württemberg war Ockonomierath Ramm anwesend. Derselbe erstattete fvl gcnden Bericht über die württcmbcrgische Ernte: Die Ernteberichtc, ivelche wir von einer großen Anzahl zuverlässiger Land- wirthc auS allen Gegenden des Landes eingehvlt haben, ergeben folgendes Dnrch- schnittsrcsnltat für unsere heurige Ernte: Dinkel 110, Wintcrweizcn 110, Sommerweizen 107, Roggen 100, Gerste 110, Haber 115, und ist in diesen Zahlen die verminderte Dualität schon berücksichtigt, sonst Hütten dieselben höher eingesetzt werden müssen. Wir hatten eine Ernte in Aussicht, wie sie seit Dceennicn nicht so reich gemacht worden ist, haben auch eine solche Blasse von Garben bekommen, daß sic kaum nntcrzubringen waren, aber der Körnerertrag entspricht dieser Strvhmassc nicht, weil fast alle Früchte gelagert waren. Der Umstand, daß wir wenig trockene Waare haben und ein großer Thcil unseres Erzeugnisses vorerst nicht wählbar ist, hat unsere Müller veranlaßt, größere Quantitäten fremde, namentlich ungarische Weizen auf Lieferung zu kaufen, und auch unser» Brauern wird kaum etwas Anderes
übrig bleiben, als in der Hauptsache im- pvrtirte Gerste zu. verarbeiten.
Ausland.
Eine Nachricht der Pol. Corr. sagt, daß in den diplomatischen Kreisen Kvn- stantinopels die englisch-türkische Eoiibcn- tion als beide Theile definitiv bindend angesehen wird, so daß wesentliche sachliche Aenderungen derselben nicht mehr statthaben können. Die Pforte hat denn auch bereits, demselben Blatte zufolge, die erforderlichen Dispositionen zur Beförderung eines Thciles der in der Snda-Bap cvncentrirten türkischen Truppen nach Aeghpten angevrdnct.
Welche Aufgabe soll den Türken jetzt in E g y p t en zufallen'? Welche materielle oder moralische Vortheilc erhalten die Engländer durch dieselben'? Welche Rückwirkung wird die Expedition ans die Türkei haben'? Haben die Engländer den Abschluß gewünscht, oder will die Türkei in ihrer Nvth die Tonvcränetät retten'? So ist es eine Reihe von Fragen, welche sich an die englisch-türkische Konvention knüpft.
Miszellen.
Der Jod der Irau Aaronin.
(Fortsetzung.)
Wie cs scheint sind in seiner Brieftasche verschiedene Briefe der Frau von Schildlein gesunden worden, welche keinen Zweifel darüber lassen, daß Klattau von der ganzen Sache, wie er es auch behauptete, kein Wort gewußt hat. Die Familie erkannte diese Briefe als diejenigen, welche ihr zur Uebcrmittelnng an Herrn von Klattau aus einem kleinen Orte bei Fiume zngegangcn waren. Dort scheint Frau v. Schildlein zu leben; und die Reue über das Geschehene mag sie bewogen haben, an Klattau zu schreiben, um von ihm Verzeihung für alles Das zu erbitten, was er ihrethalben hat erdulden müssen. Der arme Mensch ist nun tvdt, und er hat den schönsten Tod gesunden, den ein Soldat begehren kann, den Tod im Kamps und auf dem Feld der Ehre."
Tambachs Erzählung hatte Reinhard und Hannchcn ernst gestimmt; die Unterhaltung wollte nicht mehr in rechten Fluß kommen, und da es inzwischen auch schon ziemlich spät geworden war, stand Hann- chen auf und gab dadurch das Signal zum Aufbruch. Tambach verabschiedete sich von dein jungen Ehepaar, nachdem er ihnen das Versprechen gegeben hatte, ihnen in den nächsten Tagen einen Besuch zu machen.
Als Reinhard in sein Zimmer trat fand er auf seinem Arbeitstische einen großen Brief liegen. Er besah die Aufschrift, und ehe er ihn noch geöffnet hatte, ries er seine Fran.
„Sich einmal Hannchen, das ist doch ein sonderbares Zusammentreffen: Poststempel Fiume! Kennst Du die Handschrift'?" Hannchen besah die Aufschrift des Eonverts und schüttelte mit dem Kopfe. „Ter Brief kommt von Hocker", sagte Reinhard, indem er das Tiegel löste.
„Was mag Hocker von Dir wollen?"
Reinhard setzte sich; Hannchcn legte ihren Arm auf seine Schultern. Er entfaltete den starken Brief, und da er mit Ausnahme des verhängnißvollen vierten