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Beilage zu Nr. 27 -esEiythiiler."

Donnerstag, den 2. März 1876.

Deutschland.

(Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger.) Der soeben erschienene Bericht der D. Gesell­schaft zur Rettung Schiffbrüchiger über die Seeunfälle und Rettungen an den deutschen Küsten liefert auf's Neue den Nachweis, wie ungemein segensreich die Thätigkeit dieses menschenfreundlichen Unternehmens ist. 1875 sind wiederum 104 Menschen dem sicheren Tode entrissen worden; dis Ge sammtzahl der durch deutsche Rettungssta­tionen geretteten Menschen beläuft sich in den 10 Jahren, seit welchen die Gesellschaft besteht, auf nicht weniger als 870! Wahr­lich ein schönes Ergebuiß, aber- auch mit Recht eine höchst erfreuliche Mittheilung für alle diejenigen unserer Landsleute und Brüder, welche durch Mitgliedschaft an der deutschen Gesellschaft zur Herbeiführung desselben ihr Schcrfstin beigesteuert haben. Ter Inhalt des uns vorliegenden Heftchens von 40 Seiten besteht aus 5 Tabellen (Rückblick auf 1874, Rettungsversuche deut­scher Stationen, Tabelle der Seeunfälle in den deutschen Gewässern, Leistungen der deutschen Rettungsstationen, Schiffbruchs­statistik, Alles in 1875) und 2 Darstellun­gen, nämlich einem Anszuge aus den Saz- ungen.der Gesellschaft, betr. die Kosten und die Belohnungen der Rettungen, und einem ausführlichen Berichte über die her­vorragenden Unglücksfälle und Rettungen. Dieser Bericht gibt die Darstellung der von den Stationen der D. Gesellschaft ausgesührten Rettungen meist in den schlich­ten und einfachen Worten der Theilnehmer an den Nettnngsfahrten. Wir ersehen immer wieder, mit welcher Selbstlosigkeit und Un­erschrockenheit die braven Mannschaften bei der Hand sind, wenn die Nachricht kommt: Ein Schiff ist in Gefahr, wie sie ohne an ihr Leben zu denken, die Rcttuugsapparate zur Stelle schaffen und gegen Sturm und Wogen ankämpfen, um das bedrängte Schiff zu erreichen, wie zufrieden und glücklich sie sind, wenn es ihnen dann ge­lingt, zu den armen Schiffbrüchigen hin­zukommen und sie an's Land zu bringen. Möchten diese schmuck- und anspruchslosen und eben darum so ergreifenden Darstel­lungen einen recht zahlreichen Leserkreis finden. Wir sind überzeugt, Inichts wird so sehr dazu beitragen die Thcilnahme an der Gesellschaft wach zu erhalten, und der­selben stets neue Freunde zu gewinnen, und dies wünschen wir von Herzen; denn die Gesellschaft wird ja nur erhalten durch freiwillige Beiträge aus allen Kreisen der Bevölkerung in unserem ganzen deut­schen Vaterlande und über dessen Grenzen hinaus.

Ein Triu m pH unserer Armee im Frieden. Am 21. v. Nt. konnte die von der Ueberschwemmung zerstörte Brücke der Dresdener Bahn über die Dahme unweit der Station Ukro dem Ver­

kehr wieder übergeben werden. Die Wieder­herstellung der Ueberbrückung wurde in der kurzen Zeit von drei Tagen von einem Kommando des Eisenbahnregiments aus­geführt. Die Konstruktion derselben ist eine durchaus feldmäßige und verbindet höchste! Einfachheit mit größter Sicherheit: Nebem der zerstörten Brücke, und mit der eigent­lichen Bahnstrecke durch Curven verbunden,! erhebt sich auf 5 mehrere Meter tief ein-! gerammten Pfahljochen ein solides Holz­gerüst, das in sich von Dreiecksverbindun- gen gestützt und durch eiserne Klammern, Bänder und Schrauben zusammengehalten wird. Die Probe des Baues ergab das selten befriedigende Resultat, daß selbst, wenn Zügemit Kurierzng-Geschwindigkeitdie Brücke passirten, absolut keine Schwan­kungen oder Senkungen zu bemerken waren. Wie wir hören, gedenkt die Verwaltung der Dresdener Bahn den Mannschaften des Eisenbahnregiments für die schnelle Hilfe eine Extragratifikation zuzuwende».

Württemberg.

Ulm, 25. Febr. Aussehen erregt in hiesiger Stadt das zum Theil räthselhafte Verschwinden dreier hiesiger Männer in den letzten vier Tagen. Zuerst wurde ein Kaufmann A. vermißt, dann ein Gärtner K. und seit heute früh ein in guten Ver­hältnissen stehender 70jähriger Privatier. Man will alle drei Fälle mit dem Hoch­wasser in Verbindung bringen; ob ein Uuglückssall vorliegt, läßt sich bis jetzt noch nicht feststellen; ein Verbrechen ist in keinem der drei Fälle angezeigt.

Kirchheim, 25. Febr. Seit 2 Mo­naten werden die Angehörigen des Bezirks durch Fälle von Hundswuth nicht wenig beunruhigt. In Folge davon mußten in Kirchheim, Bissingen, Detting cn, Aichelberg und Eckwäldern 15 Hunde getödtet und Hundesperre angcordnct werden.

Aus der Gegend von Kirchheim u. T. Es ist von den rationellen Bienen­züchtern sehr wohlgefällig ausgenommen worden, daß, wie Ihr Blatt neulich be- richtete, der Bieucnzuchtverein vom Neckar in seiner Versammlung zu Eßlingen die ebenso leidige als vielverbreitete Ver­fälschung des Honigs in's Auge gefaßt hat. Die Honigfälschuug greift immer mehr um sich; so ist z. B. in der Schweiz der zum Kaffe gcrelchte Honig sehr häufig eine steife, oft nur zu steife durchsichtige Masse, dei deren Bereitung die Bienen nur wenig mitgewirkt haben. Auch in Württemberg wird von Händlern häufig Honig feilgeboten, der nicht lauter, oft mit Wasser verdünnt ist, was schon der billige Preis verrälh. Darunter hat der rationelle Bienenzüchter bei dem Absatz seines Produktes sehr zu leiden, er hat, wenn er in der Lage ist, ein größeres Quantum auf den Markt zu bringen, Mühe, denjenigen Preis zu erzielen, welchen sein reines Produkt wertst wäre; zu einer Ver­fälschung wird er schon aus Pietät für seine Bienenvölker nicht greifen. Es ist deßhalb, wenn ein Aufblühen und Aus­

dehnen der Bienenzucht in unserem Würt­temberg, wo in vielen Gegenden ein aus­gezeichnet feiner Honig erzielt werden kann, angestrebt werden soll, ganz nothwendig, daß immer und immer wieder auf den großen Unterschied zwischen ächtem, reinem Honig und zwischen verfälschtem und ver­dünntem aufmerksam gemacht wird. Von welcher volkswirthschaftlichen Bedeutung aber die Bienenzucht bei allgemeinerem ratio­nellem Betrieb werden könnte, dafür möge ein Beispiel aus hiesiger Gegend als Be­weis dienen. Ein Bienenzüchter, der keine Liegenschaft besitzt, als ein Haus und einen nicht sehr großen und nicht einmal beson­ders günstig gelegenen Garten, betreibt in dem letzteren seine Bienenzucht; allerdings mit ebenso großem. Eifer als Sachkenntnis) und mit seltener, aber, wie es scheint, nicht unmöglicher Beherrschung der Verhältnisse. Er hat nur Bienenstöcke mit beweglichen Waben und erntete 1873 1500 Pf., 1874 1400 Pf-, 1875 2200 Pf. reinsten, mit der Zentrifuge ausgeschleuderten Honig von der feinsten Qualität. Dabei konnte er noch eine hübsche Anzahl Schwärme ver­kaufen. Wenn »nn auf jeder Markung unseres Landes auch nur Ein solcher Bienen­züchter wäre, die Honigwaide würde.jedoch für viele hinreichend sein, welch' großes Quantum dieses herrlichen Produkts könnte da erzielt werden und welchen Geldwerth würde dieß repräsentiren? (S. M.)

Miszellen.

Lichtrnstcin.

(Schluß.)

Soviel ist bekannt, daß diese neue Burg seit 1420 der Herrschaft Württemberg an­gehörte und von edlen Burgvögten bewohnt wurde, lieber den mit vielen Schießscharten und schwerem Geschütz versehenen untern Theil des Gebäudes und das obere Stock­werk mit vielen Fenstern ragte ein Thnrm in. die Lüfte, der dem Sturm der Menschen, wie der Gewalt der Elemente zu trotzen schien; eine Zugbrücke führte über den Felsenspalt an das innere Burgthor, das nach alter Art tief und stark gebaut und mit Fallgittern, Oeffuungen für siedendes Oel und Wasser und andern sinnreichen Vertheidigungsmitteln versehen war; auf einem gewundenen Schneckengang kam man aus den Felsenkammern in die befestigte, gleichfalls mit kriegerischen Geräthschaften angefüllle Wohnung und die ober» Säle und Triukgemächer, welche durch die Be­suche des vertriebenen Herzogs Ulrich von Württemberg Berühmtheit erlangt haben.

Sowohl im Bauernkrieg als im dreißig­jährigen Kriege ist die Burg der Zerstörung entgangen, dagegen hat der Zahn der Zeit den späterhin alsFörsterschloß" genannten und mehr und mehr vcrnachläßigten Rilter- sitz verfallen lassen, bis endlich die letzten > Trümmer im Jahre 1802 vollends abge- ! tragen und auf den Grundmauern der ! Burg ein modernes Försterhaus erbaut wurde, das überaus freundlich und luftig über dem tiefen Albthal schwebte.