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Kenner des preußischen StaatSwesens werden vielleicht überrascht sein, niathe- malische Gewißheil darüber zu erhalten, daß unter den fünf europäischen Groß: machten gerade Preußen iu Anbetracht der ihm dlirch seine internationale Position auserlegteu unabweislichen militärischen Pflichten, am wenigsten die Bezeichnung eines Militärstaates verdient. Den Glanz­punkt der Schrist bilden aber unstreitig dieSchlußerwägungen", in denen außer allem Zweifel gestellt wird, daß eine preußisch-deutsche Suprematie in Europa unvergleichlich beruhigendere Bürgschaften für Kulturfortschritt und die Erhaltung des Weltfriedens, als die einer jeden der vier andern Großmächte bietet."

Württemberg.

Stuttgart, 18. Jan. Am heutigen Tage sind es 25 Jahre, da sich Se. Maj. der König als Kronprinz mit der Tochter Sr. Maj. deS Kaisers Nikolaus von Ruß­land, mit I: K. H. der Großfürstin Olga verlobte. Die großen Hoffnungen, die das Volk an diese Verbindung knüpfte, die Segenswünsche, die den jungen Bund ge­leiteten, sind in Erfüllung gegangen. Als Kronprinzessin und als Königin hat die Kaiserstochter stets als das Muster einer Gattin vorangeleuchtet. Als Landesmutter war die Königin bemüht, die Thränen der Armuth zu trocknen, deren Quellen auszu- snchen und zu verstopfen. Und als dem Vaterlands schwere Kriegsgefahr drohte, da stellte sich I. M. die Königin an die Spitze der edlen Frauen, die sich zur Auf­gabe gestellt, das Loos der wackern Krieger zu lindern. Nicht ein Tag ist seitdem ver­flossen, an dem nicht I. M. bemüht war, ermunternd und leitend, schaffend und ge­bend, mit königl. Beispiel voranznleuchten. Der 18. Januar 1846 ist ein Tag, den jeder Würltemberger zu segnen alle Ursache hat. (S. M.)

Ter Staatsanzeiger veröffentlicht die Liste derjenigen württemb. Offiziere, Mili- tärbeamtcn, Unteroffiziere und Mannschaften, welchen seine Majestät die König die Er­laubnis zur Annahme des von S. M. dem König von Preußen ihnen verliehenen eisernen Kreuzes verschied. Grade gnädigst ertheilt hat. Es sind deren 188.

Aus dem Verzeichniß der Unteroffiziere und Mannschaften der im Felde stehenden Königlichen Truppen, welchen durch Höchste Entschließungen Seiner Majestät des Königs vom 30. v. M. und 6. d. Mts. die gol­dene oder silberne Militärvcrdienstmedaille verliehen worden ist: b) die silberne Militärverdienstmedaille:

1. Feldbrigade.

7. Infanterieregiment:

Obermann Karl Friedrich Proß von Neu­enbürg.

1. Feldartillerieabtheilung:

2. Feldbatterie:

Portepecsähnrich (nun Lieutenant) Karl Hermann Edmund Leo von Höfen.

9. Feldbatterie:

Feuerwerker Wilhelm Friedrich Hummel von Dobel.

Aus der Liste der Angabe des Aufent­halts der Verwundeten:

Bechtle, Enzklösterle, S., 7. Jnfr., Ver- einsspit. Oehringen.

Z Stuttgart, 19. Jan. Vor Bclfort. Nicht ohne große Spannung sicht man der Entwicklung der Tinge vor Belsort zu. Was sich vor Paris im Großen abspiclt, das sehen wir in kleineren Verhältnissen vor Belsort sich wiederholen. Wie Paris ist Belsort eingeschlossen und belagert; wie um die Bclagerungsarmee vor Paris, so zieht sich um Belsort eine die Belagerung deckende äußere Armee hin in einem von der schweizer Grenze bis gegen das Plateau von Langres hin sich erstreckenden Bogen. Seit mehreren Tagen ist diese äußere Armee furchtbaren Angriffen von Seiten einer an Zahl überlegenen französischen Armee ans­gesetzt. Die Lage ist wenigstens für den Augenblick ernst. Das Hauptziel, das die Franzosen im Auge haben, ist zunächst die Aufhebung der Belagerung von Belsort; würde dieser Zweck erreicht, so würde ein zweiter Stoß versucht, um die Eisenbahn­verbindung zwischen Paris und Straßburg zu unterbrechen und etwa Nancy zu ge­winnen. Die zweite Hälfte des gut ausge­dachten Planes ist schon zum Voraus ver­eitelt; eine in Deutschland gebildete Armee von 90,000 Mann ist unterwegs und der größte Theil derselben muß bereits auf französischem Boden stehen. In den Stun­den der Bedrängniß, so lange bis die er­wartete Verstärkung zum Werder'schen Corps gestoßen, konnte die Aufgabe desselben keine andere sein, als eben seine Stellung so zu behaupten, daß die Belagerung von Belsort nicht unterbrochen wurde. Dieser Zweck ist bis jetzt vollständig erreicht worden; es scheinen auch die ersten Verstärkungen ein­getroffen zu sein; wenigstens ist am Dienstag eine Abtheilung des Werder'schen Corps zur Offensive übergegangcn und hat sich in der genommenen Stellung siegreich behauptet. Große Beruhigung gewährt insbesondere die Botschaft, daß der französische Angriff mit Artillerie geführt worden sei. Das ist ein Beweis dafür, daß die deutschen Trup­pen ihre Defensive hinter gut verschanzten Stellungen führen. Auch von Paris sind Truppen zum Werder'schen Corps abge­rückt; die Position ist zu wichtig, als daß sie nicht um jeden Preis gehalten werden wollte.

Stuttgart, 19. Jan. Heute Nacht haben die französischen Gefangenen auf dem Asperg revoltirt. Es mußten, wie wir hören, sogar die Kanonen aufgeführt werden.

Z Alle Achtung vor dem Bezirke Ehin­gen, Der in seinen Sammlungen für den Bezirk-Sanitäts-Verein so schöne Resultate erreicht hat! das jüngste vom 12. Januar datirte Verzeichniß führt als Ergebnis; der bisherigen Sammlungen im Bezirke eine Summe von 11,763 fl. 5 kr. ans. Dabei sind 'Naturalien nicht in Rechnung genommen.

K Daß die Gefangenen in Frankreich eine leibhaftige Realität sind, das weiß man nirgends wichtiger zu schätzen als in Ulm, wo binnen kurzer Zeit 8500 weitere Kriegsgefangene erwartet werden, so daß sich dann in Ulm etwa 18,000 Kriegsge­fangene befinden.

Neuenbürg, 19. Jan. Einem Mann zu Ehren, den nur alle um seiner Tugen­den willen liebgewonnen haben, waren ge­stern Eltern der Lateinschüler, Freunde und Verehrer des von hier scheidenden Hrn. Präeeptor Siaudrnmliyrr zu einer Ab- schicdsseier vereinigt. Dem ungetheilten Bedauern über den Weggang des treuen Lehrers und geschätzten Frenndes gab Hr. Dekan Leopold beredten Ausdruck in einem von Herzen kommenden und zu Herzen gehenden trefflichen Bilde der liebenswür­digen Eigenschaften, welche dem Scheidenden als Lehrer, Mensch und Patriot die Liebe, Achtung und Vertrauen erworben hatten, ihm, dem sein Beruf in so hohem Grade Herzens- und Gewissenssachc gewesen und dabei Anspruchlosigkeit ureigen war. In einem kurzen Hinweis auf die Phasen, die die lang entbehrte Lateinschule durch­laufen, dankt Hr. Verwalter Loos Namens der Eltern den: geliebten Lehrer und Freund mit einigen besondern Segenswünschen. Hr. Neallehrer Weiffenbach konnte hierauf nicht unerwähnt lassen die stets cordiale Amtsbrüderschaft, die er im Namen der College;; rühmend anerkennt. Mit rüh­render Anhänglichkeit weiß ein vom Felde in Urlaub befindlicher früherer Schüler den liebreichen Mühen und Erfolgen des Lehrers gebührenden Tribut zu geben. Hr. Stadtschulthciß Weßinger gedenkt in voller Anerkennung der rastlosen und eifrigen Thätigkeit, welche der Scheidende und die ächt deutsche Hausfrau an seimr Seite für den Sanitätsverein in aufopfernder Weise entfaltet haben.

Auf das in muthiger Ausdauer mit dem ersten Ring in der jetzigen Kette begon­nene Werk konnte der Mann mit dem ge­diegenen Wissen und dem feinen Takte nur fördernd wirken; er darf befriedigt auf das jetzt Erreichte zurückschauen. Für ihn selbst können wir die Worte eines deutschen Dich­ters sprechen lassen:

Schön ist die Welt, sei Du, o Mensch auch

schön.

Sei schön und gut, so wird Dir's wohl er­gehn."

Ja möge es ihm in der Nachbarstadt Calw recht wohl ergehn!

Von Wildbad hören wir, daß fast jede Woche verwundete Soldaten eintreffen, um vollends Heilung ihrer Wunden zu er­langen; auch einige höhere Offiziere weilen gegenwärtig zur Kur dort. Für die Auf­nahme einer großen Anzahl verwundeter Krieger ist Vorsorge getroffen, indem neben dem alten auch das neue Katharinenstift nächster Zeit als Lazareth dienen wird.

Ausland.

London, 19. Jan. Aus Versailles den 18. Jan. wird gemeldet: Bourbaki erneuerte gestern den Angriff gegen Werder; er wurde wiederum zurückgeschlagen mit großem Verlust. Bourbaki begann den Rückzug nach Süden. Bombardement von Paris mit größerer Heftigkeit iortnesetzt.

(S. M.)

General Bin oy, der mit in der Krim war, sagt: alles, was die Franzosen, die Engländer und die Russen dort thaten, sei reines Kinderspiel im Vergleich mit der preußischen Artillerie.