nach und wiederholte sich leise:Gustav sagte, er habe mich nicht aus Liebe, son­dern aus Mitleid geheirathet; was soll ich thun, wie soll ich es anstellen, daß er mich lieben lernt?"

2 .

Manche junge Frau in Clärchens schmerzlicher Lage hätte es sich vielleicht angelegen sein lassen, ein lautes Zeterge­schrei zu erheben über das ihr widerfahrene Unrecht und das dadurch über sie und ihre Verwandten und Angehörigen gebrachte Unglück; allein Gustav's junges Weibchen that dies nicht. Ihre erste Regung war ein Vorwurf gegen sich selbst, daß sie so blind gewesen sein und nicht gesehen haben sollte, wie es für ihn ein Opfer und nicht eine Freude war, sie zu heirathen; dann aber rief sie sich in's Gedächtniß, jetzt sei es einmal geschehen und unwiderruflich und sie könnte nur sich selber grämen und seinen Frieden stören, wenn sie verriethe, was sie zufällig gehört habe; sie behielt es daher für sich und gab sich Mühe, seine Liebe in desto höherem Grade sich zu er­werben.

Ich weiß zwar wohl, daß er mich nicht liebt, aber es würde ihm doch nahe gehen und er mich schmerzlich vermissen, wenn ich stürbe I" sagte sie sich im Stil­len ; und nach einiger Zeit war der bittere Schmerz gewichen, den der erste Stich jenes belauschten Geständnisses des Pfar­rers in ihrer Seele hervorgerusen hatte, und dasselbe heitere Antlitz strahlte wieder lächelnd in seinem Hauswesen, dieselben leichten Füßchen trippelten um ihn herum und sein kleines Heimwesen war wieder von demselben Sonnenschein eines beschei­denen, ruhigen Glückes angefüllt wie zuvor.

Dem Pfarrer Moritz fehlte es nicht an Geschäften in seiner kleinen Gemeinde, denn die Gutsherrschaft war nur selten anwe­send und die Sorge für die Armen- und Krankenpflege ruhte ganz allein auf dem Geistlichen. Gustav jedoch nahm diese Pflicht seines Berufs besonders ernst und gewissenhaft und that sein Möglichstes. Clärchen war ihm dabei vom wesentlichsten Nutzen. Die Bauern liebten sie, die Kin­der hingen an ihr. Das ganze Dorf, den Gutsherrn an der Spitze, sagte: Pfarrer Moritz und seine junge Frau seien ein wahrer Segen für die Gegend und sollten nur recht lange dableiben. Namentlich die junge Frau war sehr beliebt; wer nur immer in Bedrängniß war, der sagte, sie scheine noch besser zu wissen als der Pfarrer, wie man mit Bekümmerten über Glauben, Geduld, Trost und Hoffnung reden müsse; der Pfarrer möge wohl seine Worte besser zu setzen wissen, aber die der Pfarrerin fallen wie Balsam in's Herz hinein; und doch konnte man bei ihrer Jugend nicht annehmen, daß sie selber schon bittere Er­fahrungen gemacht und Leiden kennen ge­lernt haben sollte!

Grünfeld hatte seine Licht- und Schat­tenseiten wie andere hübsche Dörfer, und eine der größten Schattenseiten war ein epidemisches Fieber, welches mit jedem ungewöhnlich feuchten Frühling wieder­kehrte. Das kleine Flüßchen, welches unter dem Dorfe vorüberflpß, trat dann aus sei­

nen Ufern und überschwemmte einen brei­ten, flachen Uferstrich voll Weidendickicht, und wenn das Hochwasser niedersank, so blieb in den Altlachen und Dickichten ein schlammiger Niederschlag zurück, der pesti- lenzische Düfte aushauchte und die ver­heerenden kalten Fieber erzeugte. Das Pfarrhaus stand ganz oben im Dorfe, weit außerhalb dem Bereich und Einfluß jener schädlichen Ausdünstungen; allein der Pfar­rer mußte von Amts wegen die Fieber­kranken besuchen, und war auf diese Weise täglich der Gefahr der Ansteckung ausge­setzt. Keine Gefahr der Welt aber würde im Stande gewesen sein, ihn diesen Pflich­ten abtrünnig zu machen, welche zu solchen Zeiten noch viel ernster und gewichtiger waren, als zu jeder andern. Wann das Fieber im Dorfe herrschte, nahm er jevoch Clärchen in Pflicht, daß sie zu Hause bleibe, und sie blieb, als ein recht gehor­sames Weibchen, anstatt einen thörichten Heroismus an den Tag zu legen, welcher ja Gustav's mannichfaltige Sorgen und unvermeidliche Aengsten nur gesteigert ha­ben würde.

Clara aber beobachtete ihn diese Zeit über mit verstohlener Zärtlichkeit und hatte jedesmal bei seiner Heimkehr trockene Klei­der und warme Pantoffeln bei der Hand, damit er sich ja keine Erkältung zuziehe. Allein was geschehen sollte, das geschah dennoch, all' ihrer liebevollen Sorgfalt und zärtlichen Aufmerksamkeit zum Trotz.

(Fortsetzung folgt.)

Tragisches Gnde eines Charlatarr.*)

(Fortsetzung.)

Rach wiederholter Aufforderung erklärt sich endlich Jemand bereit, den Schuß zu thun, und das Gewehr, welches wohl be­merkt, nicht dem Künstler, sondern einem Bauern aus der Nachbarschaft gehört, wird vorher durch einen Schuß in die Luft probirt. Wie aber auf den Künstler ge­schossen werden soll, legt der Schütze das Gewehr wieder weg, weil es ihm graut. Da tritt ein Anderer vor und nimmt das Gewehr zur Hand, es wird von diesem, Angesichts des ganzen Publikum, mit 2 kleinen Kugeln geladen, der Künstler stellt sich wieder auf und erklärt, das Gewehr werde nicht früher losgehen, als bis er es wolle, drei Mal werde es versagen; er entblöst die Brust und deutet an, dahin solle man zielen, er werde 12 3 zählen, auf 3 solle der Schütze drücken. Der Künst­ler hebt die Augen zum Himmel, strekt die Arme aus, bekreuzt seine Brust und sein Mund bewegt sich, wie in leisem Ge­bet. Er commandirt, der Hahn knackt, zerschlägt aber nur das Zündhütchen, und so noch zwei Mal. Dann ruft der Künst­ler: jetzt wird es losgehen! richtet wieder Augen und Arme gegen den Himmel, com­mandirt, der Schütze zielt und der Schuß fällt. Auf den Knall zuckt der Unglück­liche kaum merklich zusammen, bleibt aber aufrecht stehen, und als einige von den Zuschauern ihn fragen wo er denn jetzt den versprochenen Schuß habe, erwiederte er.

derselbe sei etwas zu tief gegangen. Er streckt aber seine Hand aus, geht herum und sammelt seinen kärglichen Lohn ein, und als er kaum einen Gulden zusammen­bringt, bemerkt der arme Mensch, das sei doch gar zuwenig. Jawohl wenig, hatte er sich doch nicht einmal die Kosten seiner Beerdigung verdient. Statt daß er den Schützen die Kugel zurückgebracht hätte, sah man ihn immer bleicher werden und einer Bude zuwanken; da sank er plötz­lich zusammen, und es hieß, er sei ge­schossen.

Nun wurde der Polizeibeamte herbei­geholt, diesem erwiderte er auf die Frage, was ihm fehle, nichts, nichts, eS fehlt mir gar nichts. Der Beamte erwiderte, wenn dieß der Fall sei, solle er sich nach Haus begeben. Der Künstler stand nun auf, verließ feste» Schritts den Ort seiner un­glückseligen Production und begab sich nach einem in der Nähe befindlichen, etwa eine Viertelstunde entfernten Orte, wo er sich zu Bett legte, um nicht wieder aufzustehen. Dies geschah am 11. October1853. Als­bald wurde der Gerichtsarzt gesendet, um nach ihm zu sehen; er befand sich aber anscheinend nicht sehr übel, erklärte auch wiederholt, der Schuß sei ihm zwar in den Unterleib gegangen, habe aber nichts zu sagen, wenn nur seine Nägel nicht wären, diese geniren ihn. Bei der Besichtigung des Unterleibs ließ sich in der Leistengegend zwar eine Schußwunde wahrnehmen, nicht aber mit Sicherheit erkennen, wie weit dieselbe in die Bauchhöhle eingedrungen, und ob etwa eine Verletzung der Gedärme erfolgt sei. Dem Polizeibeamten gab der Verlezte an, er habe mit Demjenigen, der ihn geschossen, über seine Kunstproduc- tionen gesprochen, er habe ihm gesagt, daß er sich auf der Muswiese zuerst mit Nägeln, dann mit Feuersteinen und zuleztmit dem Geschütz" produciren d. h. daß er auf sich schießen lassen werde, worauf derselbe er­widert habe, das müsse er auch sehen er schieße. Uebrigens wäre die Sache nicht so schlimm ausgefallen, wenn der Schütze, wie er dies verlangt, nach der Brust ge­zielt und wenn er gewartet hätte, bis er 3 gezählt haben würde. Aber derselbe habe zu tief geschossen und habe schon bei 2 gedrückt. Befragt, wie er denn wissen könne, daß ihm der Schuß nicht geschadet hätte, wenn ihm nach der Brust gezielt worden wäre, antwortete er das weiß ich, weil es mir noch nie mißlungen ist, ich habe es schon öfter so gemacht in andern Staaten. Eine weitere Auskunft darüber, wie er zu dem Wahne komme, daß er sich kugelfest machen könne, gab er nicht.

(Fortsetzung folgt.)

Aufrichtigkeit. Weinreisender:Gnä­dige, darf ich denn nicht hoffen, den Herrn Gemahl zu Haus anzutreffen?"O doch!"Und wenn wäre das?" Wenn Sie fort sind."

Wir empfehlen dieses probate Mittel den H. H. Wirthen zur Anwendung gegen solche Reisende, welche inGetränken ma­chen" die blos den TitelWein" füh­ren, aber nicht verdienen.

Nedaclion, Druck und Verlag von Jak. Ate eh in Neuenbürg.