250

haben sich verglichen; außer bereits erhal­tenen 40 M. bekommt der Virtuos auf dem Cello von dem Virtuosen im Hände­drücken 250 M.; die entstandenen Unkosten werden vertheilt.

Spaichingen, 14. Mai. Zur gro ßen Freude der Bezirksangehörigen konnte heute das-von der hiesigen Amtskorpora­tion neu erbaute sehr geräumige schöne Krankenhaus eröffnet werven.

Münchingen, 10. Mai. Wie man demGlems- und Filderdoten" von hier schreibt, wurden auf hiesiger Gemarkung bis jetzt 140 Ctr. Maikäfer gesammelt. Eine Familie brachte eS ans 3 Ctr. an einem Tag und verdiente damit 18 Mark. Das Pfund wird mit 6 bezahlt.

Neuenbürg, 19. Mai. Das länger erwarteteEreigniß" ist eingetreten: diealte Post" ist wieder ihrer urspiüng- lichen Bestimmung zulückgegeben, sogar in neuer Gewandung. Salon, Billardzimmer, Speise» und Tanzsaal, elegantes Meublement der Zimmer, laden ein und stehen in Er Wartung der Dinge resp. der Gäste, die da kommen sollen; mit guter Küche und Keller zeigt sich dasHotelpersonal" in aufmerksamer Bedienung der Bewirlbschaf lung vollkommen gewachsen Mögen nun die sich hieran knüpfenden längst ge­hegten Hoffnungen sich erfüllen: unsere Stadt zum sammelnden Anziehungspunkt und angenehmen Aufenthalt für Fremde zu gestalten uud damit auch den übrigen verdienten und strebsamen Etablissements neuer Verkehr zu fließen. Dies bringt man uns aber nicht aus dem Präsenlir- teller, es will in befähigter Wetibewerbung errungen sein. Hiezu ist jeder von Oben bis Unten berufen, mitzuivirken und das Scinige beizulragen und sollte dabei auch da oder dort ein liebgewordewr Zopf zum Opfer falleiimiissen. Glück auf! Ausland.

Paris, 15. Mai. Gestern Absnb gegen 8 Uhr erschütterte ein furchtbarer Knall, auf den noch zwei weniger starke Explosionen folgten, crdbebenarlig die Gegend des Chateau-d'Eau Platzes in einer Runde von 1500 Metern. Ein sechsstöckiges Haus der Rne Beranger ist in die Luft gesprungen, dann znsammenge- brochen und in den Boden versunken, so daß jetzt nur noch die Trümmer der obersten Stockwerke den Rettungsmannschaften zu­gänglich sind. In dem Erdgeschoß« dieses Hauses sind die Magazine eines Spielwaaren- händlers, dessen Hauptartikel in kleinen Pistolen und Kanonen bestand, die mittelst einer papierenen, eine Mischung von Phos­phor und Pottasche-Chlorat enthaltenden Lunte" abgefeuert werden können. Der Direktor des Geschäfts hatte eben seine Frau veilaffen, um deren Bruder zum Bahnhof zu begleiten, als er kaum hundert Schritte von der Wohnung entfernt, von dem Knall erschreckt wurde. Er eilte zu­rück, fand statt des Hauses nur noch einen Trümmerhaufen und hat bis jetzt vergeb­lich nach seiner Frau geforscht, die mit vielen anderen vielleicht lebendig begraben ist. Ueber den ganzen Umsong des Un- glucks sind die Versionen noch sehr ver-I schieden. Auch die anstoßenden und gegen-'

überliegenden Häuser hatten Schaden ge­nommen. Die Verwirrung in der ganzen Straße war anfangs unbeschreiblich: Kinder suchten meinend ihre Eltern, Mütter riefen jammernd nach ihren Kindern nnd aus der Erde drang das Stöhnen und Wimmern der Verschütteten. Die Unglückeställe ist von einer ungeheuren Menschenmenge be sucht worden; man ließ aber Niemanden in die Nähe. Die Löschmänner und Sol­daten arbeiten unaufhörlich und Zimmer- leute sind beschäftigt, die benachbarten ziem­lich beschädigten Häuser zu stützen. Man hat bis 3 Uhr Morgens das Stöhnen der Verwundeten in dem Schutthaufen gehört. Die Nettungsarbeiten rücken aber nur langsam von der Stelle, da man neue Explosionen befürchten mußte. Es gilt jetzt für sehr wahrscheinlich, daß die Kata­strophe durch die Unvorsichtigkeit eines Dienstmädchens veranlaßt wurde, welches unmittelbar vorher mit einer offenen Pe­troleumlampe den Keller hinabgestiegen war, wo sich eine im Laufe des Tags ab­gelieferte Kiste Schießbaumwolle befand.

Zur Orirnlkrifis.

Eine in den letzten Tagen mitgetheilte Petersburger Friedensdepesche be­herrscht bis aus Weiteres die Situation. InWien wird sie günstig aufgefaßt und be- urtheilt, in Berlin, wo der feste Glaube an das Zustandekommen des CongreffeS n i e erschüttert gewesen, nicht minder, ob und in welchem Maße auch in London, darüber steht die Antwort noch aus. Während der St. PetersburgerTimes"- Correspondettt constatiren will, die friedlichen Einflüsse seien vorwalkend und die Hinder nisse einer Verständigung zwischen England und Rußland weniger ernstlich, spricht sich dieTimes" in ihren Leitartikeln immer verzagter aus. Und zwar macht sie wieder­holt aufmerksam, daß die Stellung der Russen vor Constantinopel zur ernsteste n Beunruhigung Anlaß ge be._

Miszellen.

Zmmer^t spät.

Humoreske von E. Heinrichs.

(Fortsetzung.)

Sag' lieber: ein Märtyrer,,, bemerkte die Bürgermeisterin säst wehmüthig.

Ach, was, wer sei» Märtyrerthum selber veranlaßt, verdient kein Mitleid", fuhr Jener eifrig fort,wenn etwas zu seiner Entschuldigung dienen könnte, so wäre es die miss n'chastliche Annahme, daß es ein angeborenes liebe! sei, also im Blute läge. Er wäre somit ein April-Narr, vom Schicksal durch die eigene Unentschlossenheit und iein ewiges Zaudern, welches sich bis aus die Toilette erstreckt, fortwährend ge­höhnt und geneckt. Leid thut's mir nur, daß er just durch mich und meine Tochter so abscheulich in den April geschickt wer­den mußte, und daß er's uns nicht nach­trägt, ist eine seiner Haupttugenden, welche mich mit all' seinen Fehlern aussöhnt,"

Ach, wie könnt Ihr seiner noch so grausam spotten", sprach die Bürgermeisterin eine immer noch sehr hübsche und stattliche Dame;mir thut's so leid um denarmen Adalbert, er ist zum häuslichen Leben und zur Ehe wie geschaffen. Drum habe ich's

mir auch als Sühne aufgelegt, ihm eine passende Frau zu suchen."

Erspare Dir die Mühe, es hieße Eulen nach Athen tragen, Schatz!" fiel der Bürgermeister unerbittlich ein;Adalbert macht mit seinem Zögern nnd Zaudern alle menschliche Berechnung zu Schanden, Du kannst Dir bei ihm keinen Kuppelpelz verdienen. Lassen wir den armen Schick­salshelden seinen Weg einsam sorlsetzen, vielleicht begegnet ihm eine barmherzige Schwester, die resolut genug ist, um ihn zu werben, wie er das im Ernste bei unserer Lina voraussetzte. Ich wasche meine Hände in Unschuld, das ist die beste und billigste Seiie. Apropos, Kinder! das Weller verspricht ei» vollständiges zu werden, wie wär's, wenn auch ich die Allerweltsferien benutzte und mit Euch die lange schon projektirte Rheinreise ausführte?"

O, wie prächtig, Papachenl" rief Lina entzückt,für diesen Entschluß muß ich Dich küssen."

Pah, Kind an Dich dachte ich dabei im Grunde gar nicht", meinte der Vater kopfschüttelnd,wer sollte sich denn in dieser Zeit Deiner Kinder annehmen?"

Ich mein bester Freund!" tönte es am Eingang, den Herrn Adalbert's impo­sante Gestalt wie eine dunkle Wolke aus- süllte,vorausgesetzt, wenn die Frau Haupt­männin ihre Kinder meiner Ovhut anoer- lrauen will."

Ach Onkel Adalbert!" rief Lina be­schämt ,in diesem Augenblick kamst Du früh genug, um mich an meine Mutter­pflichten zu erinnern."

Nun, Gott sei Dank!" scherzte dieser, so scheint sich mein Fehler zu bessern, ich glaube fast, es ist das erste mal in meinem Leben, daß der DämonZu spät" von mir abläßt. Doch Scherz bei Seile, Kind, ich wiederhole meinen Vor­schlag so ernsthaft als aufrichtig wie mög­lich; es solltekmir leid thun, wenn Du um eine solche Reise, die Jeder im Leben ein­mal machen müßte, kommen solltest."

Ich danke Dir aus vollem Herzen, Du bester aller Onkel des ganzen Erden­runds!" riet Lina, ibm die Hand gerührt entgegenstreckend.Du bist ein Engel an Ausopserung und Herzensgute, doch darf ich mich als Mutter nicht von Dir beschä­men lassen. Nein, nein, Onkel Adal­bert", setzte sie hastig hinzu, als er Ein­wendungen machen wollte,ich bin fest wie der Granit, und bleibe bei meinen Kin­dern, Du aber reisest mii."

Habe den Rhein ja schon genug ge­sehen, Kind!"

Thut nichts, er wird nicht uninteres­santer dadurch; nichi wahr, Papachen, der Onkel reist mit Euch?

Habe so wie so fest darauf gerechnet, mein Bester!" versetzte der Bürgermeister, gravitätisch das Haupt neigend;nur fürchte ich, daß Sie den Zug verpaffen und Sie uns überall auf jeder Station als Eilgut nachexpedirt werden müssen."

Beschwöre doch den Dämon nicht her­auf, Mann!" bat die Bürgermeisterin, unser Freund soll unter meiner Obhut schon gänzlich davon befreit werden."

(Fortsetzung folgt.)

Redaktion, Druck Bertag von Jak. Meeh in Reuenbürg.