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geben, bekam Herzklopfen und erröthete bis an die Haarwurzeln.
Der Oberst war eigentlich in keiner geringeren Verlegenheit; denn es ist wahrlich nicht leicht für einen hohen Vorgesetzten, seinem tief Untergebenen eine seiner Töchter anzubieten-
Er trommelte sich mit den dürren Fingern auf den Knieen herum, versuchte sogar einige male zu pfeifen und warf ab und zu eine» Seitenblick auf den Fähn- rich, was diesen immer mehr in Bestürzung versetzte.
Der Frau Obristin kribbelte es überall, als sie das sah, und sie mußte sich die größte Gewalt anihun um nicht ihrem Galten zu Hülfe zu eilen.
„Was macht Ihr Papa, lieber Ploot?" begann endlich Scharrnagel sichtbar erleichtert weil er das Eis gebrochen.
' „Ich danke geborsamst, er ist ganz gesund, Herr Oberst!" entgegnete der Fähnrich, mit einem Versuch aufzustehen.
„Bitte, bitte, bleiben Sie doch sitzen lieber Ploot! — Hm, hm hm! — Und Und Jbre Frau Mutter doch hoffentlich auch recht wohl?"
„Ich danke gehorsamst ... zu Befehl Herr Oberst!"
„Bitte, bitte, bleiben Sie doch sitzen lieber Ploot. — Hm bin km! — Werde Sie nun bald zum Offizier vorschlagen, lieber Ploot,"
' Der Fähnrich erröthes« und machte eine kleine, fast mädchenhafte Verbeugung.
' Die Augen der Hausfrau gingen von einem Munde zum andern, als wenn sie die Worte, die sie nicht hören konnte, ab- lesen wollte.
j Der Oberst trommelte wieder mit den Fingern auf feinem Kaie und schien darüber nachzudenken, wie er nun fortfahre» sollte.
„Wünschen Sie denn" . . . begann er /ndlich wieder . . „hier in Scharwenzel zu bleiben . . oder soll ich Sie nach einer ander» Garnison versetzen?"
' Ser Fähnrich erröthete tief über die ganz/außerordentliche, ihm noch nie zu 'Theil gewordene Gnade des Allen.
„O . . wenn der Herr Oberst mich hier lassen wollten" . . . stammelte er dann . . . „das wäre mir natürlich . . ."
„Es scheint allerdings etwas a» der Geschtchte zu sein," dachte der Commandeur; was meine Frau für schan'e Augen hat — Wenn man nur erst wüßte, welche! Dem Bengel muß man ja jedes Wort einzeln aus dem Munde ziehen."
„Na . freut mich, daß Sie gern bei mir bleiben" . . . fuhr er dann fort; „bin ja auch immer wie ein Vater gegen Sie gewesen .... und werde es auch fernerhin sein , . .
Der Fähnrich machte auf seinem Stuhls' eine Verbeugung,
„Ob er mich mobl verstanden hat?" Kilectirte Scharrnaget; „wollen mal ein Bischen weiter fühlen."
„Weshglb besuchen Sie mich nicht einmal ?" begann er von Neuem; ich würde mich wirklich freuen. Sie bei mir zu sehen."
„Mein Gost was mag denn der Alte von mir wollen?" dachte der Fähnrich,
„so ist er ja noch nie gewesen" . . .
„Ein junger Mensch bedarf des RatheS", fuhr Sckarrnagel fort, „schließen Sie sich mir vertrauensvoll an . . wenn Sie Etwas auf dem Herzen haben, sprechen Sie es offen und ehrlich aus."
„Der Fähnrich, der nicht mehr röther werden konnte begann jetzt zu transpiriren.
„Ich glaube, nun weiß er, was ich meine!" dachte der Oberst, „nun wird die Geschichte wohl in Gang kommen. Mir ist auch ordentlich warm dabei geworden."
„Wenn ich blos wüßte, was er will!" zerbrach sich der junge Ploot den Kopf, „wenn er doch frei mit der Sprache herausginge.
(Fortsetzung folgt.)
Aus Leid zur Freude kann man bei nachfolgendem Falle sagen. In einem der erste» Frankfurter Hotels weilte seit einigen Wochen eine Americanerin mit ihre» Kindern, die Rückkehr ihres Gatteil von jenseits des Oceans erwartend. Nach seinen Briefen sollte die Reise mit dem Schiller" bewerkstelligt werden; der Platz auf demselben war bereits belegt. Wer beschreibt den Schmerz der Frau und ihrer Kinder, als die Nachricht von dem Untergang des Schiffes eintraf! Für sie unterlag eS keinem Zweifel, daß der Gatte und Vater n den Wellen sein Grab gefunden habe, da sogar in dem telegraphischen Berichte der Frankfurter Zeitung der Name des Mannes unter den Paffagieren des „Schiller" ausgesührt war. Doch aus Nacht zum Licht sollten die Armen gelangen. Vorgestern traf eine Depesche ein, in welcher ihnen mitgetheilt wurde, daß unvorhergesehene Hindernisse die Anreise mit dem „Schiller" trotz hinterlegtem Fahrgelde unmöglich gemacht hätten und die Ankunft mit dem nächsten Staemer bevorstehe. Die Thränen der Trauer verwandelten sich in die der Freude. Wir wünschen den Geprüften ein fröhliches Wiedersehen.
Ueber die gegenwärtigen HeereS- verhältnisse der europäischen Staate» enthält das hervorragendste französische Mitilärorgan, das „ckourna! ckös »cieneeL militaires/ folgenden ebenso interessanten als namentlich in Beziehung auf die deutsche Heeres macht günstigen und bedeutsamen Vergleich. Frankreich stellt 38 Divisionen auf, Rußland 69, Deuifchlaud 56, Oesterreich 34, Italien 28. Von 1000 Einwohnern stellt Spanien 13, England 17, Rußland 18.6, Portugal 19, Norwegen 21 in die Armee ein, Frankreich hingegen 29.8, Oesterreich 30, Deutschland 33.4, Serbien am meisten, nämlich 107 non Tausend. Unter den tragbaren Schußwaffen zeichnen sich das deutsche Ma u s e r g ew e h r vor allen europäischen Waffen, namentlich durch große Anfangs- geschindigkeit des Geschoßes vortheilhast aus, ebenso überragt Deutschland alle Heere durch die Zahl der verfügbaren Waffen. Frankreich besitzt 1,700,000 Chassepots und wird mit Anfang 1876 theils durch Umänderung derselben, theils durch Neubeschaffung 2,100,000 Grasgewehre besitzen. Ein fernerer Vorzug Deutschlands beruht
in der ausschließlichen Ausrüstung seiner Artillerie mit G u ß st a h l - Hinterladungsgeschützen. Hinterladungsgeschütze theits von Gußstahl, theils von Geschützbronce führen außerdem die französische, russische, wie rbeiweise auch die italienische und spanische Armee. Vorder- ladungsgeschütze besitzen »och die englische, österreichische und türkische Armee; doch ist für diese letzten beiden Armeen ebenfalls bereits die Ausrüstung mit Hinterladungs- geschützen in Aussicht genommen. Mitrail- leusen führen die französische. russische, englische, österreichische, belgische und holländische Armee. Der Reichlhum an Pferden ist am Größten in Rußland; ihm folgen Oesterreich, Deutschland, England und Frankreich. In einzelnen Staaaten ist die Bevölkerung zu sehr durch den Kriegsdienst belastet, ohne daß deßhalb doch ein tüchtiges Heer geschaffen wird, wie z. B. in Serbien. Andere Staaten, wie Oesterreich u»o Italien sind in der Entwicklung ihres Wehrwesens durch ihre traurige Finanzlage gehemmt. Nur Deutschland allein erfreut sich eines allseitig ausgebildeten kriegsbrauchbaren Heeres. Das französische Heerwesen hat bedeutende Fortschritte aufznweisen, doch muß noch gar Vieles geschaffen werden.
Von der K a i s e r r e i s e in Dalmatien wird folgende verbürgte Historielte mitgetheilt, die als sehr bezeichnend verewigt zu werden verdient. Der Bürgermeister eines Städtchens, das Franz Joseph mit seinem Besuche beehrt hatte, stellte die Bitte, der Kaiser möge den Grundstein zu einem Waisenhanse legen, welches die Stadt zu bauen beabsichtigte. Als diese Absicht des Bürgermeisters bekannt geworden war, machte eine Persönlichkeit aus der Umgebung des Monarchen denselben aufmerksam , daß man, wenn der Kaeser den Grundstein gelegt haben werde, wahrscheinlich noch mit anderen Ansprüchen an seine Privatschatulle zum Ausbau des Waisenhauses hervorlreten dürfte. In Folge dessen richtete der Kaiser an den Bürgermeister, als dieser seine Gltte'vortrug, die Frage, ob denn die Stadt auch die uölhigeu Fonds zur Gründung der humanen Anstalt besitze. Mochte nun der Bürgermeister in dieser Frage des Kaisers wirklich die Vernichtung gewisser Hoffnungen sehen, otur war es das leicht aufwallende Blut des nur halb gezähmten Dalmatiers,— genug, der Bürgermeister erwiederte ohne Besinnen : „Majestät, aus derselben Quelle von wo diese arme Stabt die 40,000 Gulden zum festlichen Empfange Eurer Majestät genommen, werden auch die Fonds Herkommen, mit denen das Waisenhaus gebaut werden soll." Sprachs — -- und der Kaiser hat den Grundstein nicht gelegt.
Liederkran)
Heute 8 Uhr.
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