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„Ja, es ist meiner Melanie zärtliches Herz, Edmund, und doch so viel anders. Wie soll ich nur sagen? Melanie liebte ihre Eltern, ihren Mann, ihre Kinder, ihr war nur wohl, wo ihre Lieben waren, und gewisse Verluste würden ihr Herz gebrochen haben. Martina liebt überall und immer, wo ein Wesen der Liebe bedarf. Eine Waise — und sie ist einer Fremden Kind geworden, — geschwisterlos und die armen Pfleglinge werden ihre Schwestern. Was hat sie von mir, der Unbekannten, Kranken, Ruhelosen; aber nur ein Wort Cor —"
Frau Eschenbach stockte, Edmund faßte ihre Hand und sagte sanft, aber fest: „Sprechen Sie den Namen aus: wessen Wink, liebe Mutter?" — Sie saß eine Weile sinnend und zagend, dann begann sie nicht ohne Kampf: „Ich habe sie zu mir be- schieden, Edmund, um Ihnen ein schweren Jrrthum einzugestehen und, soweit es noch möglich, ein schweres Unrecht wieder gut zu machen. Die Vorsteherin dieser Anstalt, die Erzieherin dieses liebenswürdigen Mädchens, jetzt ihre Versorgerin, ihre Mutter, meine aufopfernde Pflegerin, als ich gebro chen an Leib und Seele wieder ankam, meine großmüthige Freundin, es ist —"— „Cornelie Wille," fiel Wolfram ein. — „Sie wußten es, Edmund, und Sie —"— „Ich ahnte es erst seit dieser Stunde." — „So werde ich Ihnen nichts weiter zu sagen haben, lieber Sohn. Noch ist eS Zeit zu allem Glück und ich sterbe freudig, wenn ich Melanies Kinder unter den Augen dieser seltenen Frau geborgen weiß. Daß Bertha hierein« zweite Martina würde! Auch dieses herrliche Kind, arm und ohne Schutz in der Welt, als den einer selbst armen und schutzlosen Frau, erhält auf diese Weise eine Heimat und ein Vaterhaus. Ich habe meine Angelegenheiten geordnet, lieber Edmund; diese Besitzung gehört Ihnen für Ihre Lebenszeit und fällt erst nach Ihrem Tode an Melanies Kinder. Die gegenwärtige Verwaltung geht zu Ende, Sie können schon jetzt in die Bewirthschastung eintreten. Die Kinder bleiben in Ihrer und meiner Nähe, so lange ich lebe, die nahe Stadt bietet den besten Unterricht für Ihren Sohn. Eine höhere Hand hat Alles so herrlich zusammenstimmend gefügt. Selbst Cornelie als Ihre Frau braucht den Wirkungskreis nicht aus ihren Augen zu verlieren, indem sie so Bedeutendes leistet, denn ihre Fähigkeiten reichen weiter, als die der Mehrzahl der Frauen, und sie würde die wieder- strebensten Pflichten zu vereinigen wissen."
Frau Eschenbach hielt inne, die lange lebhafte Rede hatte sie erschöpft. —„Morgen mehr/ flüsterte sie. — „Nur noch eine Frage, sagte Wolfram zögernd. Weiß Cor- uelie um mein Hiersein, liebe Mutter?"
— „Sie hat mir den Muth, Sie einzula- dcn, eingeflößt." — „Und um Ihre Plane ?"
— „Hinsichtlich des Gutes stammen sie von ihr, der leisesten Berührung ihrer Vergangenheit aber, wie jeder daran geknüpften Folgerung für die Zukunft ist sie umsichtig ausgewichen." — „Und Martina?" — „Weiß nichts; Cornelie fordert dieses Geheimnis). Daß eine kranke Frau nach ihren Enkelkindern und deren Vater verlangt, ist alles, was sie denkt."
Versuchen wir es nicht, die widersprechenden Gefühle des armen Mannes in dieser schlaflosen Nacht zu schildern. Was er Jahre lang als den unüberwindlichsten Verlust beklagt, als ein begehrenswerthes Glück, als die Bedingungen inneren Friedens ersehnt, das war ihm jetzt dargeboten, ntcht nur als ein Gewinn, sondern als eine Pflicht, und er zögerte, die Hand auszustrecken, um es zu ergreifen.
(Fortsetzung folgt.)
FürLiebhaber der Erdbeer-Cultur dürfte es interessant sein, zu erfahren, daß in den bekannten Gärten der Villa Monrepos bei Geisenheim in diesem Jahre Erdbeeren von 3 Loth Gewicht in großer Menge, auch viele von 3Ve—4 Loth und sogar einige von 4/2 Loth gezogen wurden. Diese Riesen befinden sich hauptsächlich unter den folgenden Ananas- als auch der Monatserdbeeren, in jedem Herbste mit kurzem Dünger belegt und im Frühjahr, nachdem derselbe untergehackt worden, mit Gerberlohe bedeckt. Auch für alle anderen Obst, sorten wird daselbst Lohe verwandt, um während der Monate Juni, Juli und August deu Boden vor rascher Austrocknung zu bewahren, demselben eine gleichmäßigere Temperatur zu geben und Ungeziefer und Unkraut abzuhalten. Es scheint, daß namentlich die Engerlinge den Geruch der Lohe fliehen.
Die größte Dampf-Signalpfeife, die wohl je angefertigt worden, ist kürzlich von einem Fabrikanten in Portland für das Leuchtthurm-Departement der Vereinigten Staaten geliefert worden. Der Apparat hat eine Pfeife von 18 Zoll Durchmesser, wiegt 450 Pfund und braucht einen 60pfündigen Dampfkessel, um sie in Action zu bringen. Bei ruhigem Wetter soll man den Ton 5 englische Meilen weit hören.
(Nicht im Zolltarif.) Folgender spaßhafte Vorfall wird uns aus Basel berichte!: Vor Kurzem wollte der Friseur S. von Basel mit dem Frühzuge nach Mühlhausen reisen. In Samt-Louis an der deutschen Grenze wird jeder Reisende befragt, ob er nichts Zollbares bei sich führe, Hr. S. er-
wiederte: „Doch, eine.Katze!"
Auf diese Bemerkung hin winkte ihm der zunächst stehende Beamte und lud ihn aller- höflichst ein, das ihm geöffnete Zimmer zu betreten; Hr. S. trat ein, woraus er bei verschlossener Thür allein gelassen wurde. Stunde auf Stunde verging indessen, ohne daß Hr. S. mit seiner.Katze abge
fertigt wurde. Als nun Abends der letzte Zug von Basel daher brauste, betrat der betreffende Zollbeamte das Zimmer des Hrn. Friseur S. mit der Bemerkung, daß er im Zolltarif sich den ganzen Tag umgesehen habe, was eine.Katze
Zoll koste; da er diesen Artikel aber nicht finden konnte, wolle er den Herrn nun frei entlassen. Hr. Friseur S., der eine Art Katzenjammer empfand, wird sich wohl diesen Vorgang in St. Louis bemerkt und den Vorsatz gefaßt haben, deutsche Zollbeamte nicht wieder foppen zu wollen.
Auflösung der NLihscl in Nro. 101. 1.
Oerebeo, hübsch gebaute Stadt am
Einfluß der Sevart-Els in den Hjetmarsee. — Ebeo.
2 .
Jona — Jena, Universität im Großherzogthum Sachsen-Weimar mit 6000 Ew.
3.
Sem — Ems.
Aktien.
(Von Johannes Meyer.)
Die Geschäfte unsrer Zeit,
Werden groß betrieben,
Mit und ohne Sicherheit Aktien ausgeschrieben.
Lest nur! Der Verwattungsrath Schreibt an allen Enden:
„Hier erzielt man in der That „Fette Dividenden!"
Actionüre groß und klein.
Finden sich in Massen; keiner will mit Lumperei'n Ferner sich befassen.
Leicht mehr schustert steif und krumm Sich der Pechdrnht-Meister;
Stürzt sich in's Cousortium „Ester" Börsen-Geister.
Und so braut man Aktien-Bier,
Trinkt es bei „die Hitze",
Aktien-Brote giebl es hier,
Aktien-Mehl und Grütze,
Aktien-Zuck er, Akt ien-ReiS, Aktien-Milch und Fische, Aktieu-Trank und Aktien-Speis Steh'n aus deinem Tische. —
Schau', die Akti eu- Eisenbahn Kommt daher gepfiiffen,
Und eS schleppt der Ocean Sich mit Aktien-S chiffen.
Dort ein Aktien-Omnibus, Pferdebahn desgleichen;
Bor dem Gros der Aktien muß Alles Andr'e weichen. —
Aktien - Stiefel, Aktien - Schuh', Aktien- Crinolinen,
Aktien-Zwirn und noch dazu Aktien - Näh - Maschine n. Aktien-Fährh aus - Blc chmufik,
Aktien - Telcgramme,
Aktien-Zeitungs-Politik,
Für die gute Amme.
Wenn die Aktien-Industrie Nicht so „herrlich" wäre.
Hätte da das wilde Vieh Seine Aktionäre? — —
Ließ sich je im Alterthum,
Als nur Stern lein schienen.
Ohne Aktien-Gas-Consum -« So viel Geld verdienen? —
Aktien läßt der Säugling schon Sich zur Taufe schenken,
Und auf Dividendenlohn Richtet sich sein Denken.
Schläft er daun auf Mtien ein An des Lebens Ende,
Reiht sich der Alischar-Verein Froh die Aktien-Hünde.
Aber leider, groß im Land Ist die Aktien-Pleite,
Und es schwindeln wie bekannt.
Oft „sehr feine" Leute.
„Lauensteiner", sehr „reell".
Gibt es aller Orten —
Auch ist Stroußberg „viel zu schnell" Aktien-Fürst geworden. —
Ach, wie Mancher scheinet hier Seine Akti en - S cha fe;
Doch, dereinst vor Petrus Thür Wird ihm seine Strafe:
Wenn er schleichend dort sich naht,
Tönt es an der Schwelle:
Werft mir den Verwaltungsrath In die Nkticn-Hölle!!
(Aus der Hamburger Reform von einem Herrenalber Kurgaste untgctheilt.) ,
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.