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Weib geeignetsten Boden haben doch die Mitglieder des allgemeinen deutschen Frauenvereins solcher ersprießlichen Tbä- rigkeit darum ihre Anerkennung auch nicht versagen können, als sie die Industrie Reutlingens in der Frauenarbeitsschule veranschaulicht fanden. Die erste Schöpfung des in Folge des Stuttgarter Franenkon- gresses zusammengetretenen schwäbischen Frauenvereins soll nun eine Frauenarbeits­schule in der Hauptstadt des Landes nach dem Muster der Reutlinger Schule sein und cs zeugt dieses Unternehmen von dem wirklich praktischen Sinn der Vorstands- damen, welche zunächst -liegende Bedürfnisse zu würdigen verstehen.

In der durch die Grundlage des Zeich­nens gehobenen weiblichen Handarbeit liegt für die Frau eine Fundgrube innerer Be­friedigung und äußeren Verdienstes.

Wie das Beispiel des einzelnen Men­schen von Wirkung auf seine Umgebung sein kann, so war es der Vorgang Reut­lingens, welcher umliegende Ortschaften er- muthigt, ähnliche Bahnen zu betreten, um so zu Arbeit und Verdienst für die weib­liche Bevölkerung zu gelangen.

Interessant ist die Wahrnehmung, wie in einem Orte es oft nur einer unterneh­menden Kraft bedarf, um die seither brach­liegenden weiblichen Arbeitskräfte um sich zu versammeln und nutzbringend zn ver­wenden, und wahrlich hier liegt allerwärts noch ein weites unbebautes Arbeitsfeld offen, das wohl der Beachtung werth wäre.

(Schluß folgt.)

(Pietät eines großen Lebenden.) Wie es meistens erst der Nachwelt Vorbehalten ist, die wahre Bedeutung großer Männer in das wahre Licht zu stellen, wo sich dann die mancherlei Schlacken abgelöst ha­ben und nur der eigentliche Kern des Menschen rüüsichtlich seiner Denkungsart und seiner Handlungsweise im Großen und Allgemeinen in die Beurtheilung gezogen wird, so gelangen auch erst in dieser Zeit kleine Züge aus dem Privatleben in die Oeffentlichkeit, aus denen oft genug erhellt, welche Gemüthstiefe und Pietät Denjeni­gen innewohnt, die uns im öffentlichen Leben lediglich als Zweckmenschen erschei­nen. Der Dichter Heinrich Heine, der größte Spötter nächst dem berühmten Vol­taire, dem Freunde Friedrich des Großen, der Gottesläugner und Menschenverachter, hat ein kleines Gedichtchen geschrieben, das sichan meine Mutter" betitelt, welches uns beweist/ wie selbst er noch im Man- nesakter die rührendste Herzensempfindung für die Frau empfand, welche ihm das Leben gegeben. Es ist dieses kleine Poem -vielleicht eine der schönsten Dichtungen un­serer ganzen Poesie. Nicht an dieses letz­tere indessen mochte ich anschließen, sondern an eine ähnliche Thatsache, und, da sonst nur wenig aus dem Privatleben großer Männer während ihrer Lebenszeit ins Pub­likum dringt, hier eine kleine Erinnerung aus den Jahren 18641865 erzählen, welche einen unserer größten jetztlebenden Männer betrifft. Die Geschichte ist sehr einfach und anspruchslos und ich könnte

Jahr und Datum nicht einmal verbürgen, wohl aber die Sache selbst, da ich sie aus dem Munde eines wahrheitsliebenden Man­nes habe, der zu derselben sozusagenGe­vatter" gestanden hat. Das Jahr 1864 befreite die Hcrzogthümer Schleswig-Hol­stein von dem Joche der verhaßten Fremd­herrschaft. Der Sieg bei Düppel entschied den Kampf, und die Dänen, die Nutzlosig­keit ihres Widerstandes erkennend, zogen sich grollend auf die Inseln zurück. Das Alles ereignete sich bekanntlich in der ersten Hälfte des Jahres und die weitere Ent­wickelung ist noch allen Beiheiligten heute lebendig im Gedächtniß. Viele Monate waren nach Beendigung des Krieges ver­flossen, als an einem nebligen Tage, um die Mittagszeit, ein großer hagerer Mann offenbar eine Militärperson, mit ernsten, unbeweglichen Gesichtszügen in ein kleines, giebeliges Haus, welches in der sogenann­tenVerkehrten Welt" in der Stadt Schles­wig liegt, eintrat. Er stieg die Stufen zur ersten Etage empor und verlangte den Besitzer der Wohnung zu sprechen. Der Herr ist in seinem Atelier, antwortete die befragte Magd und führte den einsilbigen Fremden zn dem Maler W. Ich möchte bitten, Ihre Wohnung einen Augenblick besuchen zu dürfen. Der Maler schaute verwundert auf, legte aber seine Bereitwil­ligkeit ohne weitere Fragen an den Tag, als jener, in Haltung und Sprache den ge­bildeten Mann verrathend, seinen Wunsch geäußert hatte.. Darf ich ersuchen in die vorderen Zimmer einzutreten? Eben darum wollte ich bitten. Der Maler führte seinen Gast über den kleinen Vorplatz nach der Straßenseite und zog sich, als jener Platz nahm, nachdenklich vor sich hinschaute und weder eine Miene verzog, noch das begon­nene Gespräch fortsetzen zu wollen schien, zurück. In dem kleinen Gemach saß der geheimnißvolle Fremde lange unbeweglich, nur in dem Auge blitzte ein freundlicher Glanz, jener, der aus dem Gemüthe dringt und Männern und Greisen gar oft eine Thräne entlockt. Vergangene Tage, viel­leicht die einer fröhlichen, harmlosen, un­getrübten Jugendzeit, flogen an seinem Ge­dächtniß vorüber und alles das, was spä­ter folgte, was aus dem Kinde einen Jüng­ling, aus dem Jüngling einen Mann und nun einen Helden der Denker, einen der genialsten Menschen aller Zeiten gemacht hatte. Minute auf Minute verrann. Der Maler wartete vergeblich seinen Gast sich erheben zu hören oder gerufen zu werden. Dann endlich öffnete sich die Thür. Der Fremde, mit einem veränderten Ausdruck, noch mit den Spuren einer tiefen Erre­

gung in Antlitz und Auge, reichte dem Ma­ler die Hand. Nehmen Sie meinen Dank! Hier wohnte einst meine theure, gute Mutter, die inzwischen das Grab deckt. Sie werden begreifen, daß es mich verlangte, diese Räume einmal wieder zn besuchen. Sie ist hier auch gestorben. Man wandelt oft zum Friedhofe, um die Pietät gegen theure Angehörige zu erfüllen. Hier war es mir, als ob ich sie noch wie damals am Fen­ster sitzen sähe, und so hat mir Ihre Güte einige unvergeßliche Augenblicke gewährt. Nochmals die Hand des Malers fassend, wandte sich der Mann zum Gehen. Ich bin der General Moltke, ergänzte er, schon mit einem Fuße die Stufe der Treppe betretend. Adieu! Er ging. Der Maler folgte eilig. Die Hausthür öffnete sich und der große Sohn einer edlen Frau, der hier dem Andenken seiner Mutter eine fromme Thräne geweint hatte, entfernte sich schmll die Straße hinab. So erzählte mein Ge­währsmann. (B.-Tr.)

(Schuhwerk wasserdicht zu machen ) Die zu obigem Zweck verwendete Masse besteht nach dem französischen Patente aus: 20 Theilen Soda, 50 Theilen Terpentinöl, 100 Theilen Theeröl, 25 Theilen Harz, 15 Theilen Leinöl, 15 Theilen Hausen- blase, 125 Theilen Guttapercha und 25 Theilen Leim.

(Fettflecke aus Kleiderstücken zu entfer­nen.) 11m die gewöhnlich beim Entfernen der Flecke mit Benzin oder Petroleumäther entstehenden Höfe oder nußbraunen Rän­der um die gereinigten Stellen zu vermei­den, streue man, sobald der Fleck entfernt ist, auf das nasse Zeug und zwar soweit es genäßt ist, Gyps oder Lycopodium (Bär­lappsamen), lasse den Fleck trocknen und bürste das Pulver einfach ab.

Geographische Räthsel für dieJugend.

1.

Wo befindet sich der Schwabenhimmel?

2 .

Setze vor ein vielgebrauchtes Binde­wort ein z, und es entsteht ein württem- bergisches Flüßchen, berühmt durch sein schönes Thal.

3.

Die erste Silbe eine Zahl, die zweite und dritte führen über Bäche und Flüsse^ das Ganze eine barerische Stadt.

Inserate für die nächste Dienstags- Nummer wollen längstens Sonntag Abend 6 Uhr übergeben werden.

Wildber-er Postkurfe.

Abgang in Wildbad:

I. Kurs

nach Calw 7 Uhr 30 Min. Vormittags,

II. Kurs

nach Calw 3 Uhr 25 Min. Nachmittags, Kurs

nach Freuden ft a d t

Aukunft in Wildbad:

I. Kurs

von Calw 12 Uhr 10 Min. Nachmittags,

II. Kurs

von Calw 5 Uhr 30 Min. Nachmittags. Kurs

von Freudenstadt

Altenstaig 10 Uhr 20 Min. V. M.

A ltenstaig t Uhr 30Min. N. M.

Von jetzt ab ist der hiesige Poftschalter von 8 bis 12 Uhr Vormittags, und von 3 bis 7 Uhr Nachmittags, (statt bisher 6 Uhr Nachmittags) geö ffnet

Redactivnj Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.

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