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aus, dis kath. Kirche an den Staat und den Staat an die Kirche durch ein starres Abkommen zu binde». Was mau suchte, war ein sogenannter mockus vivansti, eine praktische Grundlage, um das Verhalten gegen einander beiderseits seldiiständig derart zu ordnen, dost ein Leben ohne beständigen Krieg neben einander möglich wäre. Davon ist jetzt der Anfang wenigstens erreicht. — Die Nation wird sich freuen, dafz aus diese una keine andere Art der kirchliche Friede errungen werden lell. Der Reichskanzler darf einen neuen Triumph, nicht den geringsten seiner Staats» kirnst, verzeichnen. (S. M.)
Die Abstimmung über die enscheidenden Paragraphen des M i l i t ä r g e s e tz e s in der Militärkommisston wurve sofort dem Kaiser inilgelheilt. Der Kaiser hat seine hohe Befriedigung über die prompte Abwicklung der Arbeiten in der Mititärkoim Mion ausgesprochen und den Beschluß der Kommission als eine „patriotische Thal" bezeichnet.
Pforzheim. Für Charfreikag hat Hm Organist Lutz wieder ein Kirchen- Coiicert in Aussicht genommen, bei welchem, wie wir hören, tüchtige Vokal- und In. strunientalkräske ihre Mitwirkung zugefagt haben und dessen Programm ein sehr ge- mhlies zu werden verspricht. (Pf. B.)
Pforzheim, 16. März. Der Stadtrath veröffentlicht folgendes Programm zur Feier des Geburtstags Sr. Majestät des Deuischen Kaisers am 20. März 1880.
I) Allgemeine Beflaggung der Stadt, üs Morgens 6 Uhr: Glockengeläuts, Böllerschüsse, Tagreveille. 3) Morgens 10 Uhr: . Gemeinsamer Kirchgang vom Rathhause ab. Festaotiesdienst in den Kirchen der ver- sibstdeiien Coufessionen. 4) Mittags 12Uhr: Musik auf dem Marktplatz, 5) Nachmittags I Uhr: Festesten im „Schwarzen Adler".
Württemberg.
Aus Befehl Seiner Majestät des Königs wird der Oberst v. Grävenitz, Kammandenr des Infanterie - Regiments Kaiser Wilhelm, König von Preußen (2. Würii.) Nr. 120, nach. Berlin reisen, um Seiner Majestät dem Kaiser die Glückwünsche des genannten Regiments zu dem diesjährigen Allerhöchsten Geburtslage zu überbringen.
Stuttgart, 16. März. Mit dem Beginn der Woche werden die Arbeiten an dn GewerbehaAe mit vollem Nachdruck betriebe,?. Der Bau ist geeignet, in das Berkehrsleben des Landes ein neues und sehr wirkungsvolles Element eiuzifführe». Bermöge einer Höhe von ca. 92' (etwas "der 26 m) wird sein schimmerndes Glasdach für alle Zeiten einen Lichtpunkt im Bilde unserer Stadt abgeben.
Stuttgart, 17. März. Bei Weingärtner Karl Aldinger im Jmmenhof-m "buhen seit Samstag die Aprikosen.
Heilbronn, 13. März. Ais eine recht erfreuliche Thatsache für den Anbruch Mer wirklich besseren Zeit darf die rege Baulust, wie sie dermalen hier herrscht, angeführt werden. Verschiedene Neubauten nnd schon in Angriff genommen worden; andere stehen in Aussicht.
Heilbron», 14. März. Heute rnurde hier ein Fisch zum Verkaufe ange- doten, der eine Länge von fast t Vr Meter
und ein Gewicht von 25 Pid. hatte. Es war ein Hecht, den der hiesige Stadtfischer bei Lauffen gefangen hatte.
Calw, 14. März. Die Zavelsteiner Krokus fangen au, ihre bunte Pracht zu entwickeln, Heuer etwas späler als in früheren Jahren.
Herrenal b, 13. März. Das gestern mm Verkauf gekrackte Langholz wurde zu 85 Prozent des Revierpreises abgesetzl; dagegen ging das große Quantum Stangen zu 50 Prozent ab. Weil über die Nevier- preise wurde aus dem Brennholz erlöst, da der.lauge uud strenge Winter die Vor- räthe überall ausgezehrt hat. (N. T.)
Mizellen.
Schwarze über die Strafe.
Eine lebhafte öffentliche Erörterung hat sich in neuerer Zeit über die heutige Straf- aeietzgebung und Strafvollziehung erhoben. Die bekannte Schrift des Oberlandesgerichtsrath Or. Mittelstadt zu Hamburg „gegen die Freiheitsstrafen" hat unlännü die Angelegenheit in einer Weife behandelt, die vielleicht mehr als sie verdiente, Beifall gefunden, jedenfalls aber auch außerhalb der Fachkreise Interesse für diese hochwichtige Kuliurfrage bervorgerusen bat. Die Neigung, alle Schäden der Zeit auf eine verfehlte Gesetzgebung zurückzusühren, iß durch jene Schrift bei Vielen verstärkt und die Schlagwörter der Mittelstädtischen Beweisführung sind in der konservativen Presse in einer Weise verbreitet worden, die in einer Zeit, wo die gesetzliche Regelung des Strafvollzugs bevorsteht, von bedenklicher praktischer Wirkung werden könnte. Um so dankenswerlher ist es, wenn ein Mann, dem die reichste praktische und theoretische Sachkenntniß zur Seite steht, dem auch Niemand Befangenheit in liberalen Schulmeinungen vorwerfen wird, zur Wider- legung der gegen das herrschende Straf- system erhobenen Anklagen das Wort ergreift. Es geschieht dies in einer sehr lehrreichen und überzeugenden Schrift des sächsischen Generalstaatsanwalls und frei- konservativen ReichstagSabg. v. Schwarze, „die Freiheitsstrafe", aus der wir hier einige Gesichtspunkte hervorheben wollen. Mittelstadt erblickt in der Milde des herrschenden Strafsystems eine der Ursachen, weßhalb die Verbrechen in neuester Zeit sich gemehrt haben; er beklagt, daß der Schrecken der Strafe und des Strafvollzugs aufgehört habe und hiermit auch die Scheu vor der Verübung von Verbrechen; er geißelt die übertriebene Humanität, die schwächliche Sentimentalität; er will das Abschreckungsprinzip in seiner äußersten Konsequenz und verspottet den Besserungs- zweck der Strafe. Den Behauptungen Mitlelstädls gegenüber weist min Schwarze nach, daß es unbegründet ist, daß der Gedanke, durch die Strafe zu bessern, erst der modernen Civilisation der letzten Jahr Hunderte angehöre; er ist viel älter. Es ist ferner unbegründet, daß der Besserungszweck jetzt als der ausschließlich maßgebende anerkannt werde; die Zeit, zu welcher diese Absicht vertreten wurve, ohne jedoch zur unbestrittenen Herrschaft zu gelangen, ist überwunden. Es ist weiter geschichtliche Thatsache, daß die Abschreckungslheorie
schon in den ersten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts von der Praxis als unhaltbar anerkannt worden ist, da die tagtägliche Erfahrung ihre Unbrauchbarkeit nachgewiesen. Gegen die landläufig gewordene Behauptung, daß die Vermehrung der Verbrechen durch die Humanität der neuen Strafgesetzgebung und durch die übermäßige Milde des Strafvollzugs mit herbeigeführt morden sei, erwidert Schwarze: daß mit der Einführung des deutschen Gesetzbuchs in den meisten deutschen Staaten eine Verschärfung der Strafen eingclreten ist, und daß noch Niemand auch nur Eine bestimmte Modalität des gegenwärtigen Strafvollzugs anzugeben vermocht hat, in welcher sich eine übermäßige oder überhaupt ungerechtfertigte Milde kundgiebt. Als Heilmittel für seine Beschwerden schlägt Miltel- städt weder eine Vermehrung der mit Todesstrafe bedrohten Verbrechen, noch eine Verlängerung der Freiheitsstrafen vor, sondern die intensivste Steigerung der Arbeit in der Strafanstalt, die Anwendung der Prügelstrafe bei bestimmten Vergehen, dis von besonderer Rohheit und Niederträchtigkeit des Thäters Zeugniß geben, die Anwendung von Hungerstrafen in der Strafanstalt, vie Erhöhung der Ehrenstra'en und die Vermehrung von Geldstrafen die Anheftung des Namens des Thäters am Schandpfahle, und die Anbahnung der Deportation. (Schluß folgt.)
Im Kampfe gegen die Katur.
Eine Mahnung an alle Verständigen.
Jeder Naturfreund muß von Betrübniß und schmerzlichen Gefühlen ergriffen werden, wenn er aus Wegen und Stegen, in Feld und Wald, auf allen Fluren das Begegnen und den Verkehr der meisten Menschen mit ihren Mitgeschöpfen betrachtet.
Nicht blos aus „Uukenntniß und Vor» urtheil" werden vielerlei Geschöpfe verfolgt und zu Tausenden überall vernichtet, sondern „auch aus Muthwillen" wird lhieri- sches und Pflanzenleben allenthalben in ungeheurer Fülle zerstört. Keineswegs „Kinder und Unverständige allein" wüthen in dieser Weise förmlich gegen die Natur — auch i„klug genug sich dünkende" und „gebildete" Leute lhun dies in gedankenlosem Leichtsinn oder wobl gar mit Vorbedacht und in „gutem Glauben."
Beobachten mir einmal jene Spaziergänger im Lustwäldchen oder auf den Landstraßen. Trotz des leider noch überall nothwendigen polizeilichen Verbots werden von Alt und Jung Blumen, Blätter, selbst Knospen abgerissen, eine Zeit lang umhergetragen und dann zerpflückt und zerstreut; junge Stämmchen werden abgeschnitten, als Gerten oder Ruthen geschwenkt und zuletzt ebenfalls zerbrochen oder bei Seite geworfen.
Ausgestöberte Vogelnester reißt man von ihrem Stande, die Eier und Jungen werden besaßt und schon dadurch wird die ganze Brut dem Verderben unrettbar überliefert — selbst wenn ungeschickte Tölpel die Eier nicht zerdrücken oder mitleidige Seelen die Jungen nicht mit Kuchen u. dgl. stopfen und zu Tode martern. Den» die „meisten Vogelfamilien verlassen io rauh behandelte oder überhaupt von der Menschenhand berührte Nester nur zu leicht.