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Wildbad, 7. August. Bis heute zählen wir 5165 Kurauden und 1993 Passanten; im vorigen Jahre waren diese Zahlen: 5147 und 1939.

Ausland.

Die spanischen Nachrichten der letzten Tage lauten günstig für die republikanische Regierung. Valencia und Granada sind ihrer Autorität wieder unterworfen und Abtheiluugen von Insurgenten auch im freien Felde geschlagen morden. Es bleibt nun, abgesehen von den Carlisten, vor­zugsweise der Reoolutionssitz Carthagena zu besiegen, von wo aus noch jüngst, wie gemeldet, ein verunglückter Versuch gemacht worden, denPreußen", d. h. richtiger: demvereinigten deutsch-englischen Geschwader die JusurgenteuschiffeViltoria" undAl- inanza" zu entreißen.

Miszellen.

^Touristen-Erinnerungen aus dem Schwarzwal d.j (Eingesendet)*) Nicht Land und Leute zu beschreiben, be­absichtigt der Einsender, sondern über das, was des Leibes Nahrung und Nothdurft betrifft, gibt derselbe seine Erfahrungen auf einer kürzlich gemachten Tour etwai­gen Nachfolgern zum Frommen kund. Als Nachtquartier taugt Wildbad für einen Touristen auf der Höhe der Saison nicht. Mau muß froh sein, ein Dachkämmerlein mit bescheidenstem Bett um 1 fl. zu be­kommen. Dafür ist als vortrefflicher Er­satz derOchse" von Hrn. Löccher in Hö­fen zu empfehlen. Höchst gemüthlich ist daselbst ein Mittagsmahl in der Garten­laube, wozu in der Regel Wildbad sein Contingent liefert. Wer weiter über Do­bel nach Herrenalb reisen will', hat über­dies den Vortheil, den hohen Eiberg zu umgehen und auch für die, welche über wilden See und Kaltenbrunnen in das Murgthal gehen wollen, bietet der Weg durch das Eiachthal den Vortheil, daß er Morgens ganz im Schatten lauft. Un­verschämt theuer bei schlechtester Bewirth- ung ist die Wirthschaft zum Kaltenbrun­nen (badisches Jagdhaus). Für eine kleine Platte rohen Schinkens, dessen Parfüm die Grenzen erlaubten Hautgouts weit über­schritt, wurde ein Thaler, für ein hart ge­sottenes Ei 6 kr., für eine Flasche Bier 18 kr. berechnet. Gut und nicht zu theuer sind die Kosten in Forbach und Schömnünzach. Wer im badischen Schwarz­wald Wein bestellt, verlange nicht kurzweg rothen, sonst bekommt er ein abscheuliches Elsäßer Geschmier, während der Landmein sehr angenehm ist. Gut, aber theuer,

*) Auf Anregung eines ausw. Freundes, der es bei der von Jahr zu Jahr zunehmenden Reise­lust für verdienstlich hält, solche gewissenhafte Mitthcilungen über Reiseerlebnisse zu Nuz und Frommen weiter zu verbreiten, entnehmen wir dem Schwarzw. Boten vom 10. ds. diesen Ar­tikel. Wir entsprechen damit zugleich dem Wunsch des Verfassers, eines im Bezirk im besten Anden­ken stehenden Mannes, der als einrationeller" Tourist bekannt ist. Der freundl. Correspon- dcnz verdanken wir noch weitere, einen Theil des Inhalts in verstärktem Maße bestätigende spe­zielle Notizen eigener Erfahrung; wollen solche aber vorerst für uns behalten. Die Red.

ist die Wirthschaft in Allerheiligen; ihr früherer Hauptreiz, der alte Mittermajer, weilt nicht mehr unter den Lebenden. Gut und Honnet ist die Post in Oppenau. Sehr gemüthlich und gut ist der Pflug eine halbe Stunde unterhalb Petersthal am Löcher­berg, über welchen eine gute Fahrstraße in den Harmersbach (man spricht gewöhn­lich Hammersbach aus) führt. Ausgezeich­nete Weine führt Herr Mösch zum Adler in Zell am Harmersbach. Gut ist die Bewirthung in Schöuberg, einem Sattel zwischen Kinzig- und Schuttsrthal, unmit­telbar unter der sehr malerischen Ruine Hohen Geroldscck, aber die Betten sind sehr- schlecht. Den Ruf, die beste Restaura­tion in Baden zu sein, verdient der Kops in Freiburg in vollem Maß. Gut und reell ist die Krone in Müllheim. Die durch Hebel berühmte, an der alten Landstraße gelegene Post ist mit dem Bau der Eisen­bahn eingegangen. Eine halbe Stunde weiter Badenweiler zu, das überfüllt ist, liegt in Oberweiler die kehr empfehlenS- werthe Krone. Ist die Wirthschaft selber gefüllt, so sorgt der Wirth für gutes und billiges Quartier in der Nachbarschaft. Für den dürftigen und durch anderthalb- stündiges steiles Ansteigen ermüdeten Wan­derer sehr erwünscht ist die Wirthschaft zum Auerhahn auf der Siemz. Die Wirthschaft auf dem Belchenhaus, nur eine Viertel­stunde unter dem Gipfel gelegen, ist für die Höhe gut und nicht allzutheuer. Sie verfügt über sechs eigentliche Bettladen, mehrere Feldbetten und im Ganzen 20 Betten. Das Gasthaus von unv zu St. Blasien ist gut und nicht theuer. Wer durch das Albthal wandert, thut wohl da­ran, im Adler zu Immeneich einzukehren, wo man auch um nicht allzutheures Geld (48 kr. das Pfund) Forellen bekommt. Von da sind es noch 3 volle Stunden nach Albbrück und nur ein WirthshauS ist in Tiefensiein, aber ziemlich von der Straße abgelegen. Und hienut endet die Schwarzwald-Tour.

Am Rhein, am Rhein.

(Fortsetzung.)

In der Milte der großen Lagerfässer ist ein kleiner Probirhahn angebracht, ans dem der goldene Saft feinen Strahls in die Gläser spritzt;mockio tntissiuE ibis (in der Milte ist der Ibis am sicher­sten) lautet der Wahlspruch der echten Weinzunge; nur in der Mitte des Stück­fasses befindet sich der Wein in der rech­ten Harmonie, oben ist er schärfer, alcohol- reicher, unten am Baden leichter und öfters hefig, was sich natürlich bei jeder stärkeren Bewegung ausgleicht. Und nun wird das goldene Naß lange gegen das Licht der Kellerthüre gehalten und mit dem Auge geprüft, man will sich durch Enthaltsam­keit den reellen Genuß verstärken, endlich aber hebt sich das Glas mit zitternder Erwartung zum Munde; nur ein kleiner Schluck wird genommen, zuerst mit der Zungenspitze, dann mit dem Gaumen ge­prüft ah ! und dann folgt die volle Befriedigung. Sie wiederholt sich so csst, daß der an dergleichen unterirdische Gast­freundschaft nicht Gewohnte, wenn er nach

ein'geu Stunden wieder aus Tageslicht tritt, die Welt verwanvelt glaubt, oder an ein Erdbeben denkt, jedenfalls aber volle Berechtigung hätte, das allbekannte Heim- üed des geistlichen Mühler zu singen wenn er noch singen könnte:G'rad aus vem Keller komm ich heraus, Straße, wie siehst du so wunderlich aus? Rechterhand, linkerhand, Alles vertauscht Straße, ich glaube gar, du bist berauscht!" Al­lein dergleichen kleine Folgen des schroffen Luftwechsels werden im Rheinlands mit ebensoviel Bersiändniß als Wohlwollen be­handelt; ein paar Stunden Ruhe bringen Alles wieder ins Gleiche, und neugestärkt erwacht der Neuling, aber sonderbar, sein erster Blick richtet sich nach dem Keller­schlüssel.An den Rhein, an den Rhein, zieh' nicht an den Rhein! hat schon Sim- -rock gewarnt:mein Sohn ich rathe dir gut; da geht dir das Leben zu lieblich ein, da blüht dir zu freudig der Mnth!"

Als König der Nhcingauer Weine gilt überall der Johannisberger, dessen Name der bekannteste von allen wäre, ohne den Hochheimer. Der letztere wächst eigentlich nicht im wirklichen Nheingaugebiet, sondern aus dem südlichen Abhange des Taunus- gebirgs, dicht am Main, in dem Winkel, den dessen Vereinigung Vereinigung mit dem Rheine bildet. DasGold von Hoch- Heim", welches Klopstock gefeiert hat:

Du duftest Balsam, wie mit der Abendlnit Der Würze Blume an dem Gestade dampft, Du bist es würdig, daß du den deutschen

Geist

Nachalnnst, bist glühend, nicht aufflammend, Tanmellos, stark und von l i htem Schaum

leer!

ist von altersher so berühmt, daß ein gro­ßer Theil der Welt keinen anderen Rhein­wein kennt und nennt, als den Hochhei­mer; die Briten nämlich, welche ihn vor­zugsweise schätzen, haben seinen Namen durch Abbreviatur inHoelr" (die englischen Kellner pflegen blosOe" zu sagen) ver­stümmelt und benennen damit nunmehr alle deutschen Weine. Was sie davon halten, sagt ihr Sprichwort:Ooock Hoek keeps ofl tste ckoetor"guter Rheinwein ersetzt den Arzt." Dagegen wollen sie von den Weinen mainaufwärts bis Frankfurt a. M. und dort herum nichts wissen:

llkia NÜI16 §oock; Asekar pleasniiL; Llo8sll6 innocöiit; ki-anekort, back!" übersetzen sie den alten deutschen Volks­spruch :

Der Wein vom Rhein ist immer gut;

Der Moselwein nicht schaden thnt;

Der Neckarwein ist auch noch recht

Frankfurter Wein ist immer schlecht!

Aber zurück zum Johannisberger ; von welchem ein 1863er ans der berühmten Kellerei des Herzogs von Nassau in Bieb­rich ansgestellt ist neben Hochheimer ans den Jahren 1706, 1779, 1783, 1806, 1839, Steinberger von 1811, 1822, 1834, 1846, 1848, 1857, 1858, 1859, 1861, 1862, 1865 und noch andere Hochgewächse der gleichen Jahrgänge; wer ein Wein­kenner ist und diese Zahlen erschaut, der wird ahnen, welch ein Schatz hier sich vor demSesam" des Pfropfenziehers der Weinjury öffnen wird, und diese beneiden