' 308

Wege der Schätzung könnten wir auch den Gclrünkeverschiuß des Wirlhes bemessen. ES wird bei dieser Schatzung natürlich ein gewisser Anhaltspunkt der seitherige Ver­brauch sein, soweit der Wirth nicht etwa die Wirthschaft beginnt, aber es kann dieser Verlrauch nicht das einzige Moment sein, cS spielen ja noch viele andere Umstände mi. Wir haben in unserem Gewerbe- stenergesetz eine Kommission zur Einschätzung der Gewerbe, ich glaube wir könnten diese Kommission auch verwenden bei Feststellung des AuSschanksqnantnins eines WirlheS; es ist nicht sehr schwer, je nach der Lage der Wirthich nt, nach den persönlichen und sonstigen Verhältnissen zu bestimme», was voraussichtlich der Verschluß sein wird, und es ergeben sich auch in Bezug aus den Preis keine Schwierigkeiten weih der Preis­unterschied nicht sehr erheblich ist. Wie heule schon geltend gemacht wurde, unter­liegt nämlich nach de» Zollv.reinsoerträgen der AnsschankpreiS über 35 kr. pro Liter keiner weiteren Steuer. Die Weinpreise sind aber allmählig so gestiegen, daß der Preis von *5 kr. nicht mehr zu den be sonders hohen gehört, vielmehr die Regel bildet. Ans all diesen Gründen möchte ich den Antrag der Minorität in dem Sinn einpsehlen, daß die K. SlaalSregierung in wiederholte Erwägung zieht, ob und in weit sich das bestehende Gesetz abändern läßt, insbesondere wie es möglich wird in Er­manglung einer Vereinbarung durch Schätzung den Abgabesatz der Wirlhc sestznhalten.

Wir werden dadurch die Kontrole des Getränkeverkehrs nicht ganz beseitigen können, aber wir werde» die Kontrolemaß- regeln erheblich vermindern und damit auch an dem Aufwand für die Kontrole Ersparnisse machen können."

Stuttgart den 22. Juni. Die Vorbereitungen zum fünften deutschen Bundesschießcu gehen in geregelter Weise vor sich und insbesondere erfreut sich das Wohnungskomilö, dessen Ausgabe gewiß nicht die leichteste ist, bis jetzt sehr günsti­ger Erfolge. Bis heute sind für die Schützcngäste bereits 3500 Betten von hier angemeldet und neue Anmeldungen sind noch in erfreulichem Zuge. Cannstatt hat auch eine große Anzahl Quartiere in Aussicht gestellt und für allenfalls noch beschaffende Massenquartiere sind von der Militärverwaltung in sehr entgegenkommen­der Weise eine große Anzahl Matrazen und Decken zugesagt. Man kann heute schon mit ziemlicher Sicherheit annehmen, daß alle Gäste, so groß deren Zahl auch werden möge, Ausnahme finden werden.

Stuttgart, 21. Juni. Nach der neuen Geschäftsordnung werden auf der Zuhörergallerie der Kammer der Abgeord­neten von der nächsten Sitzung, Donnerstag 11 Uhr, an auch Damen zugelassen.

Stuttgart, 2k. Juni. Zur Feier der 2öjührigen politischen Thätigkeit als Abgeordneter und zugleich als Vorfeier der am 18. Juli stattfindenden silbernen Hoch- l zeit des Herrn Kammerpräsidenten Hölder" gab die deutsche Partei Württembergs! ihrem Führer gestern ein Fest im Saale des Bürgermuseum. I

Stuttgart, 16. Juni. Der hiesige Frauenverein, dem schon so manche nützliche Anstalten ihr Dasein danken, wird jetzt zur Gründung einer Schule für Kinder­gärtnerinnen nebst Fröbel'schem Mnster- kludcrgarten schreiten.

In das Bciraths - Collegium der K. Ceutralstelle für Gewerbe und Handel sind für die nächsten drei Jahre berufen aus der Handels- und Gewerbekammer in Calw: Herr I. Stälin, Fabrikant daselbst, Vorstand der Handels- und Gewerbekammer und Hr. Ed. Leo, Holzhündler in Höfen.

Hall, 20. Juni. Ein trauriger Fall, der gottlob zu den Seltenheiten gehört, hat sich kürzlich in dem benachbarten Ellers- Hosen zngetrageu. Ein Familienvater im kräftigsten Manncsalter war mit Fassen eines Bienenschwarmes beschäftigt und halte dabei versäumt, die Gesichtsmaske aufzu- sctzen. Unversehens sticht ihn eine Biene in's Gesicht, dieser Stich hat so giftig ge wirkt, daß der Mann im Verlauf einer halben Stunde, ehe ärztliche Hilfe zur Stelle geschafft werden konnte, eine Leiche war.

*Wer zum Abrunden sich nicht will verstehen.

Vor Aerger und Kupfer zu Grund wird gehen."

Dies kleine leicht behaltbare Reimleiii möchten nur gerne allen denen, die vor anderen von der Einführung des neuen Geldes betroffen werden, also allen unseren Geschäftsleuten recht eindringlich zur Be­achtung empfehlen. Daß ältere Leute, die Jahrzehnte lang niit dem alten Geld ge­rechnet haben, nicht so schnell die enorme Erleichterung des Rechnens durch das neue Geld Ansehen können, ist ihnen nicht zu verargen; leicht bleibt die Rechnung doch für alle, die sich möglichst schnell ganz in dieselbe einleben. Dagegen ist es eben so gewiß, daß alle die sich das Rechnen mit dem neuen Geld erschweren und nothwendig 34mal größere Geldbeutel als bisher sich anschasfen müssen, glauben, es sei auch fernerhin durch­weg die Kreuzerrechnung allem Rechnen zu Grunde zu legen. Wird diese Meinung auch von den Geschäftsleuten getheilt, so verliert für viele derselben das neue Geld die meisten seiner Vortheile. Dies soll den Geschäftsleuten uachgewieseu werden, die ausgesprochener Maßen jene Mei­nung haben. Tie Bäcker werden uns künftighin 6 Pf.-Wecken liefern, Aber eben das, meine Herren, ist mit Verlaub zu reden, recht unpraktisch. Kauf ich 1 Wecken, so Hab ich 2 Kupferstücke hinzu­legen, kauf ein Paar, so 1 Nickel- und 1 Kupferstück; für 3 Wecken 1 Nickel und mindestens 2 Kupferstücke, ich kann aber auch 4 einzelne Pfennige bringen. Will ich meinen Freund Bäcker nur niit Silber bezahlen, ohne daß er mir herauszugeben hat, so muß ihm schon 20 Wecken mit­nehmen. Warum denn aber dieser Preis? Wär es denn wirklich so ungeheuer schwer, ein Paar Wecken um den Preis von 10 Pf. zu backen, und dann diesem neuen Wecken

um volle 4 Pf. mehr Mehl zu geben? Würden sich die Bäcker zu dem entschließen, so würden sie kein einziges Kupfer­stück zum Heransgeben brauchen, und würden die leichteste Rechnung von der Welt haben. Dadurch aber, daß sie noch die alte Kreuzerrechnnng zu Grund legen, werden sie bald vor Kupfer sich nicht mehr bewegen können.

Ebenso könnten die Bierbrauer den Stoff, den sie jetzt zu 12 Pf. den Schoppen liefern füglich zu 10 Pf. schenken. Wächst bis Herbst ein guter 75er, der dann etwa zu 20 -30 Pf. der Schoppen zu haben sein wird, so mag Niemand mehr 12 Pf. für Bier hinlege»; zu 10 könnte man sich etwa noch verstehen, vorausge­setzt natürlich, daß das Bier trinkbar ist. Also sollen wir einen Rath gebe», so möchten wir allen Geschäftsleuten zurufen: Runden sie ab, meine Herrn auf 5, 10, 20, 30 rc. Pf., runden sie stets nach nute» ab, so werocn nicht blos ihre Kunden eine große Freude haben, sondern auch werden sie sich selbst viel Aerger und alles Kupfer fern halten.

M izell en.

Eine Episode aus dem Leben Handels.

(Fortsetzung.)

Händel saß in seinem Zimmer über sein Werk gebeugt und ging die Eompo- silion in ihren einzelnen Theilen nochmals sorgfältig durch. Als er zu dem letzten Amen" kam, haftete sein Auge lange darauf, bis eine Thräne auf das Blatt siel. Empfange, gütiger Vater im Himmel meinen Dank für dieses Werk!" sprach er gerührt.

Ani Abend besuchte er John Farren's Taverne, Hogarth war schon da und ries ihm entgegen:nun wie sind Sie mit der Hauptprobe zufrieden gewesen, werden Ihre Sänger und Sängerinnen ihre Sache morgen gut machen?"

Ich hoffe, es soll gut gehen, Joseph und ich haben sie fleißig geschult, nur d.r erste Sopran ist mangelbaft, es thut mir leid um meine schönen Melodien"

Hier streckte Joseph Wach seinen Kopf ins Zimmer und rief Händel hinaus.

Was willst Du?" fragte dieser er­staunt und folgte dem Rufe, während John Farren ihm ein anhaltendes GAäcb er nachschickte. Joseph führte den Meister oie Treppe hinauf bis in sein eigenes Zimmer, in welchem er zu seinem großen Erstaunen Ellen, des Wirlhes Töchterlein, vorfand.

Kinder, was bedeutet dieß?" fragte Händel mißbilligend, doch Joseph begann:

Meister, ich danke Euch Alles, Ihr nahmt Euch meiner an, als ich fremd in dieses Land kam: Um mich zum Sänger zu bilden habt Ihr manche Stunde geopfert, keine Mühe gescheut. Es hat mich oft tief bekümmert, zu hören, wie weit die Sänger in diesem Lande hinter Euern Compositionen Zurückbleiben." Händel seufzte,nun wohl! da habe ich denn ver­sucht eine Sängerin für Euch zu bilden, hier ist sie," und er wies ans Ellen.

(Schluß folgt.)

Mit einer Beilage.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. M ee h in Neuenbürg.