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Kronik.
Deutschland.
Frankfurt, 29. Dez. Gestern Abend gegen 6 Uhr erlebten wir hier eine sehr bedenkliche Gasexplosion in derJuug- hgfstraße. Das donnerähnliche Getöse wurde fast in der ganzen Stadt, ja eine Stunde weit, in Bornheim gehört. Die Luiterschütterung hat fast sämmtliche Fen ster im westlichen Flügel des schönen Saalbaues, im Parterre des Reichsbankgebän- des und in fast allen Privathäusern der Schlesinger Gasse bis in's dritte Stockwerk zertrümmert. In den Frühstunden des bentigen Tages ging man ans dem südlichen Trottoir der Jnnghosstraße buchstäblich auf Scherben. Die Beamten der Rcichsbank mußten bis Mittag bei Licht arbeiten, da ihre Lokalitäten mit Läden verschlossen sind.
In der letzten Zeit kamen inEltville mehrere Wagenladungen mit Weinen aus Würzburg durch, welche noch dem benachbarten Hattenheim bestimmt waren. Der „Rhein. Kur." erfährt über diese Transporte, daß sie die Reliquien des berühmten Kabinetskellers alter Weine des verstorbenen Barons v. Hirsch zu Würzburg enthielten und von dem Gutsbesitzer A. Wil- helmi zu Hattenheim käuflich erworben wurden. Baron Hirsch war ein passionir- ter Sammler kostbarer alter Hochgewächse und eiw gboßer Kenner dazu. Es finden sich in der Kollektion noch sehr viele prächtig konservirte Exemplare aus dem vorigen Jahrhundert. Die meisten derselben stammen ans dem ehemaligen Kabinetskeller des Großherzogs von Toskana, einige sogar ans demjenigen des Kaisers Rapolen I. Am reichsten soll der Jahrgang 1811 vertreten sein. Es befinden sich in der Sammlung nicht nur die edelsten Frankenweine, Stein und. Leisten, sondern gerade vorzugsweise und weitaus überwiegend rhein- gauer Kabinetsweine, welche nunmehr in ihre Heimath, den Rheingau, nach io langer Abwesenheit wieder zurückkehrt sind.
Ausland.
bitte daher um ein Nachtlager. „Hier ist kein Wirthshaus," erwiderte ihr Samuel kurz und schlug das Fenster zu. — „Das arme Weib," meinte Lea, „sollen wir sie so von unserer Schwelle weilen?" — „Es ist eine böse Zeit," erwiderte Samuel, „ich mag keine Fremde in meinem Hause." — „Aber sie ist ja krank und schwach," bat Lea und da das Weib draußen noch immer flehte und stöhnte, willfahrte er ihr und ließ es ein. Ta bereits die Dienerinnen schliefen, geleitete Lea selbst den späten Gast in eine Bodenkammer, brockte auch Speise und Trank herbei und entfernte sich mit freundlichem Nachtgruße.
Am nächsten Morgen verabschiedete sich das fremd: Weib schon sehr früh unter tausend Tank- und Segensworten. Lea batte den Tag über sehr viel für den Feiertag zu rüsten, und erst am späten Nachmittage kam sie dazu, in jener Bodenkammer nachznsehen, denn vor Beginn des Festes wollte die Hausfrau in allen Räumen Umschau halten, ob sich nicht irgendwo noch gesäuertes Brod vorfinde. In der Kammer war Alles in Ordnung, nur die Luft war von einem sehr widrigen Gerüche erfüllt. Er verlor sich nicht, auch als Lea das Fenster öffnete. Sie konnte nicht entdecken, woher der abscheuliche Geruch kam, sie forschte in allen Ecken und sah endlich unter der Bettstatt nach. Da gerann ihr das Blut, ihr Haar sträubte sich vor Entsetzen. Unter der Bettstatt lag der nackte, furchtbar abgezehrte Leichnam eines Kindes, mit breiten Wunden an Hals und Brust. Mit Blitzesschnelle durchschaute das Weib den Frevel und kämpfte mit allen Seelenkräften gegen die Ohnmacht. Die alte Fremde hatte den Leichnam ins Haus geschleppt, damit man das alte furchtbare Märchen, die Juden schlachteten Chri- stenkinder zu dem Osterfeste, wieder einmal glaubwürdig machen und grausam rächen könne. Mit Blitzesschnelle erkannte sie auch die furchtbaren Folgen, sie gedachte der Worte, die der Graf zu ihrem Manne gesprochen. Das arme Weib brach fast zu
sammen, unter der Wucht dieser entsetzlichen Gedanken. Ach! sie, sie selber, sie allein hatte den J-,mn>er, die Verfolgung und den Tod über ihr Haus, über die ganze Gemeinde hcraufbeschworcn, denn sie allein mar ja die Ursache, daß jenes Weib eingelassen worden. Und während sie so, durchschauert von Fieberkrämpfen, >n Todesängsten dasaß, klang von der Straße mildes Rufen und Schreien und Jammern zu ihr empor. Dazwischen klang das Klirren von Waffen. „Sie kommen sckou," flüsterte sie und in diesem Augenblicke durchzuckte sie ein Gedanke, so seltsam und gräßlich, wie er noch nie in eines Weibes Hirn entstanden, und doch wieder edel und opfermüthig, wie ibn nur ein Weib zu fassen vermag. „Ich habe die Schuld," rief es in ihr, .sich muß sie büßen." Sie richtete sich hoch auf und preßte die Lippen auseinander und überwand ihr Grauen. Tann griff sie »ach dem Leichname des Kindes, hüllte in ihn ein Linnen, nahm ihn auf den Schooß.
Sie horchte . . . furchtbar langsam verminen die Minuten. Dann hörte sie, wie draußen der junge Graf mit ihrem Gatten und dem zweiten Vorsteher heftig sprach, sie hörte, wie der Graf sagte: „Das Weib hat das Todesröcheln ganz deutlich gehört. Keinen Stein lasse ich auf dem andern, wenn ick den Leichnam finde."
Sie hörte, wie die Männer olle Gemächer durchsuchten. Als sie sich der Kammer näherten, erhob sie sich und trat ans offene Fenster. Das Dach fiel jäh und steil ab, drunten in der Tiefe dehnte sich der Steinhof des Hauses.
(Schluß folgt.)
Blühende Erdbeeren. Als eine zur Zeit des Jahreswechsels gewiß selten beobachtete Thalsache wird mitge- theilt, daß in dem Garten des Herrn Jul. Schräder in Feuerbach ein Stock Erdbeeren (sog. Monatserdbeeren) in voller Blürhe steht. Ueberhaup! ruft die abnorme milde Witterung in der Pflanzenwelt ganz ungewohnte Erscheinungen hervor.
New - Iork, 30. Dez. Ein Expreßzug der Pazificbabn gerietst gestern in Foge Schneetreibens aus den Schienen und stürzte bei Athtabula (Ohio) am Eriesee 75 Fuß hoch über die Brücke hinweg in den Fluß. Viele Paffagiere (es heißt, gegen hundert) wurden getötdet, 52 verletzt.
Miszellen.
Aus dem podolischcn Ghetto.
(Fortsetzung.)
So saßen sie auch eines Sonntags, des Abends spät, in stummer Trau-r neben einander. Am nächsten Abend sollte das Osterfest beginnen, es mar den ganzen Tag über im Hause gereinigt und gescheuert worden und die Frau fühlte sich sehr müde. Da schreckte sie plötzlich ein Pochen am Hauslhore empor. Samuel ging zum Fenster, öffnete und blickte hinaus. Vpr dem Thors stand mit einem Bündel auf dem Rücken ein altes Bancrnweib, welch kläglich wimmerte und stöhnte und um Einlaß bat. Sie sei zu schwach, um heute noch ju ihr Darf heimzukebrcn, klagt: sie, und
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für das erste und zweite Quartal 1877 .
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