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UM die Feststellung der für die Verstellung der Malritülarbeiträge und für die Zoll- abrcchnung in Betracht tommenden Bevöl­kerungszahlen haudell, gegenwärtig zum Abschluß gebracht und der Reichskanzler diese Uebersicht dem Bundesrast zur Be- schlußna hme und zur lhunlichsleu Beschleu­nigung der an die Feststellung der gedachten Ziffern zu knüpfende» Maßnahmen über­mittelt. Wir entnehmen derselben nach der Korr. Stern, daß das Deutsche Reich eine (oitsauweseude) Gesummtbevölkeiung von 41,009,999 Seelen zahlt. Hiervon fallen auf Preußen 24,604,351 (Laucnburg 49,546), Bayern 4,652,026 , Sachsen 2,556,244, Württemberg 1,818,539, Balun 1,461,562, Hessen 852,894, Mecklenburg- Schwerin 557,897 , Sachsen - Wennar 286,183 , Mecklenburg - Ctrelitz 96,982, Braunschwcig 311,764, Sachsen-Meiningen 187,957 , Sachsen - Alteuburg 142,122, Sachsen-Koburg-Gotha 174,339, Anhalt 203,437, Schwarzburg-Nudolstadt 75,523, Schmarzburg-Sondershansen 67,191, Lübeck 52,158, Bremen 122,402, Hamburg 338,974, Elsaß-Lothringen 1,549,587.

Augsburg, 6. Mai. Die Erhe­bungen, welche in jüngster Zeit die schwä­bische Handels- unv Gewerbekammer auf Veranlassung des bleibenden Ausschusses des deutschen Handelstages bei den Indu­striellen ihres Bezirkes über vorgekommene Arbeitseinstellungen gepflogen hat, gewähren ein keineswegs erfreuliches Bild. Wenn sehr viele Etablissements eine Gereiztheit und Unzufriedenheit unter dem Arbeiler- stande konstatiren, welche Alles befürchten läßt und dermalen schon hie und da in den brutalsten Asdrüüen sich äußert, so ist dies ohne Zweifel eine krankhafte Er­scheinung. DasDeutsche Handelsblatt" vom 1. d. M. schildert die Lage wie folgt: Die Gunst der Konjunktur hat den Ar­beitern in allen Branchen gestattet, in den letzten Jahren bedeutende Lohnerhöhungen durchzusetzen; aber mit dem vergrößerten Erwerbe stieg nicht die Fähigkeit, das Er­worbene wirthschaftlich zu erhalten und zu verwenden. Die Lehre, daß der Arbeiter bestrebt sein müsse, sein Tagewerk möglichst zu verkürzen, in der Arbeitszeit möglichst wenig zu fördern und nichts zu ersparen, ist in ein förmliches System gebracht. Man identifizirte den BegriffAbkürzung der Arbeitszeit" mitFaullenzen." Von allen Arbeitervereinen und Arbeiteraposteln ge­schah nichts, um den Arbeiter über seine wirthschaftlichen Pflichten anfzuklären. Hienach ist denn auch der Eindruck zu be­messen, den diese Schooßkinder humanitärer Bestrebungen in ihrem Gebühren machen. In einem hiesigen Etablissement ist es vor­gekommen, daß die Arbeiter dem Fabrik­herrn ein in französischer Sprache von irgend einem französischen Arbeiterverbande verfaßtes Ultimatum vorlegten, von dessen Inhalt keiner etwas verstand. Mit trotzigem Fordern der Besserung allein ist nichts ge­dient: es gilt vor Allem, selbst mitzuwirken, daß diese Besserung sich gestalte und zu diesem Behufe zuerst bei sich einzukehren und sich zu bessern. Wer viel verlangt, muß auch viel dafür bieten können. Wenn man, wie dies gewiß geschieht, jetzt daran geht, alte Schäden zu heilen, so haben

hiezu vor Allem die unter den Schäden Leidenden die Hände zu bieten. Ties ge­schieht aber gewiß nicht, wenn man, wie es in hiesigen Etablissements vorgekomweu ist, bei der erstmaligen Auszahlung eines freiwillig nicht unbedeutend erhöhten Lohnes stch mit den Worten bedankt:Ten Tr. . . Hütten sie selbst behalten können!" oder dem Fabrikherrn, der eine Cpeiseanstalt errichtet, in welcher die Arbeiter um billiges Geld eine einfache, aber kräftige Kofi er­halten können, bemerkt:Diese Zuchthäus- lcrlost können Sie selber fressen!" Es ist nicht mit Unrecht angedeutet worden, daß, wenn die Anforderungen der Arbeiter in dem Maße, wie bisher, sich steigern und im gleichen Schritt hiemit deren Leistungen schlechter werden, der mühsam empvrgear- leitcten deutschen Industrie ernstliche Ge­fahren drohen. Wer den Arbeitern daun den Verdienst ersetzt, der durch die In­dustrie geschesicn worden ist, werden sie sich zu spät fragen.

Bl a n u heim, 1 l. Mai. Tie Ver­legenheiten des Geldmarktes fangen an, auf die hiesige Bauthatigkeit ihren störenven Einfluß zu üben. Eine große Zahl der Neubauten über dem Neckar, meist von der Spekulation betrieben, ist zur Zeit wegen der Schwierigkeit, die nöthigen Mittel zu erlangen, eingestellt und es besteht in Folge dessen ein theilweiser passiver Maurerstrike. So sehr dies für die Be­treffenden zu beklagen ist, so dürsten doch die Arbeiter daraus dieheilsameLehre ziehen, wie thöncht es ist, wen» sie selbst durch übertriebene Anforderungen das Geschäft und die ruhige Ordnung des Vertthrs stören, da auch Facioren, die nicht durch sie behcrr'cht werden, in der Frage ihres täglichen Lrodes ein gewichtiges Wort mit­reden. Wenn, wie seit dem l.d.M. auch bei der hiesigen Volksbank, für Leihgeld 7 Procent Zinsen bedingt werden, müssen die Unternehmer uothweudig sich in ihrer Thätigkeit beschränken und die Bauarbeiter schließlich froh sein, überhaupt Beschäftigung zu finden.

Schwetzingen, 12. Mai. Dieser Tage hat ein Wann aus dem benachbarten O. bei hiesiger Obereinnchmerei folgende schriftliche Eingabe gemacht:Ich habe eine Brennerei errichtet und wünsche geeicht zu werden, da ich dieser Tage zu brennen beginne." (M. V.)

Berlin, 13. Mai. Ein Gesetzent­wurf, betreffend die Einführung des regel­mäßigen Rcchtszustandes in den Beziehun­gen von Elsaß-Lothringen zum Deutschen Reiche am 1. Jan. 1874, ist bereits aus­gearbeitet und zur Begutachtung nach Straß­burg abgegangen. (Krlsr. Z.)

Württemberg.

Seine Königliche Majestät haben vermöge Höchster Entschließung vom 13. Mai die erledigte Neallehrstelle in Wildbad dem Professor Wolpert am Gymnasium in Ellwangen gnädigst übcriragcn.

Seine Königliche Maje st ä t haben vermöge höchster Entschließung von: 13. ds. Mts. die evangelische Pfarrei Unter-Niexiugni, Dekanats Vaihingen, dem Pfarrer Sleiumayer in Engelsbrand gnädigst übertragen. i

Tübingen, 14. Mai. Heute wurde hier ein Hochbejahrter ehrwürdiger Veteran, der pensionirtc Revicisörster Oelm aier, zu Grabe getragen. Seil Kurzem hatte er seinen Wohnsitz hier, wo eine verwittmcte Tochter lebte, an'geschlagen. Seine Jugend verbrachte er in bewegter Zeit von 1805 bis 1814 in Militärdiensten, wurde dann schwer verwundet verabschiedet, zunächst als Hofkammcrserster in Feuerbach und später als Reviersörster in Schwann und Nattheim angestcllt. Die Verleihung von verschiedenen Militär- und Civil-Verdicnst- Medaillcn gibt Zeugniß, daß er sich durch seine amtlichen Leistungen die Zufriedenheit seiner Vorgesetzten zu erwerben wußte. Im Jahre 1858 wurde er in Ruhestand verfsitzt und lebte in allgemeiner Achtung stehend in Böblingen; seine Bildung, sein biederes Wesen, seine heilere Laune erwarben ihm viele Freunde. Ter Abend seines Lebens wurde ihm durch die treue Pflege zweier Töchter versüßt; er erreichte bei guter Gesundheit das hohe Alter von nahezu 85 Jahren. (S. M.)

Oesterreich.

Wien, 13. Mai. Auf der italieni­schen Gesandtschaft, wo man entschieden die besten Quellen und zudem das dringendste Interesse bat, gut unterrichtet zu sein, spricht man ohne Hehl ans, daß das Leben des Papstes, nach menschlicher Berechnt ng, sich nur nach Wochen bemessen lasse. So dürste also die Katastrophe und mit ihr manche inhallschwerc Entscheidung in jedem Fall nahe sein.

Ausland.

Ter Feldzug, welchen die Amerikaner gegen die Modoc Indianer unternommen, ist fehlgeschlageu und die von General Sherman ausgesprochene Besorgniß vor einem allgemeinen Jndianerkriege tonnte leicht zur Wahrheit werden. In Kansas und Arizon ist cs schon zu offenen Feind­seligkeiten mit anderen Jndianerstämmcn gekommen und die dort angesiedelte» Wei­ßen bereiten sich aus das Allerschlimmste vor. General Glimmen, welcher als Nach­folger des ermordeten Generals Canby dir gegen die Indianer ausgesandten Truppen befehligt, hatte nach Washington telegra- phirt, es seien elle Vorkehrungen getroffen, daß auch nicht ein Modoc aus den Lava­betten entschlüpfe. Die Sache hat sich aber anders gestaltet, die Indianer haben den General überlistet, sind in kleinen Ab­theilungen entschlüpft und streifen raubend und mordend auf den Ansiedelungen der Weißen umher. Ihre Heldenstalen sind inzwischen zu den andern Jndianerstämmen gedrungen, und diese nehmen nun auch ihrerseits den Ansiedlern gegenüber bereits eine drohende Stellung ein.

Miszellen.

Das Witdrrskheil.

(Der Wahrheit getreu erzählt von P. Klein.) (Fortsetzung.)

Treten Sie nur gehorsamst hier herein, Sie logiren dießnial bei uns," fuhr der