Die geängstigte» Frauen weinten, und daS Ende vom Ende vom Liede war, daß die Braut sich entschließen mußte, die Ver­lobung aufzuheben.

In Kreisen, die dem Reichskanzler nahe stehen und Einfluß auf ihn haben ventilirt man ein Projekt, welches den Zwillingsbruder der Handelsfreiheit, näm- lich die G e w e r d e i r e i h e i 1, wieder in gewisse Grenzen zurückiveiseu will. Der notorisch üblen Lage, in der sich die In­dustrie befindet, soll von einer Seile bei­gekommen werden, welche so sagt man die Wurzel alles Hebels sei. Es handelt sich nämlich, der Elbs. Ztg. zufolge, um nichts mehr und nichts weniger, als nm die gesetzliche Einführung einer etwa vier­jährigen obligatorischen Lehrlingszeit, welche sowohl die Moralität der Arbeiter wie die Qualität der Arbeiten zu bessern geeignet sein soll. Natürlich soll das Lehrlingssystem nach dem für Fabriken »othwendigen Zu­schnitt eingerichtet werden; bekanntlich ver­folgt man gegenwärtig in England dieselbe Tendenz.

Die Dresdener Nachrichten schreiben: Eine edle Hamburgerin, Frau Johanna H elmcke, ist jüngst in Dresden gestorben, welche immer für leibliches uns geistiges Elend ein offenes Auge und eine offene Hand hatte. Sie war mil Major Serre, Gutzkow, Hammer re. Gründerin der äußerst wohlthätigen Schillerlotterie und Schiller- stiftung, zu welcher sie 2000 Thaler bei­steuerte. In ihrem Testament schenkte sie 10,000 Thaler zur Aufbesserung sächsischer Lehrcrstellen, 5000 Thaler zu jährlichen Weihnachtsgeschenke» für Leipziger Schrift­steller, 2000 Thaler zur Pensionskasse des Dresdener Hoflheaters, 2000 Thaler zu einer Kinderheilanstalt, 2000 dem Thier- schutzverein, 2000 einem andern Hülfs- verein und endlich 5000 Thaler der Mozart­stiftung in Salzburg. Im Leben hat diese Wohlthäterin viel Undank erfahren, sich jedoch dadurch nicht gegen die Menschheit verbittern lassen.

Die mecklenburgische Ver­sa s s u n g s - A n g l e g e n h e i t ist be­kanntlich auf den Sand gerathen. Der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin hat den besten Willen, wenigstens Etwas zu thun. der Feudal-Adel wirft sich ihm indessen hartnäckig entgegen und macht alle seine Bemühungen illusorisch. Es scheint nun, daß doch um Hülfe von Reichs wegen gebeten werden soll, da die Neichsregierung den vielfachen Anträgen des Reichstages gegenüber die Hände nicht mehr in den Schooß legen kann.

Württemberg.

Stuttgart, 11. Mai. Gestern und heute fand, nach beendigtem Bataillons- Exerzieren, die Vorstellung der Bataillone des I. Grenadier-Regiments (Königin Olga) vor dem kommandirenden General von Schwarzkoppen auf dem Degerlocher Exer­zierplatz statt. Nach Beendigung ihrer sechs­wöchentlichen Uebung werden heute die eingerückten Offiziere und Vizefeldwebel entlassen, ebenso die 1. Abtheilung der zu

I2tägiger Uebung cinberufenen Reservisten, wogegen am Dienstag die 2. Ablheilung zu gleich langer Dienstleistung einrückt.

Cannstatt, 13. Mai. Die bürger­lichen Kollegien haben sich hinsichtlich des König . Wilhelms - D e n k ni a l s für den Wilhelmsplatz entschieden. Der Beschluß wird noch Sr. Majestät dem Könige zur endgiltigen Entscheidung vorge­legt werden.

(Heilbronner Weinmarkt.) Am I I. Mai fand hier der jährliche Wein- markt statt. Zu demselben wurden über 15,000 Hektoliter deutsche Weine und eine große Menge außerdeulscher, Schaumweine und Spirituosen angemeldet. Zieht man dabei noch größere, entweder gar nicht, oder doch zu spat angezeigte Partieen in Betracht, so dürfte sich mindestens ein Quantum von 23 bis 24,000 Hekt. er­geben. Vorzugsweise waren 1874er ver­treten, auf welche sich auch fast ausschließ­lich das Geschäft beschränkte. In alten, wenn auch sehr guten Sorten war fast gar kein Umsatz. Die gesteigerten Hoffnungen auf einen reichlichen I875r Jahrgang trugen allerdings dazu bei, den Verkauf bei etwas niedrigen Preisen schlep pend zu machen. Wohl werden nachträg­lich durch die gemachten Bekanntschaften, wie auch früher noch manche Verkäufe staltfinden und bieten die Vorräthe in un­serer Stavt und Umgebung hiezu die beste Gelegenheit, besouvers in vorzügliche» 1874er Sorten. Die Preise der verkauf­ten Weine stellten sich bei Heilbronner 1874er weißen auf 30, 33, 36 bis 40 fl. bei rothen ans 36 bis 40 fl.; Ausstich- Weine entsprechend höher; bei 1874er der Umgebung von 28 bis 40 fl. 1870er wurde zu 27 fl. und eine Partie Ung- steiner 1874er sehr guter Qualität zu 48 fl. verkauft. Alles per Hekt. Sonst wa­ren die Preise der älteren Weine mehr nominell. (S. M.)

Biberach den 10. Mai. Die starken Schrannenzusnhren, sowie die günstigen Ernteaussichten drücken die Fruchtpreise, namentlich beim Korn, allmählig herab, so daß die Landwirthe bereits beginnen, über zu niedrigen Korupreis zu klagen. Gerste und Haber werden immerhin noch zu sehr annehmbaren Preisen abgesetzt, ins­besondere aber der Haber, für welchen 5 fl. und selbst darüber pr. Ztr. bezahlt werden; das Korn ist kaum um 3648 kr. pr. Ztr. theurer als der Haber. Von den Landwirthen unserer Gegend hört man, häufig über Mangel an Dienstboten besonders weibl. Geschlechts, klagen. Die Löhne der Bauernmägde haben deßhalb in hiesiger Gegend eine noch nie dagewesene Höhe erreicht, indem dieselben Jahreslöhne von 5060 fl. an Geld und dazu noch Kleidungsstücke, Leinwand rc. im Werthe von 1520 fl. erhalten. Bauernknechte kommen auf 100150 fl. zu stehen. Leider muß man die Erfahrung machen, daß die Dienstboten selbst bei diesen hohen Löhnen neben ganz guter Verköstigung wenig oder keine Ersparnisse machen, manchmal sogar noch Schulden zurücklassen. Die Witte­

rung im Mai läßt bisher nichts zu wünschen übrig. (S. M )

Calw, 14. Mai. Seit Eröffnung der Nagoldbahn von Pforzheim bis Horb beklagte man es, daß es an direktem An­schlüsse von weiterher, wie Mannheim. Heidelberg, Frank-urt, Karlsruhe, fehlte, und daß dadurch die wahre Bedeutung dieser Linie, der kürzeste Weg vom Rhein in die Schweiz zu sein, vereitelt werde. Durch den nun eingefügten Schnellzug Frankfurt-Zürich, welcher über Pforzheim- Horb befördert wird und sich in Horb mit dem Stuttgarter Schnellzug vereinigt, ist dieser Klage abgeholfen, und die Bahn in ihre Rechte eingesetzt. Die Strecke Frankfurt-Zürich wird dem Vernehmen nach in 12 Stunden zurückgelegt, und diese Reffe ist eine^o schöne und inleicffanie, daß der Schnellzug gewiß stark sre- quentirt wird. Der 2 Stunden von hier gelegene Toristich bei Würzbach, wel­cher den besten Tors liefert, noch besser als der Burgauer, liegt schon seit vielen Jahrer brach, obschon der Absatz desselben vollständig gesichert wäre. Auf mehrfache Bitten der hiesigen Handelskammer hat nun die Forstvcrwaltung eine Verpachtung desselben behufs dessen Ausbeutung auch in kleineren Theilen versucht, ob mit oder ohne Resultat, ist bis jetzt noch nicht be­kannt, doch sollen die Forderungen des Staats sehr hohe sein.

Schramberg, 8. Mai. Die Anie- rikaner-Uhren-Fabrik der HH. Gebrüder Junghans hier läßt seit neuerer Zeit nur noch 4 Tage in der Woche arbeiten und an diesen erst Morgens 7 Uhr beginnen; auch anoere Uhrenfabriken haben in der Zahl ihrer Arbeiter Reduktion eiutreten lassen. Möchte es bald besser werden.

Gräfe nbausen, 18. Mai. An der Kamerz des Grünhoswirth L u z be­finden sich blühende Trauben und Schoße 3" lang.

Ausland.

Genf, 8. Mai. In einem großen Eisblocke, welcher sich in Folge des Thau- wetters vom Mont-Blanc losgelöst hatte, hat man dieser Tage den Körper eines Amerikaners Namens John Blacksord ge- gefunden, der vor drei Jahren den Ver­such gemacht hatte, den Monl-BIanc obne Führer zu ersteigen, und von dem man seitdem nichts wieder gehört hatte. Die Kleidung und die Gesichtszüge des verun­glückten Touristen -waren vollständig gut erhalten.

Amerika. Verschiedene Milleriken, Anhänger einer ReligionSfecle, welche den Untergang der Welt schon so oft als nahe bevorstehend prophezeit, haben sich aber­mals geirrt, denn sie erwarteten denselben hier am Samstag Nachts (17. Apris), be­stimmt, aber, wie die Welt weiß, er kam nicht. Mehrere dieser Weltuntcrgangs- leute, wie man sie hier zu nennen pflegt, hatte» all ihr Hab und Gut verschenkt.