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veranstalten und den Bürgerausschuß zur Zustimmung hierzu einzuladen.
In Schwenningen brach den 6. August Nachmittags 1*/s Uhr in einem hinter einem Doppelhaus gelegenen Streuhaufen Feuer aus, wodurch dasselbe zum größten Theil abbrannte. Man vermuthet, daß Kinder die Streu angezündet haben.
Ulm, 6. August. Von der Polizei wurde heute Vormittag ein größeres Quantum unreifes, zu Markt gebrachtes Obst confiscirt. Die Käufer desselben wurden, so viel wir erfahren, in Strafuntersuchung gezogen.
Unterreichenbach, 30. Juli. Der Bahnbau von Calw bis hierher ist so weit vorangeschritten, daß die Bahn befahren werden kann. Am 29. Juli fuhr die erste Lokomotive über die stattliche, 200 Fuß lange Nagoldbrücke in unsere Station ein. Am 30. wurde die Bahn von Oberbaurath v. Abel einer besonderen Inspektion unterworfen und diese soll günstig ausgefallen sein, insbesondere soll die Brücke welche aus der Maschinenfabrik Eßlingen hervorgegangen, eine kaum nennenswerthe vorübergehende Senkung durch die Last erfahren haben. Leider wird es fast noch ein volles Jahr dauern, bis die Gebirgs- Vorsprünge des untern Nagoldthales von hier bis Pforzheim soweit durchbrochen sind, daß der Schienenstrang dem öffentlichen Verkehr übergeben werden kann.
Aus dem Oberamt Vaihingen den 6. Aug. Die Ernte ist im besten Gange und liefert nach den bisher gemachten Erfahrungen sowohl nach Quantität als Qualität den besten Ertrag, mehr als eine gute Mittelernte. Ein gleich lgünstiges Er- gebniß liefern die Kartoffeln, deren Mehlreichthum und besondere Schmackhaftigkeit den vorigen Jahrgang übertreffen; an Obst haben wir gleichfalls gute Aussichten, hauptsächlich versprechen die Luiken, die in hiesiger Gegend stark vertreten sind, dieß Jahr einen reichen Ertrag. Dagegen Steinobst fehlt fast gänzlich. ' Vom Hagelschlag sind wir bis jetzt gnädig verschont geblieben. Auch der Weinstock stellt trotz der fatalen Frühjahrsfröste einen recht guten Ertrag in Aussicht.
Der Schw. Merkur schreibt: Gegen Feuersgefahr geschieht immer noch so manches leicht Ausführbare nicht. Und doch müssen dabei noch alljährlich Millionen zu Grunde gehen, arme Menschen Leben, Gesundheit und Vermögen einbüßen, Noth Angst und Schrecken tragen. Warum vor Allem, seit wir wohlfeile schwedische Zündhölzchen haben, schafft man nicht die mit Phosphor verfertigten ab ? womit namentlich unbeaufsichtigte Kinder, leichtsinnige Raucher viel leichter und so unendlichen Schaden anrichten, auch täglich Vergiftungen an Menschen und Vieh geschehen! Warum ermuntert man zu den neueren wohlfeileren Blitzableitern nicht auf jede mögliche Weise durch Wort und That, nicht wenigstens durch Erlaffen des Staatsfeuerversicherungs- Beitrages auf einige Jahre? Sollte man nicht (neben anderen kostspieligeren Bauvorschriften) für jedes größere öffentliche und Versammlungsgebäude (Thurm, Kirche, Rath- und Schulhaus, Wirthschaften rc.)
Blitzableiter verlangen, zumal wenn niedrigere Häuser daneben schon welche haben» also den Blitz herbeiziehen? Damit und etwa mit einer Pappel vor der Hütte des Aermsten wäre so manches Dorf geschützt und brauchte nicht bei jedem Nachtgewitter die ganze Einwohnerschaft zitternd Schlafnnv Brennöl zu opfern. Jeder Flecken könnte die beste Feuerwehr haben, wenn der Soldat nur alljährlich eine Löschprobe mitzumachen hätte. In den höchsten Häusern würd« sicher Niemand mehr verbrennen, wenn man nur an den obersten Stockwerken außerhalb Eisenstäbe als Nothleiter zum Herabsteigen anbrächle. Noch nicht einmal Wasserbehälter zum Sammeln des Regenwassers haben alle wasserarmen Ortschaften, geschweige denn an höher gelegenen Hohlwegen eine Fanggrube, die sie dann im Nothfall durch die Ortskandeln bis vor den Brandplatz hin ablausen ließen. So bletbt überhaupt zum allgemeinen Besten noch vieles anzuregen. Wenn )vir z. B. jeden Herbst von durch Tollkirschen vergifteten Kindern lesen, warum muß nicht jeder Wald- eigenthümer und Waldschütze solches Gift austilgen?
Am 8. August hatten wir den siebenundvierzigsten Sommertag, eine seit Jahren unerhörte Zahl!
Ausland.
In den Debats schreibt I. Lemoinne: „Die spanische Kommune folgt den Spuren ihrer älteren Schwester, der Pariser Kommune treulich. Dieselbe Schule, dasselbe Vorgehen, dieselbe internationale Feuerlegungsgesellschaft, die mit Seeräuberei, Plünderung, Erpressung, Ermordung von Geiseln beginnt und bei ihrem Abzug mit Petroleum endigt. Als im Mai 1871 Paris brannte und in den spanischen Cortes der Antrag gestellt wurde, gegen die Verbrechen der Kommune Protest einzulegen, da waren unter denen, die dagegen stimmten. — Castelar und Pi y Margall. Nun, sie haben heute auch ihre Kommune und ihre föderalistische Republik ist ihnen über den Kopf gewachsen."
Miszellen.
Am Rhein, am Rhein.
(Fortsetzung.)
An Haltbarkeit können sich nur wenige Weine dem Nheingauer vergleichen; bei richtiger Behandlung hält er sich Jahrhunderte lang, ohne krank zu werden, oder sich zu zersetzen. Im Allgemeinen sind die edlen Weine des Rheingaus schwer, sie bringen aber, wie man zu sagen pflegt, „einen guten Rausch" ohne üble Nachwehen — vollkommene Reinheit natürlich vorausgesetzt. Mäßig getrunken übertrifft ihre diätetische Wirkung, namentlich bei bejahrten Personen, diejenige aller bekannten Weine. Im Range stehen die Nheingau-Weine an der Spitze der deutschen und neben den edelsten Weinen des Auslandes; die Jury der Londoner Weltausstellung 1862 erklärte sie ausdrücklich für die ersten der Welt. Daher hat auch der britische Dichter Sou- they schon den begeisterten Ausspruch ge- than: „Ilie ninem sverz- vdsre schaut
tko Illiius tks trus ^.mrssta, snä äe- 8ervS8 to bs caUsätks „lügusr ok tks liks" — anü so Isilläar evoulck Kurs 8aick, ik Ke kut kuck svsr tudtsck it." (Der Wein ist überall am Rhein die wahre Amerika — die Göttermilch der indischen Mythologie — und verdient den Namen „Le- benselixir"; so würde selbst Pindar — der Lobredner des Wassers — ihn benannt haben, hätte er davon gekostet.)
Es ist ein herrliches Stück Land, wa diese edle Bacchusgabe wächst, die Perle Deutschlands, besungen von den Dichtern aller Nationen, die es gesehen; es hält seine Kinder mit weichen Armen fest und sendet ihnen bitteres Heimweh nach, sobald sie sich losgerissen haben. In klingenden Strophen feiert es Karl Simrock:
Wem es beschieden ist.
Bleib' an des Rheines Strand Nirgend hienieden ist Doch ein so feines Land.
Männer und Mägdelein,
Kenner vom echten Wein,
Schenken ein.
Drüben in Rüdesheim Soll gut Geläute sein;*)
Hüben in Büdesheim Fand ich die Leute fein.
Locken die Glocken dich?
Mädchen, sie locken mich,
Fahr' allein!
Von Bieberich oder Walluf an, am rechten Rheinufer, erstreckt sich das Stromland des eigentlichen Rheingaus bis nach Caub. Es ist ein kleiner Distrikt, in dem der edelste Wein der Welt auf sanftgeschwellten Hügeln und an steilen Hängen des Gebirges wächst, aber jeder Ortsname ist auch zugleich derjenige einer guten Sorte, weithin bekannt und beliebt. Da stehen sie, die schlanken grünen Flaschen eigen- thümlicher Form, die das bezeugen. Wir lesen an ihnen die Aufschriften: Johannisberger, Steinberger, Gräfenberger, Marcobrunner, Geisenheimer,Rüdcsheimer, Rauen- tthaler, Hochheimer, Neroberger, Bodentha- leo, Oestricher, Hallgarter, Winkler, Erbacher, Eltviller, Wallufer, Schiersteiner, Aßmannshauser — und jede bringt uns einen Genuß in Erinnerung. Wer die Gastfreundschaft der Rheinweinlande genossen hat, der wird mit uns fühlen vor dieser imposanten Trophäe, die leider nur aufs Auge wirkt. Wer dort einen Freund oder nur halbwegs Bekannten besucht, der gewahrt, daß dieser nach zehn Minuten Unterhaltung unruhig zu werden beginnt, nach einer Viertelstunde aber höchstens faßt er seinen Entschluß, greift nach einem mächtigen, an der Wand hängenden Schlüssel und sagt die Lippen leckend: „Nun wollen wir einmal den Keller besehen." Und hinab geht es in die kühlen unterirdischen Räume. Hier ist immer vorgesorgt; auf weißem Teller, der auf der Kellerstiege steht, befinden sich einige altbackene Semmeln, womit der Gaumen zum Verständ-
*) Wo die Glocken den schönsten Klang haben, da wächst auch der beste Wein — singt man im Rheingau.