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bezirk bilden vorläufig die Oberämter Heil­bronn, Besigheim, Brackenheim, Ncckar- sulm und Weinsberg. Tie Kosten werden theils aus Staatsmitteln, theils von den Amtscorporationcn der obengenannten Obcr- ämter, theils von der Stadt Heibronn bezahlt. Ein Schulgeld wird von den Schülern aus diesen Oberämtern nicht er­hoben, so daß der einzelne Schüler nur Kost und Wohnung ans eigenen Mitteln zu bestreiten hat.

Z Zur Geschichte der Fleischpreise. Im Bezirke Hall hat man sich von Seiten des landwirthschaftlichen Vereins ganz besonders für Hebung der Rindviehzucht bemüht. Alan hat zu diesem Zwecke Schweizer Bich ein­geführt und der Erfolg war ein sehr loh­nender. Das eingcführte Zuchtvieh hielt sich im Durchschnitte gut, die Nachzucht gedieh und es wurden für Sang-Kälber 6668 fl. geboten, es gab jedoch kein Besitzer ein solches ab.

Schwäbische Industrie-Ausstellung.

* Ulm im August 1871. Sehr interessant ist die von Professor Bäumer, Schnorr und Engelhardt heransgegebcneGe­werbe Halle", von der die Jahrgänge 1863 71 vorliegen, theils in einzelnen Piecen in englischer (amerikanischer) Ausgabe, oder in Specialwerken französischer, italienischer, spanischer oder holländischer Sprache, theils in einem englisch, französisch und italienisch geschriebenen Album zusammengcfaßt. Ein Modellines Werkbrunnens, gediegene GypS- arbeit,ist von Ornamenteubildhauer Nick (Ravensburg). Eine der ersten Zierden der Ausstellung ist die Farbenausstellung von Siegle (Stuttgart und Duisburg), nicht blos durch ihre wahrhaft unübetreff- liche Schönheit, sondern auch, weil sie Ge­legenheit bietet, eines Triumphes der Wis­senschaft sich zu freuen. Die Herstellung dieser von allem Gift freien Grüne ist ein großer Fortschritt gegen früher, wo die Farben eben arsenikhaltend warenund Maler, Färber- Buch- und Zeugdrncker be­sitzen hieran ein ausgezeichnetes Hilfsmittel. Uhren haben gebracht: Ludwig (Ulm) Cramer (Ulm) Regulatoren, Wacker (Eßlingen), Controleuhr Schreck (Klein­süßen), eine sog. Kalenderuhr mit 7Zeiger- bläitern, die die Stunden, Minuten und Sekunden, Wochen und Monatstage, Mo­nate, Jahres- und Kirchenwochen zeigt: Pfisterer (Ehingen), Schleicher (Kuchen) und namentlich Walch er (Ulm) aus dessen größerem Sortiment wir verschiedene Regu­latoren nennen, Lheilweise mit Stahlka- traktur, und 3 Monate fortlaufendem Werk, ferner eine Kalenderuhr mit Mondlauf, Stunden- und Minutenzeiger, Monate und Jahreswochen zeigend, einen sich selbst re- gulirenden Datumzeiger, der 3 Monate lang geht, eine mit dem Bilde des Ulmer Münsters gezierte Uhr die das Glocken-Geläute des Münsters täuschend nachahmt endlich vier weitere Regulatoren bei denen besonders darauf hingewiesen werden muß, daß die sämmtlichen Einzeltheile, die nicht unmittel­bar geseilt oder gedreht werden mußten, von Walcher selbst .aus hartgemalztem Messing gepreßt worden sind, was eine verhältniß- mäßige große Billigkeit der Waare möglich macht. Außerdem hat Walcher noch ein größeres Lager von Anker- und Cylinder-

uhren ausgestellt, unter letzteren eine, deren Werk nicht größer ist, als ein Sechstrcuzer- stück.

Tie Geschwister Osi ander in Ra­vensburg haben Kirchengewänder aus­gestellt: gestickte Alben, Chorröcke, Altar- borduren, Pallien rc., alles waschbar; den­selben Artikel hat die Hofgoldstickerci und das Parmeutengeschaft der Geschwister Horn (Stuttgart) geliefert. Bon Moireband- mustern hat eine Tafel Keil ermann, (Nördlingeu); die württemb. Cattunmanu- saktur in Heidenheim Cattnuwaaren, I. Gaupp (Stuttgart) schwarze Kleider- und Schirmstoffe, Geßler u. Cie. (Tcttnang) glatte schwarze Seidenstoffe, farbige Stoffe, glatt und gestreift; Sax (Stuttgart) Sei­denstoffe für Schirme und Kleider, Zeug­haut Pelzwaaren sind eingekommcn von: Wildt, Hofkürschners Wittwe in Sigmaringen, (Röcke und Decken), von Ein­stein (Laupheim), von Gerold (Ulm) eine sehr hübsche Ausstellung, von Teich­mann und Baur (Ulm) gegerbte und gefärbte Felle, von Haag (Hoflieferant in Stuttgart). Diese Firma, wohl die be­deutendste in Süddeutschland, hat eine größere Auswahl von Müssen, Boas und Krügen von russischen und amerikanischen Zobeln, Hermeline, darunter namentlich ein Jaquet von Biberseehund, eine Mautille von Hermelin, einen Neiscpelz von Stunks der das allgemeine Interesse auf sich zieht. Durch Umfang sowohl als schönes Arran­gement ihrer Ausstellungen zeichnen sich ferner noch aus: Klumpp in Stuttgart und Kölle in Ulm.

Wir sind in der Lage mitzutheilen, daß der für den Schluß der Ausstellung an­fänglich in Aussicht genommene Termin verlängert und derselbe erst zu Ende des Monats September cintreten wird. Veranlassung zu diesem Beschluß der Com­mission gab einerseits der fortdauernde Ver­kauf von Ausstellungsgegenständen, welchen vorzeitig zu unterbrechen den Interessen der Ausstellung stracks zuwiderliese, und andererseits die täglich sich steigernde Theil- nahme des Publikums im allgemeinen und besonders das von vielen gewerblichen und landwirthschaftlichen Vereinen ausgespro­chene Verlangen, da die Landleute bis jetzt durch ihre Feldgeschäfte am Besuche ver- f h-ndert waren, auch die Rücksicht war mit bestimmend, daß zuverläßigen Mittheilungen zufolge nach dem bevorstehenden Schluß der Badesaison noch eine bedeutende Zahl von Besuchern und Käufern zu erwarten ist.

! Gegenwärtig tagt in Stuttgart der 9. deutsche Juristentag. Am Mon­tag waren es schon 650 Theilnehmer aus allen Theilen Deutschlands und Oesterreichs.

Ausland.

Einer der merkwürdigsten Kommunisten ist immerhin der Bordeauxer Thierarzt Rogore, ein katholischer Sozialist, welcher seinen Sohn während derSchreckenszeit" furchtlos zur Communion führte. Vor Gericht erklärte er, daß sein Sohn, ehe­maliger Offizier, für die Commune ge­kämpft habe und auf sein Verlangen habe derselbe früher gegen die Garibaldiner bei Mentana gekämpft. Wie reimt man dies zusammen? Nogöre gesteht ein, daß er

bis zum letzten Moment für die Commune gekämpft habe (er war noch mit im Sicher- heitskomite) und daß er, der Ultramoutane vom reinsten Wasser, eines ihrer begeistert­sten Mitglieder war.

Der Gesundheitszustand von Paris hat sich im Lause der letzten Woche be­deutend verschlechtert; die Zahl der Sterbc- fälle ist auf 900 gestiegen. Es wird von 5 Füllen eigentlicher Cholera gemeldet.

Es ist bekannt, wie rasch Garibaldi von den Illusionen zurückgekommen war, die ihn zu dem abenteuerlichen Zuge nach Frankreich verleitet hatten. Aber nicht nur berichtigt, sondern geradezu ins Gegen- theil umgeschlagen sind die Ansichten des weiland Kommandanten der Vogcsenarmee, der Frauzosenhaß scheint bei ihm wieder in voller Blüthe zu stehen.

Aus Florenz wird geschrieben: Es ist schon früher öfter die Rede gewesen von einem jüdischen Knaben, Namens Giuseppe Eoeu, der im Jahre 1860 von der päpst­lichen Regierung geraubt und Stanislao getauft wurde. Die italienische Regierung gab ihn im vorigen Jahre seiner Familie in Livorno zurück, womit er sehr zufrieden schien. Nun ist seit einigen Tagen der Knabe verschwunden und man hat vergeb­lich nach ihm gesucht. Die Vermulhung steigt aus, daß die Priester ihn zum zweiten Male geraubt haben könnten. Alan hat die Quästur von dem unheimlichen Vorgang benachrichtigt und erwartet mit Spannung den Erfolg ihrer Nachforschungen. Die Eltern, die mit zärtlicher Liebe an ihrem Sohne hingen, sind in Verzweiflung.

Miszcilcu.

Eine Gouvernante.

(Fortsetzung.)

Kindlich beobachtete sie jeden Zug der Kranken, kam leise und geräuschlos dem kleinsten Bedürfnis) zuvor, hier der Schüch­ternheit dort der Aufregung zu Hülfe. Wolf­ram fühlte sich wie gebannt; dieses herzliche Wesen, kaum erblickt, schien ihm ein langes vertrautes; im Innersten durchschautes; es stand inmitten der beiden Frauen, deren Erinnerung unerlöschlich in ihm lebte. Arm, ein Waise, demüthig einem abhängigen Schicksal gegenübergestellt, wie Corneline, aber singend und spielend mit den Kindern als ein Kind: innig und schmiegsam wie Me­lanie, aber ernsten Pflichten mit selbstüber­windender Kraft gehorchend und dienend; so erschien ihm Martina, und so war Martina

Sie bemerkte ihn endlich und winkte ihn an die Seite der Kranken, die lui seinem Anblick in einen Thräneustrom ausbrach. Tief bewegt und schweigend drückte er ihre Hand an sein Herz, und als er nach einer Weile aufblickte, war Martina mit den Kin­dern verschwunden.Wo ist sie?" flü­sterte die Kranke unruhig. Er wendete sich, um die g.wöhnre Pflegerin herbeizurufen, aber die Mutter hielt ihn zurück.Blei­ben Sie, Edmund, sagte sie. Sie fühlte es, daß ich Sie allein sprechen mußte, da­rum hat sie sich entfernt. Aber mir fehlt etwas, wenn ich sie nicht um mich habe, ich lerne an diesem Kinde, was lieben ist."

Melanie!" sagte Wolfram leise, ihre Hand drückend.