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durch Oberbürgermeister Lauter folgender Festgrnß in prachtvoller kaligraphischer Aus­führung überreicht:Unserem hochverehrten Mitbürger, dem vollendete» Meister deut­scher Dichtkunst, Hrn. Dr. Joseph Viktor v, Scheffel, bringen mir heute zur fünf­zigsten Geburtsfeier im Namen seiner Vater stabt Karlsruhe frohen Festgruß und innigen Glückwunsch. Karlsruhe, den 16. Febr. 1876. Der Stadlraih." Eine große Anzahl hiesiger.Freunde widmet ihm einen kunstvoll gearbeiteten silbernen Lobreerkranz, der GesangvereinLiederkranz" eine kalligra­phische Adresse, der Verein hiesiger Künstler ein schönes Album niit eigenhändigen Erzeug­nissen der malenden Kunst. Die Stadt Radolfzell, auf deren Boden der Dichter sich ein bescheidenes Tuskulnm erbaut hat, ertheilte ihm ihr Ebreubürgerrecht und übersandte ihm den Bürgerbrief in pracht­voll von Werner in Aquarell ausgesührter Urkunde ans Pergament. Zahlreicher anderer Geschenke, darunter silberne Pokale, Kränze re. nicht zu gedenken. (Karls. Ztg.)

(Der Jubelsalamendcr in Wien.) Dem Leseverei» der deutschen Studenten, dem akademischen Gesangverein und allen Theil- nehmern des Festes am tt. Febr. 1876 hat Dr. I. V. v. Scheffel folgenden poetischen Dank gewidmet:

Als am zwölften Hornung das Frühroth mich

weckt',

Da saß, wie ein alter Bekannter,

Bor meinem Bett, auf drei Stühle gestreckt,

Ei» riesiger Salamander.

Er sprach, und sein kluges Augenpaar lacht': An der Donau sind Viel, die dich lieben;

Mich haben zu Wien dir um Mitternacht Zweitausend Sänger gerieben."

Herr G.tt!" rief ich klagend,Zweitausend

in Schaar,

Wie kann ich einzeln da danken?

Da müßt' ich das ganze nächste Jahr Salamandernd das Leben durchschwanken t

Nur eine Haupt- und Staatsaktion Kann zeigen, wie sehr Ihr mir theuer:

Steh' am, ich küß dich für Alle, mein Sohn,

Du fenchtfreundlich Ungeheuer!"

Der Kuß war schwierig, und als er saß.

War Plötzlich das Unthier verschwunden Doch Hab' ich am Plaz als Reisepaß Das Fetttelegramm gefunden.

Gott laß' Euern fröhlichen Sängermuth Noch manche Festblüthe treiben:

Der Singkunst war ich als Jüngling schon gut. Ich will's auch als Jubelgreis bleiben !

Karlsruhe, 12. Februar 1876.

Josef Viktor v. Scheffel.

In Lothringen freut man sich über das Schwinden des Schnees haupt­sächlich auch deßwegen, weil nun die Wölfe, die vor Hunger aus den Wäldern getrieben bis an die Thore der Städte sich vorwag­ten, wieder in ihr Revier zurückkehren. Die­selben sielen in letzter Zeit selbst Menschen an. So wurde am verflossenen Sonntag ein Eisenbahnarbeiter, der in Gorze ein wenig zu viel getrunken hatte, von diesen Thieren angefallen und am folgenden Mor­gen fand man nur noch den untern Theil seiner Beine, so weit sie in den Stiefeln stacken. In Tonville wurden drei Kinder, die nach La Chaussee gingen, von zwei Wölfen verfolgt. Zum Glück eilten auf das Nothgeschrei der Kinder die in der Nähe befindlichen Zollwächter herbei und. vertrieben die Wölfe durch Flintenschüsse.

(St. A.)

O e st r e i ch.

Wien, 18. Febr. Heute Mittag um 3 Uhr stieg das Wasser des Donaukanals rasch, fiel aber wieder um 5 Schuh, nach­dem Schuzdamm nächst Freudenau weg­gerissen. In den niedrig gelegenen Gassen des zweiten, dritten und neunten Bezirks dringt das Wasser bereits in die Keller. Der Zenlralkirchhof ist unter Wasser, die Beerdigungen daselbst sind eingestellt. Wien den 19. Febr. Die Donau ist in stetigem Steigen. Der Prater ganz unter Wasser und der Ausstellungsplatz bis zur Rotunde. Prag, 18. Febr. Abends. Das Wasser steigt fortwährend. Der Wosierstand beträgt 3 Meter über die Normalhöhe.

Ausland.

Dover, 18. Febr. Gestern Nach mittag erfolgte ein Zusammenstoß zwischen dem Dampfer Frankonia (Hamburg-Ameri­kanische Gesellschaft, auf der Fahrt nach Westindieii) und dem Glasgover Dampfer Strathelyde. Letzterer ist nntergegangen. Fünf Passagiere desselben sind gerettet, 52 ertrunken. Die Frankonia ist, stark beschädigt, in Dover vor Anker gegangen.

Die Karlisten -Herrlichkeit scheint zu Ende zu gehen. Nach einer der spanischen Regierung zugegangenen Depesche des spani­schen Konsuls in Bayonne, beabsichtigt die karlistische Junta eine Versammlung nach Villafranka einzuberusen, um Vorschläge über Friedensbedingungen zu machen.

Miszellen.

Kirche und Kapellen Neuenbürgs vor der Reformation.

1) Die Pfarrkirche war der heiligen Maria geweiht, wie aus einer im Staats­archive befindlichen in der Kauslei'sche» Oberamisbeschreibung abgedruckten Urkunde vom Jahr 1399 hervorgeht.

Im Jahr 1290, als Neuenbürg noch badisches Besitzthum war, wird in einer von dem Archivrathe Mone in seiner Zeit s brift zur Geschichte des Oberrheins an­geführten Urkunde eines an der Pfarrkirche Neuenbürgs angestellten Priesters, Hugo, erwähnt. Vor der Reformation gehörte sie zur Dicces Speyer, Archidiakonat St. Guido. Der erste evangelische Pfarrer in den Jahren 15361538 war Ivo Hein- zelmann.

2) Die St. Georgenkapelle (Schloß­kirche) wurde ohne Zweifel nicht lange nach Erbauung des alten Schlosses errichtet und erst später verändert. Der alte hohle Taufstein in derselben, welcher dem in der uralten Kirche in Kentheim bei Calw be­findlichen gleicht, scheint wenigstens noch aus der romanischen Periode zu stammen.

Eine Pfründe für den Capellan der Schloßkirche wurde am 16. Sept. 1399 von der Bürgerschaft Neuenbürgs mit Zu stimmung der Vertreter der Pfarrkirche und mit Bewilligung Graf Eberhards von Würt lemberg. dem für künftige Fälle die Prä­sentation übertragen wurde, gestiftet und hiebei der Graf gebeten, für dießmal einen ihrer Bürgersöhne dem Probst von St. Guido zu Speier, als Archidiacon ihrer

Kirche, zu präsentsten, was der Gras auch thun zu wollen versprach.

3) Eine weitere Nebenkirche war die Kapelle des heiligen Egidius. Sie stand im Thale in der Nähe des Schlosses und wurde am 2. Januar 1332 durch Graf Ulrich von Württemberg mit Einkünften von den Mühlen in Birkenfeld, Kapfen­hardt und der Grieser Mühle an der Alb dotirt.

Am 5. Febr. 1393 stiftete Edelknecht Reinhard aus rem Adelsgeschlechte der Schmaleusteine, welche, nachdem sie ihre bei Weingarten gelegene Stammfeste an die Pfalz verkauft, eine» Antheil an der Burg Straubeuhard und die Veste Cun- nenberg bei Conweiler erworben halten, für den Frühmesser zu St. Egidie», den zu Sl. Georgen in der untern Burg, für den Pfarrer zu Neuenbürg und den zu Gräfenhausen, für jeden 4 Viertel Wein­gült aus seinen Gütern in Niebelsbach, damit sie ihm auf Martini eine Jahreszeit halten und wenn er sterbe, eine Meile Wegs zum Grabe folgen, bis cr beerdigt sei. Als Zeugen sind in der Stistungs- urkunde genannt: Hans, Kirchherr von Smalenstcin, Grosconz von Smalenstein, Conz von Smalenstein, genannt der Mutter­sohn. Am 12. Febr. 1528 wurden unter österreichischer Herrschaft die Einkünfte der Egidiuskapelle durch König Ferdinand der Pfarrkirche Neuenbürgs zugetheilt. Den Platz, wo die Kapelle stand, sinnt man nicht mehr. Dr. Lutz. ^

Ein » § ues, als wirksam er­probtes Mittel gegen die Klee­seide schlägt Duponchel im Schwe­felcalcium vor. Die Menge, in wel­cher dasselbe aüfgcstreut werden solle, sei in das Ermessen des Arbeiters gestellt, welcher dieses Geschäft zu besorgen hat. doch könne man wohl 100200 Grm. pro Quadratmeter im Durchschnitt rechnen. Mit einem Sack von 100 Kilo reiche man schon sehr weit und könne viele Kleeseidenflecken vertilgen. Verfasser verfährt bei Anwendung dieses Mittels in der Art, daß er die mit Kleeseide bewachsene Stelle des Feldes abmähen läßt, die abgemähten Pflanzen entfernt und die Stelle mit dem Mittel bestreuen läßt. Der Erfolg ist ein fast augenblicklicher; 24 Stunden danach ist die Kleeseide völlig verkohlt. Allerdings bedarf es dazu eines gewissen Feuchtigkeits- - geholtes der Luft (starken Thaufalles rc.), !

ohne diesen bleibt das Salz unwirksam.

Eine Riesen-Omelette wurde dieser Tage auf der Brennerbahn bereitet.

Am 5. ds. gerieth nämlich nächst Kufstein aus unbekannter Ursache ein Eisenbabn- waggon in Brand, der als Ladung 120,000 Eier enthielt. Man kann sich vorstellen, . was das für eine Niesen-Omelette gegeben j hat; leider war keine Butter dabei. ^

Anzeigen für den Hnzthäter vermitteln in Pforzheim: Hr. tztto Htircker; in Witdvad: Hr. H. Schoöerl.

Mit einer Beilage.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg. (Markt- und Thalstr.)