die denkbar günstigste. Kein Geschichtschreiber Deutschlands, kein Geschichtschreiber, der nicht Franzose ist, wird eine Anklage daraus gegen Deutschland zu formnliren vermögen, wenn die zerstörende Arbeit der furchtbaren Kriegswaffen von Neuem anhebt und wenn Paris ein Opfer des eigensinnigen Trotzes, der übermüthigcn Ver­blendung seiner Einwohner und seiner Regierung wird. Die ganze Welt wird Deutschland das Zeugniß nicht versagen, daß es, obgleich siegreich, dieser Regierung, dieser Hauptstadt, diesem Volke gegenüber sich heute noch so gut in der Noth- wehr befindet, wie an dein Tage da der Kampf in so frivoler Weise heraufbeschworen worden.

Württemberg.

Mitbürger!

Am 5. Dezember d. Jahres finden die Wahlen zu der neuen Abgeordnetenkammer statt. Ernster als jemals tritt die Frage an das württember- gische Volk, welchen Männern es das Mandat anvertranen soll. Denn dieser Landtag soll da­rüber entscheiden, welche Stellung Württemberg int künftigen deutschen Staatswesen einnehmen wird. Von dieser Einen Frage hängt zugleich die innere Wohlfahrt unsers Landes ab.

Der Krieg, der uns Deutschen aufgenöthigt ist, und von uns, wie wir zu Gott hoffen, sieg­reich zu Ende geführt wird, ist in seinen: letzten Grund ein Krieg um die deutsche Einheit. Denn die Eifersucht auf das kraftvoll erstehende deutsche Staatswesen, das im Jahr 1866 be­gründet worden ist, hat in unfern Nachbarn vollends den lange schlummernden Entschluß ge­reift, uns mit Krieg zu überziehen, um den Ab­schluß unsers Einigungsmerks zu verhindern und die linksrheinischen Länder von Deutschland ab­zureißen, Schwerlich hätten sie dieses Wagniß unternommen, wenn Deutschland bereits eine staatliche Einheit gewesen wäre. Sie hofften auf die Saat von Mißtrauen und Haß, die frevel­hafterweise zwischen deutschen Stämmen seit Jahren ausgesät worden war; sie hofften, daß die ge­meinsame Pflicht, für die Erhaltung der vater­ländischen Grenzen einzustehen, südlich vom Main nicht empfunden werde; sie hofften, daß die Allianz­verträge, die von einer Partei in Süddeutschland so heftig bekämpft wurden, ein Stück Papier bleiben würden. Aber sie täuschten sich. Dank dem Entschluß unsrer Fürsten, Dank der ein- müthigen Erhebung des Volkes ist ganz Deutsch­land zu gemeinsamer Abwehr allsgestanden, und in gemeinsamer Kraft hat es den Feind nieder- geworfen. Doch der Sieg wäre nur halb erstritten, wenn wir nicht die Einheit vollendeten, die der vom Feind herausbeschworene Krieg verhindern wollte. Niemals wieder darf das Raubgelüste des Nachbarn uns Deutsche in einer Verfassung treffen, aus welcher er die'Hoffnung schöpft, daß nur ein Theil der Deutschen zur Abwehr bereit fei, der andere als muffiger Zuschauer verharre.

Obwohl es der bewunderungswürdigen Füh­rung und den glänzenden Thaten des deutschen Heeres gelang, den Krieg von den Fluren nnd Wohnungen der Heimath fern zu halten und dem Feind in das eigene Land zurückzuschleudern, legt derselbe gleichwohl auch dem Sieger furcht­bare Opfer an Gi t lind Blut auf. Einhellig ist Nedaktion, Druck und Lertag

der Entschluß: diese Opfer dürfen nichtver­gebens gebracht sein, ein dauerhafter Friede muß dem Erbfeind abgcrungen, die im Feld be­währte Einigkeit muß in bleibenden Einrichtungen im Frieden festgehalten werden. In Strömen ist das Blut unsrer Heldensöhne geflossen: es ist nicht vergebens geflossen, wenn es zum Kitt der deutschen Einheit wird. Und die heinikehrenden Sieger haben verdient, daß freudig ein einiges Reich sie empfängt, welches den Makel der Main- linie getilgt hat. (Forts, folgt.)

MLr-Mktt.

Einer Correspondenz des Spezialberichter- statters desDaily Telegraph" aus dem Lager vor Metz vom 24. Oktober entnehmen wir Fol­gendes:Ich war heute Zeuge einer höchst rüh­renden Scene. Ein zum Corps des General Frossard gehöriger französischer Soldat des 33. Infanterieregiments mar von den Vorposten ge­fangen genommen worden. Ta seine Heimath Joux-aur-Arches ist und er dort Frau und Kin­der hat, bat er, auf seinem Transport zum Hauptquartier des Prinzeil nach Cornay um die Erlaubniß, unterwegs seine Familie besuchen zu dürfen, was ihm augenblicklich gestattet wurde. Dort angekommen, wünschte das arme Weib, außer sich vor Freude, wenigstens bis Corny ihrem Mann das Geleit zu geben. Auch dies wurde erlaubt; doch nun zeigte sich die Schwie­rigkeit wegen der Kinder. Die Frau war schwach und konnte ihren Säugling nicht tragen, und im Hause blieb Niemand zu seiner Wartung: der andere kleine fünfjährige Bube konnte schon an seines Vaters Seite dahintraben. Das Hin- derniß wurde jedoch überwunden, indem ein großer starker Pommer sich erbot, das Kleinste zu tragen. Dieser Mann hatte nämlich kurz vorher dicht neben dem Hause der Frau im Quartier gelegen, und die Kinder kannten ihn gut genug, denn er hatte sich mit ihnen bald befreundet. Als er daher, der Frau guten Muth zusprechend, dem Säugling seine starken Arme entgegeustreckte, kam dieser augenblicklich zu ihm und legte ganz zufrieden sein Köpfchen an des Pommers Schulter. So kam es, daß der preußische Soldat des Franzosen Kind trug. Als ich der Gruppe zuerst ansichtig wurde, lag die Frau in ihres Mannes Armen, der ältere Knabe schmiegte sich an den Vater und der preußische Soldat mit dem jüngsten Kinde auf dem Arme stiefelte nebenher. Dann erzählte die Französin ihrem Manne, wie die preußischen Soldaten, als sie krank gelegen und ohne Nahrungsmittel gewesen, ihre Nationen mit ihr getheilt, Holz und Wasser herbeigeschleppt, Feuer angezündet und ihr in schlichter, gutherziger Weise sonstige Hülfe geleistet hätten, bis zuletzt diese beiden Männer, welche zwei im bittersten Haß gegenüberstehenden Na­tionen angehören und vor wenigen Tegen viel­leicht Mann gegen Mann gefochten, sich wie Brüder umarmten, mährend ich dabeistand und wie ein Kind schluchzte, doch nicht ich allein vergoß Thränen, mehere preußische Offiziere und Sol­daten folgten meinem Beispiel, denn wir alle haben Weib und Kind in der fernen Heimath."

von Jak. Mee h in Neuenbürg.