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gesessen! — Ja sie ist es, sie muß unglücklich sein! — Sehr unglücklich! — Dieser schmerzliche Zug! — Sie leidet, ja sie leidet!" Zwei große, schwere Thränen traten dem allen Manne aus den zitternden, zuckenden Augenwimpern heraus und perl- len langsam über die Wange herab.
„Verzeihung, mein Herr. wenn ich störe; aber Ihre Bewegung vor diesem Bilde interessirt mich ungemein, darf ich fragen, ob es Ihnen so sehr gefällt?" redete der junge Mann den alten mit unsicherer Stimme an.
Dieser schien wie aus einem Traume zu erwachen und blickte dem Fragenden einige Augenblicke in's Gesicht, fuhr sich sodann mit den Händen über die Augen und antwortete kalt:
„Ja wohl, mein Herr, das Bild interessirt mich; es ist ein gutes Portrait."
„Sie glauben also nicht, daß dies nur ein Phatasiestück sei? Etwa der Vorwurf zu einer aus den Traditionen der Geschichte der Malerei gänzlich heraustretenden Auffassung der heiligen Jungfrau?
„Nein! der Wirklichkeit und nicht dem Ideale hat der Künstler diese Züge ab- gelauscht. Das Wesen, welches Sie hier auf der Leinwand sehen, lebt, oder", und die Stimme des alten Herrn zitterte, „hat gelebt!"
Nach einer kurzen Pause, als der junge Mann das Wort ergreifen wollte, unterbrach ihn der Alte mit der Frage, ob er den Maler kenne.
„Ja wohl, sogar ziemlich gut!"
„Ach ich bitte Sie. ist der Name, den ich im Kataloge gelesen, wirklich sein Name, oder ist derselbe nur ein Pseudonym?"
„Ihnen darüber Ausschluß zu geben, dazu bin ich nicht berechtigt," —erwiederte lächelnd der junge Mann.
„So können Sie mir wenigstens sagen, ob er in Wien lebt?"
„Ja, seit kurzer Zeit lebt er in Wien."
„Ich beschwöre Sie mein Herr," — rief der Alte und ergriff die Hand des jungen Mannes — „wenn Sie die Adresse des Künstlers wissen, sagen Sie sie mir!"
„Haben Sie es so nothweudig?"
„Ja wohl, es handelt sich hier um das Glück einer Familie!"
„Ei nun, mein Herr, der Maler dieses Bildes steht vor Ihnen."
Der alte Herr trat einen Schritt zurück: „Sie? Sie?"
„Allerdings ich! antwortete der junge Mann gelaffen.
(Fortsetzung folgt.)
* *
Die Pünktlichkeit des Kaisers Wilhelm ist bekannt. Mit derselben Hand in Hand geht aber zugleich eine Promptheil in der Erfüllung der kleinen Pflichten des Lebens, die ihres Gleichen sucht. So beantwortet, wie die „Mont.- Ztg." erfährt, der Kaiser alle an ihn gelangenden Briefe und Zuschriften seiner Hausbeamten rc. stets sofort und jedenfalls noch an demselben Tage oder aber, wenn sie spät Abends eingehen, am nächsten Morgen. Um hierbei möglichst wenig Schreibarbeit zu haben, benutzt der Kaiser zur
Beantwortung stets das Couvert und die Adresse der eingegangenen Briefe. Die letztere lautet natürlich: „An Se. Majestät den Kaiser". Hier streicht der hohe Herr das Wort „An" aus und verwandelt es in „Von." Da sämmtliche Adressen auch den Namen des Absenders tragen, z. B. „Von dem Hosrath N.", so wird hier umgekehrt das „Von" in „An" verwandelt und die neue Adresse ist mit 2 Worten hergestellt. Die Sache klingt fast komisch, ist aber authentisch und es begreift sich, daß der Kaiser solche Mittelchen anwenden muß, um die ungeheure Arbeitslast zu bewältigen, die täglich seiner wartet.
Der P a p i e r v e r b r a u ch der ganzen Erde beträgt jetzt jährlich ungefähr 1800 Millionen Pfund, wonach im Durchschnitt jährlich 5 Pfd. aus jeden Menschen kommen. Zur Herstellung dieses Papierquantums arbeiten 3960 Fabrikanten mit 2780 Maschinen und 1807 Bütten die ein Gesammtkapital von 378 Millionen Thaler repräsentiren. Innerhalb der Fa briken sind 90,000 Männer und 18000 Frauen, außerhalb der Fabriken 100,000 Arbeiter durch die Papierfabrikation beschäftigt. In den einzelnen Ländern kommen auf den Kopf der Bevölkerung: in der europäischen Türkei Pf. Papier
„ Griechenland ... V, „ „
„ Rumänien .... 1 „ „
„ Rußland .... 1 „ „
„ Spanien.1'/, „ „
„ Mittel-Amerika . . 2 „ „
„ Portugal .... 2'/- „ „
„ Italien.3'/, „ „
„ Scheden und Norwegen 3'/, „ „
„ Oesterreich . . . . 3'/s „ „
„ Dänemark .... 4 „ „
„ den Niederlanden .4 „ „
„ Nord-Amerika . . . 5*/» „ „
„ der Schweiz . . . 6'/, „ „
„ Süd-Amerika ... 7 „ „
„ Belgien.7 „ „
„ Frankreich .... 7'/, „ „
„ Deutschland ... 8 „ „
(N. Berl. T.)
(Rübengeschmack der Milch und Butter.) Diesen Geschmack, welcher bekanntlich durch das Futtern der Milchkühe mit Rüben entsteht, soll man angeblich dadurch beseitigen, daß man von denzu v.rfütternden Rüben das Kopfende, an dem die Blätter sitzen, und die untere Spitze, das Wurzel-Ende abschneidet und nur den mittleren Theil an Kühe, Kopf- und Wurzel-Ende aber an Jungvieh oder Ochsen verfüttert.
Geographische Rälhsel für die Jugend.
1 .
Welcher König im Alterthum legte einen See an, dem er seinen eigenen Namen gab?
2 .
Welcher deutsche Kaiser halte mitten in seinem Namen einen schwäbischen Fluß?
3.
Eine Stadt im mittleren südlichen Frankreich; den zweiten Buchstaben weggestrichen — eine große Stadt in Italien.
Zur Konfirmation.
Mufik aus Paulus Seele.
Könnt ich mit Menschen- und mit Engelzungen sprechen.
Und hält' ein lieblos Herz; so wär' doch all mein Kunstgespräch
Ein leerer Schellenklinaklang und ein leeres Erzgetön.
Könnt' ich, ein weiser Seher, alle Welt
belehren; ^
War' jedes Tiesverschlcyerte vor meinem ^ Aug' cnlhüllt:
Ach, ohne Liebe wär' ich doch ein Schalten, ma wäre Nichts.
Wollt' ich zur Armenspcisung Gut und Habe spenden.
Und selbst als Opfer mich dem hochentflammten Holzstoß meih'n:
Ich hätte doch Deß sonder Liebe nimmer- ^ mehr Gewinn.
Langmüthigkeit und Milde ist der Liebe Ad!
Wesen, den
Nicht Ungestüm, nicht Eitelkeit, nicht Stolz, nicht Mißgestalt,
Nicht Eigennutz, nicht Bitterkeit, nicht Rei- ^ gung weh' zu thun. ^
Das Unrecht nie, das Wahre nur kann hiei ihr behagen, we>
Ihr die da Alles fasset. Alles glaubt und Bei hofft und trägt, sich
Und nie hinab ins öde Reich des Unter- schr
ganges fällt. Bo
-- . Bei
Verlöscht des Sehers Licht dereinst im Ge
Todessturme, ,
Weisheit stolzer Bau; ber
Ununterbrochen geht die Liebe ihren Gang ^
zu Gott. Hx
Nur Stückwerk ist es, was wir lehren, was Au
wir wissen; uut
Doch hört, wenn das Vollendete in seiner km
Pracht erscheint, Ko
Das Stückwerk, was für jetzt dem Geiste
noch genug thut, auf. uer
Als Kind mußt' ich noch kindisch sprechen, bez denken, schließen; geg
Als reifer Mann warf ich des schwachen der
Knaben Spielzeug weg. big
So wird's in Zukunft, wann der Mensch Vn
das Staubkleid abstreift, sein. Akt
Auf Räthsel blicken wir für jetzt durch einen Spiegel,
Auf's Lösungswort, wann einst an finst'rer
Gruft der Vorhang fällt. .
Das Ganze klar durchschauend, wie die M
Gottheit mich durchschaut.
Für diese Welt muß Glaube, Hoffnung,
Liebe bleiben. —
Ein unaufhörlich Band umschlingt die all- gepries'ne Drei;
Doch unter ihnen ragt die Liebe hochgeschmückt hervor. ^
(Aus Dr. Jakobi Gesch. Jesu.) lez
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg. (Markt- und Thalstr.)