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Kronik.
Deuts chland.
Berlin, 24. Mai. Die Provinzkorr. schreibt: Nachdem der Friede endgültig geschlossen und der Aufstand in Paris bewältigt ist, kann die Regierung längst gehegte Wünsche betreffs der Rückkehr der Truppen zur Ausführung bringen. Zunächst ist der Rückmarsch des 5. und 7. Armeekorps, sowie der 17. Jnf.-Division befehlen und bereits ins Werk gesetzt. In unmittelbare Aussicht genommen (noch nicht befohlen) ist der Rückmarsch des Gardekorps, der Württemberg. Division und eines bayr. Korps.
Die heutigen Abendblätter berichten über einen Vorgang im Hotel des nord- amerikan. Gesandten in Paris, bei welchem die Sicherheit desselben bedroht worden, was zu einem energischen Einschreiten des Generals Fabrice Veranlassung gegeben. Es ist also dahin gekommen, daß die deutsche Kriegsleitung in Frankreich es zu ihrer Aufgabe machen mußte, für die Diplomaten des Auslandes einzutreten. Man wird unwillkürlich an die wunderliche Stellung erinnert, welche die Letzteren während der Belagerung von Paris eingenommen. Sie hatten ihren Wohnsitz in der belagerten Festung beibehalten, obgleich die faktische Negierung Frankreichs dieselbe verlassen, und sie erhoben dann gegen die berechtigte Kriegführung Deutschlands mit allen mög- Scheingründen lärmenden Protest. Und jetzt muß es ihnen willkommen sein, daß die deutschen Truppen noch in der Nähe von Paris weilen, um ihnen selber zum Schutz zu dienen!
Unsere Truppen waren bekanntlich ge- nöthigt gewesen, in der Nähe von Rouen, bei Duclair, einige englische Handelsschiffe zu versenken, um die Seine zu sperren. Der Schaden, der dadurch den Besitzern erwachsen, ist auf 177,000 Francs sestge- stellt und den Beschädigten in England bereits von der deutschen Regierung obige Summe ausgezahlt worden.
Deutscher Reichstag. Das Haus berieth am Dienstag den wichtigen Antrag des Abg. v. Bimsen und Genossen, den nnt Ausnahme der Konservativen alle Fraktionen für dringlich erachteten, dahingehend: Das Haus wolle das Ersuchen an den Reichskanzler stellen, daß bei Ausarbeitung der Vorlage eines Gesetzes, die Verwendung der französischen Kriegsentschädigung betreffend, aus Bildung eines Fonds Bedacht genommen werde, um daraus denjenigen Reservisten und Landwehrmänncrn, welche bei ihrer Heimkehr aus dem Kriege gegen Frankreich einer Aushülsc zum Wiederantritt ihres bürgerlichen Berufs dringend bedürfen, die Aufhülse durch Darlehen, oder, wo cs nöthig ist, durch einmalige Gaben zu gewähren. — Der Antragsteller motivirte seinen Antrag damit, daß es dringend nothwcndig sei, den Betreffenden sofort zu Helsen. Die drei letzten Kriege Hütten den kleinen Handwerkern, welche zu den Fahnen eiuberusen worden, tiefe Wunden geschlagen. Es werde sich durch die Lokalbehörden, welche mit dem Staatsbeamten ini Einvernehmen wirken müßten, leicht ermitteln lassen, wer ein Darlehen oder eine Unterstützung gebrauchte, um seinen zerstörten Geschäftsbetrieb wieder aufzunehmen. Präsident Delbrück erkannte die Nothwendigkeit einer derartigen Hülse an, hielt es aber für unmöglich, daß das Reich als solches sich mit der Angelegenheit befassen könne; dieselbe müsse den einzelnen Regierungen überlassen werden. Es entspann sich daraus eine lange und lebhafte Debatte. Der Antrag wurde dann mit großer Majorität angenommen.
Fürst Bismarck war bei seinem letzten Frankfurter Besuch im Eivilanzuge. Der Ober-Kellner im „Schwanen", an den gelben Kragen der Kürassicr-JntcriumSuni- sorm gewöhnt, konnte es nicht lassen, seiner Verwunderung Ausdruck zu geben. „Beinahe hätten wir Durchlaucht nicht erkannt." „Da wäre es Ihnen wie den Franzosen ergangen" — antwortete der Kanzler lachend — „die erkannten uns auch nicht eher, als bis nur die Uniform angelegt hatten."
Es bestätigt sich, daß General v. Stosch, der um die Verpflegung unserer Truppen während des Krieges sich so große Verdienste erworben, sofort auf kaiserlichen Be
fehl nach Frankreich gegangen ist, als sich die Klagen über die Truppen-Verpflegung in Frankreich mehrten.
Man nimmt in Berlin an, daß der Einzug der Truppen am 18. Juni, als am Jahrestage der Schlacht von Belle- Alliance, erfolgen wird. Nachher werde dann der Kaiser nach Ems reisen, um die voriges Jahr unterbrochene Badekur daselbst fortzusetzen.
Nach übereinstimmenden Berichte» war die Kälte in der Frostnacht vom 17. auf den 18. Mai an der oberen Mosel, der Saar und im Luxemburgischen so groß, daß die stehenden Gewässer mit einer Eisdecke überzogen wurden. Laub und Blüthen der Wallnusbäume, Bohnen, Frühkartoffeln, die Schößlinge der Holzschläge und viele junge Saaten sind erfroren, die Weinberge zum großen Theile ruinirt, selbst in den geschützten Lagen. (Köln. Z.)
In der unirten Diöcese Chelm (Polen) wird jetzt aus Anordnung des neuen Diö- cesanwesers Popiel von allen Kanzeln gegen das päpstliche Jnsallibillitäts-Dogma gepredigt, das als Borwand zu der beabsichtigten Losreißung dieser Diöcese von Rom genommen ist. Die ans die Intentionen des Diöcesanverwesers eingehenden Geistlichen suchen den Beweis zu führen, daß der römische Papst der in seinem Hochmuthe so weit gegangen ist, sich für einen Gott erklären zu lassen, nicht rüehr als Oberhaupt der Kirche anerkannt werden könne, und daß die römische Kirche, die ihr sichtbares Oberhaupt als Gott anerkennt und verehrt, kein Recht mehr habe, sich für die wahre Kirche Christi «uszugeben.
(St. Ä.)
Ein gefangener Turco, den ein Stettiner Weinhändler in seine Dienste genommen, dankte dem Dienstherrn für die zahlreichen Wohlthaten, die er von ihm empfangen, dadurch, daß er am Tage vor dem Rück- trcnSport sich heimlich in den Kellner schlich und aus einem Stückfaß Spiritus den Spund stieß. DaS Faß war natürlich ausgelaufen. Zum Glück wurde diese Entdeckung noch im Laufe des Tages gemacht; wäre man am Abend mit Licht in den Keller gekommen, so hätte daraus ein entsetzlicher Brand entstehen können, da der Keller mit Spiri- tuSsässern gefüllt ist.
Württemberg.
§ Stuttgart. Als ein wichtiger Schritt darf cS anerkannt werden, daß der Gewcrbe- verern sich entschlossen hat, das LehrlingS- wesen unter seine besonvere Obhut zu nehmen. Die Sache ist jetzt, nachdem die Zunstorganisation sich überlebt und gefallen ist, von doppelter Bedeutung. Der Gewerbeverein wird die sittliche und die technische Ausbildung der von auswärts hereinge- kommenen und dem Vereine besonders an- empsohlenen jungen Leute beaufsichtigen, so daß also vie Eltern und Vormünder der jungen Leute, die zur gewerblichen Ausbildung nach der Haupt-Stadt gesendet werden, völlig beruhigt sein können.
Stuttgart, 25. Mai. Seine Königliche Majestät haben dem Vernehmen nach, um die Handlungen freiwilliger und aufopfernder Nächstenliebe zu ehren, in welchen