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bracht und bat nun während der sofort ein- gclestcten Nmersuchung Z>it über sei» viehiicheS Treiben nachzudenken. Der Wirih schwebt in großer Lebensgeiabr, das Befinden der Wirthin erregt kern weiter, gehendes Bedenken. — Dieser der gegenivär- ligen Generation hier unerhörte Fall gibt Stoff zu ernsten Betrachtungen; ec zecht wie BöUerei und Verbrechen sich so nade sind, einander die Hand zu reichen und welche Verantwortung und Sorge den Wiriben erwachsen, wenn angetrunkene Subjekte ihre Lokale betreten.
Ausland.
Zu dem am 3. Juni d. I. vom Papste zu begehenden 50jährigen Bischoiju- b i i ä » m haben sich bisher die »ochste henden Massenwaliiabrten ange- sagt: Eine Aaravane von 1200 frommen Pilgern aus Amerika, über 1000 Walliah. rer aus Belgien, eine Prozession, 400 Köpfe stark, aus Deutschland. 10,000 Ka- tboliken aus Frankreich, 600 Pilsier aus Holland, 3S0 Wallfahrer aus Oesterreich und 200 aus Ungarn, 800 Gläubige aus Portugal, drei Karavanen, zusammen ungefähr 10,000 Köpfe stark, aus Spanien und endlich auS Italien selbst mindestens 25,000 Pilger.
Die Sendung Ignatieffs hat ollem Anschein nach ihren Zweck erreicht. Rußland und England sind einig geworden über den Wortlaut eines Protok »i I S, das die Lage der europäischen Mächte gegenüber der Türkei nach dem Scheitern der Konferenz difiniren soll. Tie Schmierigkeit dabei war, wie die Jnvep. belge schreibt, d,e, ein Mittelding zwischen der Andrassy- uole zu finden, die von England selbst als unwirksam bezeichnet war, und dem Ber- 'kiner Memorandum, das anderseits dieser Macht als drohend erschienen war. Diese Schwierigkeit ist glücklich dadurch beigelcgt, daß in dem Entwurf des Protokolls, den Jgnakieff überbrachte, das Wort „Aktion" gestrichen ist. und indem nun vereinbarten Wortlaut nur noch von dem Einverständnis über die „Mittel", den gemeinsamen Zweck zu erreichen, die Rede ist.
Die Lage im Orient hat sich nicht geändert. Die friedlichen Aussichten haben nicht ab-, jedoch auch nicht zugenommen. Zunächst ist die von der „Agenre Havas" verbreitete Nachricht zu verzeichnen, daß das Protokoll in London noch nicht unterzeichnet sei; man versichert, daß nur allein derösterreichische Botschafter von seiner Negierung noch keine Aulo- r sation erhalten habe.
und dürfte unfern Lesern nur willkommen sein, wenn wir
ZUM Ksisrrfrke
jene Strophen hier folgen lassen.
Ew'ge Schmach dem deutschen Sohne, Der die angebor'ne Krone Seines Valksthums tritt in Staub, Knieend vor des Briten Schätzen Oder vor des Franzmann's Götzen Fremder Sitte fällt zum Raub.
Jedem Volk in der Geschichte Glänzt Ein Lag im höchsten Lichte,
Wo es sich mit Ruhm bekränzt;
Auch des Deutschen Tag wird scheinen, Wenn die andern all sich einen,
Wenn des Geistes Banner glänzt.
De» man zaudernd sah verweilen.
Der wird alle übereilen Einst in Kober Geistesruh:
Wie Blüthe plötzlich fället.
Wie die Frucht verborgen schwellet Unverhoffter Ernte zu.
Deutscher, wo der Frank, der Brite Mit dem stolzen Siegerschritle Strahlt, die Stirne ruhmbelaubt.
Mußtest du von lerne stehen Und die Erde theile» sehen Mit dein lorbeerleereu Haupt!
Stürzte auch in Kriegesflammen Deutschlands Kaiserreich zusammen, Deutsche Größe bleibt bestehst».
Sie die kein Erobrer raubte.
Ruht auf seines Volkes Haupte,
Sie wird nimmer untergeh'».
Drückte sie des Geistes Siegel,
Nicht in Deutschlands Seelenspiegel, Seine Sprache tief hinein?
So daß die durchsichiig klare Weltgeheimniß offenbare,
Werth der Menschheit Sprach' zu sein?
Schwere Ketten drückten alle Völker auf dem Erdenballe,
Als der Deutsche sie zerbrach,
Fehde bot dem Vatikans,
Krieg ankündigte dem Wabne,
Der die ganze Welt bestach.
Höchsten Sieg hat Der errungen.
Der der Wabrheit Blitz aeschmungen.
Der die Geister selbst befreit,
Freiheit der Vernunft erfechten.
Heißt sür alle Völker rechten,
Gilt sür alle ew'ge Zeit.
, KIarIvux-8tt«»Inv )
Miszellen.
8vMers Ueä vom äentsvkeii Volke.
Godecke's kritische Schiller-Ausgabe enthält interessante Bruchstücke eines Gedichtes, worin unser großer Nattonaldichtcr jeine Anschauung von der weltgeschichtliche» Bedeutung des deutschen Volkes ausspricht, wie sonst nügends in seinen Schriften. Gegenwärtig, wo Deutschland der Erfüllung seiner Sendung näher steht, hat die Weissagung aus der Zeit tiefer Schmach un. jeres Volkes mehr als gewöhnliches Interesse
(Eine heitere Kriegs-Erinnerung.)
Wir lagen vor Metz, wir chch er, nachdem wir am l6. März bei Mars- la Tour derart zuiammengeschoffen worden s waren, daß zwei Drittel des Regiments, i außer Geiecht gesetzt, todt und verwundet -zu beiden Selten der nach Vionville ! führenden Straße lagen. Wir hatten den !Be^hl erhalte», einen Theil des Eisen-
! *) Die Franzosen nannten den Marschall vor
-der Üebergabe von Metz: „notrs glorisux La-
xsiiie."
ringes zu bilden, der Bazaine in der Festung fest Hallen sollte. Unsere Nachschübe an Ersatzmann'chaften und Offizieren waren inzwischen eingetroffen und wir wären wieder ganz „feste" und „propper" gewesen, wenn nicht ein seit Wochen anhaltendes N.'genweller uns in einen unbeschreiblichen Zustand versetzt hätte. Wir hatten Replis bezogen und cainpirlen nolhdürsiig durch elende aus Reisig zusammen gestoppelte Hütten geschützt, in den Gräben, deren lehmiges Erdreich unser feuchtes Bett war. Stroh war ein Luxus-Artikel geworden, denn die umliegenoen Ortichast n hatten das Letzte hergebe» müssen, die Einwohner waren geflohen und unser tägliches Menu bestand m der berühmten Erbswurst und in Hammelflei'ch, welches uns reichlich zu- geniessen ward. Rindfleisch gab es nicht, denn die Ria verpest war unt-r den „Mäulern" der ganzen Beiagerungs Armee aus- brochen. Dafür mar Rothwein in Menge vorhanden und zahllose Fässer Cognac, entleerten ihren wärmespendenden Inhalt um uns die Strapazen des Feldzuges und die Langweile, dreien schlimmsten Feind des Soldaten vergessen zu machen. Für Unterhaltung sorgte der Festungs Comman- dank. „Olorieux Lsraive", der uns zum Kaffee morgenliich seine Zuckerhüte sa»dte, welche die eiserne» Niesen des Forts P l a p p e v i l l e in unsere Stellung hinüber balancirlen. Die französischen Artilleristen schaffen aber ohne Präzision und das Teufelszeug crepirie so herzlich schlecht, daß nur uns um die Wirkung nicht weiter kümmerten. Ais Antwort sandten mir Spott und Hohn in die Festung hinüber. Dennoch gebot die Vorsicht, ein Observatorium zu errichten, um die Vorgänge in dem Fort besser beobachten zu können. Ein schwankender Thurm wurde aus Stangen errichtet, eine hohe Feuerleiter zu dessen Treppe erhoben und die „Kanzel" aus einem französischen Lafetten-Nade constrnirt. Die Offiziere bezogen abwechselndzu bestimmten Stunden die Wache aus diesem „Storch - nest" wie wir es nannten, und dirigirten die Mannschaften von oben herab, je nachdem die Sicherheit der Truppe es gebot. Endlich nach langer Abwesenheit hatte sich wieder einmal die Sonne gezeigt, die Nebel waren zeriffen und der Himmel wieder hell, so daß wir die Hoffnung hegen konnten, in's Trockene zu kommen. Humor und Munterkeit herrschte darob im Nepli, und die Ansicht befestigte sich, daß „Olorieux- Lariame" in PlappeviUe zu der Einsicht gekommen sei, uns fernerhin nicht schaden zu können. Und. in der That die Zuckerhüte blieben heut, den Morgen des Tages über, aus. Kein Blitz, keine Pulverwolke, kein Krach, kein Sausewind, kein Erd-Trich« ter zog unsere Aufmerksamkeit auf sich. Die ungewohnte Ruhe bewog unseren Obersten, mit den Offizieren Kriegsrath zu halten. Die athletisch« Figur des alten Herrn mit dem schneeweißen Haupte und dem pechschwarzen Schnauzbarte ragte fast um Kopfeslänge über den Kreis seiner Untergebenen hinaus und, heftig gestikulirend, schien er die Einwände derselben zu beschwichtigen.
(Schluß folgt.)
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me e h in Neuenbürg.