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allein noch ein Aussichtsrecht zusteht, im allcrentschiedensten Rückgang begriffen, son dern auch in den obligatorischen Abend schulen kein rechter Zug mehr ist, jeden falls in viele», wo nicht den meisten der selben, keine eigentliche Landwirthscbaft ge lehrt wird. Diese Erscheinung ist nicht blos die Folge davon, daß man, wie schon gesagt, zu der Einsicht gekommen ist, der landw'.rthschaftliche Fachunterricht in diesen Schulen tauge gewöhnlich nicht viel oder gar nichts, sondern hauptsächlich davon, daß die Abneigung der jungen Leute, der bürgerlichen Kollegien und Ortsvorsteher, theilmeise auch der Lehrer und Geistlichen, namentlich aber der Eltern vor diesen Winterabendschulen immer lebhafter hervortritt. Es findet zwar diese auf Thatsacheu gegründete Behauptung eine scheinbare Widerlegung in dem Umstande, daß sich im Winter 1875/76 in 703 Orten obligatorische Abeudichulen fanden, jedoch nur mit 13,613 Schülern, gegen 14,597 im Jahre 1871/72 in nur 697 Schulen; auch hat diese stattliche Zahl 703 ihren Grund lediglich darin, daß die Besucher derselben gewöhnlich von der ihnen sehr unangenehmen Sonntagsschule befreit sind. Man würde sich deshalb sehr täuschen, wenn man ohne Weiteres von solchen Zahlen auf die Blüthe dieser Schule», und noch mehr, wenn man aus die Leistungen schließen wollte.
Seit 20 Jahren bestehen nun in Württemberg Winterabendschulen auf dem Lande, und es ist gewiß nicht mehr verfrüht, wenn man nach den Früchten derselben fragt. Ist ein spür- und greifbarer Erfolg bei den jungen Burschen auf dem Lande zu bemerken, d:r in einem leidlichen Verhält- niß zu dem Aufwand au Mühe und Kosten steht, welche diese Schule verursachten? Ist ein solcher Erfolg bemerklich, sei es i» intellektueller, sei es in moralischer Be- ziehung? Hat das Wissen, die Lernlust, die Wohlanständigkeit in der That zugenommen? Dis Lehrer, Geistlichen,Orlsbebörden, Eltern, und die landwirthschaftiichen Vereine mögen darauf Antwort geben! Die eifrigsten Lehrer und Geistlichen — und deren sind viele — hört man vielfach klagen über den Mangel an Aufmerksamkeit und Lernlust der Jünglinge , und wie es ihnen oft schwer, ja geradezu unmöglich werde, bei denselben die nöthige Disciplin ausrecht zu erhalten, sie klagen darüber, wie Eltern und Lehrherren ihnen vielfach entgegen, mindestens nicht in die Hände arbeiten, auch Klage» werden laut über allerhand Unfug, welchen die jungen Leute beim nächtlichen Kommen und Gehen in und aus der Schule da und dort verüben.*)
(Fortsetzung folgt.)
*) Als Curiosum sei hier mitgetheilt, daß der Schultheiß in einem Orte an den Ausschuß des tandw. Bezirksverei. s berichtete: cs werbe in seinem Orte „aus moralischen Gründen" keine Abendschule gehalten, wegen des Unfugs, den die nmgen Leute dabei auf der Straße treiben.
Heber das Schicksal eines Silberzehners giebt „Közvelenieny" folgende „traurige, aber wahre Geschichte" zum Besten: Es ereignete sich, daß irgend
ein österreichisches Gericht die Aechtheitj Gegen die gefährliche Kinderkrankheit eines ungarischen Silberzehners anzweifelte. des Kruphustens (häutige Bräune) und Zur weiteren Amtshandlung erstattet der der Diphterilis empfiehlt ein französischer ermähnte Gerichtshof an das österreichische Arzt folgendes Mittel: Sobald man häu- Justizministerium das Corpus delicti un- tige Bildungen im Munde oder Rachen ter st. beiliegend. Das österreichische Ju- des Kindes bemerkt, oder wenn mau nach
slizministerium beeilte sich nun, unter „Beilegung" des „Zehnerls" den ungarischen
der All des Hustens das Vorhandensein des Krnp vermuthet, lasse man das Kind
Jnstizmiuister amtlich zu ersuchen, er wolle stündlich, sowohl Tag wie Nacht hindurch das „beigebogeue" Silberzehnerl uutcrZ einen Eßlöffel voll Eiweiß in Zuckerwasser suchen lassen, da begründeter Verdacht ob- t (ein Eiweiß ans ein Glas Zuckerwasser)
walte, daß dasselbe falsch sei. Das „ver dächtige Silberzehnerl wurde nun unter beigebogen amtlich der Kremnitzer Münze zur Beachtung übermittelt. Ju der Krem- nitzer Münze wurde nun das unglückliche Zehnerl einer strengen fachgemäßen Prüfung unterzogen, wobei sich herausstellte, daß dasselbe nicht falsch, nur etwas abgenützt iei. Der Direktor der Münze erstattete hierüber amtlichen Bericht au den Jnstizmiuister, wobei er unter st. ein funkelnagelneues Zehnerl beibog und um den Ersatz von 1 Kreuzer Kosteuplus ersuchte. Das ungarische Justizministerium berichtete nun an das österreichische Justizministerium, das unter '/. beigebogeue Zehnerl sei ächt und man bitte um den Ersatz von 1 Kreuzer. Das österreichische Justizministerium verständigte hiervon das qnästionirende österreichische Gericht und vergaß nicht, das Zehnerl beizulegen. Der österreichische Untersuchungsrichter war aber erstaunt, als er den Akten statt des schmutzigen, abgegriffenen Zehncrls ein funkelnagelneues, kaum noch in Cirkulation gewesenes Zehnerl entfaltete. Er konnte sich die Sache nicht erklären und erstattete hierüber seiner Gerichtsbehörde amtlichen Bericht. Der Gerichtshof berief die Fachkundigen, welche vor anderthalb Jahren die Aechiheit des Zehnerl in Zweifel gezogen hatten, und diese konstatirien, daß dieses Zehner! nicht jenes Zehnerl sei. Der österreichische Gerichtshof erstattete hierüber dem österreichischen Justizministerium amtlichen Bericht, indem er das hellglänzende Zehuerl achtungsvoll unter st. beibog und uni Aufklärung des I r r 1 h u m s, resp. um Herbeiichaffuug des corpus delicti bat; demzufolge wandte sich das österreichische Justizministerium diesfalls abermals an den ungarischen Justizminister. DaS Justizministerium schrieb nun der Kremnitzer Münze, was zum Teufel sie mit dem Zehnerl angefangeu, daß es so sehr die Farbe geändert habe. Hierauf berichtete die Münze snb Zahl. .. ., sie sei in Folge FiuanzministermlerlasseS verpflichtet, jedes schundige Zehuerl brsvi manu eitnuschmelzeii und dafür, unter Abrechnung der Münzspeien, ein „gutes" aus- zufolgen; sie bitte daher wiederholt um Ersatz von 1 Kreuzer. Der ungarische Justizminister verständigte nun seinen österreichischen Kollegen in einer weitläufigen Zuschrift von dem Stande der Dinge, sandte das bekannte Zehuerl zurück und drückte die Hoffnung aus, das österreichische Justizministerium werve so viel BilligkeitS- sgesühl haben, d<m ungarischen Staate die aus dieser Angelegenheit ihm erwachsenden Kosten von I Kreuzer zu ersetzen. So stetst jetzt die Angelegenheit.
nehmen. Als Getränk ist dazwischen lauwarmes Zuckerwasser mit Ei (das Gelbe und Weiße eines Eies auf ein Liter Was sei) zu geben, und zwar jedeSmal gleich falls ein Eßlöffel voll. Wird dies Mil tel rechtzeitig benutzt, so verschwinden — nach d,r Erfahrung des Eingangs erwähnten Arztes — die Kcaukheitserscheinungen in 3—3 Tagen vollständig.
Reiche Nachkommenschaft. In Finsterwalde ist dieser Tage eine Frau verstorben, welche nichl nur die älteste Frau der Sladt (sie war 88 Jahre 7Vs Monat alt, als sie starb), sondern auch die Stamm- Mutter einer so zahlreichen Familie war, daß ähnliche Fülle wohl zu den Seltenheiten gehören dürften. Au ihrem Sargs trauerten 128 Familienmitglieder, und zwar: 5 Töchter, 3 Schwiegersöhne, 1 Schwiegertochter, 54 Enkel und Enkelinnen, 64 Urenkel beiderlei Geschlechts und 1 Ururenkelin. Im Tode vorausgegangeu waren ihr bereits: der Gatte, 4 Kinder, 3 Schwiegersöhne, 15 Enkel und 53 Urenkel, zusammen 76 Personen.
S ch i ck s a l s w e ch s e l. Als Königin Jsabclla (1868) aus Spanien flüchtig mit Gemahl und Kindern die französtsche Grenze überschritt, wurde sie aus dem Bahnhöfe, zu Biarritz vom Kaiser der Franzosen und der Kaiserin Engenie freundschaftlich empfangen. „Wohin gehen sie?" soll der kleine kaiserliche Prinz gefragt haben, als er seine Eltern von jener Begegnung sprechen hörte. — „Wer?" — „Die Königin, die ihr begrüßtet." — „Louis, sie gehen ins Exil." — „Wo liegt das Exil!?" — Napoleon III. soll hierauf, so erzähl! Jgnotns im „Figaro", lächelnd mit einer Phrase geantworlet haben, wie man sie Kindern zu antworten pflegt: „Man wird dir das erklären, wenn du größer bist." Der Kaiser ahnte wohl nicht, wie treffend er sprach.
Ehrenrettung. „Ter Nnf Lvvi- vn Osrilinmn" — meldet die „Fansulla" in ihrer Beschreibung der Huldigung des römischen Volks ans dem Platz vor dem Qiurinal — „erschütterte mehrere Minuten lang vieliausenbstimmig den Platz."
Ta dieser Nus von Ketzern ansging, so halten wir uns verpflichtet, ausdrücklich zu erklären, daß derselbe nicht dem Journal Majunkes, sondern dem gleichnamigen und ebenfalls weitverbreiteten Deutschen Reiche galt. B. W.
Goldkurs der StaatSkasscnvrrwaltung
vom 23. Januar 1878. 20Frankenstücke. . . 16 16
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Ai eeh in Neuenbürg.