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Kroilik.
Deutschland.
Pforzheim. Die Flußbad e-An- statt ist eröffnet und die Badcvrdnnng veröffentlicht. — Uebcr das Gewitter am Dienstag wird ans Dillsteiu geschrieben, daß dort das Hageln 15—20 Minuten anhaltend die Hagelkörner 6—7 Zoll tief lagerte und der Ort überschwemmt war. Der Schaden sei sehr groß, die Hoffnung auf die Ernte eine beschränkte.
Württemberg.
Stuttgart, 24. Mai. Seine Majestät der König ist, von Vevey kommend, heute Morgens 2 Uhr glücklich wieder hier cingetroffen und hat im K. Residenzschlosse Wohnung genommen.
(St.-Anz.)
Stuttgart, 25. Mai. Seine Majestät der König hat heute den Landcsbischof Dr. von Hefele in Audienz zu empfangen geruht.
Auf den K. württ. Staats- und Privat- bahncn tritt am 1. Juni die durch Entschließung des K. Ministeriums der auswärtige» Angelegenheiten, Abtheilung für die Berkehrsanstalten, vom 16. Mai fest- gestellte Sommer - Fahrordnung in Kraft.
Stuttgart, 23. Mai. Der Schriftsteller Edmund Höf er ist heute 63 Jahre alt in Cannstatt gestorben. Der beliebte und fruchtbare Erzähler war geboren in Greifswaldc 1819, wohnte seit 1854 in Stuttgart, in den letzten Jahren in Cannstatt. ^
Hall, 23. Mai. Bei der Wahl eines Stadtvorstandes erhielt die meisten Stimmen: Stadtpfleger Helbcr daselbst 531 Stimmen, Amtmann Wunderlich 426, Polizeikommissär Hohl 137. Von 1152 Wahlberechtigten haben 1032 (nahezu 90 Prozent) abgestimmt.
Freudenstadt, 21. Mai. Auf gemachte Vorstellungen unsers Gemeinderaths wird ein weiterer Bormittagszng von Stuttgart aus hieher und von hier ein weiterer Vormittags-(Lokal-)Zug in den Sommerfahrplan eingestellt werden.
In Möckmühl wurde ein taubes 8jähriges Mädchen, dem ein kleines Kind zum Hüten anvertraut war; mit welchem es sich mitten in der Straße befand, von einem Fuhrwerk überfahren, trotzdem der Fuhrmann sich alle Mühe gegeben, die Pferde zu halten. Das Kind war sofort todt, die KindSmagd ist schwer verletzt. — Ebendaselbst in der Papierfabrik machte ein Arbeiter sein Hvlzbcil an einem Schleifstein, welcher mittelst eines Riemens vom Werk in der Fabrik in Bewegung gesetzt wird, scharf. Hierauf wollte erden Riemen ablöscn, der ihm die Hand faßte und den ganzen Arm samint ihm selbst hincinzog, wodurch er völlig zerquetscht wurde. Der Mann hinterläßt eine arme Wittwe, die in Kürze nicdcr- kommen soll und 5 Kinder, Mädchen unter 8 Jahren, hat; er selbst hatte das Lob eines fleißigen und braven Arbeiters. Der Jammer der Frau und Kinder war, als man ihn todt vor's Haus brachte, unbeschreiblich.
^ E i n g e s e n d e t.
Wozu haben wir einen Eisenbahnbeirath?
Wenn wir den soeben bekannt gewordenen Sommerfahrplan, in dem sämmtliche Züge gegen früher mehr oder weniger verändert worden find, ohne daß unscr Hcrr Eiscnbahn-Beirath sich vorher mit den Bewohnern des Enzthals in's Benehmen gesetzt und ihre Wünsche darüber gehört hat, in's Auge fassen, so muß sich unwillkürlich die obige Frage aufdrängcn.
Im Allgemeinen kann man ja über den mit dem 1. Juni beginnenden Fahrplan nicht klagen; zwei Punkte aber sind cS, die unS nicht gefallen wollen und die von der die Interessen des Publikums stets in nnerkennnngswerthester Weise berücksichtigenden Königl. Eisenbahn-Verwaltung leicht hätten abgeändert werden können, wenn sie über die Wünsche und Bedürfnisse der Enzthal-Bewvhner genügend informirt worden wäre.
Erstens und hauptsächlich wirkt es störend auf den Verkehr ein, daß der in der Richtung von Pforzheim nach Wildbad, Nachmittags zwischen 3. 40 und 4. 25 kursirende, den Hanptlokalverkehr vermittelnde Zug, welcher seither stets als Per- soncnzng lief, jetzt erstmals als Schnellzug geht. Dadurch ist zum ersten Male seit die Enzbahn im Betrieb ist, keine Gelegenheit geboten, von den Stationen Brötzingen, Birkenfeld und Rothenbach, Nachmittags thalaufwärts zu fahren. Die Unterbrechung von Mittags gegen 12 bis Abends gegen 8 Uhr ist für die genannten Stationen entschieden viel zu lang. Dabei ist noch zu erwähnen, daß dieser Zug keine dritte Klasse führt. An Sonn- und Festtagen pflegt derselbe eine Masse Passagiere 3ter Klasse — wir haben oft 7—8 vollständig besetzte Wagen bemerkt — nach Neuenbürg und Wildbad zu befördern. Diese werden in Zuknnft entweder zu Hanse bleiben oder billigere Gelegenheiten anfsuchcn; beispielsweise Unterreichenbach, Liebenzcll, Hirsau, Calw und Teinach. Die wenigsten von ihnen sind in der Lage, für sich und ihre Familie Billetc 2ter Klasse mit noch obendrein Zuschlagbillctcn zu nehmen.
Ein zweiter Ucbelstand wird sich in der Zeit vom 15. September bis zum Schlüsse des Sommcrfahrplans geltend machen. Dann geht von 8 Uhr Vormit. bis 5 Uhr Nachmittags kein Pcrsonenzug, der an den Stationen Rothenbach, Bir- kcnfcld und Brötzingen anhält. Dem könnte unseres Erachtens dadurch abgeholfen werden, daß man den Schnellzug thalabwürts von da an in einen Personenzug umwandelt.
Es wird jetzt bald der Wintcrfahrplan zur Berathnng kommen. Da für das Enzthal drei Züge an den Wochentagen absolut nicht genügen und eS unabweisbares Bedürfnis; ist, wenn die wirthschaft- lichcn Interessen einer strebsamen Bevölkerung nicht schwer geschädigt werden sollen — außer an Sonn- und Feiertagen auch an den Wochentagen den vierten Zug zu haben, so sprechen wir hiermit die zuversichtliche Erwartung ans, daß unser Herr Eisenbahn-Beirath sich rechtzeitig mit uns deshalb in's Benehmen setzen und unser berechtigtes Verlangen recht energisch vertreten möge.
Schweiz.
Nach Eröffnung der Gvtthardbahn durcheilt von jetzt an die Lokomotive das Innere des Alpenriesen. Die Bahn ist eine volkswirthschaftliche Nothwendigkeit. Der preußische Gesandte bei der schweizerischen Eidgenossenschaft, General von Röder, hatte diese Nothwendigkeit erkannt. Seinen Bemühungen und seinem Einflüsse ist cs hauptsächlich zu danken, daß im Jahre 1869 auf die Initiative der Schweiz hin eine internationale Conferenz der bei der Gotthardbahn interessirten Staaten zu Stande kam. Natürlich behielten sich diese Staaten den erforderlichen Einfluß aus den Betrieb und den Ban der neuen Bahn vor. Politische und militärische Vorfragen wurden in jener ersten Conferenz zur Zufriedenheit Aller erledigt. Der deutsch-französische Krieg brachte dem Unternehmen eine Verzögerung. Napoleon agitirte mächtig gegen das neue Unternehmen und Norddeutschland mußte die Frist verlängern lassen. Dafür trat es aber nach dem Kriege als geeintes Deutschland durch den Vertrag vom 28. Oktober 1871 mit gestärkten Kräften für das civilisatorischc Projcct ein. Die De- tailentwürfc sind von den Ingenieuren Gerwig und dessen Nachfolger Hellwag ausgearbeitct worden. Den Durchbruch des Gcbirgsstockes selbst, die Ausführung des großen Gotthardtunnels, den schwierigsten Theil des Unternehmens hatte man dem Genfer Ingenieur Favre übertragen, der die Riesenaufgabe innerhalb acht Jahren zu lösen übernommen hatte. So wurde mit emsigem Fleiße an die Realisirung des großen Prvjcctes gegangen. Man hatte sorgfältig die Mängel anderer Gcbirgsbahnbantcn studirt und suchte sie zu vermeiden. Etwa 800 Arbeiter wühlten sich täglich voll beiden Seiten in die Eingeweide des Berges ein bei steigender Hitze, die unmittelbar vor dem Durchschlag des Tunnels 34 Grad Celsius erreicht hatte. Um so freudiger wurde nach allen Zwischenfällen der am 29. Februar 1880 erfolgte Durchschlag des 14,892 Meter langen Tunnels, welcher im Juni 1872 begonnen worden war, von allen Betheiligten begrüßt. Die Technik hatte einen großen Triumph gefeiert. Der nach trigonometrischen Feststellungen von beiden Seiten vorgctriebene Richtstollcn traf in der Mitte fast haargenau ans einander. Die bcthciligten Regierungen beglückwünschten sich gegenseitig. Unser Kaiser war durch die freudige Kunde besonders überrascht. Das deutsche Volk kann stolz darauf sein, nach seinen Kräften mitgewirkt zu haben an dem Zustandekommen dieser großen eivili- satorischcn Arbeit, welche den Norden dem Süden näher bringt, die ein weiteres enges materielles Band bildet zwischen zwei großen, politisch befreundeten Cnltur- völkern, welche die wirthschaftlichcn Beziehungen des Occidcnts und des Orients enger knüpft. Ein dirccter Verkehr mit Indien, China und Australien ist uns erschlossen. DaS neue Riesenwerk in den Alpen darf sich mit Recht den großartigsten Bauten aller Zeiten ebenbürtig an die Seite stellen und dabei sich des Vorzugs rühmen, daß es nicht nur durch seine Großartigkeit den Beschauer in Er-