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same Thätigkeit, die in der Heimath zu neuer Gestaltung der Dinge beginnt und schon begonnen hat. Was wir vor dem Kriege kaum zu ahnen wagten, durch die unbezwingliche Macht der Ereignisse hat sich in unserem Volke fast unwillkürlich die Nothwendigkeit eines einigen Vaterlandes und zwar eines durch Preußen einigen Deutschlands aufgedrängt. Ohne lange den Reflexionen über die Möglichkeit einer solchen Einigung nachzuhängen, hat unser schwäbisches Volk zu wiederholten Malen in Versammlungen es ausgesprochen, daß jetzt oder nie dieser Zeitpunkt der Einigung gegeben sei. Schmerzlich aber hat es uns berührt, lesen zu müssen, daß ein französisches Blatt Artikel aus dem „Beobachter" abdrucken kann, daß jetzt schon wieder Schmähungen über Preußen, seine Politik und seine Kriegführung sich erheben, daß Männer, deren politischer Charakter und Verstand sonst überall nur gerühmt wurden, sich dazu hergeben, die allgemeine Begeisterung und Erhebung des deutschen Volkes als eine Simmung des Au- genbliks, den unerhörten Sieg unserer Truppen, als einen Erfolg des Augenblicks zu bezeichnen. Wie kommt esj, daß dieses unheimliche Gespenst, diese kleinliche Politik ewigen Mißtrauens und unentschlossener Halbheit wieder in unserem Schwabenlande spuckt?
Wenn solche Gedanken, die wir ein für alle Mal abgethan glaubten, von Neuem bei uns auftauchen, dann freilich ist diese Stimmung nur eine augenblickliche und vorübergehende. Wir aber sehen in der großen Begeisterung des Jahres 1870 nichts als die ewig junge unverwüstliche Kraft des deutschen Stammes, die sich endlich, lange Hindernisse überwindend, einen wunderbaren Durchbruch, verschafft hat; wir sehen in diesen Siegen der deutschen Soldaten nicht einen Erfolg des Augenblicks, sondern einen Erfolg, vorbereitet durch Jahrhunderte und während auf Jahrhunderte. Und wenn es der Geist des Nordbunds ist, der den Zeiten unserer Schmach, unserer Unterdrückung ein Ende genlacht, der Alles an die Ehre der deutschen Nation gesetzt hat, der uns, sagen wir es gerade heraus, zum ersten Volke der Welt erhoben hat, dann dürfen wir uns nicht schämen, dem Wehen desselben auch in Süddeutschland Einigung zu verschaffen.
So wie wir diesen Geist des deutschen Nordens aus zuverlässiger Schilderung und durch die persönliche Berührung mit preußischen Elementen kennen gelernt haben, ist er ein Geist soliden Fleißes und ernster Arbeit, ein Geist, der nicht bloß die Rechte, sondern auch die Pflichten des Menschen kennt. Doch was braucht es langer Ausführungen, die Thatsachen zeugen für jenen Geist. Und was will nun ihnen gegenüber das phrasenhafte Wesen der Republikaner, Demokraten, Socialisten heißen, deren human klingendes Gerede von Schonung des Einzelnen, von Wahrung der Einzelinteressen, von Freiheit des Volkes, von aufrichtigem Constitutionalismus, nun aber in diesem Augenblick durch ihre Thaten, durch den furchtbaren Terrorismus ihrer Gewaltthätigkeit in Frankreich von selbst sich richtet! Uns schmerzt es tief, zu sehen, daß die lockenden Sirenentöue des republikanischen Schwindels, der in diesem Augenblick einzelne Punkte Europas ergriffen hat, auch im Schwabenlaud einen wenn auch nur schwachen Wiederhall finden . Die Geschichte freilich wird
über all diese kleinen und unbedeutenden Einwürfe hinwegschreiten, denn sie ist nicht ein Produkt Einzelner, sondern des Ganzen, aber es wäre eine Schmach für Schwaben, wenn es diesen unnützen Widerstand gegen die Größe und Gewalt der Thatsachen noch länger fortsetzen wollte. Wir Soldaten wissen es besser und geben uns der politischen und militärischen Führung Preußens mit vollem Vertrauen hin, deren Mittel und Zwecke auf's Beste und Ehrlichste gedacht und berechnet sind. Aber den einen Wunsch sprechen wir aus, daß in dem Kranze, mit den: Schwaben seine heimkehrenden Krieger zu krönen gedenkt, keine verwelkten und abgestorbenen Blätter Platz finden mögen, daß er grün und frisch sei, wie der Frühling, der in voller Blüthe für Deutschland angebrochen ist im Jahre des Heils 1870.
Für Hunderte ein Soldat der württ. Armee.
(S. V.)
Württemberg.
Das Regierungsblatt Nr. 26 v. 5. Novbr. enthält die Versüguug des Ministeriums des Juneru, betreffend die Vornahme der Landtags wählen am ö. Dezember. — Darnach zerfällt der Bezirk Neuenbürg in sieben Ab- stimmungsdistrikte, wie folgt:
1. Neuenbürg mit Arnbach, Höfen, Wald-
renuach.
2. Conweiler, Dennach, Feldrennach, Schwann.
3. Gräfenhausen, Birkenseld, Oberniebelsbach,
Ottenhausen, Unterniebelsbach.
4. Grunbach, Engelsbrand, Kapfenhardt, Salm
bach.
5. Hcrrenalb, Bernbach, Dobel, Loffenau, Neu
satz, Rothensohl.
6. Schömberg, Beinberg, Bieselsberg, Jgels-
loch, Langenbrand, Maisenbach, Oberlem
genhardt, Schwarzenberg, Unterlengenhardt.
7. Wildbad, Calmbach, Enzklösterle.
* Neuenbürg, 6. November. Seit einigen Tagen finden Besprechungen zwischen hier und den Nachbarorten statt, zum Zweck: die Aufmerksamkeit der Wähler auf die bevorstehende Abgeordneten wähl zu lenken. Man geht dabei von der Ansicht aus, daß in der Größe der Zeit in der wir leben, eine ernste Mahnung liege, sie nicht durch untergeordnete Dinge uud kleinlichen Parteihader um persönliche Interessen zu entweihen; darum das Augenmerk auf Männer zu richten, deren Charakter und Patriotismus sich so bewährt hat, daß von ihnen ein rückhaltloses Eingehen auf das volksthümliche Ziel zu erwarten ist, und welchen es Ernst ist: in vertrauensvoller Gemeinschaft mit den Gleichgesinnten, die das Einheitswerk vorbereiten halfen, es zur Vollendung zu bringen; damit nicht wie 1814 jetzt wieder die Federn verderben, was das Schwert gut gemacht hat. — Wie wir nun erfahren, hat sich in dieser Richtung bereits eine Anzahl Wähler vereinigt: Hrn. Eduard Leo von Höfen ihren Mitbürgern in Vorschlag zu bringen, nachdem derselbe für Annahme der Caudidatur sich bereit erklärt hat. Von Hrn Leo ist man überzeugt, daß er — nach allen Richtungen unabhängig — namentlich auch in obigem Sinne die für einen Volksvertreter erforderlichen Eigenschaften in sich vereinigt; auch ist sein Name im Bezirk populär.
Gestern ist eine Nummer ausgegeben worden.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meehin Neuenbürg.