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Miszellen.

Ire kleine Schwarze.

Soldaten-Humoreske von A. v. Winterfeld.

(Fortsetzung.)

Nachdem alle Begrüßungen durckaemacht find und sich verschiedene kleine Gruppen gebildet haben, erscheint Knüller, der Bursche, in seiner besten Stalljacke, spiegelblank ge­wichsten Hosen, glattgekämmten Haaren und blaugeängstigten Backen, ind.m er das Präsentirbrett mit den Bouilloutassen ohne Ei dermaßen krampfhaft festhält, daß die grünliche Flüssigkeit in steter Gefahr ist, üoerzuschülpern. Hinter ihm geht die dicke Hanne, in kurzen Aermeln und weißer Küchenschürze, und nölhigt Jeden mit emigen freundlichen Worten, doch noch mehr K:chcn zu nehmen.

Als die Bouillon dinnntergeschlürit mar, erschien der compaetere Tbeil des Soupers und die vollgeschenkten Weingläser, welche einen fast betäubenden Pomcranzengeruch durch das ganze Zimmer verbreiteten.

Die Nasenflügel der Offiziere setzten sich in Bewegung und die Lippen spitzten sich, und die Damen thaten, als wenn der Wein sie beißen würde; bald kam aber eine ganz andere Stimmung über die Gesell­schaft, und als sich die Nachricht verbreitete, daß heute die silberne Hochzeit des Herrn Obersten sei, wollte das Gratuliren und Gläserklingen gar kein Ende nehmen.

Der alte Scharrnagel schmunzelte auf beinahe pfiffige Weise, wenn ihm Jemand die Hand schüttelte; die Frau Obristin knixle überallherum, beobachtete jeden männ­lichen Blick und verstand überall falsch; die Fräulein Töchter amüsirten sich wie noch nie zuvor in ihrem Leben, der Ritt­meister von Grollbart und der Lieutenant von Hackebrett hatten schon teuerrothe Ge sichrer bekommen; der Premier von Immer­fort machte immer verliebtere Augen und wackelte immer mehr mit dem Schnurrbart, worüber sich die Obristin so freute, daß sie ihm die Bewegungen unwillkürlich nach­machte; der Oberlehrer Flötermann stopfte unglaublich viele Eßwaaren in seinen langen ausgedörrten Körper; der Regimentsarzt Dr. Zimftade» sah auS, als wenn er vor Langeweile gestorben wäre; der Apotheker Schwalbach trompetete öfter als gerade uolhwendig in sein rothieidenes Taschen­tuch. seine beiden Damen fühlten sich ver­nachlässigt; der Posthalter Schaffner hatte sich au ein Fenster gebellt, als ob er von dort aus besser das Ertrapost-Sjgnal hören könnte, der peusionirte Steuerrath Grulich rieb sich ab und zu die noch schmerzende Zehe an der gegenüberliegenden Wade, und der Fähnrich von Pivot halte sich in eine Ecke gesetzt, und trank vor Ver­legenheit nicht, warf manchmal einen schüch­ternen Blick auf die jüngste Tochter vom Obersten und schlug, wenn dieser zufällig einmal erwiedert wurde, fast mädchenhaft die Augen wieder zu Boden.

Hast Du gesehen, Philipp?" flüsterte die Obristin an ihrem Gatten empor.

Was denn schon wieder?" brummte der Alte, der auch schon ein Bischen ani- mirt onSsah.

Na,

Der kleine Ploot sicht die Johanna immer an!"

Na, laß ihn doch!*

Wie??"

Du sollst ihn doch lassen!"

Er will wohl blos spaßen? höre einmal, so sieht er mir gar nicht aus. Das liebe Kind hat ein so ehrliches Auge und so offene Züge, hinter denen kein Arg lauert. Er ist aber zu blöde . . er ge­traut sich nicht ... Du mußt ihm etwas entgegengekommen" . . .

Na, das fehlte mir noch!" knurrte der Oberst, gute?»

Das sollte mir noch fehlen;"

I, quälen brauchst Du ihn ja nicht . . das verlangt ja Niemand von Dir; aber ihn ein bischen encouragiren, damit er den Mund ausmacht. Was nützt uns denn alle seine Liebe, wenn er nicht den Mund aufmacht? Nor allen Dingen muß man doch wissen, woran man ist."

Der russische Schoner Charlotte war mit Steinkohlen beladen und von Shields nach Brunshausen bestimmt. Den 20. März, bei starkem N. W. Sturm und heftigem Schneegestöber trieb derselbe mit dicht ge­refften Segeln auf die Telloplatte bei Ballrum und wurde in kurzer Zeit total wrack. Um 4 Uhr Morgens nahm das Schiff, welches sich zwar noch aiff flottem Wasser, jedoch wohl schon in Bereich der sog. Gruudseen befand, eine Sturzsee über, die alles an Bord unter Wasser setzte. Nachdem sich das Wasser etwas verlaufen hatte, und man nach dem angerichteten Schaden sehe» konnte, fand man, daß die Böte zertrümmert und der Kapilän über Bord geschlagen sei. Derselbe blieb ver­schwunden , Niemand hat wieder van ihm gesehen noch gehört. Um 6 Uhr Morgens stieß der Schooner zum ersten Mal auf Grund - Bor der GewalUder jetzt ununter­brochen über das Schiff hinrollenden Wellen .. . ' flüchtete sich die Mannschaft in die Wanten,

t diesen Worten stemmte sie ihre^ber die Masten brechen nicht lange nachher

kurzen, fleischigen Hände dem alten Mann in den Rücken und brachte ihn in Gang, und als er dann, ohne fernere fremde Hülfe seinen Weg fortsetzte, nahm sie eine verdeckte Aufstellung und zitterte am ganzen Leibe in Erwartung der Dinge, die sich nun dort ereignen würden.

Der Oberst ging sehr langsam durch das Zimmer, denn der Auftrag den er jetzt ansführen sollte, widerstrebte eigentlich seiner innersten Natur; aber was thul nicht ein Vater, wenn es gilt, das Glück seines Kmdes zu begründen!

Als er noch einige Schritte von dem Fähnrich von Ploot entfernt war, erhob sich dieser von seinem Stuhl und stellte sich militärisch grade.

(Fortsetzung folgt.)

DasMainzer Tagblatt" bringt folgende Anekdote:Aus dem hiesigen Viehhofe kam am letzten Markttage ein seltsamer Kauf zum Abschlüsse. Ein Bauer aus der Pfalz war mit einer Kuh anwesend und verlangte dafür von einem Metzger 90 Gulden. Nasch antwortete der Metzger: Du bekommst 150 Gulden, aber in wöchentlichen Raten von 6 Kreuzern? Das hohe Angebot überraschte den Bauer so sehr, daß er sofort einschlug und der Handel war abgeschlossen. Gerechnet hat der Bauer nicht, denn, wenn er das Facit gesunden hätte, daß er erst in 28 Jahren und 44 Wochen vollständig bezahlt wird und dazu »och die Zinsen von 90 Gulden (seiner Forderung) in Betracht gezogen hätte, würde er wohl das Unsinnige des Kaufvertrages begriffen haben."

Von der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger erhalten wir aus Bremen den 27. März folgenden Nettungsbericht: Am 25 d. M. passirren unsere Stadt, auf ihrem Wege nach der Heimath, die geretteten fünf Mann der Besatzung des auf der Telloplatte ge­strandeten russischen Schoners Charlotte, Cavt. Wiekmann. Der Mittheilung des Steuermanns verdanken wir folgende Einzelheiten der traurigen Begebenheit.

und reißen die Leute mit sich über Bord. Fünf Mann gelingt es sich wieder an den noch am Schiffe sestbängenden Lee-Wanken an Bord zu ziehen; zwei ihrer Kameraden, der Zimmermann und der Junge, ein Sohn des Rheders, sind verschwunden. Wahr­scheinlich haben sie schon bei dem Sturz der Masten Beschädigungen erlitten und dann nicht mehr die Kraft gehabt, gegen die See anzukämpfen. Das Schiff, durch die über Bord gefallenen Maste» erleichtert, wurde nun von der See noch weiter aus den Strand geworfen und nahm in dem flacheren Wasser nicht mehr so schwere Seen über wie vorher, so daß es den Leuten mit Aufbietung aller ihrer Kräfte noch möglich war, sich aus Deck zu Hallen. Aber vor Kälte erstarrt und alle Augen­blicke wieder auf's Neue durchnäßt, fangen ihre Kräfte an, sie zu verlassen. Man fräqt sich schon, ob es nicht bester sei, diesem quaevollem Dasein ein Ende zu machen. Da erblickt der Steuermann auf der Spitze einer hohen W-lle inLeh einen schwarzen Punkt. Was kann das sein? Wrakstücke oder ein Boot? Ein Boot; unmöglich; bei der hohen See kann sich kein Boot halten. Aber es mar doch ein Boot, und zwar unser Baltrumer Rettungs­boot mit seiner braven Mannschaft, die sich mit unsäglicher Mühe nach dem Wrack hinarbeitet, um ihre in Lebensgefahr befind­lichen Brüder zu retten. Um 9 Uhr Morgens gelang es der Bootsbesatzung die Schiffbrüchigen aufznnehmen. Der Steuermann erzählte, als sie die Gewißheit erlangt hätten, daß es wirklich ein Boot sei, was ihnen zu Hülfe käme, hätten sie alle geweint wie die Kinder. Wie er an das Land gekommen, darauf könne er sich nur dunkel besinnen, er wisse nur, daß man ihn aus dem Boote gehoben und nach dem Hause des Vogts getragen, welcher ihn mit trockener Kleidung versehen und mit Speise und Trank erfrischt hätte.

Anzeigen für de» GnzthSker »ermitteln in Pforzheim: Hr. Hita ZtieLer; m Wikdöad: Hr. tz. Schevert,

Redaktion, Druck und Verlag »on Jak. Meehin Neuenbürg.